Drucksache 17 / 11 573 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 14. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Februar 2013) und Antwort Polizeieinsatz während der Proteste gegen die Zwangsräumung einer Kreuzberger Familie am 13./14. Februar 2013 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Polizist*innen waren im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Zwangsräumung einer Kreuzberger Familie im Einsatz? (Bitte genaue Einzelaufschlüsselung nach Einheiten und Einsatzzeiträumen sowie Verlaufsprotokoll des Polizeieinsatzes beifügen.) Zu 1.: Im Zusammenhang mit dem Einsatzanlass wa- ren am 14. Februar 2013 in der Zeit von 04.30 Uhr bis 19.30 Uhr insgesamt 831 Einsatzkräfte eingesetzt. Diese Gesamtzahl berücksichtigt sowohl Einsatzkräfte, welche im räumlich unmittelbaren Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung am Objekt eingesetzt waren als auch Einsatzkräfte zur Bewältigung des anlassbezogenen Spontanaufzuges. Auch auf Grund von erforderlichen Schutzmaßnahmen im Raum Kreuzberg und Friedrichshain wegen paralleler dezentraler Straftaten eingesetzte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte und Ablösekräfte sind in dieser Zahl enthalten. Es wurden Dienstkräfte aus folgenden Bereichen der Polizei Berlin eingesetzt: - Fünf Einsatzhundertschaften der Direktion Zentrale Aufgaben, - vier Einsatzhundertschaften der örtlichen Direktio- nen - vier örtliche Verkehrsdienste - Kräfte der Polizeiabschnitte sowie - Spezialkräfte des Landeskriminalamtes, der örtlichen Direktionen und der Direktion Zentrale Aufgaben. 2. Zu welchen Zeitpunkten des unter 1. genannten Einsatzes haben die Polizist*innen ihren Helm aufgesetzt und was war der jeweils zugrunde liegende Anlass? (Bitte eine genaue Einzelaufschlüsselung nach Einheiten und Zeiträumen.) Zu 2.: Im gesamten Einsatzverlauf haben die am Ob- jekt und am Spontanaufzug eingesetzten Dienstkräfte zeitweise den Einsatzhelm ausschließlich zum Schutz der eigenen Gesundheit getragen. Einzelne Zeiten wurden nicht dokumentiert. 3. Wie viele Zivilpolizist*innen waren bei dem unter 1. genannten Einsatz anwesend und auf welcher Rechts- grundlage? (Bitte eine genaue Einzelaufschlüsselung nach Abteilungen und Einsatzzeiträumen.) Zu 3.: Es wurden insgesamt 59 Dienstkräfte in bürger- licher Kleidung eingesetzt. Diese gehören dem Landes- kriminalamt, der Direktion 3 und der Bereitschaftspolizei der Direktion Zentrale Aufgaben an. 4. Wie viele Kameras wurden bei dem unter 1. ge- nannten Einsatz von Polizist*innen mitgeführt? a. Über welche Zeiträume sind diese eingesetzt wor- den? (Bitte genaue Einzelauflistung nach Zeiträu- men, Anzahl und Art der Kameras, Situationen und der jeweiligen Rechtsgrundlage für das Fil- men.) b. Kam es auch zu Speicherung der gemachten Auf- nahmen? (Wenn ja bitte eine genaue Einzelauflis- tung nach Zeiträumen, Situation und der jeweili- gen Rechtsgrundlage für das Speichern.) c. Wie viele Minuten Filmmaterial sind dabei insge- samt entstanden? Zu 4.: Im Einsatz wurden zwei Kamerafahrzeuge und insgesamt 32 Kameras mitgeführt. Zu a. Dokumentation und Beweissicherung von Straf- taten nach dem Strafgesetzbuch und dem Versammlungs- gesetz in den Zeiten 09.04 – 11.25 Uhr, 06.54 – 10.18 Uhr, 05.59 – 11.25 Uhr, 11.28 – 11.32 Uhr, 05.37 – 10.22 Uhr, 05.19 – 15.16 Uhr, 05.39 – 10.55 Uhr, 07.27 – 10.29 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 573 2 Uhr, 05.57 – 10.45 Uhr, 06.15 – 10.08 Uhr, 05.57 – 10.59 Uhr, 06.00 – 11.44 Uhr und 07.14 – 10.19 Uhr. In den hier genannten Zeiträumen wurde allerdings nicht durchgehend, sondern nur phasenweise gefilmt. Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus den §§ 19a in Verbin- dung mit 12a Versammlungsgesetz, darüber hinaus zur konkreten Strafverfolgung aus § 100h der Strafprozessordnung . Zu b. Ja, siehe Antwort zu Frage 4a). Zu c. Es sind 306 Minuten Filmmaterial entstanden. 5. In welchen Zeiträumen ist bei dem unter 1. ge- nannten Einsatz ein Polizeihubschrauber eingesetzt wor- den? a. Aus welchen einsatztaktischen Gründen war der Einsatz des Hubschraubers notwendig? b. Wurde vom Polizeihubschrauber gefilmt und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage und in welchen Zeiträumen? c. Was kostet der Einsatz eines Polizeihubschraubers pro Stunde? (Bitte inklusive Personal-, Benzin- und Betriebskosten angeben.) Zu 5.: Der Polizeihubschrauber war von 08.04 Uhr bis 11.12 Uhr über dem Einsatzraum Friedrichshain und Kreuzberg eingesetzt. Zu a. In Friedrichshain und Kreuzberg Nord kam es in den frühen Morgenstunden zu diversen Straftaten, insbe- sondere in Form von Inbrandsetzungen. Auf Grund der Feststellungen über in Brand gesetzte Fahrzeuge am Strausberger Platz und mehrere in Brand gesetzte Lichtzeichenanlagen im Bereich der Oberbaum- brücke sowie der Schillingbrücke sollte mit dem