Drucksache 17 / 11 529 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 06. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Februar 2013) und Antwort Bodenversiegelung in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf welche Höhe beläuft sich der Anteil der versiegelten Flächen im Berliner Stadtgebiet (bitte um Angabe in % für Berlin insgesamt und für die Bezirke)? Antwort zu 1: Die statistischen Blöcke und Teilblöcke Berlins (ohne Straßen und Gewässer) sind durchschnitt- lich zu 27,8 % versiegelt. Davon entfallen 12,9 % auf die bebaut versiegelten Flächen und 14,9 % auf die unbebaut versiegelten Flächen. Inklusive Gewässer und Straßenland ist Berlin zu 32,8 % versiegelt (Erfassungsmethode Land Berlin). Davon entfallen 10,7 % auf die bebaut versiegel- ten Flächen und 12,4 % auf die unbebaut versiegelten Flächen. Bei 9,6 % Berlins handelt es sich um versiegelte Straßen. Berlin ist also zu einem Drittel versiegelt. Die Versiegelung besteht wiederum zu je einem Drittel aus Gebäuden, aus Straßen und aus unbebaut versiegelten Flächen. Die durchschnittlichen Versiegelungsgrade der Bezir- ke ergeben sich aus der Anlage 1 und sind im Umweltat- las Berlin im Internet veröffentlicht. Die versiegelten Flä- chen werden regelmäßig im Umweltatlas kartiert und veröffentlicht , letztmalig mit Stand der Daten von 2011, ver- öffentlicht 2012 als Karte 01.02 „Versiegelung“ (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umwe ltatlas/ic102.htm). Frage 2: Welche berlinweiten Veränderungen der ver- siegelten Flächen gab es seit dem Jahr 2000 (bitte um Angabe in %)? Antwort zu 2: In der Kartenbeschreibung zur Karte 01.02 „Versiegelung“ des Umweltatlas Berlin unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatl as/dc102_06.htm findet sich eine Gegenüberstellung der auf die Gesamtfläche der Stadt aggregierten Versiege- lungsdaten aus verschiedenen Jahren. Die aktuellen Daten sind aber wegen methodisch bedingter Unterschiede der Kartierungen nicht direkt mit den Daten aus dem Jahre 2000/2001 vergleichbar. Für die Kartierungen im Rahmen des Umweltatlas stand bislang die möglichst genaue räumliche Abbildung der Versiegelung im Vordergrund, nicht das Monitoring über die zeitliche Entwicklung. Erst mit der Kartierung 2006/2007 konnten dann auch die me- thodischen Grundlagen für ein zeitliches Monitoring ge- legt werden (nähere Ausführungen hierzu siehe Antwort zur Frage 3.) In Berlin ist der Anteil der versiegelten Fläche an der Gesamtfläche von 2000 bis 2010 von 34,2 % auf 35,1 % und damit um 0,9 % in 10 Jahren gestiegen (Erfassungsmethode der Umweltökologischen Gesamtrechnung der Länder (UGRdL), siehe Erläuterung zu Antwort 3). Die Daten wurden vom Amt für Statistik Berlin- Brandenburg in dem Bericht „Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins -Datenbericht (2012)“, veröffentlicht (http://www.statistik-berlinbranden - burg.de/home/pdf/Nachhaltigkeit_barrierefrei_31_10.pdf ). Frage 3: Auf welche Weise und mit welchen techni- schen Mitteln wird diese Flächenbilanz erfasst und aktua- lisiert? Antwort zu 3: Die Versiegelungskarte des Umweltat- las wurde zunächst für Berlin (West) im Jahre 1985 erst- malig veröffentlicht, später auf die Gesamtstadt ausgedehnt (veröffentlicht 1993) und seitdem 2004, 2007 und 2012 fortgeschrieben (mit den jeweiligen Datenerhe- bungs-ständen 2000, 2005 und 2011). Alle Karten mit ausführlichen Begleittexten, der Beschreibung der Daten- grundlage und der Methodik stehen im Internet bereit (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatl as/din_102.htm). Diese mit unterschiedlichen Methoden gewonnenen Daten dienen in erster Linie als Grundlage für die räumliche Planung und die Umweltplanung. Sie dienen außerdem als Eingangsgröße z.B. für Stadt- klimamodelle, den vorsorgenden Bodenschutz und für die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 529 2 Berechnung von Regenwasserabflüssen. Im Vordergrund der Arbeiten steht deshalb die möglichst genaue räumli- che Abbildung der Versiegelung. