Drucksache 17 / 11 509 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 31. Januar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Februar 2013) und Antwort Große Schlüsselverträge – Auslauf- oder Sparmodell mit Zukunft? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele „große Schlüsselverträge“ bestehen zum jetzigen Zeitpunkt zwischen Sportvereinen und Bezirken über welche Sportanlagen (bitte bezirklich aufschlüs- seln)? Zu 1.: Im Land Berlin bestehen derzeit insgesamt 73 „Große Schlüsselverträge“ für folgende Anlagen in folgenden Bezirken: Bezirk Anzahl Verträge Betroffene Sportanlagen Mitte 2 Sportplatz Ofener Straße Sportplatz „Werner Kluge“ Kühnemannstraße Friedrichshain- Kreuzberg 4 Willi-Boos-Sportplatz, Baerwaldstr. 35 Sportplatz Körtestraße 13 Sportplatz OSZ Handel I, Wrangelstraße 98 Sportplatz Virchowstr. 1-7 Pankow 4 Paul-Zobel-Sportplatz Sportplatz „Am Ehrenmal“ Sportplatz „Straße 18“ Sportplatz Chamissostraße Charlottenburg- Wilmersdorf 4 Julius-Hirsch-Sportanlage Sportplatz Fritschestraße Sportplatz Heckerdamm Tennisumkleidegebäude Cunostr. 28 Spandau 0 -------- Steglitz-Zehlendorf 0 -------- Tempelhof- Schöneberg 9 Wiesbadener Straße Offenbacher Straße Eisackstraße Tempelhofer Weg Am Südkreuz Körtingstraße (zweimal) An der Dorfkirche Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 509 2 Götzstraße Neukölln 14 Buschkrugallee 163 Haarlemer Straße 23/27 Hänselstr. 6 Johannisthaler Chaussee 125 Jubiläumssportplatz, Bergiusstr. 8-22 degewo-Stadion, Lipschitzallee 29 Sportplatz Maybachufer, Pflügerstr. 42 – 46 Sportplatz Silbersteinstr., Bambachstr. 5 Stadion „An der Windmühle“, Buckower Damm 150 Stadion Britz-Süd, Buckower Damm 13 Stadion Neukölln, Oderstr. 182 Sportplatz Stubenrauchstr., Neuköllner Str. 277 Sportplatz Treseburger Ufer, Walkenrieder Str. 12 Wutzkyallee 98 a Treptow-Köpenick 0 -------- Marzahn- Hellerdsdorf 25 Teterower Ring 87 Dessauer Str. 8 Landsberger Allee 467 A Wuhlestr. 18 Hermsdorfer Str. 27 Am Baltenring 1 E Rudolf- Leonhard-Str. 15 Allee der Kosmonauten 119A Eisenacher Str. 121 Naumburger Ring 3 Naumburger Ring 5 Buckower Ring 70 Feldberger Ring 17 Beachanlage Martha-Arndsee-Straße 17 Sportjugendclub Franz- Stenzer- Straße Sporthalle Alfred-Döblin-Straße 17 Allee der Kosmonauten 143 A Bruno-Baum-Straße 72 Tennisanlage Lappiner Platz Peter-Huchel-Str. 33 Sportanlage Lassaner Straße/Steinhaus Sportanlage am Rosenhag/Steinhaus Carola-Neher-Str.51 Sporthalle Borkheider Straße 28B Carola-Neher-Str.61 Lichtenberg 4 Harnackstraße Hauffstr. 13 Bornitzstr. 83 Neustrelitzer Str. 61 Reinickendorf 7 Am Ried 3 Elchdamm 171 Freiheitsweg 20-26 Kienhorststraße 170 Ollenhauerstraße 64 E Schluchseestraße 68 Tietzstraße 41 Für die zentral verwalteten Sportanlagen (Olympia- park, Sportforum Hohenschönhausen, Paul-Heyse-Straße, Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark) bestehen keine „Großen Schlüsselverträge“. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 509 3 2. Zu welchen Konditionen wurden diese großen Schlüsselverträge jeweils abgeschlossen? Zu 2.: Die Verträge werden in der Regel auf der Basis des Musters „Rahmenvertrag zu eigenverantwortlichen Nutzung von Sportanlagen gemäß Ziff. 9 SPAN“ (Anlage 3 zu den Sportanlagennutzungsvorschriften (SPAN) vom 02.02.2010) abgeschossen. Entsprechend dem Hinweis in § 3 Abs. 2 der Anlage 3 zur SPAN werden dabei die Be- sonderheiten des jeweiligen Einzelfalles modifizierend berücksichtigt. 3. Wie hoch sind die Betriebskosten, die die Sport- vereine jeweils für „ihre“ Sportanlagen zahlen? Zu 3.: Die von den Vereinen zu übernehmenden Be- triebskosten variieren je nach Zusammenstellung des Leistungskataloges erheblich. In den meisten Bezirken übernehmen die Sportvereine keine Betriebskosten, mit- unter sind jedoch bis zu 10.000,- € jährlich zu entrichten. 4. Wer ist für die Reinigung der Sportanlagen jeweils zuständig und wie sind die Regelungen der einzelnen Be- zirke für die Wartung und Pflege von Sportplätzen und Stadien? Zu 4.: Für die Reinigung der Sportanlagen sind in al- len Bezirken die Vereine zuständig. Darüber hinaus haben die Vereine in vielen Fällen Klein- und Schönheitsrepara- turen bis zu einem bestimmten Wert – genannt wurden je nach Bezirk 100 bis 500,- € – zu tragen. Die bauliche Unterhaltung verbleibt dagegen regelmäßig bei den Bezir- ken. Dies gilt ebenso für die Grünpflege (Rasenmahd, Baumschnitt, Austausch Kunstrasen). 