Drucksache 17 / 11 809 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Melzer (CDU) vom 22. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. März 2013) und Antwort Entwicklung und Zukunft der Schnellläufer-/Schnelllernerschulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Nachfrage nach Plätzen an den Schnellläufer-/Schnelllernerschulen entwickelt (bitte An- gaben über die Zahl der Bewerber 2008 bis einschließlich 2013) a. in absoluten Zahlen und b. in Prozent (bezogen auf die Zahl der Schüler des jeweiligen vierten Jahrgangs)? Zu 1.: Schuljahr Bewerberinnen und Bewer- ber 4. Jg. insgesamt %-Bewerberinnen und Bewerber bezogen auf Jg. 2008-09 980 28.786 3,40 % 2009-10 724 23.092 3,14 % 2010-11 769 21.108 3,64 % 2011-12 665 21.374 3,11 % 2012-13 553 21.449 2,58 % 2. Wie hat sich demgegenüber 2008 bis einschließlich 2013 die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze in den Schnellläufer-/Schnelllernerschulen entwi- ckelt? Zu 2.: Zur Verfügung gestellte Züge/Plätze Schul-Nr. Schule 2008-09 2009-10 2010-11 2011-12 2012-13 2013-14 Schnelllernerzüge 01Y08 Lessing 2 2 2 1 1 2 02Y05 Dathe 2 2 1 2 2 2 03Y10 RLO 2 2 2 2 3 2 06Y05 Werner v. Sie- mens 2 2 1 2 2 2 08Y01 Albrecht Dürer 2 2 1 1 1 2 10Y02 Otto Nagel 2 2 2 3 3 2 12Y03 Humboldt 2 3 2 2 3 2 Ehemalige Schnellläuferschulen mit verändertem Profil 03Y03 Käthe Kollwitz 2 2 2 2 2 2 05Y01 Freih. v. Stein 2 1 1 1 1 1 10Y11 Melanchthon 1 1 1 1 1 2 04Y08 Wegscheider 2 2 2 2 1 1 03Y14 Primo Levi 1 1 1 1 1 2 Genehmigte Züge insgesamt 23 23 19 21 22 22 Plätze insgesamt /Zug à 30 690 690 520 630 660 660 – Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses können über die Internetseite www.parlament-berlin.de (Startseite>Parlament>Plenum>Drucksachen) eingesehen und abgerufen werden. 3. Wie hoch ist in den Jahren 2008 bis einschließlich 2013 die Bestehensquote (das Verhältnis zwischen Be- werbern und am Ende des Aufnahmeverfahrens für ge- eignet Erklärten) an den Berliner Schnellläufer- /Schnelllernerschulen? Zu 3.: Übersicht Testung für Schnelllernerzüge Jahre 2009 bis 2013 Testung 2009 Anzahl getesteter Kinder 2009 Als geeignet emp- fohlene Kinder 2009 (Test > 5 Pkt.) 01Y08 Lessing- Gymnasium 73 21 (29 %) 02Y05 Dathe- Gymnasium 80 50 (63 %) 03Y10 Rosa- Luxemburg- Gymnasium 132 75 (57 %) 06Y05 Werner-v.- Siemens- Gymnasium 56 33 (59 %) 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 60 15 (25 %) 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 88 48 (55 %) 12Y03 Humboldt- Gymnasium 107 51 (48 %) Gesamt 914 429 (47 %) Testung 2010 Anzahl getesteter Kinder 2010 Als geeignet emp- fohlene Kinder 2010 (Test > 5 Pkt.) 01Y08 Lessing- Gymnasium 52 19 (37 %) 02Y05 Dathe 52 25 (48 %) 03Y10 Rosa- Luxemburg-G. 99 49 (49 %) 06Y05 Werner-v.- Siemens- Gymnasium 43 23 (53 %) 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 38 13 (34 %) 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 97 47 (48 %) 12Y03 Humboldt- Gymnasium 78 36 (46 %) Gesamt 729 336 (46 %) Testung 2011 Anzahl getesteter Kinder 2011 Als geeignet emp- fohlene Kinder 2011 (Test > 5 Pkt.) 01Y08 Lessing- Gymnasium 35 9 (26 %) 02Y05 Dathe- Gymnasium 90 54 (60 %) 03Y10 Rosa- Luxemburg-G. 138 81 (59 %) 06Y05 Werner-v.- Siemens- Gymnasium 74 49 (66 %) 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 34 16 (47 %) 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 118 68 (58 %) 12Y03 Humboldt- Gymnasium 106 65 (61 %) Gesamt 715 404 (56 %) Testung 2012 Anzahl getesteter Kinder 2012 Als geeignet emp- fohlene Kinder 2012 (Test > 5 Pkt.) 01Y08 Lessing- Gymnasium 43 24 (56 %) 02Y05 Dathe- Gymnasium 102 74 (73 %) 03Y10 Rosa- Luxemburg-G. 154 117 (76 %) 06Y05 Werner-v.