Drucksache 17 / 11 745 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Gelbhaar und Harald Moritz (GRÜNE) vom 12. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2013) und Antwort Wer lenkt die Verkehrslenkung Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchem Verkehrsleitbild bzw. welchen langfristigen Zielen folgt die Verkehrslenkung Berlin? Antwort zu 1: Die Verkehrslenkung Berlin (VLB) ist eine der Verkehrsabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nachgeordnete Behörde, für die die verkehrspolitischen Ziele verbindlich sind, die mit dem Stadtentwicklungsplan Verkehr (STEP-Verkehr) beschlossen wurden. Im Bedarfsfall werden die Ziele durch Vorgaben an die VLB konkretisiert. Frage 2: Wie ist die die Zusammenarbeit mit der zu- ständigen Senatsverwaltung und mit der politischen Führung ausgestaltet? Antwort zu 2: Die Zusammenarbeit mit der Abteilung Verkehr und der Hausleitung erfolgt durch Zielvorgabe, Arbeitsaufträge und regelmäßigen Austausch. Der Leiter der VLB nimmt an den Abteilungsroutinen teil. Frage 3: Wie ist die Zusammenarbeit mit weiteren Einrichtungen, etwa der VIZ-Verkehrsinformations- zentrale, ausgestaltet? Antwort zu 3: Die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) arbeitet als Dienstleister im Rahmen eines Vertra- ges mit der VLB. Frage 4: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Bezir- ken ausgestaltet, wo sieht die VLB Defizite? a) Wie viele Anfragen hat die VLB im Jahr 2012 aus den Bezirken (bitte nach Bezirken sowie Bezirk- samt/ Bezirksverordnete aufschlüsseln) bekommen und beantwortet? b) Wie soll der Informationsfluss durch die VLB gestaltet werden, wenn Anfragen aus den Bezirken nicht mehr beantwortet werden? c) Wie und auf welcher Rechtsgrundlage behandelt und beantwortet die VLB Anfragen aus anderen Teilen der Verwaltung? d) Wie begründet die VLB bzw. der Senat, dass die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) nunmehr anders behandelt werden sollen, obschon die BVV rechtlich als Teil der Verwal- tung ausgestaltet ist? Antwort zu 4: Generell ist dazu zu sagen, dass die Zu- sammenarbeit mit den Straßenverkehrsbehörden der Be- zirksämter konstruktiv ist, allerdings ergeben sich durch die bestehende Zuständigkeitsverteilung erhöhte Abstim- mungsbedarfe. So werden gelegentlich Vorgänge durch die Bezirksämterbearbeitet, obwohl sie nicht zuständig sind. Oder Bürgeranfragen/-anrufe werden an die VLB weitergeleitet (mit Abgabenachricht an die Bürgerinnen und Bürger), obwohl die Zuständigkeit beim Bezirksamt liegt. Bei den Tiefbauämtern ergeben sich wegen der not- wendigen zeitlichen Koordinierung beim Straßenbau mit parallelem Umbau von Lichtsignalanlagen (LSA) z.T. Differenzen bei der Umsetzung. Für eine weitergehende Beantwortung der Teilfragen a) bis d), insbesondere für eine nach Bezirksämtern aufgeschlüsselte Auflistung von Einzelanfragen, wäre ein Recherche-aufwand zu leisten, der in Anbetracht der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit leider nicht leistbar ist. Im Übrigen richtet sich der Senat nach den Regelungen des Bezirksverwal- tungsgesetzes. Danach liegt die Beantwortung von Anfra- gen von Bezirksverordneten in der BVV beim zuständi- gen Bezirksamt. Frage 5: Wie viele Vorgänge kommen in etwa pro Monat (aus den Bezirken o.ä.)? Wie ist die momentane Arbeitsauslastung bzw. wie groß ist die Liste an unerle- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 745 2 digten Vorgängen (wie alt sind die Vorgänge)? In welcher Frist werden momentan Anträge bearbeitet? Antwort zu 5: Pro Monat werden mehr als 500 Stel- lungnahmen abgegeben. Diese umfassen hauptsächlich Bürgeranfragen, politische Anfragen (Petitionen, Kleine Anfragen u. ä.), Bezirksanfragen sowie verkehrliche Stellungnahmen zu Planungen und Projekten Dritter. Hinzu kommen pro Monat rund 180 straßenverkehrsbehördli- chen Anordnungen für dauerhafte Maßnahmen. Die personellen Bearbeitungskapazitäten sind dafür nicht ausreichend. Die Vorgangsbearbeitung erfolgt des- halb nach Prioritäten (Verkehrssicherheitsprobleme z.B. haben