Einsatz des Polizeihubschraubers die Möglichkeit erhöht werden – ähnlich wie bei den Einsätzen bei Kraftfahrzeugbranddelikten in den Jahren zuvor – verdächtige Personen bzw. Personengruppen aufzunehmen und damit entsprechende Täterfeststellungen zu treffen. Der Hubschraubereinsatz war zudem erforderlich, weil im gesamten Bereich Kreuzberg, aber auch im Nah- bereich der Lausitzer Str. 8 weitere Straftaten und Perso- nengruppen festgestellt wurden. Zu b. Aus dem Polizeihubschrauber heraus wurden in der Einsatzzeit von 08.04 – 11.12 Uhr zeitweise Filmaufnahmen getätigt. Zur Rechtsgrundlage für das Anfertigen von Filmaufnahmen verweise ich auf die Ausführungen zu Frage 4a. Zu c. Auf Grund der „Vereinbarung zum Betrieb eines gemeinsamen Hubschraubers zwischen der Bundesrepub- lik Deutschland und dem Land Berlin“ vom 28. November 2003 werden die Flugstunden inklusive aller Kosten nach den jeweils gültigen „Bestimmungen über wirtschaftliche Leistungen des Bundesgrenzschutzes zuguns- ten Dritter“ erhoben. Der derzeit gültige Erlass „Erstattungskostensätze für die Überlassung von Führungs- und Einsatzmitteln der Bundespolizei“ sieht für „Fluggerät inklusive Besatzung “ einen Stundensatz in Höhe von 4368,77 € vor. 6. In welchen Zeiträumen kam es zum Einsatz polizeilicher Zwangsmittel wie Pfefferspray, körperlicher Gewalt etc. (Bitte genaue Einzelaufschlüsselung nach Einheiten, Einsatzzeiträumen und Rechtsgrundlage)? Zu 6.: Im Zusammenhang mit dem Gesamteinsatz kam es partiell zu Zwangsanwendungen. Diese wurden im Zusammenhang mit Freiheitsentziehungen nach § 127 der Strafprozessordnung sowie wegen damit einhergehender Widerstandshandlungen erforderlich. In Anbetracht der Vielzahl von Übergriffen auf die eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten kam es zudem zur Abwehr von gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffen im Rahmen des Notwehrrechtes nach §§ 32 und 34 des Strafgesetzbuches. Zur Verteidigung wurden kör- perliche Gewalt und teilweise Hilfsmittel der körperlichen Gewalt (Reizstoff) sowie der Mehrzweckstock ange- wandt. Darüber hinaus wurde zur Durchsetzung erteilter Platzverweisungen unmittelbarer Zwang angewendet. Die Ermächtigungsgrundlage findet sich in § 5a des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 08.12.1976 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und § 12 Ver- waltungsvollstreckungsgesetz sowie § 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln). 7. Wie viele Demonstrierende und wie viele Poli- zist*innen wurden nach Information des Senats bei dem unter 1. genannten Einsatz verletzt? a. Wie viele wurden ambulant behandelt? b. Wie viele wurden stationär behandelt? Zu 7.: In dem Einsatz wurden 13 Dienstkräfte, haupt- sächlich durch Schläge und Tritte, verletzt. Alle sind im Dienst verblieben. Verletzungen Protestierender oder Un- beteiligter im Zusammenhang mit dem Einsatzverlauf sind hier nicht bekannt. Zu a. Keine der Dienstkräfte. Zu b. Keine der Dienstkräfte. 8. Zu wie vielen Festnahmen kam es bei dem unter 1. genannten Polizeieinsatz? Zu 8.: Im Einsatzverlauf kam es zu 19 Festnahmen. 9. Wie hoch waren die Gesamtkosten des unter 1. ge- nannten Polizeieinsatzes? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 573 3 Zu 9.: Ausgaben für Polizeieinsätze sind grundsätzlich durch die im Haushaltsplan von Berlin für die Polizei eingestellten Haushaltsmittel gedeckt und werden nicht gesondert erhoben. Eine detaillierte Antwort ist deshalb mit einem vertretbaren Arbeits- und Zeitaufwand nicht möglich. 10. Waren alle eingesetzten Polizist*innen durchge- hend während des unter 1. genannten Einsatzes individu- ell gekennzeichnet? a. Wenn ja, wie waren sie gekennzeichnet? b. Wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Nein. Zu a. Alle am Einsatz beteiligten uniformierten Dienstkräfte waren entsprechend der bestehenden Vor- schriftenlage gekennzeichnet. Zu b. Ausschließlich uniformierte Dienstkräfte unter- liegen der Kennzeichnungspflicht. 11. Welche Kosten sind durch die Beantwortung die- ser Kleinen Anfrage entstanden? Zu 11.: Die Benennung der durch die Bearbeitung die- ser Kleinen Anfrage entstandenen Kosten ist nicht mög- lich. Sie würde eine an den quantitativen wie qualitativen Faktoren orientierte Einzelfallprüfung erfordern, welche für sich genommen bereits mehr Kosten verursachen könnte als die eigentliche Beantwortung der inhaltlichen Fragestellungen. 12. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden oben stehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 12.: Die mit dieser Anfrage erbetenen Angaben sind ausschließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erhoben worden. Eine Einstellung dieser Daten in das Open-Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. Berlin, den 13. März 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2013)