- Siemens- Gymnasium 86 67 (78 %) 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 29 21 (72 %) 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 154 118 (77 %) 12Y03 Humboldt- Gymnasium 118 87 (74 %) Gesamt 686 508 (74,1 %) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 809 3 Testung 2013 Anzahl getesteter Kinder 2013 Als geeignet emp- fohlene Kinder 2013 (Test > 5 Pkt.) 01Y08 Lessing- Gymnasium 34 12 (35 %) 02Y05 Dathe- Gymnasium 89 45 (51 %) 03Y10 Rosa- Luxemburg-G. 152 83 (55 %) 06Y05 Werner-v.- Siemens- Gymnasium 79 46 (58 %) 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 31 11 (35 %) 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 144 68 (47 %) 12Y03 Humboldt- Gymnasium 89 53 (58 %) Gesamt 618 319 (52 %) 4. Wie viele Kinder haben sich 2013 an den einzelnen Schulen für die Aufnahme in Schnelllernerklassen bewor- ben und wie viele Plätze stehen jeweils zur Verfügung (bitte getrennt nach Schulen auflisten)? Zu 4.: Schule Erstwunsch Zur Verfügung stehende Plätze 01Y08 Lessing- Gymnasium 23 60 02Y05 Dathe- Gymnasium 50 60 03Y10 Rosa- Luxemburg- Gymnasium 131 60 06Y05 Werner-v.- Siemens-Gymnasium 67 60 08Y01 Albrecht- Dürer-Gymnasium 24 60 10Y02 Otto-Nagel- Gymnasium 145 60 12Y03 Humboldt- Gymnasium 52 60 Die in der zu Frage 3 dargestellten Tabelle „Testung 2013“ aufgeführten Zahlen der getesteten Schülerinnen und Schüler weisen nicht die Erstwünsche aus, sondern die Zahl der von der jeweiligen Schule zum Test gemel- deten. Diese Diskrepanz entsteht, da auch diejenigen, die eine Schnelllernerschule als Zweitwunsch gewählt haben, zum Test gemeldet wurden. 5. Wie viele Kinder erfüllen 2013 die Aufnahmebedingungen und wie viele Kinder werden an den jeweili- gen Schulen aufgenommen werden (bitte getrennt nach Schulen auflisten)? Zu 5.: Schule Aufnahme, Stand 11.04.2013 01Y08 Lessing-Gymnasium 6 02Y05 Dathe-Gymnasium 21 03Y10 Rosa-Luxemburg- Gymnasium 60 06Y05 Werner-v.-Siemens- Gymnasium 40 08Y01 Albrecht-Dürer- Gymnasium 11 10Y02 Otto-Nagel-Gymnasium 60 12Y03 Humboldt-Gymnasium 52 In der Antwort zu Frage 3 wird dargelegt, wie viele Schülerinnen und Schüler die Aufnahmebedingungen erfüllen, in der zu Frage 4, dass diese nicht in jedem Fall die jeweilige Schule mit Erstwunsch gewählt haben. 6. Welche Modifizierungen des Aufnahmeverfahrens sind seit 2008 vorgenommen worden? Zu 6.: Folgende Modifizierungen im Aufnahmever- fahren wurden seit 2008 vorgenommen: 2008: Mit dem Genehmigungsschreiben von Januar 2008 wurde festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler sowohl im verpflichtenden IQ-Test durch die schulpsy- chologischen Beratungsstellen als auch von der Schule mindestens 5 Punkte erhalten müssen, um die Mindestvo- raussetzungen zum Besuch der Superschnellläuferklassen zu erfüllen. In besonderen Fällen, vor allem wenn das Testergebnis und die Bewertung der Grundschule deutlich voneinander abwichen, und wenn durch das Punktergeb- nis keine hinreichend differenzierte Auswahl möglich war (Bewerberhäufung bei mittleren Ergebnissen), konnte die Schulleiterin bzw. der Schulleiter mit den Schülerinnen und Schülern ein Aufnahmegespräch durchführen, um insbesondere anhand der vier Kriterien Motivation, Kommunikations- und Leistungsfähigkeit sowie Prob- lembewusstsein festzustellen, inwieweit ein erfolgreiches Durchlaufen des Bildungsganges erwartet werden konnte. Dabei konnte die Schulleiterin oder der Schulleiter für jedes der vier genannten Kriterien 1 Punkt vergeben und legte unter Berücksichtigung der originären Punktbewer- tung und der maximal vier zusätzlich erreichbaren Punkte die endgültige Rangfolge fest. Die Ergebnisse der Ge- spräche waren zu dokumentieren. 