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) der Umweltministerkonferenz hat im Jahr 2005 eine Expertengruppe aus Bund und Ländern eingesetzt, um ein geeignetes Schätzverfahren zur Ermittlung der Bodenversiegelung auf Bundesländerebene zu entwi- ckeln, das den Nachhaltigkeitsindikator „Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsfläche“ um die Komponente Versiegelung erweitern und damit die Erar- beitung vergleichbarer Daten für ein Monitoring ermögli- chen sollte. Die von der Expertengruppe erarbeitete Me- thode wurde in einem Fachartikel beschrieben und veröf- fentlicht1. Die Daten werden im Rahmen der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (UGRdL) nach die- ser bundesweit einheitlichen Methode regelmäßig erarbei- tet. Die Datenerhebung beruht auf der amtlichen Flächen- statistik, die in Berlin von den bezirklichen Vermessungs- ämtern bereitgestellt wird. Dabei werden den verschiede- nen Nutzungskategorien der Siedlungs- und Verkehrsflä- che pauschale Versiegelungsgrade zugeordnet, die nach der Siedlungsflächendichte modifiziert als Faktor einge- hen. Damit ergeben sich jährliche Versiegelungsdaten auf der Ebene der Bundesländer, die regelmäßig fortgeschrie- ben werden. Mit der 2006/2007 durchgeführten Kartierung des Umweltatlas wurden die fachlichen und methodischen Grundlagen für ein zukünftiges Monitoring gelegt. Durch Einbeziehung der Daten der Automatisierten Liegen- schaftskarte (ALK) für die bebaut versiegelte Fläche (Ge- bäude) und durch die weitgehende Standardisierung der auf der Auswertung von Satellitenbildern beruhenden Methode für den unbebaut versiegelten Bereich wurde die wissenschaftliche und technische Grundlage gelegt, zu- künftige Kartierungen auch hinsichtlich des Anspruches eines Monitorings miteinander vergleichen zu können2. Bei der 2011 durchgeführten Versiegelungskartierung kamen diese Methoden zur Anwendung3 (veröffentlicht 2012 als Karte im Umweltatlas). 1 Frie, B & Hensel, R. : Schätzverfahren zur Bodenversiegelung : UGRdL-Ansatz. In: Statistische Analysen und Studien NRW, Band 44 S. 19 ff . http://www.it.nrw.de/statistik/analysen/stat_studien/2007/band_44/Frie_ Hensel_44.pdf 2 Vgl. dazu den Bericht Coenradie, B.; Haag, L., Damm, A.; Klein- schmit, B.; Hostert, P. 2007: Hauptstudie "Entwicklung und Umset- zung eines hybriden Verfahrensansatzes zur Versiegelungskartierung in Berlin". http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/download/A B_Versiegelung_2007.pdf 3 Coenradie, B.; Haag, L. 2012: Versiegelungskartierung Berlin - An- wendung und Weiterentwicklung des hybriden Auswertungsverfahrens für das Jahr 2011 sowie Kartierung von Veränderungen. Abschlussbe- richt. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.) http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/download/A B_Versiegelung_2011.pdf Beide Ansätze, also sowohl der Umweltatlas-Ansatz als auch der UGRdL-Ansatz erfassen die Versiegelung nicht exakt, sondern arbeiten mit unterschiedlichen Me- thoden und unterschiedlichen Zielsetzungen zu einem gewissen Anteil mit Abschätzungen und Annahmen. Frage 4: Gibt es beim Senat entsprechende Konzepte und Pläne, die sich aktiv mit dem Ziel der Entsiegelung von Flächen auseinandersetzen bzw. wie kommt der Senat der politischen Vorgabe, mehr Flächen zu Entsiegeln, nach? Antwort zu 4: Die Flächenversiegelung ist als einer von 16 Kernindikatoren zur Überwachung der nachhalti- gen Entwicklung der Stadt von der Lokalen Agenda 21 