Drucksache 17 / 11 686 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 05. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2013) und Antwort Privater Nachhilfeunterricht von SchülerInnen II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wenn SchülerInnen privaten Nachhilfeunterricht benötigen, um in der Schule mitzukommen, so lässt dies negative Rückschlüsse auf die Schulen bzw. den Unter- richt zu und fällt schließlich in die Zuständigkeit der Schulaufsicht. Wieso verwehrt der Senat dennoch eine quantitative Erhebung des Nachhilfeunterrichts? Zu 1.: Die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht ist Sache der Eltern bzw. der Schülerinnen und Schüler. Angaben über die Inanspruchnahme müssten direkt von ihnen erhoben werden, wofür es keine Rechtsgrundlage gibt. In den Schulen gibt es über privaten Nachhilfeunter- richt keine Daten. 2. Sind dem Senat Beschwerden von Schulen in Berlin bekannt, die sich darüber beklagen, dass eine hohe Anzahl ihrer SchülerInnen privaten Nachhilfeunterricht erteilt bekommen und dadurch eine Ungerechtigkeit gegenüber SchülerInnen aus finanziell schwächer gestellten Familien entstanden sind? Wenn ja, welche Schlüsse zieht der Se- nat daraus? 3. Sieht der Senat eine solche klar finanziell begründe- te Benachteiligung tatsächlich außerhalb seiner Zuständigkeit ? Wenn nein, welche Maßnahmen plant der Senat konkret zu ergreifen, um gegen diese Bildungsungerech- tigkeit vorzugehen? Zu 2. und 3.: Das Land Berlin hat sich gegenüber dem Bund bei der Novellierung der bundesgesetzlichen Rege- lungen über das Bildungs- und Teilhabepaket frühzeitig dafür eingesetzt, dass diese Mittel, insbesondere für Lern- förderung, nicht an die individuelle Inanspruchnahme von staatlichen Transferleistungen gekoppelt werden, sondern die Schulen gefördert werden, damit unabhängig von dem Einkommen der Eltern die Schülerinnen und Schüler ge- fördert werden können. Bekanntermaßen hat sich die Bundesregierung diesem Vorschlag nicht angeschlossen. In den Berliner Schulen ermöglicht insbesondere der fast flächendeckende Ganztagsbetrieb eine individuelle Förde- rung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. 4. Laut Antwort auf Frage 10 der Anfrage 17/11242 haben rund 2.300 SchülerInnen eine ergänzende Lernförderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) erhalten. a) Wie hoch war die Lernförderung jeweils bzw. wel- che Sachleistungen umfasste die Förderung genau? b) Welche Schulen besuchen die betroffenen Schüle- rInnen? (sortiert nach Bezirk, Schulart, Klassenstu- fe) c) War die Lernförderung in diesen Fällen auf be- stimmte Arten der Förderung zweckgebunden? Wenn ja, inwiefern? Zu 4.: Die Kosten der Lernförderung nach Regionen für 2012 sind der Tabelle zu entnehmen. Eine Erfassung nach Schulart und Klassenstufe ist nicht vorgesehen. Dauer und Umfang der zusätzlichen Lernförderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler sind unterschiedlich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 686 2 Kursteilnehmerinnen Kosten Lernförderung und Kursteilnehmer in Euro Berufl. u. zentral verwaltete Schulen 165 9.992,87 allg. Schulen Mitte 2.982 183.778,40 allg. Schulen Friedrichshain/Kreuzberg 1.334 62.741,79 allg. Schulen Pankow 423 36.202,41 allg. Schulen Charlottenburg/Wilmersdorf 997 69.392,69 allg. Schulen Spandau 1.224 49.941,21 allg. Schulen Steglitz/Zehlendorf 647 38.758,91 allg. Schulen Tempelhof/Schöneberg 