2011: Umstrukturierung von Schnellläuferklassen zu Schnelllernerklassen Schulen mit Schnelllernerklassen: Lessing-Schule, Dathe-Oberschule, Rosa-Luxemburg- Oberschule, Werner-von-Siemens-Oberschule, Albrecht- Dürer-Oberschule, Otto-Nagel-Gymnasium, Humboldt- Oberschule. Sowohl im Test als auch in der Bewertung durch die Grundschule waren fünf Punkte die Mindestvorausset- zungen zum Besuch der Schnelllernerklassen. In besonderen Fällen, vor allem wenn das Testergeb- nis und die Bewertung der Grundschule deutlich vonei- nander abwichen, und wenn durch das Punktergebnis kei- ne hinreichend differenzierte Auswahl möglich war, führ- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 809 4 te die Schulleiterin bzw. der Schulleiter mit den Schüle- rinnen und Schülern wie bisher ein Aufnahmegespräch durch. Unabhängig davon standen 10 % der Plätze für hoch- begabte „Underachiever“ und spezielle Härtefälle zur Verfügung. 31.10.2012: Umwandlung der Schnelllernerklassen an Gymnasien in Schulen besonderer pädagogischer Prä- gung (Rahmenvorgaben). Jede der sieben Schnelllernerschulen erhielt im Rah- men der Umwandlung in Schulen besonderer pädagogi- scher Prägung die Genehmigung, bis zu zwei Schnell- lernerklassen einzurichten. Zugleich ist jede Schule ver- pflichtet, auch Regelzüge ab Jahrgangsstufe 7 zu führen. Die Eignung für den Besuch der Schnelllernerklassen wird aus der Bewertung des vom schulpsychologischen Beratungsdienst durchgeführten Intelligenztest, den Noten des ersten Schulhalbjahres in den Fächern Deutsch, Ma- thematik, erste Fremdsprache und Sachunterricht sowie aus einzelnen Kompetenzen der Förderprognose abgelei- tet. Sowohl für den Grundschulteil als auch für den Test sind 5 Punkte die Mindestvoraussetzung. Ausgeglichen werden kann ein Ergebnis im Grund- schulbereich mit 3 oder 4 Punkten, durch zusätzliche Punkte in einem Schulleitergespräch. Im Umfang von bis zu 10 % der vorhandenen Plätze sind Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, deren Test- ergebnis mindestens 8 Punkte ergibt, die aber die erfor- derlichen Punkte von der Grundschule nicht vorweisen. Auch in diesen Fällen ist ein Schulleitergespräch durchzu- führen. 7. Welche internen und/oder externen Untersuchungen belegen etwaige Schwächen der früheren Aufnahmeverfahren, auf die mit diesen Änderungen rea- giert wurde? Zu 7.: Folgende Untersuchungen liegen vor: - Kirsten Rohardt (2006): Schneller durch die Schule – kann ich das schaffen? Prädiktoren einer differentiellen Indikation für die Aufnahme in „Superschnellläuferklassen“ – Zusammenhang zum Bildungsoutcome, Freie Universi- tät Berlin (FU), Oktober 2006, Diplomarbeit Diese Arbeit weist nach, dass die Verteilung aus den Testergebnissen des komplexen Begabungstests PSB (Prüfsystem für Schul- und Bildungsberatung), nicht des Culture-Fair-Tests (CFT), den engsten Zusammenhang zur Leistungseinschätzung aufweist, folglich den größten Zusammenhang zu schulischen Erfolgsprognosen auf- weist. 28.03.2012 Kooperationsvertrag mit der Humboldt Universität zu Berlin (HU) Universitäre Begleitung der Begabtenförderung im Rahmen des Schulversuchs „Individualisierung des gymnasialen Bildungsganges“ unter der Fragestellung: Welchen Kriterien müssen Enrichment-Angebote genügen, um als Förderinstrument für besonders begabte und hoch- begabte Schülerinnen und Schüler effektiv zu sein? Diese universitäre Begleitung stellt zugleich eine Evaluation im Sinne des § 9 Schulgesetz dar. Erste Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2013 vorgelegt. 