Drucksache 17 / 11 858 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 02. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. April 2013) und Antwort Umbau des Bahnhofs Warschauer Straße: Bereitstellung von Fahrradabstellmöglichkeiten an einem Verkehrsknotenpunkt Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Der Radverkehr steigt stetig an. In Innen- stadtbezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg werden heute schon mehr Wege mit dem Fahrrad als mit dem Auto zu- rückgelegt. Welche langfristige Strategie verfolgt Senat, um den steigenden Radverkehr und dem damit verbunde- nen steigenden Bedarf an Fahrradabstellplätzen an Ver- kehrsknotenpunkten gerecht zu werden? Antwort zu 1: Mit dem Beschluss der neuen Radver- kehrsstrategie im März dieses Jahres hat sich der Senat ein konkretes Ziel zur besseren Verknüpfung des Radver- kehrs mit dem öffentlichen Verkehr gesetzt. Durch mehr und bessere Abstellmöglichkeiten an den Haltestellen soll die Verknüpfung von Rad und öffentlichen Verkehrsmit- tel verbessert werden. Derzeit nutzen ca. 3 % der Fahr- gäste von Bus und Bahn das Fahrrad für den Weg zur oder von der Haltestelle. Durch die Förderung und Ver- besserung der Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an den Haltestellen des ÖPNV soll der Anteil der kombinierten Wege auf 5 % gesteigert werden. Seit Jahren fördert das Land Berlin mit Mitteln des Entflechtungsgesetzes Bauprogramme zur Errichtung von Fahrradabstellanlagen der S-Bahn Berlin GmbH und der BVG. Die Verkehrsunternehmen planen die Anlagen in Abstimmung mit dem Senat und den zuständigen bezirk- lichen Tiefbauämtern. Mit einer jährlichen Zuwendungssumme von ca. 200 T€ wurden seit 2001 an den Berliner S-Bahnhöfen und ab 2006 an den U-Bahnhöfen sowie Straßenbahn- und Bus- haltestellen in den vergangenen 12 Jahren ca. 8.000 neue, teilweise überdachte Fahrradabstellplätze errichtet. Die Bauprogramme sollen auch in den kommenden Jahren gefördert und fortgeführt werden. Zielstellung da- bei ist es, jährlich ca. 600 Stellplätze an den Berliner S- Bahnhöfen und ca. 500 Stellplätze an den Anlagen der BVG zusätzlich herzustellen. Frage 2: Welche Kenntnis hat der Senat über die An- zahl der Menschen, die täglich den S-Bahnhof War- schauer Straße frequentieren? Wie viele Fahrgäste benut- zen Bike-and-Ride? Frage 3: Welche Kenntnis hat der Senat über die An- zahl der abgestellten Fahrräder in Bahnhofsnähe S- und U-Bhf. Warschauer Str.? Liegen dafür Zählungen vor bzw. wann wird eine solche veranlasst? Frage 4: Wie hoch ist die Diskrepanz zwischen Ange- bot und Nachfrage von Fahrradabstellmöglichkeiten am Verkehrsknotenpunkt S- und U-Bhf. Warschauer Str.? Wie viele Abstellplätze sind aus Sicht des Senats not- wendig, bitte für S-Bhf. und U-Bhf. getrennt ausweisen. Antwort zu 2, 3 und 4: Mit 85 000 Ein-, Aus- und Umsteigerinnen und -Umsteigern pro Tag ist der Bahnhof Warschauer Straße ein wichtiger Umsteigeknoten zwi- schen S-, U- und Straßenbahn im Berliner Nahverkehrs- netz. Geht man davon aus, dass auch dort ca. 3 % Fahrgäste Bike-and-Ride-Nutzerinnen und -Nutzer sind, dann fahren 2.550 Fahrgäste am Tag den S- U-Bahnhof Warschauer Straße mit dem Fahrrad an und benötigen einen Abstell- platz. Zur Erfassung des Bike-and-Ride Bedarfs gibt es keine regelmäßigen Statistiken. Die Festlegung des Bedarfs erfolgt nach Kenntnis der an den Bahnhöfen bzw. Haltestellen „wild abgestellten Fahrräder“. Es liegen keine aktuellen Zählungen über die in Bahnhofsnähe des U- und S-Bahnhofes Warschauer Straße abgestellten Fahrräder vor. Stichprobenmäßige Erfassungen an Abstellanlagen im Jahr 2007 haben ergeben, das am U-und S-Bahnhof War- schauer Straße 22 Abstellplätze vorhanden sind. Auf- grund der künftigen Planungen der Deutschen Bahn AG (DB AG) zum Umbau des S-Bahnhofs Warschauer Straße Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 858 2 wurden Maßnahmen zur Erweiterung des Angebots bis zur Realisierung des Bahnhofsumbaus zurückgestellt. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ist aufgrund der Situation vor Ort hinsichtlich der im Umfeld abgestellter Fahrräder sehr groß. Das Land Berlin und die DB AG schätzen ein, dass insgesamt mit dem Umbau des S-Bahnhofs Warschauer Straße ein Bedarf von bis ca. 300 Abstellplätzen erforderlich wird. Am U-Bahnhof wird von einem zusätzlichen Bedarf von ca. 100 Abstellplätzen ausgegangen. Frage 5: Schon jetzt werden viele Fahrräder an das Brückengeländer der Warschauer Brücke geschlossen: Welche Pläne verfolgt der Senat, dieses Knappheitsprob- lem zu lösen und eine ausreichende Anzahl an legalen Fahrradabstellmöglichkeiten zu schaffen? Frage 6: In der Bürgerinformation der Deutschen Bahn AG zum Umbau der Warschauer Straße finden sich keine Informationen zu geplanten Fahrradabstellplätzen. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Pläne der Deut- schen Bahn AG, Fahrradabstellplätze zu schaffen? Wie viele Abstellplätze sollen am S Bahnhof Warschauer Str. entstehen und wo genau? Antwort zu 5 und 6: Vor dem Hintergrund des sehr großen Zuwachses an Fahrradverkehr im Umfeld des S- und U-Bahnhofes Warschauer Straße haben sich der Se- nat, das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und die DB AG verständigt, mit dem Umbau des S-Bahnhofs ausrei- chend dimensionierte, kundenfreundliche und sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in unmittelbarer Nähe zu den Bahnsteigen zu schaffen. Kurzfristig sieht das Land Berlin die Möglichkeit, zwischenzeitlich Fahrradabstellanlagen auf der Freifläche nord-östlich der Warschauer Brücke/südlich der Revaler Straße herzustellen. Da diese Fläche städtebaulich pla- nungsbefangen ist, soll diese Anlage mittelfristig durch eine näher am S-Bahnhof gelegene Abstellanlage ersetzt werden. Dafür wird gegenwärtig eine Machbarkeitsstudie durch die DB AG in Abstimmung mit dem Land Berlin erstellt. Für 300 Abstellplätze sollen folgende 4 Standortvarianten untersucht werden:  Errichtung einer neuen nördlichen Füßgängerbrücke mit Fahrradabstellplätzen, östlich parallel der Warschauer Brücke zwischen dem geplanten Empfangsgebäude mit seinem Vorplatz und dem nördlichen Widerlager der Warschauer Brücke  Erhalt und Nutzung eines Teils der derzeit vorhandenen Zuwegungsbrücke als Abstellplattform  Mitnutzung der neuen Bahnsteigdächer  Herstellung einer neuen aufgeständerten Abstellplattform zwischen der südlich bis zum Empfangsgebäude geplanten, zu verlängernden O2- World-Fußgängerbrücke und dem östlichen Gehweg der Warschauer Brücke Frage 7: Wie hat der Senat das Thema Fahrradstell- plätze am S-Bhf. Warschauer Str. in den Gesprächen mit der Deutschen Bahn thematisiert? Wer ist aus Sicht des Senats für die Errichtung verantwortlich? Teilt der Senat die Auffassung der Deutschen Bahn, dass allein der Senat für die Bereitstellung von ausreichend Fahrradabstellplät- zen zuständig ist? Wenn ja, wo wird er diese dann schaf- fen? Wenn nein, wie wirkt er auf die DB ein zur Schaf- fung ausreichender Abstellplätze ein? Antwort zu 7: Für die Errichtung von Fahrradabstell- anlagen gibt es weder für das Land Berlin noch für die DB AG eine rechtliche Verpflichtung. Im öffentlichen Raum sind die jeweiligen Tiefbauämter der betroffenen Bezirke zuständig, Vorsorge für ein gewisses Angebot an Fahrradabstellmöglichkeiten