Drucksache 17 / 11 694 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 06. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2013) und Antwort Aufklärung von Straftaten mit Hilfe der Videoüberwachung im öffentlichen Personennah- verkehr 2011 (hier: BVG) II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft auch Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher auch die Ber- liner Verkehrsbetriebe (BVG) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort eigenverantwortlich erstellt und dem Senat übersandt wurde. Die Videoaufzeichnung und Speicherung im Rahmen der gesetzlichen Frist im Bereich der U-Bahn als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs Berlins erfolgt durch die BVG. Die Polizei führt keine Videoaufzeichnung durch, es findet auch keine generelle Auswertung des von der BVG gespeicherten Datenmaterials statt, um dabei Straftaten festzustellen. Die Polizei fordert beim An- fangsverdacht einer Straftat, bei der nach den Umständen durch Videokameras der BVG Aufzeichnungen von Tat oder Tatverdächtigen gemacht worden sein könnten, die entsprechenden Filmausschnitte als Beweismaterial zur Auswertung an. Die Beantwortung der nachfolgenden Fragen erfolgt unter diesem Gesichtspunkt. 1. Aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) zur „Aufklärung von Straftaten mit Hilfe der Videoüberwachung im öffentli- chen Personennahverkehr 2011 (hier: BVG)“ (Drucksache 17/11366) vom 18. Dezember 2012 ergibt sich aus der Antwort zu 1., dass im Jahr 2011 insgesamt 3.875 Anträge auf Videoübermittlung an die BVG gestellt wur- den. 2.417 davon von der Polizei. a. Von wem wurden die anderen 1.458 Anträge auf Videoübermittlung gestellt? (Bitte eine genaue Einzelauf- listung nach Antragssteller_in und Antrag)? Zu 1a.: Zu dieser Frage teilt die BVG folgendes mit: Im Jahr 2011 wurden Daten wie folgt angefordert: Direkt durch die Polizei: 2.417 durch unbekannte: 65 durch Personal: 1.068 durch Fahrgäste: 317 Nach Klärung der Sachverhalte gliedern sich die An- forderungen von Videodaten in folgende Zuständigkeiten auf: Landespolizei: 3.194 Bundespolizei: 19 BVG intern: 476 Sonst. Behörden: 0 Offene Vorgänge: 178 Differenzen in der Summe ergeben sich aus nachträg- lich korrigierten Eingaben. b. Wer ist aufgrund welcher Rechtsgrundlage dazu befugt, einen solchen Antrag auf Videoübermittlung zu stellen? Zu 1b.: Hierzu teilt die BVG mit: „Jeder Fahrgast kann auf Grund eines Vorfalls (Raub, Körperverletzung etc.) eine Videodatensicherung bean- tragen. Jedoch erfolgt die Ausgabe der Daten nur an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft gegen eine Vorgangs- nummer.“ Die Polizei hat nach § 163 Strafprozessordnung (StPO) Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunke- lung der Sache zu verhüten. 2. Aus Antwort 2 der unter 1. genannten Kleinen An- frage geht hervor, dass auf die 3.875 erfolgten Anträge auf Videoübermittlung an die BVG insgesamt 2.986 Fäl- len Videodaten übermittelt wurden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 694 2 Welche Umstände lagen zu Grunde, dass in 889 Fäl- len trotz eines Antrages auf eine Videoübermittlung keine Übermittlung erfolgte? (Bitte eine genaue Einzelauflis- tung warum es jeweils nicht zu einer Videoübermittlung kam.) Zu 2.: Hierzu teilt die BVG mit: „Von den 3.867 wurden 2.986 Datensätze an die zu- ständigen Dienststellen ausgegeben. Die Differenz von 881 Datensätzen resultiert zum Teil aus nicht abgeholten, nicht zu klärenden bzw. zuzuord- nenden Sachverhalten oder hinfällig gewordenen Vorgän- gen. Nach einer Lagerungszeit von längstens 6 Monaten er- folgt dann grundsätzlich die endgültige Vernichtung der Datenträger.