1.276 95.538,61 allg. Schulen Neukölln 5.208 232.309,35 allg. Schulen Treptow/Köpenick 576 65.925,75 allg. Schulen Marzahn/Hellersdorf 922 83.093,50 allg. Schulen Lichtenberg 1.295 79.157,72 allg. Schulen Reinickendorf 1.352 90.549,57 Schulen in freier Trägerschaft 222 18.942,77 gesamt: 18.623 1.116.325,55 nachträgliche Erstattung 42.914,24 Gesamtsumme 1.159.239,79 Die Grundlage für die nachtägliche Erstattung bereits verauslagter Aufwendungen bildet das Schreiben der Se- natsverwaltung für Gesundheit und Soziales über „nachträgliche Erstattung bereits verauslagter Aufwendungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs.2 bis 7 SGB II und § 34 Abs. 2 bis 7 SGB XII an die leistungsberechtig- ten Personen“ vom 8.12.2011. Schülerinnen und Schüler aller Schularten erhielten Lernförderung. Die Genehmigung und Durchführung der Lernförde- rung erfolgt nach dem in der Verwaltungsvorschrift Schu- le Nr.17/2011 „Vorschriften über die Umsetzung des Bildungs - und Teilhabepaketes an öffentlichen Schulen nach § 28 Abs. 5 SGB II, § 34 Abs. 5 SGB XII und § 6 b BKGG“ geregelten Verfahren. Lernförderung erhalten Schülerinnen und Schüler, bei denen das Erreichen wesentlicher Lernziele gefährdet ist. In welchen Fächern die zusätzliche Lernförderung erfolgt, wird durch die Schule nach pädagogischen Gesichtspunk- ten entschieden. Der Umfang beträgt bis zu zweimal 90 Minuten pro Woche. 5. Wie bewertet der Senat die Einführung eines Quali- tätssiegels für Nachhilfeschulen? 6. Wie beurteilt der Senat die Forderung des Zusam- menschlusses INA-Nachhilfeschulen nach einer staatli- chen Aufsicht der Nachhilfe, u.a. um Steuergelder nicht an den Schwarzmarkt zu verlieren? Zu 5. und 6.: Für die Einführung eines Qualitätssiegels bzw. einer staatlichen Aufsicht über Einrichtungen, die private Nachhilfe anbieten, sieht der Senat keinen Bedarf. 7. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass Lehr- kräfte von den privaten Fördermaßnahmen für SchülerIn- nen häufig keine Kenntnis haben und deren Bewertungen somit verzerrt sind? Zu 7.: Die Bewertung von Schülerinnen und Schülern erfolgt auf Grundlage der erbrachten Leistungen in Bezug auf die Standards in den einzelnen Fächern und Jahr- gangsstufen. Bei der ergänzenden Lernförderung durch das Bil- dungs- und Teilhabepaket ist ein Kontakt zwischen För- derlehrkraft und Schule vorgesehen. Einen Einfluss auf die Zensurengebung der schulischen Lehrkraft hat das nicht. 8. In der Kleinen Anfrage 17/11242 führen sie auf, dass „[...] individuelle Begabungen durch differenzierte Maßnahmen in gemeinsamen Unterricht sowie leistungs- und neigungsdifferenzierende Angebote gefördert und die Kinder auf die weiteren Bildungswege in der Sekundar- stufe I vorbereitet [werden]. Dies ist für alle Schülerinnen und Schüler grundsätzlich auch ohne Nachhilfe gewähr- leistet.“ Wieso beurteilt der Senat eine hohe Zahl von privatem Nachhilfeunterricht nicht als offensichtliches Versagen in diesen Punkten? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 686 3 Zu 8.: Die Entscheidung über privaten Nachhilfeunter- richt für ihre Kinder treffen die Eltern. Auf diese Ent- scheidungen hat der Senat keinen Einfluss. Es liegt im Ermessen der Eltern, ihren Kindern zusätzlich zu den Förderangeboten der Schule sowie der ergänzenden För- derung und Betreuung Nachhilfe zukommen zu lassen Berlin, den 05. Mai 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mai 2013)