8. Warum wurde im Testteil des Aufnahmeverfahrens auf einen der beiden bisher eingesetzten Tests („Culture Fair Test“ CFT) verzichtet, obwohl er konzipiert und eingesetzt wurde, um die Chancengleichheit für Kinder unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft zu sichern? Zu 8.: In den vergangenen Jahren wurden bei vorhan- denen kritischen Sichtweisen zwei Testverfahren einge- setzt. Das bessere Ergebnis wurde gewertet. Der Anteil der auf Grund des Testergebnisses als geeignet empfohle- nen Kinder variierte zwischen 46 % und 56 %. Im Jahr 2012 stieg der Anteil der auf Grund des Testergebnisses als geeignet empfohlenen Kinder auf 74 %. Diese unrea- listische Steigerung um fast 20 % ist auf das Ergebnis eines der beiden Testverfahren zurückzuführen. Zusätz- lich wurde innerhalb der Testteile des CFT 1 und 2 eine Diskrepanz bei 32 % der Schülerinnen und Schüler fest- gestellt. Unabhängig davon wurde das bessere IQ- Ergebnis in die Bewertung einbezogen. Bei Diskrepanzen zwischen zwei Testverfahren (2012 bei 40 %) bzw. inner- halb eines Verfahrens, die eine bestimmte Höhe über- schreiten und damit signifikant sind, ist es problematisch, das bessere Ergebnis heranzuziehen. In diskrepanten Fäl- len, die 2012 gehäuft und zu Gunsten desselben Testver- fahrens auftraten, kann das Ergebnis nicht als alleiniger Indikator für eine spätere Eignung herangezogen werden. Als Ursache dafür, dass eines der beiden Testverfahren bessere Ergebnisse lieferte als das andere, werden unter anderem Übungseffekte vermutet. Obwohl das Testver- fahren der Geheimhaltung unterliegt, besteht die Vermu- tung, dass eine Verbreitung stattgefunden hat. Grundsätz- lich ist die Testfairness in Frage gestellt, wenn nicht er- fasst wird, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter- schiedliche Geübtheitsgrade aufweisen. Vor diesem Hin- tergrund wurde im Jahr 2013 nur noch ein Testverfahren eingesetzt. Auch weitere inhaltliche Aspekte der Testkri- tik fanden Berücksichtigung. Der CFT-20R wird als von Bildungseinflüssen unab- hängig bezeichnet und wird häufig als Test bei Menschen mit schlechten Kenntnissen der deutschen Sprache und mangelnden Kulturtechniken verwendet, um prinzipielle kognitive Potenziale im logischen Denken zu ermitteln. Bei den Aufnahmeverfahren handelt es sich um Schüle- rinnen und Schüler, die bereits mehrere Jahre in der Grundschule gelernt haben und eine Schullaufbahn mit erhöhtem Anspruch bewältigen wollen. – Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 809 5 9. Ist dem Senat bekannt, dass die Leistungen im CFT durch Übung nicht signifikant verbessert werden können? Zu 9.: Diese Aussage ist so nicht richtig. Zwischen den beiden Testverfahren bestehen seit Jahren bei einem großen Teil der für die Schnellläufer- /Schnelllernerklassen getesteten Kinder signifikante Dis- krepanzen. Durch Übung verbesserte Leistungen im CFT können diese Diskrepanz noch verschärfen. Die Testauto- ren verweisen in ihrem Handbuch auf den Übungsgewinn beim CFT hin. 10. Trifft es zu, dass der weiterhin eingesetzte Test „PSB“ für Kinder im vierten bis sechsten Schulbesuchsjahr konzipiert wurde? Zu 10.: Das trifft zu. Hierbei werden für die 4. Jahr- gangsstufe Normen nach Halbjahren ausgewiesen. Im CFT 20 allerdings gibt es für die 4. Jahrgangsstufe nur eine Norm für das gesamte Schuljahr ohne Halbjahres- auswertung, die in den vergangenen Jahren auch genutzt wurde. Im Rahmen von differentialdiagnostischen Studien fand 2009 eine Untersuchung statt, die das Für und Wider des Einsatzes des PSB 4 - 6 bereits am Ende der 3. Klasse (Altersgruppe 8,3 - 11,6 Jahren) untersuchte (Prof. Roos, Prof. Schöler et al 2009). 