oberste Priorität), in deren Folge einige nur nach- rangig bearbeitet werden können. Die Anzahl an Vorgän- gen (Anfragen und Projekte), die nur wegen der Kapazi- tätsengpässe derzeit nicht bearbeitet werden können, be- läuft sich aktuell auf ca. 300. Die Bearbeitungszeit kann sehr unterschiedlich sein. Die Bearbeitungsfrist liegt bei Lärmvorgängen wegen der notwendigen Gutachtenerstellung und Verkehrszählung bei etwa 9 Monaten, bei umfangreichen Radverkehrsanla- gen und Fußgängerüberwegen (FGÜ) bei 1-2 Jahren, bei anderen Vorgängen mit Rechercheaufwand zwischen 3-6 Monaten und einem Jahr. Anträge, bei denen der Sach- verhalt bereits ermittelt ist, werden möglichst zeitnah be- antwortet. Die Bearbeitungszeit hängt auch maßgeblich von erforderlichen Zuarbeiten, Abstimmungen etc. ab. Frage 6: Wie wird die direkte Kommunikation mit den BürgerInnen ausgestaltet, versteht sich die VLB als bür- gernahe Einrichtung und wie drückt sich das aus? Antwort zu 6: Eine direkte Kommunikation mit Bür- gerinnen und Bürgern erfolgt täglich zu allen Themenge- bieten, meist zu einzelnen Fragestellungen. Sämtliche Anregungen und Anfragen aus der Bürgerschaft, das sind jährlich einige Tausend, werden bei den Entscheidungen der VLB geprüft und, wenn möglich, berücksichtigt. Frage 7: Nach welchen Kriterien werden Fahrradstrei- fen angeordnet bzw. Vorschläge aus den Bezirken aufge- griffen oder auch nicht? Wie lang ist dabei durchschnitt- lich die Verfahrensdauer? Antwort zu 7: Der weitere Ausbau der Radverkehrsin- frastruktur mit baulichen Radwegen oder Radfahrstrei- fen/Schutzstreifen auf der Fahrbahn richtet sich - unter Berücksichtigung von Vorschlägen aus den Bezirken - nach der Netzkonzeption für den Radverkehr. Prioritär sind Lückenschlüsse. Die durchschnittliche Dauer für die Anlage von Radverkehrsstreifen vom Entwurfsbeginn bis zum Abschluss der Ausführung liegt bei drei Jahren. Frage 8: Nach welchen Kriterien werden a) Baustel- lenumleitungen/ Einschränkungen für den Fußverkehr (Breite der Passage) und b) Baustellenumleitungen für den Radverkehr (eigene Spur, keine eigene Spur, auf Straße oder Gehweg, keine eigene Umleitung für Radver- kehr, etc.) angelegt? Wie wird die Umsetzung der Anord- nungen überprüft? Antwort zu 8: Grundlage bilden hierfür die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA). Bei den Entscheidungen zur Verkehrsführung steht an erster Stelle die Verkehrssicherheit. Die Ausprägungen sind abhängig vom Verkehrsaufkommen (alle Verkehrs- teilnehmer), von der Örtlichkeit und den baulichen Zwän- gen. In der RSA sind Mindestmaße definiert: Gehwegbreite mind. 1 m und Radstreifenbreite mind. 0,8 m. Unter Ab- wägung mit Sicherheitserfordernissen werden diese ggf. nach oben angepasst. Die Umsetzung der Anordnung wird nach Einrichtung der Verkehrsführung durch die VLB gemäß RSA und vorhandener Personalressourcen kontrol- liert. Frage 9: Welche gesetzlichen Möglichkeiten hat die VLB, dass FußgängerInnen bzw. RadfahrerInnen bei Baustelleneinrichtungen gegenüber Kraftfahrzeugen nicht benachteiligt werden, oder um diese sogar zu bevorzu- gen? Antwort zu 9: Laut RSA darf die Sicherheit der Fuß- gängerinnen und Fußgänger und Radfahrerinnen und Rad- fahrer im Bereich von Arbeitsstellen nicht beeinträchtigt werden. Dies ist ein Grundsatz, auf den der Auftraggeber oder die Auftraggeberin bzw. der Bauherr oder die Bauherrin und der Antragsteller oder die Antragstellerin bzw. die ausführende Firma einer Arbeitsstelle bereits in der Planungsphase von der VLB hingewiesen wird. Die VLB achtet dann im Rahmen des Anordnungsverfahrens gem. Straßenverkehrsordnung (StVO) und RSA auf eine siche- re Führung. So werden ggf. Fußgängerampeln als Que- rungshilfen bei unabweisbarer Sperrung des Gehweges angeordnet. Eine gesetzliche Grundlage dafür, dass Fußgängerin- nen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer bevorzugt behandelt werden, gibt es nicht. Im Rahmen des Abwägungsprozesses hinsichtlich der Verkehrssi- cherheit und unter Beachtung einer Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmenden