Drucksache 17 / 11 597 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 19. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Februar 2013) und Antwort Auflagen bei Versammlungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele angemeldete Versammlungen oder Auf- züge wurden seit 2008 nach § 15 Absatz 1 Versamm- lungsgesetz verboten? (Bitte einzeln nach Jahren, Anzahl der Verfügungen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsge- setz sowie Thema der Versammlung/des Aufzuges auf- schlüsseln.) Zu 1.: 2008: Aufzug „Gegen das Vergessen – Freikorps, Soldaten für Deutschland“ 2009: 1. Kundgebung „Stoppt den israelischen Holocaust im Gaza-Streifen“ 2. Aufzug „Wir feiern unser Newroz Fest mit unserem Volksvorsitzenden Herrn Öcalan“ 3. Kundgebung „Kundgebung gegen das Verbot der Demonstration gegen das Gelöbnis am 20.07.09“ 4. Kundgebung „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verteidigen – Artikel 8 Grundgesetz einhalten !“ 5. Aufzug „Freiheit für Öcalan, Frieden in Kurdistan“ 2011: 1. Aufzug „Evolutionäre 1. Mai-Demonstration 2011 – Gegen die Zensur von Bombenbauanleitungen – Für den großen Knall“ 2. Aufzug „Gegen das Verbot der Demonstration ‚PKK-Verbot aufheben – Demokratie stärken‘ – Demokratische Rechte verteidigen – Rassismus und Polizeiwillkür verteidigen“ 3. Aufzug „Demokratie stärken, PKK Verbot aufheben , Freiheit für A. Öcalan und Frieden in Kurdis- tan“ 2. In wie vielen Fällen wurden seit 2008 seitens der Polizei beschränkende Verfügungen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz erlassen? (Bitte nach Jahren auf- schlüsseln und das jeweilige Thema der Versammlung beziehungsweise des Aufzugs angeben.) Zu 2.: Hierzu liegen bei der Versammlungsbehörde des Landeskriminalamtes (LKA) keine statistischen Erhe- bungen vor. Die Frage ließe sich nur beantworten, wenn für den angegebenen Zeitraum sämtliche Versammlungsanmel- dungen gesichtet würden. Für den Zeitraum vom 1. Ja- nuar 2008 bis 31. Dezember 2012 liegen dem LKA insge- samt 16.315 Versammlungsanmeldungen vor. Die Durch- sicht aller Anmeldungen ist nicht leistbar. 3. In wie vielen Fällen wurden seit 2008 Versamm- lungen oder Aufzüge nach § 15 Absatz 3 Ver- sammlungsgesetz aufgelöst? (Bitte nach den gesetzlichen Auflösungsalternativen in § 15 Absatz 3 und nach Jahren aufschlüsseln sowie das jeweilige Thema der Versamm- lung beziehungsweise des Aufzugs angeben.) Zu 3.: Auflösungen nach § 15 Absatz 3 Versamm- lungsgesetz (VersG) sind kein Kriterium, das in der Poli- zei statistisch erfasst wird. 4. In wie vielen Fällen wurde seit 2008 gerichtlich über die Rechtmäßigkeit von erlassenen Auflagen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz entschieden? Was war jeweils Inhalt der betreffenden Auflagen, wie der gericht- liche Ausgang der jeweiligen Auseinandersetzungen und was das Thema der betreffenden Versammlungen oder Aufzüge? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zu 4.: Über versammlungsrechtliche Auflagen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz (ohne Verbote) wurde durch das Verwaltungsgericht Berlin für die Jahre 2008 in 9 Fällen, 2009 in 11 Fällen, 2010 in 17 Fällen, 2011 in 11 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 597 2 Fällen und 2012 in 7 Fällen entschieden, zusammen in 55 Fällen. Diese Zahlen umfassen sowohl die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als auch die Hauptsachever- fahren. Die Angaben zu den einzelnen Erledigungsarten erge- ben sich aus der nachstehenden Tabelle. Weitergehende Angaben konnten mit vertretbarem Aufwand nicht ermit- telt werden. Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufi- gen Rechtsschutzes zu versammlungsrechtlichen Auf- lagen nach § 15 Absatz 1 VersG Erledigung durch Eingangsjahr Stattgabe teilweise Stattga- be/Ablehnung Abweisung/ Ablehnung Rücknahme Hauptsache- erledigung Summe 2008 2 4 1 2 9 2009 2 2 6 1 11 2010 2 8 4 3 17 2011 1 1 4 4 1 11 2012 1 3 3 7 Summe 4 10 25 9 7 55 Am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wa- ren aus dem Land Berlin Rechtsstreitigkeiten zu ver- sammlungsrechtlichen Auflagen nach § 15 Absatz 1 Ver- sammlungsgesetz im Jahr 2008 eine, im Jahr 2009 vier, im Jahr 2010 zwei, im Jahr 2011 keine und im Jahr 2012 fünf anhängig. Dabei handelte es sich mit Ausnahme ei- nes Antrags auf Zulassung der Berufung aus dem Jahr 2009 ausschließlich um Beschwerden gegen Entschei- dungen des Verwaltungsgerichts Berlin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Der Ausgang der Verfahren ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle. Weitergehende An- gaben konnten mit vertretbarem Aufwand nicht ermittelt werden. Verfahren am Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg aus dem Land Berlin zu versammlungs- rechtlichen Auflagen nach § 15 Absatz 1 VersG Erledigung durch Eingangsjahr Stattgabe teilweise Stattga- be/Ablehnung Ablehnung Rücknahme Hauptsache- erledigung Summe 2008 1 1 2009 4 4 2010 1 1 2 2011 2012 4 1 5 Summe 10 1 1 12 5. In wie vielen Fällen wurde seit 2008 im Rahmen von Fortsetzungsfeststellungsklagen gerichtlich über die Rechtmäßigkeit von erlassenen Auflagen nach § 15 Ab- satz 1 Versammlungsgesetz entschieden? Was war jeweils Inhalt der jeweiligen Auflagen, wie war der gerichtliche Ausgang der jeweiligen Auseinandersetzungen und was war das Thema der betreffenden Versammlungen oder Aufzüge? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zu 5.: Von den in Frage 4 genannten Fällen des Ver- waltungsgerichts Berlin waren 2008 und 2009 jeweils ein Verfahren, 2010 vier und 2011 fünf Verfahren Fortset- zungsfeststellungsklagen. 2012 war kein Verfahren eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist im Jahr 2009 über einen Antrag auf Zulassung der Beru- fung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu Auflagen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz ent- schieden worden. Das Motto der Versammlung lautete: „Die G 8-Bildungspolitik in die Zange nehmen“. Streitgegen - stand des Zulassungsverfahrens war die Auflage an den Veranstalter bzw. Leiter der Versammlung, vor Be- ginn der Versammlung einen speziellen Wagenverant- wortlichen zu bestimmen und der Polizeieinsatzleitung unter Angabe der vollständigen Personalien und des Kfz- Kennzeichens des Fahrzeugs schriftlich zu benennen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte die Klage insoweit ab- gewiesen; der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Weitergehende Angaben konnten mit vertretbarem Aufwand nicht ermittelt werden. 6. Wie viele anhängige Gerichtsverfahren sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde bekannt, in denen über die Rechtmäßigkeit von erlassenen Aufla- gen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz zu entschei- den ist? Wie ist der jeweilige Verfahrensstand, was Inhalt der jeweiligen Auflagen, was das Thema der betreffenden Versammlungen oder Aufzüge? Zu 6.: Aktuell sind beim Verwaltungsgericht Berlin und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg keine Gerichtsverfahren, in denen über Auflagen nach § 15 Absatz 1 Versammlungsgesetz zu entscheiden wäre, anhängig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 597 3 7. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden oben stehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 7.: Die mit dieser Anfrage erbetenen Angaben sind ausschließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erho- ben worden. Eine Einstellung dieser Daten in das Open- Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. Die Angaben zu den Fragen 4 bis 6 beruhen auf einer Abfrage der statistischen Daten im IT-Fachverfahren GO§A sowie beim Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg auf einer Durchsicht der dort geführten Re- tente zu den Verfahrensakten. 8. Welche Kosten sind durch die Beantwortung die- ser Kleinen Anfrage entstanden? Zu 8.: Die Benennung der durch die Bearbeitung die- ser Kleinen Anfrage entstehenden Kosten ist nicht mög- lich. Sie würde eine an den quantitativen wie qualitativen Faktoren orientierte Einzelfallprüfung erfordern, welche für sich genommen bereits mehr Kosten verursachen könnte als die eigentliche Beantwortung der inhaltlichen Fragestellungen. Berlin, den 13. März 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Apr. 2013)