11. Wie wurde dann der Tatsache Rechnung getragen , dass viele Bewerber aufgrund von früher Einschu- lung oder schnellem Durchlaufen der Schulanfangsphase zwar in der vierten Klasse, aber nicht im vierten Schulbe- suchsjahr sind? Zu 11.: Wie viele Kinder tatsächlich wegen Über- springens oder schnelleren Durchlaufes der Schulan- fangsphase nicht im 4. Schulbesuchsjahr sind, wurde nicht erfasst. Alle Kinder jedoch müssen die Anforderun- gen der 4. Jahrgangsstufe bewältigen, um erfolgreich die Anforderungen der darauf aufbauenden 5. Jahrgangsstufe erfüllen zu können. Intelligenztests können nach Alters- und/oder Klas- sennormen ausgewertet werden. Mit Beginn der Gruppen- testung im Aufnahmeverfahren „Schnellläufer /Schnelllerner“ im Jahr 2005 wurden aus o.g. Grund Klassennormen verwendet. Die Bewertung anhand der Klassennorm vs. Alters- norm erfolgte unter dem Aspekt des Vergleichs der getes- teten Kinder mit Kindern der gleichen Jahrgangsstufe und der damit einhergehenden jetzigen und künftigen schuli- schen Anforderungen. Im Verfahren steht damit nicht die allgemeine kogni- tive Kapazität im Vergleich zur Altersgruppe, sondern die Bewertung von Fähigkeiten im Vordergrund, die in en- gem Zusammenhang mit späterem Schulerfolg stehen. Dies geschah und geschieht insbesondere auf Grund er- höhter – altersunabhängiger - Anforderungen für alle Kinder in den Schnelllernerklassen. Insbesondere der PSB ist in der Vorhersage schulischen Lernerfolgs prog- nostisch valide. Im Übrigen wird im Testhandbuch der Zusammen- hang zwischen dem Lebensalter der Schülerinnen und Schüler einer Jahrgangsstufe und deren Testleistung un- tersucht. Die älteren Kinder einer Jahrgangsstufe schnei- den tendenziell nicht besser ab als ihre jüngeren Mitschü- lerinnen und Mitschüler. 12. Wie haben 2013 die Kinder der unterschiedlichen Geburtsjahrgänge beim Test abgeschnitten? Zu 12.: Die Auswertung nach Geburtsjahrgängen er- folgte aus o.g. Grund in der Vergangenheit nicht und liegt auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. 13. Welche Veränderungen in der Bewertung des Tests wurden nach Vorliegen der ersten Ergebnisse vor- genommen a. für welche Gruppe b. auf welcher Datengrundlage? Zu 13.: In der Bewertung des Tests wurden nachträg- lich keine Veränderungen vorgenommen. Es wurde ledig- lich für Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache eine so genannte Standardwertkorrektur durchgeführt, die das Testhandbuch empfiehlt und dazu führt, dass einige Kin- der nichtdeutscher Herkunftssprache den vorgegebenen Cut-Off-Wert im Test noch überschreiten. 14. Trifft es zu, dass 2013 drei der zehn Subtests des „PSB“ – anders als von den Testautoren vorgesehen – doppelt gewichtet wurden? Zu 14.: Die Untertests 2 bis 4 erfassen das induktive bzw. schlussfolgernde Denken. In statistischen Analysen bilden die drei Untertests den so genannten Reasoning- Faktor. Sie sind mit dem Gesamtwert des sprachfreien Testverfahrens CFT korreliert. Das induktive Denken kann als Kernbereich der Intelligenz verstanden werden. Neben einem Gesamtwert, der sich aus Ergebnissen zu- sammensetzt, die in großen Teilen schulleistungsbezogen sind, wurde die gesonderte Gewichtung des logischen Denkens für wichtig erachtet und wurde daher im Punkt- system ergänzend gesondert gewichtet. Der Gesamt-IQ wird dadurch nicht verändert. Es handelt sich um ein im Testhandbuch neben der Umrechnung der Gesamtleistung in einen IQ vorgesehe- nes Verfahren zur Profilauswertung. Bei einer ausschließ- lichen Heranziehung