werden Einzelfallentschei- dungen getroffen. Frage 10: Wie ist der Stand bei der Umsetzung der ÖPNV-Beschleunigung? Worin sind die Probleme etwa bei der M4 begründet und wie werden diese gelöst? Antwort zu 10: Auf Grund von Personalengpässen können bei der VLB aktuell neue Beschleunigungsprojek- te nicht zeitnah bearbeitet werden. Ebenso können derzeit keine Maßnahmen zur Qualitätssicherung bereits be- schleunigter Linien bearbeitet werden. Die schon länger abgeschlossene Beschleunigung der Linie M4 wurde im Rahmen der Umsetzung der Qualitätssicherungsvereinba- rung überprüft. Einige bereits geplante Maßnahmen ste- hen hierzu noch aus. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 745 3 Frage 11: Gibt es Maßnahmen, wo die Beschleuni- gung nach baulicher Errichtung außer Kraft gesetzt wurde oder wird? Warum? Antwort zu 11: Zur Sicherung von Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenland müssen häufig stationäre Licht- signalanlagen angepasst werden. Für die Einrichtung von Arbeitsstellen müssen die Baufirmen Anträge auf Anord- nung von Einschränkungen im Straßenland bei der VLB einreichen. In diesem Zusammenhang werden auch ent- sprechende Anpassungen an LSA angeordnet, die ggf. die zeitweise Abschaltung der verkehrsabhängigen Steuerung beinhaltet. Die Anordnung der Verkehrseinschränkungen erfolgt für einen bestimmten Zeitraum. Ebenso kann es vorkom- men, dass durch technische Störungen (beispielsweise von Anforderungseinheiten) die Anlage in die Festzeit- steuerung geht und erst nach der Störungsbeseitigung die verkehrsabhängige Steuerung wieder in Betrieb gehen kann. Frage 12: Was sind hier die nächsten konkreten Pro- jekte, wo gibt es Defizite oder gar „Rückschläge“? Antwort zu 12: Die Projektsteuerung für die Busbe- schleunigung obliegt der BVG, die entsprechend neue Projekte bzw. zu beschleunigende Linien vorschlägt. Auf Grund von Personalengpässen kann die VLB der- zeit nur sehr eingeschränkt Beschleunigungsprojekte bearbeiten . Für eine LSA-Steuerung sind viele verschiedene Randbedingungen zu beachten, wobei die Verkehrssi- cherheit die erste Priorität hat. Neben der Priorisierung des ÖPNV bedürfen der Fuß- und Radverkehr besonderer Beachtung. So schränkt beispielsweise eine komfortable Fußgängerschaltung (langes Grün für Fußgänger und Queren in einem Zug über Mittelinseln hinweg) die Ein- griffsmöglichkeiten für den ÖPNV ein. Ebenso ist die Stauvermeidung ein Ziel, um die Umweltbelastungen zu minimieren. Jede LSA-Schaltung ist ein Kompromiss bei bestehenden Zielkonflikten. Frage 13: Nach welchen Kriterien werden Geschwin- digkeitsbegrenzungen auf Hauptstraßen, beispielsweise auch vor Schulen bzw. auf Schulwegen, angeordnet? Antwort zu 13: Wenn die Schulen einen Zugang zum Hauptverkehrsstraßennetz hin haben, dann wird grund- sätzlich Tempo 30 angeordnet. Auf Schulwegen ist die Anordnung von Tempo 30 immer eine Einzelfallprüfung, hier fließen in die Abwägungsentscheidung u.a. das Alter der Kinder, besondere Schuleinrichtungen (wie Förder- schulen), die Sichtverhältnisse, ggf. bereits vorhandene Querungshilfen (FGÜ, LSA, Mittelinseln, Gehweg- vorstreckungen), die Höhe der Fahrzeugbelegung, die Unfalllage etc. mit ein. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit der Polizei und den Bezirksämtern, die ggf. über das Schulamt noch weitere Erkenntnisse haben. Frage 14: Trifft es zu, dass angeordnete Geschwindig- keitsbeschränkungen auf 30 km/h vor Schulen von der VLB wieder aufgehoben wurden? Frage 15: Wenn ja, a) warum und vor welchen Schulen bzw. welche Straßenabschnitte waren davon in den letzten drei Jahren betroffen? b) welche Maßnahmen zur Schulwegsicherung sind alternativ geprüft und angeordnet worden? Antwort zu 14 und 15: Nein, es trifft nicht zu. Diese Regelungen würden bzw. werden nur dann aufgehoben, wenn der Schulstandort aufgegeben und damit der Schul- betrieb eingestellt wird und folglich die angeordneten Sicherungsmaßnahmen nicht mehr erforderlich sind. Berlin, den 28. März 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2013)