“ Die Zahl der Datensätze beruht auf der Gesamtsumme der in Frage 1a dargestellten Aufschlüsselung. 3. Aus der Antwort zu 1. ergibt sich, dass die Polizei im Jahr 2011 insgesamt 2417 Anträge auf Videoübermitt- lung gestellt hat. Aus der Antwort zu 2. ergibt sich, dass aber insgesamt 2986 Videodaten übermittelt wurden. An wen wurde die Differenz von 569 Videodaten übermittelt und warum? (Bitte Einzelauflistung nach Übermittlungsempfänger_innen und jeweiligem Über- mittlungsgrund) Zu 3.: Hierzu verweist die BVG auf ihre Antworten zu 1a und 2. Die BVG sichert demzufolge vorab Daten, die aus ih- rer Sicht in den Zuständigkeitsbereich der Polizei fallen. Dies muss sich nicht zwangsläufig mit den Fällen decken, in denen die Polizei eine Videodatenanforderung für nötig erachtet. 4. Aus der Antwort zu Frage 5 ergibt sich, dass insgesamt 107 Tatverdächtige aufgrund der Videoübermitt- lung erfasst werden konnten. Es wird aber auch klarge- stellt, dass die Videodaten grundsätzlich keine alleinigen Beweismittel seien. Wie erklärt sich der Senat die große Differenz zwi- schen der Übermittlung von 2986 Videodaten aber nur einer Erfassung von 107 Tatverdächtigen? Zu 4.: Die Zahl der gestellten Anträge auf Video- überwachung lässt keinen Schluss auf die Zahl der erfass- ten Straftaten mit unbekannten Straftäterinnen/Straftätern zu. In vielen Fällen können Straftäterinnen/Straftäter auch auf andere Weise namhaft gemacht werden, etwa durch Zeugenaussagen, bei Vernehmungen oder Gegenüberstel- lungen. Insofern sind dann die übermittelten Videodaten als ergänzendes Beweismittel zu sehen. a) Was war bei den 107 Tatverdächtigen jeweils das entscheidende Beweismittel? Zu 4a.: Im Jahr 2011 konnten 107 Tatverdächtige nach Versenden einer Anforderung auf Videodatenüber- mittlung im Bereich des öffentlichen Personennahver- kehrs (ÖPNV) durch die Polizei Berlin ermittelt werden. Ob die zur Verfügung gestellten Videodaten der BVG als entscheidende Beweismittel zur Identifizierung der Tat- verdächtigen dienten, lässt sich auch aus den oben genannten Gründen nicht feststellen. 5. Wieso wird es statistisch nicht erhoben, ob die durch Videoübermittlung erfassten Tatverdächtigen fest- genommen wurden oder ob gegen sie ein Haftbefehl er- lassen wurde? Zu 5.: Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbrau- cherschutz führt dazu aus: In den bundeseinheitlich koordinierten Verfahrensstatistiken der Landesjustizverwaltungen wird das Merkmal „Festnahme / Haftbefehl aufgrund von Videoüberwachung im öffentlichen Personennahverkehr“ nicht erhoben . Art und Umfang der statistischen Erhebungen bei den Strafverfolgungsbehörden beschränken sich auf das für die gesetzgebenden Körperschaften, die Öffentlichkeit und die Justizverwaltung notwendige statistische Materi- al, zumal die Behörden gehalten sind, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln wirtschaftlich umzugehen. Für eine Sonderstatistik besteht unter fachlichen Gesichtspunkten keine Notwendigkeit, zumal Videodaten grundsätzlich keine alleinstehenden Beweismittel sind.“ 6. Sieht der Senat die Auswertung der Videodaten an Hand der oben genannten Zahlen als erfolgreiches Ermitt- lungsmittel an? Zu 6.: Ja. Die Übermittlung und Auswertung, in Ein- zelfällen auch die Veröffentlichung der erhobenen Video- daten der BVG stellen eine wirkungsvolle Ergänzung der der Polizei zur Verfügung stehenden Beweismittel im Strafverfahren dar. Berlin, den 11. März 2013 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2013)