Drucksache 17 / 11 832 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 23. März 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. März 2013) und Antwort Schulversuche und Modellvorhaben an Berliner Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Schulversuche und Modellvorhaben laufen derzeit an Berliner Schulen? 2. Welche Schulversuche und Modellvorhaben hat es in den letzten zehn Schuljahren an Berliner Schulen gegeben? Zu 1. und 2.: Im Schuljahr 2012/13 werden 30 Schul- versuche durchgeführt. Nicht eingerechnet sind endende Schulversuche, die noch Schulversuchsklassen führen, aber im laufenden Schuljahr keine neuen Klassen mehr einrichten. Die beigefügte Anlage enthält die Übersicht über alle Schulversuche der letzten 10 Jahre. Den Begriff „Modellvorhaben“ gibt es schulrechtlich nicht; es ist kein geschützter Begriff, der trennscharf ver- wendet wird. Er bezeichnet Vorhaben, in denen auf der Praxisebene Ideen verwirklicht und umgesetzt werden. Derzeit gibt es folgende 15 Modellvorhaben: - Demokratie lernen in der Einwanderungsgesellschaft (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie; Transfer 21), - Ein Quadratkilometer Bildung (stadtteilbezogene Lern- und Entwicklungsplattform), - FÖRMIG-Transfer (Förderung von Kindern und Ju- gendlichen mit Migrationshintergrund), - KontextSchule (Begegnung mit Kunst- und Kultur- schaffenden), - KUQS (Kollegiale Unterrichtshospitation zur Quali- tätsentwicklung des Unterrichts in der Schulan- fangsphase), - Lernen für den GanzTag, - LeseProfis – Peerprojekt zur Leseförderung, - Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse, - ProLesen-Transfer, - SINUS-Grundschule-Transfer (Verbesserung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts), - SINUS-Transfer und NIK (Verbesserung des mathe- matisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Sekundarstufe I ), - Sprachförderung mit Musik und Bewegung, - TuWas! (Unterstützung des mathematisch-naturwis- senschaftlichen Unterrichts durch Fortbildung und Materialien), - Zukunft gestaltet Schule – Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). - Landesprogramm für die gute gesunde Schule Berlin In den letzten zehn Jahren wurden folgende Modell- vorhaben beendet: - CAS (Computer-Algebra-System; Einsatz im Ma- thematikunterricht der Sekundarstufe II), - Eigenverantwortliche Schule (MES), - MoBiLe (Modellprojekt zur spezialisierten Beglei- tung von Bildung und Lehre), - POF (Verbesserung der Unterrichtsqualität insbe- sondere in allgemeinbildenden Fächern der Bil- dungsgänge mit zentralen Prüfungen), - QuIGS (Qualitätsbezogene Innovationen in Grund- und Sonderschulen), - TransKiGs (Stärkung der Bildungs- und Erziehungs- qualität in Kindertageseinrichtungen und Grund- schule, Gestaltung des Übergangs). 3. Wie bewertet der Senat die besagten Schulversuche und Modellvorhaben und welche Schlüsse wurden aus den jeweiligen Schulversuche und Modellvorhaben gezogen? (sortiert nach Schulversuche und Modellvorha- ben, Dauer, Abschluss und Übergang in die Regel) Zu 3.: Schulversuche, die sich bewährt haben, wurden entweder schulrechtlich in die Regelform (z. B. Verlässli- che Halbtagsgrundschule, Ethik/Philosophie) oder in Schulen besonderer pädagogischer Prägung überführt (z. B. Staatliche Europa-Schule Berlin). Schulversuche, die nicht erfolgreich verliefen (z. B. Schule im gesellschaftli- chen Verbund), wurden beendet. Dies gilt auch für Schul- versuche, die durch die Einführung der Integrierten Se- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 832 2 kundarschule strukturell nicht mehr benötigt werden (z. B. Integrierte Haupt- und Realschule) oder durch die mitt- lerweile alle Schulen betreffende Verpflichtung zur integ- rativen Beschulung gegenstandslos geworden sind (z. B. Integration geistig und schwer mehrfach behinderter Schülerinnen und Schülern in der allgemeinbildenden Schule). Modellvorhaben unterstützen Schulen in der Re- gel durch Fortbildung und Materialien und verbessern über die Phase der direkten Begleitung hinaus langfristig die Aufgabenwahrnehmung der Schulen als Kompetenz- zentren. 4. Wie viele Schulen und/oder Lehrkräfte haben in den letzten zehn Schuljahren mit Berliner Modellvorha- ben zusammengearbeitet? (sortiert nach Schule, Jahr und Modellvorhaben) Zu 4.: Modellvorhaben sind dezentral organisiert, so dass eine Übersicht nicht gesichert werden kann. Details zu den Modellvorhaben sind statistisch nicht zentral er- fasst. 