5. Erhalten alle Sportvereine mit „großer Schlüsselverantwortung “ eine Aufwandsentschädigung und wenn nein, warum nicht? Zu 5.: In der Regel erhalten Sportvereine mit „Großer Schlüsselverantwortung“ eine Aufwandsentschädigung. Lediglich in einem Bezirk wird keine Aufwandsentschä- digung gezahlt, da keine entsprechenden Haushaltsmittel verfügbar sind (Ziff. 9 Abs. 1 Satz 3 SPAN). 6. Wie hoch sind die Aufwandsentschädigungen, die die Sportvereine für die vertraglich übernommene Ver- antwortung von den Bezirken erhalten und wonach werden diese bemessen? Zu 6.: Die zu leistenden Aufwandsentschädigungen werden in den verschiedenen Bezirken unterschiedlich berechnet. Ausgangpunkt der Kalkulation sind in der Re- gel Art und Umfang der vom Verein übernommenen Ver- pflichtungen. Daneben werden zum Teil Faktoren wie die Anzahl der Mannschaften, welche bei den Fachverbänden gemeldet sind und am Punktespielbetrieb teilnehmen, oder Art und Anzahl der betreuten Spielfelder in die Be- rechnung eingestellt. Mitunter werden die Durchschnittss- ätze für Sportplatzwarte bestimmter Entgeltgruppen zu einem bestimmten Anteil als Höchstsatz berücksichtigt. In einem Bezirk wird als Aufwandsentschädigung in der Regel pauschal 25% einer entfallenden Vollzeit- Platzwartstelle gezahlt. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Berechnungsmethoden und der Verschiedenheit der einzelnen Vertragskonstellationen ergeben sich sehr unterschiedli- che Aufwandsentschädigungen. Genannt wurden von den Bezirken Beträge zwischen 1.500,- € und 15.594,53 € jährlich. 7. Wie hoch sind insgesamt und pro Bezirk die Kos- teneinsparungen, die durch den Abschluss von „großen Schlüsselverträgen“ bisher erzielt werden bzw. „rechnen sich“ Schlüsselverträge und wenn ja, auf wessen Kosten? Zu 7.: Die erzielten Kosteneinsparungen sind nicht eindeutig ermittelbar. Seitens der Bezirke wird überwie- gend davon ausgegangen, dass mit der Übertragung von Aufgaben im Rahmen „Großer Schlüsselverträge“ durchaus Personalkosteneinsparungen in nicht unerheblichem Umfang erzielt werden können. Andererseits wird jedoch befürchtet, dass dem – auch in Abhängigkeit von der Qualität der Aufgabenerfüllung durch die jeweiligen Vereine – langfristig steigende Kosten, insbesondere für die bauliche Unterhaltung, gegenüberstehen werden. 8. Wie bewertet der Senat die Erfahrungen, die im Land Berlin mit der Übernahme von Verantwortung für die Sportanlagen durch Sportvereine im Rahmen von Schlüsselverträgen gemacht wurden und welche Schluss- folgerungen zieht er daraus für die Zukunft dieses Betrei- bermodells? Zu 8.: Nach Einschätzung des Senats ist der Erfolg oder Misserfolg von „Großen Schlüsselverträgen“ eine Frage des Einzelfalles. Er ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Leistungskataloges und der Aufwands- entschädigung, von der Zuverlässigkeit und Leistungsfä- higkeit des jeweiligen Vereins und der Qualität der Zu- sammenarbeit zwischen Bezirk und Verein. Gelingt es, diese Faktoren angemessen miteinander zu verbinden, so erweisen sich „Große Schlüsselverträge“ als durchaus geeignetes Instrument, mit dem die Verknappung der öf- fentlichen Mittel, welche für den Betrieb der öffentlichen Sportanlagen zur Verfügung stehen, wirksam aufgefangen werden kann. Insgesamt stellt der „Große Schlüsselvertrag “ nach Einschätzung des Senats daher zwar kein „Patentrezept “ zur Lösung aller Probleme dar, er ist jedoch durchaus als eines von vielen zukunftsfähigen Modellen zur Verwaltung und Betreuung der öffentlichen Sportan- lagen anzusehen. 9. Wie bewertet es die für Sport zuständige Senats- fachverwaltung aus fachlicher und personalwirtschaftli- cher Sicht, dass Bezirke im Rahmen des von der Koalition verordneten Personalabbaus Sportwarte „einsparen“ wollen und deren Aufgaben ausgegliedert und durch Private übernommen werden sollen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 509 4 Zu 9.: Die Entscheidung über die Umsetzung der Sparvorgaben des Senats in den Bezirken obliegt allein den Bezirken selbst. