Drucksache 17 / 11 552 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Regina Kittler (LINKE) vom 11. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Februar 2013) und Antwort Förderung von SchülerInnen mit Autismus Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Ich frage den Senat: Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele SchülerInnen mit Autismus (bitte auf unterschiedliche Arten des Autismus eingehen) wurden jeweils in den letzten fünf Schuljahren und werden ge- genwärtig in den Berliner Schulen (bitte auf unterschied- liche Schularten eingehen) in welchem Umfang gefördert (bitte detailliert angeben)? Zu 1.: Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Autismus ist in der Aufstellung nach dem Beschulungsort erfasst. Diese Zeitreihe macht deutlich, dass sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit diesem Förderschwerpunkt in den letzten 5 Jahren nahezu verdoppelt hat. Es sind der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nur Aussagen zum Förderschwerpunkt insgesamt möglich, eine Aufgliede- rung unter medizinischen Gesichtspunkten wird nicht erfasst. Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Autismus" an öffentlichen all- gemein bildenden Schulen Schuljahr Schule mit son- derpädagogischem Förderschwer- punkt Integration Insge- samt Grund- schule Haupt- schule Real- schule Gesamt- schule Gym- nasium Integrierte Sekundar- schule Integration insgesamt 2008/09 76 112 6 6 7 3 x 134 210 2009/10 76 118 7 8 10 7 x 150 226 2010/11 82 144 6 14 13 12 13 202 284 2011/12 95 183 3 13 7 16 33 255 350 2012/13 79 196 4 6 4 25 70 305 384 2. In wie vielen Fällen wurde in den vergangenen zwei Schuljahren Anträgen auf Feststellung von Förder- bedarf im Förderschwerpunkt Autismus a) der Erzie- hungsberechtigten und b) der Schulen nicht stattgegeben (bitte absolute Zahlen und Anteile an den gestellten An- trägen angeben)? 3. Wie vielen SchülerInnen wurde jeweils in den vergangenen zwei Schuljahren der Förderstatus Autismus durch Gutachten aberkannt und auf wessen Antrag erfolg- te eine solche Entscheidung? Zu 2. und 3.: Grundlage der unter Punkt 1 genannten Zahlen ist die Anzahl der durch die zuständigen regiona- len Schulaufsichten positiv beschiedenen gutachterlichen Stellungnahmen bei eingeleiteten Förderverfahren im Förderschwerpunkt Autismus. Daten darüber, wie viele Anträge von welchen Antragstellerinnen/Antragsstellern kommen und wie viele Anträge abschlägig beschieden wurden oder über die Aberkennung des Förderschwer- punkts Autismus liegen nicht vor. 4. Welche Fachleute erstellen die Fördergutachten und welche Qualifikation haben GutachterInnen speziell für Menschen mit Autismus? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 552 2 Zu 4.: In Berlin gibt es zurzeit zwei Auftragsschulen für den Förderschwerpunkt Autismus, die Comenius- Schule in Charlottenburg-Wilmersdorf und die Schule am Friedrichshain in Friedrichshain-Kreuzberg. An diesen Schulen sind Ambulanzlehrkräfte tätig, die ein Sonderpä- dagogikstudium abgeschlossen haben und zusätzlich u. a. durch „Autismus Deutschland“ fachlich fort- und weitergebildet wurden. Diese Fachkräfte sind auch mit der Auf- gabe betraut, sonderpädagogische Gutachten im Rahmen eines Feststellungsverfahrens für den Förderschwerpunkt Autismus zu erstellen und Empfehlungen über die Zuer- kennung dieses Förderbedarfs auszusprechen. 5. Wie erklären Sie die mehrfach vorkommenden unterschiedlichen Einschätzungen von begutachtenden Ärz- tInnen, PsychologInnen und PädagogInnen (an den unter- richtenden Schulen) einerseits und GutachterInnen andererseits ? Zu 5.: Eine Ursache für unterschiedliche Einschätzun- gen ergibt sich aus dem speziellen Blick der verschiede- nen Professionen auf diese Behinderung. Es ist daher da- von auszugehen, dass auch zwischen Ärztinnen und Ärz- ten, Psychologinnen und Psychologen, Pädagoginnen und Pädagogen unterschiedliche Meinungen in der Diagnostik der Behinderung bestehen. Eine sonderpädagogische Diagnostik erfolgt immer in einem sonderpädagogischen Kontext und betrachtet vor allem die Frage nach den notwendigen pädagogischen Förderaspekten in der Schule. Unter diesem Gesichts- punkt können sich z.B. in dem Fall unterschiedliche Ein- schätzungen ergeben, wenn bei vorliegender fachärztli- cher Diagnose einer leichten autistische Behinderung das sonderpädagogische Gutachten zu der Erkenntnis kommt, dass eine integrative Beschulung ohne Zuerkennung von sonderpädagogischem Förderbedarf möglich ist. 6. Wie bewertet der Senat die bisherige Förderung von SchülerInnen mit Autismus und hält er sie für ausreichend (bitte je nach Schularten angeben)? Zu 6.: Gegenwärtig besteht ein differenziertes System der sonderpädagogischen Förderung für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Autismus. Die zwei Auftragsschulen unterbreiten folgende An- gebote: - Ganztags-Kleinklassen f. Schülerinnen und Schüler mit frühkindlichem Autismus - Kleinklassen für Asperger-Schülerinnen und Asperger -Schüler Neben diesen Angeboten besteht selbstverständlich auch die Möglichkeit einer integrativen Beschulung an allgemeinen Schulen. Zusätzlich zu den aufgezeigten Förderangeboten für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Autismus gibt es noch eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die den primären Förderbedarf „Geistige Entwicklung “ aufweisen, aber bei denen darüber hinaus ein sonderpädagogischer Förderbedarf „Autismus“ vorliegt. Diese werden entsprechend der vorrangigen Behinderungsart an Förderzentren mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung beschult. Eine weitere Verbesserung dieses differenzierten För- dersystems wird durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nachhaltig verfolgt. Insbesonde- re darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die den Autismus- Spektrum-Störungen zuzurechnen ist, ansteigt. Dies ist vor allem den verbesserten Diagnosemöglichkeiten ge- schuldet. Für die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport ergibt sich aus dieser Entwicklung ein Rege- lungsbedarf bei der weiteren Ausgestaltung der Förde- rungsmöglichkeiten im Förderschwerpunkt Autismus. Berlin, den 01. März 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mrz. 2013)