Drucksache 17 / 11 721 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) vom 11. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2013) und Antwort Meldegesetz – Alles erledigt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wahlbenachrichtigungen konnten im Jahr 2011 nicht zugestellt werden? 2. Welche Prognose hat der Senat für die Zahl der nicht-zustellbaren Wahlbenachrichtigungen für die Wahl im September 2013? Zu 1. und 2.: Bei den Berliner Wahlen 2011 sind 63.589 Wahlbenachrichtigungen als unzustellbar an die Bezirke zurückgesandt worden. Eine Prognose über den Rücklauf unzustellbarer Wahlbenachrichtigungen für die Wahl im September 2013 kann nicht abgegeben werden, da hier unterschied- lichste, meist behördlich nicht beeinflussbare Faktoren eine Rolle spielen (z.B. unzureichende Kennzeichnung von Briefkästen, Nichtbeachtung der Abmeldepflicht bei Auszug aus einer Wohnung). 3. Gibt es andere Stellen des Landes Berlin, der Jus- tiz oder der Polizei, die Schwierigkeiten mit Scheinadres- sen oder dem Nichtauffinden von Personen haben? Zu 3.: Probleme entstehen in erster Linie im Bereich der Bürgerdienste in den Meldebehörden der Bezirke selbst, da die Bereinigung fehlerhafter Datensätze im Melderegister oftmals zeitaufwendige Ermittlungen erfor- dert, die erhebliche Personalkapazitäten binden können. Vor allem bei Zuzügen aus dem Ausland werden in Ver- dachtsfällen Plausibilitätsprüfungen sowie weitergehende Prüfungen von Unterlagen durchgeführt. Auch die dem Bereich der Bürgerdienste zugeordneten Standesämter und Staatsangehörigkeitsbehörden sind in Einzelfällen von fehlerhaften Meldeverhältnissen von Antragstellerin- nen und Antragstellern betroffen. Bei der Vielzahl der in den Finanzämtern steuerlich geführten Personen, Gewerbebetrieben und Unternehmen ist zwar nicht auszuschließen, dass es in dem einen oder anderen Fall Probleme mit einer Scheinadresse oder dem Nichtauffinden von Personen gibt, diese Fälle sind im Arbeitsbereich der Finanzämter aber sehr gering. Auf- zeichnungen über solche Fälle werden in den Finanzäm- tern hierzu nicht geführt. Schwierigkeiten mit Scheinadressen treten bei gericht- lichen Verfahren in der Regel nicht auf, soweit die Ver- fahrensordnungen die Möglichkeit der öffentlichen Zu- stellung vorsehen. In Strafverfahren ist das Auffinden von Personen in einer Vielzahl von Fällen problematisch. Die Verwendung von Scheinadressen gehört in einigen Kri- minalitätsbereichen zur Art der Tatausführung. Die Arbeit der Polizei wird nach deren Angaben durch die im Jahr 2004 bei der melderechtlichen Anmeldung weggefallene Vermieternebenmeldepflicht bei erforderlichen polizeilichen Maßnahmen - wie z. B. bei schriftli- chen Vorladungen oder Durchsuchungen - grundsätzlich erschwert. Folgeprobleme ergeben sich durch Verzöge- rungen bei der Postzustellung sowie der Klärung tatsäch- licher Wohnverhältnisse. „Scheinmeldeverhältnisse“ wirken sich somit in allen Deliktsbereichen nachteilig aus. Besondere Bedeutung erlangen sie jedoch bei Be- trugsdelikten, bei denen die Täterinnen oder Täter die Arglosigkeit der Opfer gegenüber amtlich ausgestellten Bescheinigungen und Ausweisdokumenten ausnutzen. Allerdings können die einer stetigen Wandlung unterlie- genden modi operandi und Phänomene im Betrugsbereich nicht separat und getrennt voneinander betrachtet werden, so dass die alleinige Ursächlichkeit der Umsetzung der Änderungen im Melderechtsrahmengesetz im Jahr 2004 für eine etwaige Zunahme von Straftaten in diesem De- liktsfeld nicht abgeleitet werden kann. Nach Auffassung der Ausländerbehörde werden Scheinanmeldungen durch den Umstand, dass nach aktu- eller Rechtslage die Unterschrift des Wohnungsgebers auf der Anmeldung nicht erforderlich ist, erheblich erleich- tert. Grundsätzlich wird auch die Zustellung von Beschei- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 721 2 den aufgrund von Scheinanmeldungen erschwert; statis- tisch werden diese Fälle in der Ausländerbehörde aller- dings nicht erfasst. 4. Wie beurteilt der Senat die aktuelle Rechtslage bei Meldeangelegenheiten angesichts dieser Situation und welche Veränderungen sind denkbar? Zu 4.: Der Senat erachtet die derzeit melderechtlich vorgegebenen Instrumente weitgehend als geeignet, vo- rausgesetzt auch andere Behörden teilen ihre Verdachts- momente wiederum der Meldebehörde mit. Darüber hin- aus müssen die Meldebehörden eine Anmeldung nicht vornehmen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen. Die Meldebehörden können gem. §§ 14,15 Meldegesetz (MeldeG) weitere Nachweise zur Überprüfung fordern. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a 1. Alternative MeldeG handelt ordnungswidrig, wer sich vorsätzlich oder fahrlässig als Meldepflichtiger für eine Wohnung anmeldet, die er nicht bezieht. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 500 Euro geahndet werden. Der Senat hat jedoch insbesondere unter Berücksichti- gung der exponierten Lage der Großstadt Berlin im Osten Deutschlands und der damit einhergehenden geografi- schen Nähe zu den Staaten, für deren Staatsangehörige nach der EU-Osterweiterung wesentlich erleichterte Ein- reise- und Aufenthaltsbedingungen gelten, maßgeblich dazu beigetragen, dass in dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen und in seiner Sitzung am 28.02.2013 nach Maßgabe der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses geänderten Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens (MeldFortG), dem der Bundesrat am 1.03.2013 zuge- stimmt hat, in § 19 die Mitwirkung der Wohnungsgeberin oder des Wohnungsgebers am Anmeldeverfahren der Einwohnerinnen oder des Einwohners wieder eingeführt wird. Die Mitwirkungspflicht der Wohnungsgeberin oder des Wohnungsgebers bei der Anmeldung von Mieterinnen oder Mietern entspricht einer jahrzehntelangen Praxis, mit der durch das Gesetz zur Änderung des Melderechtsrah- mengesetzes und anderer Gesetze im Jahr 2002 (in Berlin sowie allen anderen Bundesländern im Jahre 2004 umge- setzt) gebrochen wurde. Sie wird wieder eingeführt, um Scheinanmeldungen wirksamer begegnen zu können. Der Senat verkennt jedoch nicht den Umstand, dass es trotz weit reichender rechtlicher Regelungen tatsächlich un- möglich ist, das Phänomen der Scheinanmeldungen, das allen deutschen Meldebehörden bekannt ist, gänzlich zu unterbinden. Berlin, den 28. März 2013 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Apr. 2013)