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport geht davon aus, dass der Entscheidung, unter anderem auch im Bereich der Sportplatzwartinnen und Sportplatzwarte Einsparungen vorzunehmen, eine umfas- sende Bestandsaufnahme und Interessenabwägung in den einzelnen Bezirken vorausgegangen ist. In diesen Ent- scheidungsprozess hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport keinen Einblick und kann hierzu folglich auch keine qualifizierte Einschätzung abgeben. Soweit die Be- zirke versuchen, in der gegebenen, durch eine fortschrei- tende Verknappung der verfügbaren öffentlichen Mittel gekennzeichneten Situation den Betrieb der öffentlichen Sportanlagen aufrecht zu erhalten, indem sie verstärkt auch Private zur Aufgabenwahrnehmung heranziehen, so wird dies durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport grundsätzlich begrüßt. 10. Was kostet nach Kenntnis des Senats die Aufga- benwahrnehmung durch kommerzielle Anbieter, ein- schließlich der Arbeit am Abend und an Wochenenden? Zu 10.: Die Kosten der Aufgabenwahrnehmung durch kommerzielle Anbieterinnen und Anbieter sind nicht er- mittelbar, da hierzu in den Bezirken keine belastbaren Informationen vorliegen. Lediglich in zwei Bezirken wurden überhaupt Kostenabfragen vorgenommen. Hierbei ergab sich ein Stundenlohn von 18,20 € bzw. 10,20 €. 11. Welche Rolle spielen bei der geplanten Aufgaben- übertragung gemeinnützige Sportvereine bzw. ist geplant, dass Vereine anstelle der Sportwarte künftig mehr Schlüs- selverantwortung übernehmen sollen? Wenn ja, denkt der Senat, dies wäre wie bisher zum „Nulltarif“ seitens der Vereine zu haben? Zu 11.: In einem Teil der Bezirke ist ein Ausbau der Übertragung der „Großen Schlüsselverantwortung“ an gemeinnützige Sportvereine geplant. In den anderen Be- zirken wird dies zum Teil ausdrücklich abgelehnt, zum Teil mangels geeigneter Sportanlagen und/oder Vertrags- partner derzeit nicht als möglich angesehen. Weder der Senat, noch die Bezirke gehen davon aus, dass die Übernahme der „Großen Schlüsselverantwortung “ zum „Nulltarif zu haben ist“. Dies ergibt sich bereits aus der Antwort zu 8, der zufolge bereits aktuell - mit einer Ausnahme - in allen Bezirken eine Aufwands- entschädigung gezahlt wird. 12. Welche Anforderungen stellt der Senat an die Hö- he der Aufwandsentschädigung, wenn gemeinnützige Vereine künftig stärker für Pflege/Wartung der Sportanla- gen gewonnen werden sollen? Zu 12.: Die Anforderungen des Senats an die Höhe der Aufwandsentschädigung ergeben sich aus Ziff. 9 Abs. 1 Satz 3 SPAN. 13. Welche Konsequenzen wird es nach Auffassung des Senats haben, wenn die geplanten Personalkürzungen bei den Sportwarten realisiert würden - für die Angestellten, - für den Zustand der Sportanlagen, - im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und finanziellen Mehraufwand sowie - hinsichtlich des Verlustes an Erfahrungen, Engage- ment und Verantwortung? Zu 13.: - zum 1. Spiegelstrich: Die Festlegung der künftigen Einsatzbereiche der be- troffenen Tarifbeschäftigten obliegt den Bezirken. Der Senat hat hierzu keine Erkenntnisse. - zum 2. bis 4. Spiegelstrich: Die Konsequenzen anstehender Personalkürzungen für den Zustand der Sportanlagen sind für den Senat nicht absehbar. Sie dürften jedoch unter anderem davon abhän- gen, ob und inwieweit es gelingt, anstehende Personal- kürzungen über den Abschluss erfolgreicher „Großer Schlüsselverträge“ aufzufangen. Dasselbe gilt für die Wirtschaftlichkeit von Personalkürzungen im Bereich der Sportplatzwartinnen und Sportplatzwarte und für einen möglichen Verlust an Erfahrungen, Engagement und Ver- antwortung. 14. Wie gedenkt sich die für Sport zuständige Senatsfachverwaltung in den Prozess des Personalabbaus von Sportwarten einzubringen, wenn es um die Einhaltung von Standards bei Erhalt und Pflege öffentlicher Sportan- lagen im Land Berlin geht? Zu 14.: Die Entscheidung über die Umsetzung der Sparvorgaben des Senats in den Bezirken obliegt allein den Bezirken selbst. Dies gilt auch für den Umgang mit und die Abfederung der Folgen von Personaleinsparungen im Bereich der Sportplatzwarte. Bestehende Standards sind dabei selbstverständlich zu gewährleisten. Berlin, den 14. März 2013 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Apr. 2013)