Drucksache 17 / 11 495 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 29. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Januar 2013) und Antwort Personelle Ausstattung im Jugendamt im Bereich Vormundschafts- und Betreuungsrecht Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Bundesgesetz zur Änderung des Vormundschaftsund Betreuungsrechtes. a) Inwieweit hat die Änderung des Gesetzes zu Ver- änderungen in den Bezirken geführt? b) Welche Änderungen wurden nach der Inkrafttre- tung am 05. Juli 2011 eingeführt? c) Welche Änderungen wurden nach der Inkrafttre- tung am 05. Juli 2012 eingeführt? (betrifft nur Ar- tikel 1 Nummer 3 und Artikel 2 der Gesetzesände- rung) d) Wurde den Bezirken Mehrpersonal in diesem Be- reich gewährt und mit welcher Begründung? Zu 1. a) und b: Die Beantwortung der Frage zu a) und b) wäre nur durch eine differenzierte bezirkliche Abfrage bei den Jugendämtern möglich. Dies übersteigt die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgesehene Frist und ist wegen des geforderten Umfangs nicht möglich. Zu c): Über den Artikel 1 Nummer 3 des Gesetzes zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 29. Juni 2011 (BGBl. I S. 1306) wurde § 1837 Ab- satz 2 Satz 1 BGB mit Wirkung vom 05. Juli 2012 dahin- gehend erweitert, dass das Familiengericht zukünftig ins- besondere die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte zwischen Mündel und Vormünderin/Vormund beaufsichtigt. Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 1 und 2 der Drucksache 17/10 913 verwiesen. Artikel 2 des vorzitierten Gesetzes beinhaltet die Än- derung des § 55 SGB VIII mit Wirkung vom 05. Juli 2012. Zentrale Elemente der darin enthaltenen Änderun- gen sind die mündliche Anhörung des Mündels durch das Jugendamt vor der Übertragung der Aufgaben auf eine Amtspflegerin/Amtspfleger bzw. Amtsvormünde- rin/Amtsvormund, die gesetzliche Festschreibung einer Fallzahl-Obergrenze (höchstens 50 Vormundschafts- /Pflegschaftsfälle pro Vollzeitkraft), die Verpflichtung, persönlichen Kontakt zum Mündel/Pflegling zu halten sowie dessen Pflege und Erziehung persönlich zu fördern und zu gewährleisten. Eine detaillierte Beantwortung der Frage wäre nur durch eine differenzierte bezirkliche Abfrage bei den Ju- gendämtern möglich. Dies übersteigt die für die Beant- wortung einer Kleinen Anfrage vorgesehene Frist und ist wegen des geforderten Umfangs nicht möglich. Zu d): Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 3 der Drucksache 17/10 924 und die Beantwortung der Fra- ge 14 und 15 der Drucksache 17/11 316 verwiesen. 2. Stärkung des persönlichen Kontaktes des Vormundes zu seinem Mündel. Im Bundesgesetz sind Neureglun- gen zur Stärkung des persönlichen Kontaktes des Vor- mundes zu seinen Mündeln enthalten. (siehe §1793 Abs.1 BGB) a) Wie viel Zeit ist in den Bezirken für einen Besuch des Vormundes beim Mündel vorgesehen und welche Arbeitsaufgaben sind in dieser Zeitschät- zung enthalten? b) Wie oft ist es einem Vormund möglich monatlich seine Mündel in dessen üblicher Umgebung aufzu- suchen? c) Wie oft treten Einzelfälle ein, bei denen andere Besuchsabstände oder ein anderer Ort erforderlich sind? Wie werden diese begründet? 3. Bezirksstatistik Vormundschaften a) Wie viele Mündel werden jeweils in den einzelnen Bezirken betreut? b) Wie viele Vormünde gibt es je nach Bezirk für diese Mündel? c) Wie viele Mündel ergibt dieses im Schnitt pro Vormund je nach Bezirk? d) Welche bezirksspezifischen Besonderheiten gibt es, die zu Unterschieden im Betreuungsschlüssel führen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 495 2 Zu 2. und 3.: Eine detaillierte Beantwortung der Frage 2 und 3 wäre nur durch eine differenzierte bezirkliche Abfrage bei den Jugendämtern möglich. Dies übersteigt die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgese- hene Frist und ist wegen des geforderten Umfangs nicht möglich. 4. Arbeitsumfang der Vormünder. a) Ist die gesetzlich vorgeschriebene Maximalzahl der betreuten Mündel bei Berücksichtigung des Minimums an Betreuungspflicht in der regulären Arbeitszeit möglich? Bitte bestätigen oder korri- gieren Sie folgende Berechnung: Jeder Vormund soll nach dem Gesetz höchstens 50 Mündel be- treuen. Bei einer knapp geschätzten durchschnittli- chen Zeit von drei Stunden für An- und Abfahrt, Vorbereitung, Gespräche, Aktenvermerk und Be- richtsfertigung sind bei Einhaltung des vorge- schriebenen Minimums von einem Besuch pro Monat mindestens 1800 Arbeitsstunden pro Jahr zu erwarten. Aufgeteilt auf ca. 220 Arbeitstage pro Jahr (Mehr Arbeitstage bedeutet Wochenend- arbeit oder Urlaubsverzicht.) ergibt dieses 8,18h pro Tag oder ca. 41h Arbeitszeit pro Woche. b) Welchen Aufgaben muss ein