Drucksache 17 / 11 502 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 29. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Februar 2013) und Antwort Neuer Rundfunkbeitrag – alte GEZ-Fahndungsmethoden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Vor dem Hintergrund, dass laut §16 der Satzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (vom 06.12.2012) auch nach dem Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaats- vertrags (Umstellung der Rundfunkgebühr auf den gerä- teunabhängigen Rundfunkbeitrag) weiterhin die Übertra- gung einzelner Tätigkeiten auf Dritte erfolgen kann und damit Personen, die die Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags überprüfen, berechtigt sind, Auskünfte und Nachweise von potentiellen Beitrags- schuldnern zu verlangen: Wie bewertet der Senat die Aussage, dass es den Be- auftragtendienst (vormals GEZ) in bisheriger Prägung nicht mehr gibt (siehe ARD Pressemeldung vom 1.1.2013)? Zu 1.: Der Senat bewertet die Aussage als zutreffend. Die Umstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtli- chen Rundfunks von der geräteabhängigen Rundfunkge- bühr auf den geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag, der stattdessen an die Wohnung, die Betriebsstätte bzw. das Kraftfahrzeug anknüpft, hat die früheren Nachfor- schungstätigkeiten nach nicht angemeldeten Rundfunkge- räten entbehrlich gemacht, aus denen die wesentliche Tä- tigkeit des von den einzelnen Rundfunkanstalten (nicht von der GEZ) verantworteten Beauftragtendienstes be- stand. Wie auch sonst bei öffentlichen Abgaben kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese in allen Fällen freiwillig entrichtet werden. Die Länder als zuständiger Gesetzgeber sind hingegen von Rechts wegen gehalten, ein funktionierendes System der Finanzierung des öffent- lich-rechtlichen Rundfunks bereitzustellen. Dies gilt so- wohl hinsichtlich der Aufbringung des nötigen Finanzie- rungsbetrages als auch hinsichtlich der gleichmäßigen Heranziehung der Zahlungspflichtigen. Auch der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sieht daher in § 9 Auskunftsrechte der Rundfunkanstalten gegenüber vermuteten Beitragsschuldnerinnen und Beitragsschuld- nern vor. Ebenso ist es nach § 10 Abs. 7 Rundfunkbei- tragsstaatsvertrag den Rundfunkanstalten weiterhin ge- stattet, (einzelne) Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem Beitragseinzug und der Ermittlung von Zahlungspflichti- gen auf Dritte zu übertragen. Die auf Basis von § 9 Abs. 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag erlassene Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbei- träge entspricht diesen Vorgaben und stimmt mit den ent- sprechenden Satzungen der übrigen Rundfunkanstalten überein. 2. Wer sind die Auftragnehmer, die der RBB zur Beitragserhebung des neuen Rundfunkbeitrags nach §16 der RBB-„Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge“ beauftragt hat? Zu 2.: Der RBB hat mitgeteilt, dass ausschließlich für den nicht-privaten Bereich eine Übertragung von Bei- tragstätigkeiten auf sein Tochter-Unternehmen RBB Me- dia GmbH ab dem 1. März 2013 geplant ist. Diese Über- tragung gelte nicht für den Bereich der privaten Beitrags- schuldnerinnen und Beitragsschuldner. Sonstige Übertra- gungen bestünden nicht. 3. Wie hoch ist die Zahl von Fällen der Beitragserhebung durch Personen, die die Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags überprüfen, im Ver- gleich zu den Erhebungen vor dem Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags? Zu 3.: Eine konkrete Zahl kann der RBB derzeit nicht nennen, weil im Moment nicht ersichtlich ist, wie viele Klärungsfälle in Zukunft anstehen. Bei einem Vergleich der Beauftragtentätigkeit nach al- ter und neuer Rechtslage wird es auch auf den quantita- tiven Aspekt der Fallzahlen ankommen, insbesondere Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 502 2 aber auf die qualitative