5. Hat der Senat Kenntnis von Projekten, weiterführenden Aktionen oder Ähnlichem, die aus den Schul- versuche und Modellvorhaben entstanden sind? Zu 5.: Hierzu wird zunächst auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass mitt- lerweile viele Schulen Projekte durchführen und innova- tive Vorschläge eingebracht haben. Ein Beispiel dafür ist die Einführung indikatorenorientierter Zeugnisse bis ein- schließlich Jahrgangsstufe 4, die wesentlich auf der Basis schulischer Vorschläge und unter Mitwirkung verschie- dener Grundschulen entwickelt wurden. 6. Wurden und werden die Schulversuche und Modellvorhaben wissenschaftliche begleitet und/oder evalu- iert? a.) Wenn ja, wie lauten die Ergebnisse? b.) Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Alle Schulversuche wurden und werden fach- lich-pädagogisch durch die Schulaufsicht begleitet und evaluiert. Die Begleitung der Modellvorhaben erfolgt überwiegend durch Referentinnen und Referenten der für Bildung zuständigen Senatsverwaltung. Auf eine wissen- schaftliche Begleitung wird angesichts der damit zumeist verbundenen Kosten verzichtet, wenn zu erwarten ist, dass deren Ergebnisse nur für einige wenige Schulen rele- vant sind (z. B. „Erweiterte Artistenausbildung“) oder sie ausschließlich fachbezogen pädagogische Inhalte trans- portieren (z. B. „Werkstatt Ästhetische Bildung“). Bei ambitionierten Maßnahmen wie der „Pilotphase Gemeinschaftsschule “ und Vorhaben mit erkennbar gesellschaftspolitischer Bedeutung - wie dem Schulversuch „Differenzierte Sprachförderkonzepte“ - erfolgt eine wissenschaftliche Begleitung. Für alle Schulversuche und Modellvorhaben ist ein Abschlussbericht zu fertigen, aus dem sich in der Regel Empfehlungen für die mögliche Übertragbarkeit in die Regelform oder in die schulische Praxis ergeben. 7. Wurden die Modellvorhaben mit finanziellen Mitteln aus dem Senat unterstützt? a) Wenn ja, in welchem Umfang? b) Wenn nein, wie finanzieren sich die Modellvorha- ben? Zu 7.: Berliner Modellvorhaben werden meist aus Bundesmitteln finanziert, die das Land Berlin im Rahmen der Föderalismusreform gemäß dem Gesetz zur Ent- flechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz) anteilig erhält. Nur ausnahmsweise werden Modellvorhaben aus finanziellen Mitteln des Se- nats mitfinanziert. Ein Beispiel dafür ist das Modellvor- haben „LeseProfis-Peerprojekt zur Leseförderung“, das als Teil des Qualitätspakets im Jahr 2012 mit ca. 14.000 € durch dafür zur Verfügung stehende Landesmittel unter- stützt wurde. 8. Nach welchen Kriterien werden die Schulversuche und Modellvorhaben für öffentlichkeitswirksame und gegebenenfalls finanzielle Förderung ausgewählt und unterstützt? Zu 8.: In der Regel werden Schulversuche kostenneut- ral durchgeführt. Eine finanzielle Förderung wird nur dann gewährt, wenn dafür Haushaltsmittel zur Verfügung stehen (z. B. Pilotphase Gemeinschaftsschule). Die Ent- scheidung über eine finanzielle/personelle Zusatzausstat- tung wird im Einzelfall getroffen. Dabei wird insbeson- dere berücksichtigt, in welchem Umfang an den Schulen durch den Schulversuch ein zusätzlicher Aufwand ent- steht (Konzeptentwicklung, Berichtspflicht, über den Rahmen der Stundentafeln hinausgehende Unterrichtsan- gebote usw.). Die Implementierung von Modellvorhaben und deren Finanzierung erfolgt in der Regel aufgrund bildungspoliti- scher oder fachlicher Anlässe. 9. Hat der Senat Kenntnis von Unterstützung jedweder Form von privaten Unternehmen bei den Schulversu- che und Modellvorhaben? a) Wenn ja, in welchem Umfang und wie bewertet der Senat diese? Zu 9.: Nein. Berlin, den 08. April 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Apr. 2013) II C 1.7 5. April 2013 Anlage Derzeit durchgeführte Schulversuche: Grundschulen Abweichende Formen der Zeugnisbeurteilung Differenzierte Sprachförderkonzepte (Bildung temporär homogenerer Lerngruppen) Erweiterung der Schulanfangsphase auf drei Jahrgangsstufen INKA - Inklusive Schule auf dem Weg (Erprobung der Förderkompetenz der allgemeinen Schulen im Umgang mit Schülerinnen und Schülern der sonderpädagogischen Förderschwerpunkte „Lernen“ und „Emotionale und soziale Entwicklung“ im Hinblick auf inklusiven Unterricht; Pilotprojekt in Marzahn-Hellersdorf) Inklusive Schule Inklusiver Unterricht und inklusive Erziehung in Tempelhof-Schöneberg und SteglitzZehlendorf (Erprobung alternativer Verfahren der begleitenden Förderdiagnostik und Planung ohne sonderpädagogisches Feststellungsverfahren sowie Ausloten der Bedingungen für die erfolgreiche Beschulung auch für Schülerinnen und Schüler mit schweren Behinderungsformen) Integrierte