Vormund zusätzlich zu den monatlichen Besuchsterminen und deren Dokumentation nachgehen? Wie viel Arbeitszeit wird für diese Aufgaben jeweils benötigt? c) Wie viele Mündel sind bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften von einem Vormund im Rah- men seines Arbeitszeit regulär betreubar, wenn man den Arbeitsaufwand für zusätzliche Aufgaben ab zieht? d) In der Antwort auf die kleine Anfrage Drs. 17/10 008 wird von bisher durchschnittlich drei bis vier Besuchen pro Jahr und einer Fallzahl von 45 bis 75 Fällen pro Vollzeitkraft berichtet. Auf wie viele Personalstellen wurde die Personalzahl im Jugend- amt in der Zwischenzeit erhöht, um den gesetzli- chen Vorgaben nachzukommen? Zu 4. a) - d): Der Bundesgesetzgeber hat mit der Ein- führung einer Fallzahl-Obergrenze (höchstens 50 Vor- mundschafts-/Pflegschaftsfälle pro Vollzeitkraft) dem seit Jahren aus der Praxis genau in diese Richtung zielenden Forderungen Rechnung getragen. Unabhängig davon, dass sich Vormundschaftsfälle und Pflegschaftsfälle so- wohl von den Inhalten als auch den jeweils zu erledigen- den Arbeitsaufwenden erheblich unterscheiden, wird die für die sachgerechte Aufgabenerledigung zur Verfügung stehende Arbeitszeit als ausreichend erachtet. Die in der Frage aufgeführte Berechnung ist rechne- risch richtig. Die grundsätzlich gegebenen fallspezifi- schen Unterschiede zwischen Vormundschafts- und Pflegschaftsfällen schließen jedoch eine schematische bzw. rechnerische Herangehensweise unter fachlichen Gesichtspunkten aus. Eine detaillierte Beantwortung der Frage mit den in a) - d) aufgeführten Teilaspekten wäre nur durch eine diffe- renzierte bezirkliche Abfrage bei den Jugendämtern mög- lich. Dies übersteigt die für die Beantwortung einer Klei- nen Anfrage vorgesehene Frist und ist wegen des gefor- derten Umfangs nicht möglich. 5. Nicht verfügbare gesetzliche Vormünder. Augrund der gesetzlichen Vertretung und Pflicht zur Sorge und zum persönlichen Kontakt mit dem Mündel nach §1793 BGB sollten längere Ausfälle eines Vormundes durch einen Ersatz aufgefangen werden. a) Wie wird verfahren und wie ist der zeitliche Rah- men, wenn ein Vormund ausscheidet oder aus ge- sundheitlichen oder sonstigen Gründen, wie z.B. Sonderurlaub nicht verfügbar ist? b) Wie hoch ist der Anteil der nicht verfügbaren Vor- münder in den einzelnen Bezirken? c) Wie wird gewährleistet, dass die gesetzlich vorge- schriebene Höchstfallzahl im Vertretungsfall nicht überschritten wird? Zu 5. a) - c): In jeder Organisationseinheit der Berliner Verwaltung wird ein Geschäftsverteilungsplan geführt. Dieser weist für jede darin aufgeführte Planstelle auch eine Abwesenheitsvertretung für den Fall aus, dass die Stelleninhaberin oder der Stelleninhaber dienstabwesend ist (z.B. Urlaub, Erkrankung, Fortbildung usw.). Eine detaillierte Beantwortung der Frage mit den in a) - c) aufgeführten Teilaspekten wäre nur durch eine diffe- renzierte bezirkliche Abfrage bei den Jugendämtern mög- lich. Dies übersteigt die für die Beantwortung einer Klei- nen Anfrage vorgesehene Frist und ist wegen des gefor- derten Umfangs nicht möglich. 6. Beratung und Aufsicht durch das Familiengericht §1837 BGB a) Wie und in welchem zeitlichen Umfang werden Vormünder durch das Familiengericht beraten und betreut? b) Wie oft ist in den letzten Jahren das Familienge- richt wegen Pflichtwidrigkeiten der Vormünder tä- tig geworden? Um welche Arten von Vergehen und Arten von Vormündern handelte es sich? c) Inwieweit kann das Familiengericht die „Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des Vormunds zu dem Mündel“ beaufsichtigen (§ 1837 BGB Absatz 2 Satz 1)? d) In § 1837 Abs.3 2.Satz heißt es: „Gegen das Jugendamt oder einen Verein wird kein Zwangsgeld festgesetzt“. Gibt es Möglichkeiten gegen Pflichtwidrigkeiten der Vormünder in diesen Fällen vor- zugehen? Zu 6. a): Der Umfang der Beratung durch die Famili- engerichte wird statistisch nicht erfasst. Beschwerden über eine unzureichende Beratung sind hier nicht bekannt. Zu b): Auch insoweit liegt keine statistische Erhebung vor. Nach Auskunft der Beschäftigten der Familienge- richte sind derartige Fälle sehr selten. Regelmäßig sind Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 495 3 Familienangehörige betroffen, die als Vormund eingesetzt sind. Zu c): Hierzu wird auf die Beantwortung der Fragen 1. und 2. der Drucksache 17/10913 verwiesen. Zu d): Auf Pflichtwidrigkeiten kann in diesen Fällen mit klärenden Gesprächen, Erteilung geeigneter Gebote und Verbote, Einschaltung der jeweiligen Dienst- und Fachaufsicht oder der Entlassung aus dem Amt des Vor- munds reagiert werden. Berlin, den 20. Februar 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Feb. 2013)