Drucksache 17 / 11 657 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 28. Februar 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. März 2013) und Antwort Schulabschluss als Ausbildungsreife? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie unterscheidet sich der Schulabschluss „Berufsbildungsreife “ in den Zugangs- und Leistungsanforderungen sowie in der Feststellung und den Anschlus- soptionen auf dem weiteren Bildungsweg vom (ehemali- gen) Hauptschulabschluss? Zu 1.: Gegenüber dem ehemaligen Hauptschulab- schluss, der durch Versetzung von der 9. Jahrgangsstufe in die 10. Jahrgangsstufe erworben wurde, erwerben Schülerinnen und Schüler der Integrierten Sekundarschu- len die Berufsbildungsreife am Ende der Jahrgangsstufe 9 oder 10, wenn bei Umrechnung der erreichten Punkte im leistungsdifferenzierten Unterricht in Noten des G-Ni- veaus auf dem Anforderungsniveau der Jahrgangsstufe 9 folgende Bedingungen erfüllt werden: 1. In mindestens zwei der drei Fächer Deutsch, Ma- thematik sowie entweder Wirtschaft, Arbeit, Tech- nik oder erste Fremdsprache werden mindestens ausreichende Leistungen erreicht, 2. die Summe aller Zeugnisnoten ergibt einen Durch- schnittswert von 4,0 oder besser und 3. bei den vergleichenden Arbeiten in Mathematik und Deutsch werden mindestens ausreichende Leistungen erzielt oder mangelhafte Leistungen in einem Fach können durch mindestens befriedi- gende Leistungen in dem anderen Fach ausgegli- chen werden. Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums erwerben mit der Versetzung in die Jahrgangsstufe 10 die Berufs- bildungsreife. Ansonsten sind die Leistungsanforderungen und die Anschlussoptionen identisch. 2. Wie unterscheidet sich im o.g. Sinne die „Erweiterte Berufsbildungsreife“ vom (ehemaligen) Erweiterten Hauptschulabschluss bzw. dem Mittleren Schulabschluss (MSA)? Zu 2.: Am Ende der Jahrgangsstufe 10 kann in allen Schularten der Sekundarstufe I der mittlere Schulab- schluss oder die erweiterte Berufsbildungsreife durch Teilnahme an einer gemeinsamen Prüfung erworben wer- den. Der jeweilige Abschluss setzt sich zusammen aus den schulischen Bewertungen der Jahrgangsstufe 10 und den Prüfungsergebnissen. Die Prüfung dient der Feststel- lung des Leistungsstands und des Kompetenzerwerbs am Ende der Sekundarstufe I unter einheitlichen Bedingun- gen. Gegenüber dem ehemaligen erweiterten Hauptschul- abschluss unterscheidet sich die erweiterte Berufsbil- dungsreife dahingehend, dass sie nur durch Teilnahme an einer gemeinsamen Prüfung erworben werden kann (vgl. § 44 Sekundarstufe I-Verordnung – Sek I-VO). 3. Wann, warum und mit welchem Ziel wurden die Begriffe Berufsbildungsreife und Erweiterte Berufsbil- dungsreife eingeführt? Zu 3.: Die neuen Bezeichnungen tragen nicht nur der Tatsache Rechnung, dass es die in den bisherigen Be- zeichnungen zum Ausdruck kommende Schulart Haupt- schule mit Einführung der Integrierten Sekundarschule im Zuge der Schulstrukturreform nicht mehr gibt. Sie bringen auch klar zum Ausdruck, dass sie die für den Übergang in berufliche Bildungsgänge erforderlichen Qualifikatio- nen bescheinigen. Darüber hinaus führt es durch die Ein- führung der Begriffe zu einer sinnvollen Angleichung innerhalb der gemeinsamen Bildungsregion mit Branden- burg, wo diese Bezeichnungen bereits eingeführt sind. 4. Inwieweit standen Gespräche mit den Sozialpartnern und Zuständigen Stellen im Hintergrund der Neubenennungen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 657 2 Zu 4.: Im Zuge der Schulgesetzänderung 2010 waren die Sozialpartner im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Schulgesetzänderung eingebunden. Eine spezifische Abstimmung hinsichtlich der neuen Bezeichnungen gab es nicht. 5. Inwieweit besteht zwischen der Senatsverwaltung, den allgemeinbildenden sowie beruflichen Schulen und den Sozialpartner bzw. Zuständigen Stellen Einver- nehmen über die Kompetenzen bzw. Leistungsstände, die unter dem Begriff Ausbildungsreife zu fassen sind und welcher Schulabschluss als dem entsprechender Ausweis von Ausbildungsreife akzeptiert ist? Wo gibt es Differenzen? 6. Hält der Senat es für sinnvoll, ein solches Einvernehmen anzustreben und es sukzessive als Ziel für die allgemeinbildenden Schulen zu etablieren, alle Schülerinnen und Schüler mindestens zu dem entsprech- enden Schulabschluss zu führen? Zu 5. und 6.: Im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland, dem die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Bundesregierung und die Kultusministerkonferenz angehören, wurde ein Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife erstellt, der eine differenzierte Betrachtung von Ausbildungsreife ermöglicht. Der Kriterienkatalog dient als Orien- tierungsrahmen zur Beurteilung der Ausbildungsreife Jugendlicher und soll nicht im Sinne eines starren Schemas Verwendung finden, denn dann wird er in seiner Anwendung nicht der Vielfältigkeit der Realität gerecht (vgl. Bundesagentur für Arbeit: Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland. Nürnberg, März 2009). Obwohl es keine einheitliche Definition von Ausbildungsreife gibt und die Beurteilung der Ausbildungsreife immer einzelfallbezogen und situationsangemessen zu erfolgen hat, liegt mit dem Kriterienkatalog ein Instrument als Orientierungshilfe zur Beurteilung von Ausbildungsreife vor, das auch in Berlin seine Anwendung findet. Ziel des Berliner Senats ist es, allen Schülerinnen und Schülern den Erwerb eines qualifizierten Schulabschlus- ses zu ermöglichen, damit sie ihren Bildungsweg erfolg- reich in einer beruflichen Ausbildung oder einem Studium fortsetzen. Berlin, den 02. April 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Apr. 2013)