des Gesamt-IQ würden weniger Kinder als geeignet empfohlen werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 809 6 15. Wie beurteilt der Senat die Gefahr, dass durch das veränderte Testverfahren der Begriff der Hochbegabung auf kognitive Teilleistungen verengt wird? Zu 15.: Hochbegabung ist zunächst quantitativ als au- ßergewöhnliche Leistung in der Fähigkeit zum abstrakt- logischen Denken und in der Denkgeschwindigkeit defi- niert. Es handelt sich um ein Potenzial an geistigen Fä- higkeiten. Testverfahren messen entsprechend ihres zu- grunde liegenden theoretischen Modells durchaus unter- schiedliche Komponenten. Prinzipiell gilt, dass bei Perso- nen mindestens zwei Standardabweichungen über dem Mittelwert (IQ von 100) vorliegen müssen, um als Hoch- begabt (IQ von 130) zu gelten. Dies trifft auf 2 % der Ge- samtpopulation zu. 8 % werden als überdurchschnittlich intelligent (IQ von 120) angegeben. Um die im Test erforderliche Punktzahl zu erreichen, ist ein IQ ab 110 in einem der beiden Teile (Gesamttest bzw. Untertests 2 bis 4) ausreichend, sofern der andere Teil einen IQ von mindestens 105 aufweist. Bei diesen Werten kann nicht von Hochbegabung gesprochen wer- den, sondern von Leistungen im oberen Durchschnittsbe- reich. Einen Wert im Bereich der Hochbegabung erzielt nur ein geringer Prozentsatz der getesteten Kinder. Indem Grundschulnoten und Kompetenzeinschätzungen der Grundschule zu 50 % in das Gesamtergebnis eingehen, wird der Begriff der Begabung nicht auf kognitive Fähig- keiten im Test eingeengt. 16. Wie beurteilt der Senat die Gefahr, dass durch das neue Testverfahren vor allem in Schnelllernerschulen in sozialen Brennpunkten die Fortführung dieses Profils und damit dieses besondere Angebot zur Förderung von Be- gabten ganz oder aber in seiner Flexibilität (statt Zwei- bis Dreizügigkeit nur noch ein Zug) in Frage steht? Zu 16.: Es handelt sich im Verfahren nicht um ein prinzipiell neues, sondern aufgrund der vorliegenden Er- gebnisse der vergangenen Jahre sowie der Ergebnisse der Studien der FU und der HU angepasstes und modifizier- tes Verfahren mit im Unterschied zu früher bestehenden Cutt-Off-Werten. Auch in den vergangenen Jahren wurde aufgrund der Anmeldezahlen in den Schulen in den sozia- len Brennpunkten respektive der Ergebnisse deutlich, dass im Kontext der Förderung von begabten Kindern die Fra- ge der Hochleistung versus hohen kognitiven Potenzialen überdacht werden muss. Letztlich führte es dazu, dass einige ehemalige Schnellläuferschulen andere Formen der Begabungs-Förderung umsetzten. (vgl. auch Prof. Heller in seiner Expertise 2010 zur Anzahl von Hochbegabten- zügen). Gerade um die Schülerinnen und Schüler in den Regi- onen mit sozialen Problemen auch an dieses Angebot heranzuführen, wurde diesen Schulen in Mitte, Fried- richshain-Kreuz-berg und Neukölln die Möglichkeit ein- geräumt, zwei Züge zu eröffnen. 17. Plant der Senat angesichts der auch von den aufnehmenden Schulen geäußerten internen Kritik eine zeit- nahe Überarbeitung des Aufnahmeverfahrens für das Jahr 2014, möglichst unter Einbeziehung externer Fachleute und der Schulleitungen? Zu 17.: Um Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen, war 2013 ein Verfahren zur Aufnahme mit den Schulleitungen und externen Fachleuten entwickelt wor- den. Ein Überprüfen dieses neuen Vorgehens war von Anfang an intendiert. Nach Abschluss des gesamten Auf- nahmeverfahrens zum Schuljahr 2013/14 wird eine Ar- beitsgruppe wiederum unter Einbeziehung der Schullei- tungen einberufen. Berlin, den 23. April 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2013)