Sekundarschulen Bildung gemeinsamer Lerngruppen aus den Jahrgangsstufen 7 bis 10 Chinesisch als zweite Fremdsprache Japanisch als zweite Fremdsprache Staatliche Internationale Schule Berlin Praxisorientierte Lerngruppen (Übertragung eines Lernarrangements, das bisher nur an Hauptschulen und künftig an der ISS vorgesehen ist, auf auslaufende Jahrgänge der Gesamtschule) Gymnasien Individualisierung des gymnasialen Bildungsganges [Unter dieser Bezeichnung werden neben den Schnelllernerklassen, die zum Schuljahr 2013/14 in Schulen besonderer pädagogischer Prägung umgewandelt werden, auch die Standorte der ehemaligen „Schnellläuferklassen“ geführt, die unterschiedliche Profile (mathematischnaturwissenschaftlich , bilingual, musikbetont) erproben] Kurswahl in der Qualifikationsphase Naturwissenschaftliche Züge Schule der Sprache Fach „StArt“ (Studien- und Ausbildungsratgeber) Neukonzeption des Unterrichts- und Ganztagsbetriebs der Schulfarm Insel Scharfenberg in der Sekundarstufe I Einführung des Faches Wirtschaftslehre bereits ab Jahrgangsstufe 7 Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Bilinguale Erziehung gehörloser Schülerinnen und Schüler (Einsatz der Deutschen Gebärdensprache DGS) Berufliche Schulen Einjährige Fachschule für Europakorrespondenz Integrierte Berufsausbildungsvorbereitung (IBA) Jahrgangsstufe 13 der Fachoberschule in der Berufsoberschule (Angebot an Schülerinnen und Schüler mit Fachhochschulreife, aber ohne Berufsausbildung, die zweite Jahrgangsstufe der Berufsoberschule zu besuchen, um die Hochschulreife zu erwerben) Andere (schulartübergreifend und Zweiter Bildungsweg) Eliteschulen des Sports (ab 2013/14 Schulen besonderer pädagogischer Prägung) Tannenhof-Schule (Angebote des zweiten Bildungswegs für ehemals drogenabhängige Jugendliche) Fremdsprachliche Profilierung durch Kooperation von Grundschulen und weiterführenden Schulen (Beginn der 2. Fremdsprache an der Grundschule in Klasse 5 und Fortsetzung an kooperierenden „Oberschulen“) Pilotphase Gemeinschaftsschule Regionale Begabtengruppen am Nachmittag Übernahme von Regelungen der Gemeinschaftsschule Doppelt qualifizierender Bildungsgang Bachelor-Studium Bühnentanz mit beruflichem Bildungsgang im Rahmen der Fachoberschule mit integriertem Praktikum bzw. mit gymnasialer Oberstufe Erweiterte Artistenausbildung Seit 2003 beendete Schulversuche: Grundschulen Montessori-Pädagogik Unterricht in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen (JÜL) Verlässliche Halbtagsgrundschule Gesamt-, Haupt- und Realschulen Neigungsorientierte Einrichtung von Klassen (an Gesamtschulen) Schule mit sportlichem Schwerpunkt Ausbildungsbefähigende Maßnahmen an Hauptschulen Integrierte Haupt- und Realschule Kurs Niederländisch Produktives Lernen Schule im gesellschaftlichen Verbund Gymnasien Erste Fremdsprache als Arbeitssprache Förderung der Fremdsprachenkompetenz in Sachfächern Mathematisch-naturwissenschaftliche Profilzüge (teilweise überführt in Schule besonderer pädagogischer Prägung oder Regelform) Wahlpflichtfach Wirtschaftsmathematik Wahlpflichtfach „Technik und Natur“ Werkstatt „Kultur und Sprache“/Werkstatt „Ästhetische Bildung“ Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Berufsorientierender Lehrgang in Kooperation mit Betrieben der freien Wirtschaft (BO) Beschäftigungsorientierender Lehrgang in Kooperation mit Betrieben der freien Wirtschaft (BESO) Unterricht in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen in der Sekundarstufe I mit integrierter Klassenstufe 10 Berufliche Schulen Berufsfachschulklassen zur Durchführung der beruflichen Grundbildung im Rahmen eines Verbundmodells Doppelqualifizierender Bildungsgang Abitur und Berufsausbildung Integration von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung in berufsbildenden Schulen mit sonderpädagogischen Aufgaben Leistungsfach Biotechnologie in der gymnasialen Oberstufe Leistungsfach Gestaltung in der gymnasialen Oberstufe Leistungsfach Wirtschaftsinformatik Modulare-Duale Qualifizierungsmaßnahme (MDQM I und II) Schulbegleitender Berufseinstieg in Kooperation zwischen beruflichen Schulen und allgemein bildenden Schulen im Rahmen des EU-Programms „Urban II“ Andere (schulartübergreifend) Berufliche Vorbereitung und Eingliederung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Sekundarstufe I Bilinguale Züge Ethik/Philosophie Integration geistig und schwermehrfachbehinderter Schülerinnen und Schülern in der allgemeinbildenden Schule (Sekundarstufe I) Staatliche Europa-Schule Berlin (SESB) ka17-11832 ka17-11832Anl