Drucksache 17 / 11 784 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 19. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. März 2013) und Antwort Gilt der Datenschutz auch für Schülerinnen und Schüler in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass in Berlin, sowohl in den Senatsverwaltungen, als auch in den Koalitionsfraktionen des Abgeordnetenhauses, Änderun- gen des Berliner Datenschutzgesetzes, des Schulgesetzes oder weiterer Gesetze und Verordnungen angedacht oder konkret vorbereitet werden, die vorsehen, dass in Zukunft Schulen, Jugendämter, Polizeidienststellen, Jugendge- richtshilfen, Staatsanwälte, die Ausländerbehörde oder weitere Ämter oder Behörden verpflichtet oder ermächtigt werden, sensible und personenbezogene Daten über Schü- ler und Schülerinnen an Berliner Schulen regelmäßig un- tereinander auszutauschen? a) Wenn nein, welche konkreten Änderungen des BlnDSG, des SchulG Berlin oder weiterer Gesetze und Verordnungen sind bisher angedacht oder geplant worden oder welche werden zurzeit konkret vorbereitet? b) Wenn nein, welche politischen, pädagogischen, verwaltungsorganisatorischen, rechtlichen oder sonstigen Ziele und Zwecke werden hierbei verfolgt? Zu 1.: Der Senat bereitet aktuell keine Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes oder der datenschutzrechtli- chen Vorschriften des Schulgesetzes mit der in der Frage dargelegten Zielrichtung vor. 2. Wie bewertet der Senat mögliche Ideen, Vorberei- tungen oder Planungen, den Datenschutz für Schüler und Schülerinnen im Land Berlin zu lockern und den Daten- austausch zwischen den Berliner Behörden zu fördern, hinsichtlich der Grundsatzentscheidung des Bundesver- fassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 (BVerfG 65,1), in dem die Verfassungsrichter festgestellt haben, dass Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbst- bestimmung nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig sind und dass bei Lockerungen des Datenschut- zes der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßig- keit zu beachten hat? Zu 2.: Dem Senat sind solche konkreten Ideen oder Planungen nicht bekannt. An Spekulationen beteiligt sich der Senat nicht. 3. Das BVerfG hat weiterhin festgestellt: "Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung wird der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner per- sönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeits- recht des Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art. 1 Abs.1 GG umfasst." Es führt weiter aus, der Gesetzgeber hat "organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrun- gen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken." (BVerfG 65,1). Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass die möglicherweise geplanten oder vorbereiteten Ände- rungen des Datenschutzgesetzes, des Schulgesetzes oder der sonstigen Verordnungen bzw. dass grundsätzlich der Austausch personenbezogener und sensibler Schüler/- innendaten über Behördengrenzen hinweg nicht gegen die besagten Artikel im Grundgesetz und insb. nicht gegen Persönlichkeitsrechte der Kinder und Jugendlichen ver- stößt? Zu 3.:Ja. 4. Wie bewertet der Senat für Bildung, Jugend und Wissenschaft die Aussage des Senators für Justiz, Thomas Heilmann (CDU) in der Berliner Zeitung vom 04.03.2013, er würde einen möglichen Vorstoß der SPD- Fraktion im Abgeordnetenhaus, der vorsieht, den Aus- tausch von Schüler/-innendaten zwischen Schule, Jugend- amt, Polizei und Staatsanwaltschaft gesetzlich zu fördern, unterstützen? Wie bewertet er seine Aussage vor allem hinsichtlich der in Frage 2 und 3 formulierten Ausfüh- rungen des BVerfG? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 784 2 Zu 4.: Sofern politische Initiativen darauf gerichtet sind, im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung und Prä- ventionsarbeit bei Jugendlichen Hindernisse in der Zu- sammenarbeit abzubauen, so bewertet die Senatsverwal- tung für Bildung, Jugend und Wissenschaft diese grund- sätzlich positiv. Dabei müssen der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung immer die (verfassungs-) rechtlich notwendige Beachtung finden. 5. In der Berliner Morgenpost vom 03.03.2013 ist zu lesen: "In der Praxis haben Sozialpädagogen, Polizisten und Lehrer vielerorts ungeachtet der Datenschutzbe- stimmungen längst begonnen, sich offen über die schwie- rigen Jugendlichen auszutauschen." Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass solch eine Praxis in Berlin existiert? a) Wenn nein, wie viele Fälle sind dem Senat hierzu bekannt? Was unternimmt der Senat gegen bekannt ge- wordene Fälle und wie bewertet der Senat solche geset- zeswidrigen Vorgänge der Behörden? b) Wenn nein, was unternimmt der Senat bzw. was hat er bereits getan, um dafür zu sorgen, dass Datenschutzbe- stimmungen des Landes Berlin in Zukunft nicht weiter in der Praxis missachtet werden und die Persönlichkeitsrech- te von Kindern und Jugendlichen geachtet werden? Zu 5.: Der Senat hat keine Erkenntnisse über eine Missachtung von Datenschutzvorschriften. 6. Kann der Senat mit Sicherheit die in der Berliner Morgenpost vom 03.03.2013 erwähnte Behauptung bestä- tigen, in den Niederlanden und insb. in der Stadt Rotter- dam gäbe es ein "koordiniertes Vorgehen von Schulen, Polizei, Jugendämtern und freien Trägern der Sozialar- beit, die sich über problematische Jugendliche und Fami- lien austauschen."? Wenn ja, auf welcher niederländischen Rechtsgrundlage findet dieser Austausch statt? Kann der Senat mit Sicherheit sagen, dass dort tatsächlich personenbezogene und sensible Daten von Schülerinnen und Schülern ausgetauscht werden oder handelt es sich hierbei lediglich um nicht-personenbezogene Informatio- nen? Zu. 6.: Nein. 7. Welche Auswirkungen hätten die in Frage 1 besagten Änderungen des Berliner Datenschutzgesetzes auf den § 64a SchulG Berlin (Automatisierte Schülerdatei)? Zu 7.: Keine, siehe Frage 1. Berlin, den 03. April 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Apr. 2013)