Drucksache 17 / 11 812 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 15. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. März 2013) und Antwort Sulfat- und Eisenalarm in der Spree. Hat der Senat eine Strategie? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Gefahren und Risiken kommen für die Gewässerqualität, die Flora und die Fauna der Berli- ner Gewässer durch die zunehmende Kontaminierung der Spree durch Sulfat und Eisen zu? Antwort zu 1: Die Eisenkonzentrationen haben sich bislang in Berliner Gewässern nicht erhöht und es ist nach jetzigem Kenntnisstand auch künftig nicht damit zu rech- nen, da ein Großteil des Eisens vorher ausfällt. Haupt- sächlich im Spree-Einzugsgebiet in Brandenburg führt das vermehrte Auftreten von Eisenschlamm zur Strukturver- armung der Gewässersohle. Durch den Entzug der Habi- tate und der Nahrungsgrundlagen wird dort die Artenviel- falt der wirbellosen Fauna und der Fische massiv einge- schränkt. Das Wiederbesiedlungspotential für Berliner Flussseen und Flüsse liegt zum großen Teil in Branden- burg, so dass damit zu rechnen ist, dass Renaturierungs- projekte zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmen- richtlinie langsamer zum Erfolg führen. Die Sulfatkonzentration steigt vor den Toren Berlins langsam an. In den prognostizierten Konzentrationen ist ein direkter Einfluss von Sulfat auf Gewässerorganismen nicht nachgewiesen, die indirekte Wirkung auf die Eutro- phierung schon. Ein erhöhtes Sulfatangebot vermindert die Bindung von Phosphor, wodurch sich die Eutrophie- rung verstärken und somit die Wasserqualität verschlech- tern kann. Die Auswirkungen dieser Mechanismen kön- nen langfristig bis in den Berliner Raum reichen. Frage 2: Teilt der Senat meine Meinung, dass durch den Ausfall der Nahrungsgrundlage für viele Fischarten, einige Vogelarten, wie Eisvogel, Schwarzstorch, Graurei- her und den Fischotter, die vor allem Fisch fressen, ver- schwinden werden? Antwort zu 2: Die prognostizierten Veränderungen der chemischen Gewässerparameter werden auch Auswirkun- gen auf Wasservögel haben. Frage 3: Welche Gefahren und Risiken ergeben sich insbesondere durch die ansteigenden Sulfatwerte für die Berliner Trinkwasserversorgung? Antwort zu 3: Die Sulfatkonzentrationen im Trink- wasser dürfen entsprechend der Trinkwasserverordnung 250 mg/l nicht überschreiten. Die Berliner Wasserwerke fördern Grundwasser, das zu einem Großteil aus Uferfilt- rat gespeist wird. Sulfat wird in den Prozessen der Ufer- filtration und der Aufbereitung in den Berliner Wasser- werken mit naturnahen Verfahren nicht abgebaut. Durch eine ansteigende Sulfatkonzentration in der Spree wäre ggf. das am Müggelsee gelegene Wasserwerk Friedrich- hagen gefährdet. Eine zu hohe Sulfatkonzentration in der Spree könnte zu einer Kapazitätsreduzierung dieses Was- serwerkes führen, welche durch andere Wasserwerke mit entsprechenden Folgekosten ausgeglichen werden müsste. Frage 4: Kann es aufgrund zu befürchtender Erhöhun- gen der Sulfatwerte zur Abschaltung von Trinkwasser- brunnen, z.B. am Müggelsee, aufgrund zu hoher Sulfat- werte kommen? Antwort zu 4: Unter Berücksichtigung der zur Verfü- gung stehenden Prognosen für die Entwicklung der Sul- fatbelastung der Spree kann dieses Szenario derzeit aus- geschlossen werden. Frage 5: Welche Schlussfolgerungen und ggf. welcher Handlungsbedarf werden konkret für Berlin gezogen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 812 2 Antwort zu 5: Zur Problematik der Eisenbelastung be- steht bisher kein konkreter Handlungsbedarf, da es quasi ausgeschlossen ist, dass sich mittelfristig das Eisen über die Seenketten der Spree hinaus bis nach Berlin ausbrei- tet. Die Problematik der bergbaubedingten Sulfateinträge wird im Rahmen der länderübergreifenden (Berlin, Bran- denburg und Sachsen) Arbeitsgruppe „Flussgebietsbewirtschaftung Spree – Schwarze Elster“ kontinuierlich behandelt. Die zuständigen Behörden und die Bergbau- unternehmen entwickeln gemeinsam Strategien, um die Stoffbelastungen der Vorfluter auf ein noch tolerierbares Maß zu begrenzen. Ein gemeinsames Strategiepapier wurde ratifiziert. Entsprechende Maßnahmen werden ge- meinsam mit der Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungs- gesellschaft mbH (LMBV) und Vattenfall festgelegt. Frage 6: Welche Untersuchungen an welchen Berliner Gewässern wurden veranlasst? Antwort zu 6: Zusätzliche Untersuchungen an Berliner Gewässern werden derzeit nicht für erforderlich gehalten. Frage 7: In welcher Weise unterstützt Berlin Branden- burg bei der Abwendung der Gefahren? Antwort zu 7: Siehe Antworten zu 5. und 10. Frage 8: Teilt der Senat meine Auffassung, dass die ungebremste Fortsetzung der Braunkohleförderung in der Lausitz das Problem der gegenwärtigen und vor allem der zukünftigen Belastung der Spree durch Sulfat und Eisen noch weiter verschlimmert? Antwort zu 8: Der aktive Bergbau stellt einen Ein- tragspfad für Sulfat und Eisen dar. Der tatsächliche Ein- trag hängt aber von verschiedenen Faktoren ab. Frage 9: Wird sich der Senat auch aus diesem Grund – von den Klimaschäden ganz abgesehen – für eine Verringerung der Braunkohleförderung und mittelfristig ihre Beendigung engagieren? Antwort zu 9: Das ist nicht die Zielstellung des Se- nats. Einträgen von Sulfat und Eisen wird mit der Durch- setzung von Zielvorgaben zur Gewässerqualität begegnet. Frage 10: Welche Möglichkeiten sind Berlin dafür durch die gemeinsame Landesplanung mit Brandenburg gegeben? Antwort zu 10: Die Gemeinsame Landesplanungsab- teilung Berlin-Brandenburg unterstützt das Kernanliegen der Sulfat- und Eisenbelastungsreduzierung der Spree im Rahmen der Bergbausanierung. Das kürzlich abgeschlos- sene Bund-Länder-Verwaltungsabkommen Braunkoh- lesanierung V für den Zeitraum 2013 – 2017 bietet dafür die organisatorische und finanzielle Grundlage. Berlin, den 19. April 2013 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Apr. 2013)