Drucksache 17 / 11 854 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 02. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. April 2013) und Antwort Musterämter und andere Standards für die Personalausstattung – für den Senat ohne Belang? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welchen Bereichen der öffentlichen Verwaltung gibt es Standards für eine Personalausstattung wie bei- spielsweise für ein Mustergesundheitsamt bzw. für eine Fallzahlfestlegung pro Bearbeiter/-in wie im Bereich der Vormundschaften in Übereinstimmung mit § 55 (2) SGB VIII ? 2. Welchen Verbindlichkeitsgrad haben die unter 1. erfragten Standards im Einzelnen und wo sind diese Stan- dards jeweils festgelegt? Zu 1. und 2.: Bis 1994 wurde der Stellenbedarf für die überwiegenden Bereiche der Bezirksverwaltungen und für einige Bereiche der Hauptverwaltung nach Richtwerten auf der Basis von Organisationsuntersuchungen ermittelt. Als ein Kernstück der Verwaltungsreform wurde zur Stärkung der politischen und finanziellen Eigenverant- wortung der Bezirke mit dem Haushalt 1995 für die Be- zirke der Globalsummenhaushalt eingeführt. Ab 1995 wird pro Bezirk eine Globalsumme ermittelt, die einzuhalten ist. Die Richtwerte wurden in diesem Zu- sammenhang letztmalig angewandt und danach außer Kraft gesetzt. Seitdem gibt es nur in der Berliner Schule noch Ver- waltungsvorschriften, in denen der Bedarf an Lehrern und Lehrerinnen und sonstigem pädagogischen Personal fest- gelegt wird. Für die Verwaltung gibt es nur in wenigen Bereichen noch Vorgaben zur Personalausstattung. Sie ergeben sich zum Teil aus Gesetzen, wie die Festlegung im SGB VIII für den Vormundschaftsbereich der Jugend- ämter oder Betreuungsschlüssel für die Jobcenter nach dem SGB II, oder durch Senats- und Abgeordnetenhaus- beschlüsse. Beispielsweise hat der Senat am 2. Februar 2010 den Schlussbericht über Personalwirtschaftliche Auswirkungen der Reform des Öffentlichen Gesundheits- dienstes (ÖGD) beschlossen, mit dem eine verbindliche Zielzahl bis 2015 für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Berlin festgelegt wird. Eine entsprechende Vorlage an den Hauptausschuss wurde von diesem am 24.2.2012 zur Kenntnis genommen. Darüber hinaus bestehen Zielvereinbarungen, z.B. für die Fallmanager und Fallmanagerinnen im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen eine Ziel- vereinbarung über die einzusetzenden personellen Res- sourcen mit den Bezirken. Für den Bereich der Finanzämter orientiert sich die Personalausstattung an einer bundesweiten Personalbe- darfsbemessung. Einige im Rahmen der Verwaltungsreform initiierte Projekte zur Personalausstattung wie z.B. für den Bereich der bauenden Bereiche der Bezirksverwaltungen oder für ein sozialräumlich organisiertes Berliner Jugendamt wur- den aufgrund von Widerstand in den Bezirken nicht umgesetzt . Gegebenenfalls bestehen auch in einzelnen Verwal- tungen noch interne Vorgaben zur Personalausstattung. Da in der für die Beantwortung vorgegebenen Zeit ein valides Ergebnis nicht ermittelbar ist, wurde auf eine ent- sprechende Umfrage verzichtet. Für alle genannten Vorgaben gilt jedoch, dass eine Umsetzung nur im Rahmen der am 12. Januar 2012 vom Abgeordnetenhaus gebilligten Richtlinien der Regierungspolitik möglich ist, wonach der Senat den Personal- bestand der Berliner Verwaltung aufgabengerecht auf 100.000 Vollzeitäquivalente (ohne Eigenbetriebe und Personalüberhang), reduzieren wird; davon 80.000 bei der Hauptverwaltung/nachgeordneten