Veränderung der Tätigkeit: Seit dem 1. Januar 2013 gilt ausschließlich im nicht-privaten Bereich ein Verfahren, wonach der zentrale Beitragsser- vice von ARD, ZDF und Deutschlandradio die potentiellen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler anschreibt und auf die Anmeldepflich- ten hinweist. Reagieren die Adressaten nicht innerhalb einer bestimmten Frist, erhalten sie einen Erinnerungs- brief. Nach einer weiteren Frist für eine Mitteilung wer- den diese Kontaktdaten an die zuständige Landesrund- funkanstalt übergeben. Beim RBB werden diese Firmen oder auch öffentlichen Einrichtungen dann zukünftig mit Hilfe der RBB Media GmbH (s. o. zu Frage 2) zunächst telefonisch mit dem Ziel kontaktiert, die beitragsrelevan- ten Daten zu klären. Sollten die Adressatinnen und Adres- saten dies wünschen, erhalten sie einen Beratungstermin vor Ort bei sich. In diesem Gespräch können die beitrags- relevanten Daten aufgenommen werden. Anders als in der Vergangenheit finden keine überraschenden Besuche statt. 4. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass laut §16 Abs. 5 der RBB-“Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge“ den mit der Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaats- vertrags beauftragten Dritten nicht gestattet ist, Wohnun- gen zu betreten und Personen, die erkennbar nicht Inhaber der jeweiligen Wohnung sind, nach den Namen und An- schriften der Inhaber zu befragen? Zu 4.: Das Betreten einer Wohnung gegen den Willen der Wohnungsinhaberin bzw. des Wohnungsinhabers war auch schon vor dem Inkrafttreten der neuen Satzung un- zulässig. Die Vorschrift stellt dies nun noch einmal klar und erweitert das Verbot zusätzlich auf die genannte Re- cherche vor Ort. Damit sollen Beeinträchtigungen der Privatsphäre für alle Wohnungsinhaberinnen und Woh- nungsinhaber vermieden werden, was generell eines der Ziele der Umstellung auf das Beitragsmodell war und ist. Abgesehen davon, wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Jahren 2013 und 2014 zunächst mit den Daten der Einwohnermeldeämter auf dem schriftlichen Wege eine Klärung von anmelderelevanten Sachverhalten vornehmen, so dass im privaten Bereich keine Vor-Ort- Klärung geplant ist. 5. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass nach dem Wortlaut der zitierten Vorschrift somit aber Fahn- dungen, Befragungen und Schnüffeleien vor der Haustür und bis zur Wohnungstür zulässig sind? Zu 5.: Abgesehen davon, dass im privaten Bereich einstweilen keine Vor-Ort-Klärungen geplant sind (s. Antwort zuvor), erlaubt § 16 Abs. 5 der Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge nicht den Umkehrschluss, dass Vorgehensweisen nach Art der Fragestellung erlaubt wären. Vielmehr legt § 16 Abs. 5 der Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge Be- schränkungen für die Tätigkeiten der mit der Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkbeitrags- staatsvertrages beauftragten Dritten fest. Dazu gehören Verbote, Wohnungen ohne Gestattung zu betreten, Zah- lungen, Abmeldungen oder eidesstattliche Versicherun- gen entgegenzunehmen und personenbezogene Daten bei nicht unmittelbar Betroffenen oder bei Personen unter 18 Jahren zu erheben. Diese Formulierung schließt beliebige Befragungen Dritter – an welchem Ort auch immer - aus und folgt dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, dass Daten zunächst bei der betroffenen Person zu erheben sind. § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag legt mit der Befragung der Grundstückseigentümerin bzw. des Grund- stückseigentümers oder Wohnungseigentumsverwalterin bzw. Wohnungseigentumsverwalters zwei Ausnahmen fest, die aber erst dann greifen, wenn eine direkte Ermitt- lung der Inhaberin bzw. des Inhabers einer Wohnung oder Betriebsstätte nicht gelungen war. Berlin, den 20. Februar 2013 K l a u s W o w e r e i t Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Feb. 2013)