Drucksache 17 / 11 637 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 25. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Februar 2013) und Antwort Datenhandel mit Hilfe Berliner Schulen - Verkaufen wir unsere Kinder an Bertelsmann und Co.? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass Schulbuchverlage mit Hilfe der Verteilung von Bücher-Gutscheinen in Schulen im Land Berlin gezielt große Datensammlungen anlegen, um diese dann für Akquisetätigkeiten bei Eltern einzuset- zen? Zu 1.: Nein. 2. Was unternimmt der Senat zur Aufklärung über Ge- schäftspraktiken mit personenbezogenen Daten durch Schulbuchverlage an Schulen, bei Eltern oder direkt bei den betroffenen Kindern? 3. Sieht der Senat Handlungsbedarf zur Eindämmung von Akquisetätigkeiten bei Eltern mit Hilfe der Berliner Schulen? 4. Welche Maßnahmen zur Aufklärung über Ge- schäftsmodelle auf Grundlage der Erhebung personenbe- zogener Daten von Schüler_innen und Eltern finden der- zeit an Schulen in Berlin statt und hält der Senat diese für ausreichend? 7. Welche Handlungsoptionen kann der Senat be- troffenen Eltern und Schulen aufzeigen, um der Praxis aggressiver Werbung und massiver Datensammlungen durch vermeintliche Büchergeschenke zu begegnen? Zu 2., 3., 4., 7.: Gemäß § 76 Schulgesetz (SchulG) entscheidet die Schulkonferenz u.a. über die schuleigenen Grundsätze über die Werbung an der Schule sowie Art und Umfang von Sponsoring. Die Gesamtkonferenz der Lehrkräfte (§ 79 SchulG) und die Fachkonferenzen/Teilkonferenzen (§ 80 SchulG) entscheiden über die Grundsätze für die Einführung von Schulbüchern und anderen Unterrichtsmedien sowie die Auswahl von Lern- und Lehrmitteln. Nach § 7 SchulG regelt jede Schule im Rahmen gel- tender Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihre Angele- genheiten selbstständig und in eigener Verantwortung. In dem Rundschreiben über Allgemeine Anweisung über Werbung, Handel, Sammlungen und politische Betä- tigung in und mit Einrichtungen des Landes Berlin (AllA Werbung) der Senatsverwaltung für Inneres ist geregelt, dass durch Werbung und Sponsoring – wozu auch Bücher -Gutscheine gehören – weder Einfluss auf die Unterrichtsinhalte noch auf die Unterrichtsorganisation ge- nommen werden darf und dass Persönlichkeitsrechte, z.B. durch die Weitergabe persönlicher Daten, nicht verletzt werden dürfen. Die Verwaltungsvorschriften über Werbung, Handel, Sammlungen und politische Betätigung in und mit Ein- richtungen des Landes Berlin (VV Werbung vom 11. Ja- nuar 2011) gelten auch für Schulen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die bestehen- den Gesetze und Rechtsvorschriften gewährleisten, dass durch „aggressive Werbung“ keine Beeinflussung der Schulen darüber, welche Lernmittel durch sie, durch die Erziehungsberechtigten oder die Schülerinnen und Schü- ler zu erwerben sind, erfolgt. Die Übermittlung personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern, ihren Erziehungsberechtigten und Lehrkräften an Schulbuchverlage ist nach § 64 Ab- satz 5 SchulG nur mit Einwilligung zulässig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 637 2 5. Gab es in der Vergangenheit Rückfragen und Be- schwerden von Schulen oder Eltern bezüglich der Vertei- lung von Bücher-Gutscheinen und wenn ja, wie viele und in welchem Zeitraum? 6. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen sich Eltern oder Lehrer_innen über aggressive Werbung durch Verlage an Schulen oder direkt bei Eltern beschwert haben und wenn ja, wie viele und in welchem Zeitraum? Zu 5. und 6.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Ju- gend und Wissenschaft hat keine entsprechenden Infor- mationen erhalten. 8. Wird der Senat sich im Rahmen der EU- Datenschutznovelle dafür einsetzen, dass der Schutz von Schulen, Eltern und Kindern vor unzulässiger Werbung gestärkt wird? Zu 8.: Auf Grundlage der bereits geltenden Rechtsvor- schriften wird kein Handlungsbedarf gesehen. 9. Gibt es bereits Stellungnahmen des Berliner Beauf- tragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum Thema Werbung an Schulen und welche politischen Initi- ativen hat der Senat aufgrund dieser in der Vergangenheit ergriffen? Zu 9.: In den vergangenen Jahren bestand für den Ber- liner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfrei- heit (BlnBDI) kein Handlungsbedarf, sich mit dem Thema „Werbung an Schulen“ zu beschäftigen. Offizielle Stellungnahmen gegenüber Dritten wurden vom BlnBDI dazu nicht gefertigt. Berlin, den 26. März 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2013)