Einrichtungen und 20.000 bei den Bezirken 3. In welcher Art und Weise wurden die unter 1. erfragten Standards bei der Festlegung der Zielzahlen für den Personalabbau in den Bezirken berücksichtigt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 854 2 Zu 3.: Die Zielzahlen für die Bezirke umfassen die ge- samte Bezirksverwaltung, einschließlich der Bereiche, für die verbindliche Standards festgelegt sind. Erforderliche Einsparungen sind folglich nach eigener Priorität in den Bereichen zu erbringen, für die keine verbindlichen Stan- dards festgelegt sind. Um die Zielzahl zu erreichen, müssen die Bezirke eine Gesamtabwägung zu ihrer Personalausstattung vorneh- men. Diese anspruchsvolle und schwierige Aufgabe setzt strategische Überlegungen voraus, wie sich das jeweilige Bezirksamt in Zukunft aufstellen will. Die Bezirke haben sich dieser Herausforderung gestellt. 4. Wer kontrolliert auf welcher rechtlichen Grundlage die Einhaltung der Standards für die Personalausstat- tung in den einzelnen Bereichen der öffentlichen Verwal- tung und welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es? Zu 4.: Für die Einhaltung von verbindlichen Standards sind die einzelnen Verwaltungen selbst zuständig. Gesetz- liche Vorgaben sind einzuhalten. Für das Fallmanagement erfasst die für Soziales zuständige Senatsverwaltung die- sen Wert als Belastungsindikator monatlich auf Grund der Zielvereinbarung. Eine Überschreitung wirkt sich negativ bei der Abrechnung der Zielvereinbarung aus. 5. Wie beurteilt der Senat Hinweise der Bezirke, dass bestehende Standards für die Personalausstattung nicht eingehalten werden können, weil sich diese im Wider- spruch zu den Senats-Zielzahlen zum Personalabbau be- finden? Zu 5.: Der Senat sieht darin keinen Widerspruch. Sie- he dazu bereits die Antwort auf die Frage 3. 6. Wie begründet der Senat seine Auffassung, dass die Orientierung an den Ergebnissen der von der Fa. Ste- ria Mummert Consulting erarbeiteten Studie für ein Musterjugendamt heute zur Lösung der Personalabbauprob- leme in den bezirklichen Jugendämtern beitragen könnte? 7. Welche Rolle misst der Senat im Rahmen der Realisierung einer bürgerfreundlichen Verwaltung der Erar- beitung und Einführung von Personalstandardausstattun- gen für die Aufgabenerfüllung in der öffentlichen Verwal- tung jetzt und künftig bei und was wird er tun, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Bezirke diese auch einhalten können? Zu 6. und 7.: Die Studie für ein Musterjugendamt kam zu dem Ergebnis, dass in einigen Bereichen die Personal- ausstattung der Jugendämter zu niedrig bemessen ist und in anderen Bereichen zu hoch ist. Die Umsetzung hätte gegebenenfalls zu einer zielgerichteten Personalausstat- tung geführt und damit den Personaleinsatz insgesamt optimiert. Es ist aber generell nicht Ziel des Senats, durch Festlegung von Ausstattungsstandards die Flexibilität der Aufgabenerledigung in den Bezirken zu behindern. Im Übrigen obliegt es der Eigenverantwortung der Bezirke optimale Strukturen für die Aufgabenerledigung zu entwickeln. Dabei darf der Fokus aber nicht auf ein- zelnen ausgewählten Ämtern liegen, sondern es muss die gesamte Bezirksverwaltung mit einer individuellen Priori- tätensetzung durch das Bezirksamt betrachtet werden. Durch die Zielvereinbarungen mit den Bezirken über die Personalausstattung sind dazu wesentliche Schritte einge- leitet worden. Berlin, den 06. Mai 2013 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mai 2013)