ausgewählt worden. In dem Datenbericht 2012 „Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins“ des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg wird mit dem Kerni- ndikator Nr. 6 die Entwicklung der Flächenversiegelung in Berlin dokumentiert (Quelle: siehe Frage 2). Mit der Umweltatlaskarte 01.13 "Planungshinweise zum Bodenschutz" wurde in 2009 ein wichtiges planeri- sches Instrument für die bodenschutzfachliche Bewertung erarbeitet. Die Gewichtung der unterschiedlichen Funkti- onen und Empfindlichkeiten der Berliner Böden ermög- licht eine differenzierte Bewertung im Rahmen der Bau- leitplanung. So wird z.B. für Böden, die aus bodenschutz- fachlicher Sicht als besonders schützenswert eingestuft wurden, die Suche von Standortalternativen für baupla- nungsrelevante Vorhaben empfohlen, um die Neuversie- gelung dieser Böden zu vermeiden bzw. zu mindern (http://stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/i113.htm) Mit dem Projekt "Entsiegelungspotenziale in Berlin" wurde in 2010 - 2012 eine zentral verwaltete Datenbank zur gesamtstädtischen Erfassung von Flächen mit Entsie- gelungspotenzial angelegt. Hier sind mittlerweile über 200 Flächen erfasst worden, die in absehbarer Zukunft dauerhaft entsiegelt werden können. Die erfassten Flä- chen mit Entsiegelungspotenzial werden in der Umweltat- laskarte 01.16 „Entsiegelungspotenziale“ dargestellt und regelmäßig aktualisiert. Auf diese Flächen soll insbeson- dere im Rahmen der Eingriffsregelung für bodenschutz- fachliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (nach Bau- recht und Naturschutzrecht) zurückgegriffen werden (http://stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/i116.htm) Des Weiteren stellt das Landschaftsprogramm in sei- nem Programmplan Naturhaushalt/Umweltschutz Sied- lungsgebiete mit Schwerpunkt Entsiegelung dar. Diese Darstellung umfasst alle hochversiegelten Stadtgebiete (Versiegelungsgrad von mehr als 70 %, Quelle Umweltat- las Berlin) außer Industrie- und Gewerbeflächen und Kerngebieten. Verbunden mit dieser Darstellung sind Maßnahmen wie Erhöhung der naturhaushaltswirksamen Flächen (Entsiegelung sowie Dach-, Hof- und Wandbe- grünung), kompensatorische Maßnahmen bei Verdich- tung, Berücksichtigung des Boden- und Grundwasser- schutzes. Auf dieser Grundlage ist als Instrument zur Verbesserung der Naturhaushaltsfunktionen seit den 80er Jahren in Berlin der Biotopflächenfaktor (BFF) einge- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 529 3 führt. Er kann mit Landschaftsplänen je nach Erfordernis nach dem Naturschutzgesetz für bestimmte Gebiete fest- gesetzt werden Frage 5: Inwieweit hat der Senat einen Aktionsplan, um zu verhindern, dass das gewünschte Bevölkerungswachstum nicht proportional zu einer höheren Flächen- versiegelung führt? Antwort zu 5: Der Planungsgrundsatz der Innenent- wicklung ist ein Beitrag zur Vermeidung von Flächenver- siegelung durch Flächenneuinanspruchnahme auf Freiflä- chen. Berlin, den 05. März 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2013) Anlage 1 : Versiegelungsgrad der Bezirke auf Basis der Versiegelungskartierung des Umweltatas Berlin ( Stand:2011) Gesamt- fläche [ha] Gesamtver- siegelung [ha] Gesamtver- siegelung [%] Mitte 3.945 2.389 60,6 Friedrichshain-Kreuzberg 2.033 1.309 64,4 Pankow 10.312 3.046 29,5 Charlottenburg-Wilmersdorf 6.472 2.523 39,0 Spandau 9.185 2.394 26,1 Steglitz-Zehlendorf 10.253 2.726 26,6 Tempelhof-Schöneberg 5.309 2.690 50,7 Neukölln 4.497 2.075 46,1 Treptow-Köpenick 16.764 3.154 18,8 Marzahn-Hellersdorf 6.181 2.280 36,9 Lichtenberg 5.215 2.171 41,6 Reinickendorf 8.930 2.434 27,3 Berlin 89.095 29.190 32,8 Gleisschotter ging in die Berechnung zu 100 % versiegelt ein. ka17-11529 k1711529_Antwort_Anlage