zu tragen. Eine rechtliche Vorgabe und Nachweispflicht besteht dazu jedoch nicht. Da die Bezirke nur über begrenzte Mittel verfügen, gab es mit den Verkehrsunternehmen die Vereinbarung zur Ein- führung der Förderprogramme für die Errichtung von Fahrradabstellanlagen an den Berliner S- und U-Bahnhö- fen sowie Straßenbahn- und Bushaltestellen. Mit dem Bauprogramm der S-Bahn Berlin GmbH und deren För- derung durch das Land Berlin wird die Zielstellung ver- folgt, gemeinsam die Fürsorgepflicht für die Bereitsstel- lung von Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen und Halte- stellen des öffentlichen Nahverkehrs zu übernehmen. (Siehe auch Antwort zu 5. und 6.) Der Senat thematisiert das regelmäßig in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der DB AG. Frage 8: Wie ist der aktuelle Stand bezüglich der Pla- nungen, auf der Grünfläche östlich der Warschauer Straße hinter der Warschauer Brücke in Richtung Revaler Straße überdachte Fahrradabstellplätze zu schaffen? Wer ist für diese Planungen verantwortlich, wer übernimmt die Kos- ten? Wie viele Abstellmöglichkeiten sind dort geplant? Sind diese dauerhaft oder temporär? Würden diese den tatsächlichen Bedarf abdecken? Antwort zu 8: Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuz- berg ist derzeit Eigentümer der Grünfläche nördlich der Warschauer Brücke/südlich der Revaler Straße. Diese Fläche ist städtebaulich für die Entwicklung einer ge- mischten Baufläche planungsbefangen. In den Gesprä- chen mit der Deutschen Bahn hat das Bezirksamt die Möglichkeit einer Aktivierung dieser Fläche für eine tem- poräre Fahrradabstellanlagen geäußert. Die Zuständigkeit zur Herstellung dieser Anlage sowie die Klärung der Fi- nanzierung würde beim Land Berlin liegen. Bisher gibt es noch keine konkreten Planungen. Es wird abgeschätzt, dass ca. 40 Bügel ohne Überdachung errichtet werden könnten. Eine Bedarfsabdeckung wäre damit nur bedingt und zeitlich befristet bis zur Realisierung der langfristigen Maßnahmen in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof gege- ben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 858 3 Frage 9: Welche Möglichkeiten Fahrradabstellplätze an der Warschauer Brücke zu schaffen, sind dem Senat darüber hinaus bekannt? Wie ist der aktuelle Planungs- stand? Welche Auffassung hat der Senat bezüglich der möglichen Bereitstellung von Fahrradabstellplätzen auf den Brückenbauwerken bzw. Zuwegungen zum künftigen S-Bahnhof? Frage 10: Unterstützt der Senat den Vorschlag des Be- zirks, dass angesichts des Neubaus des S-Bahnhofs die Fahrradabstellplätze auf den noch zu errichtenden Bahn- steigüberdachungen untergebracht werden sollen, um für die nächsten 30-50 Jahre vorzusorgen? Antwort zu 9 und 10: Zur Erhöhung des Angebots am U-Bahnhof Warschauer Straße gibt es Ideen zur Errich- tung von ca. 80 Bügeln für 160 Abstellplätze auf der Flä- che zwischen südlich der Tamara-Danz-Straße/ Rudolf- straße und dem Mäuseturm am östlichen Bahnhofszu- gang. Zur Klärung der Tragfähigkeit dieser Fläche gibt es Gespräche zwischen dem Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg, der BVG und der Senatsverwaltung. Die in der Antwort zu Frage 5 und 6 genannten zu untersuchenden Standortvarianten für mögliche Fahr- radabstellanlagen wurden gemeinsam zwischen dem Land Berlin und der DB AG diskutiert. Das Land Berlin vertritt die Auffassung, dass die Brückenvarianten aufgrund der fehlenden Flächenverfügbarkeit in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof durchaus machbare Lösungsansätze und akzeptable Potentiale für Abstellangebote darstellen. Grundsätzlich schließt das Land Berlin die Errichtung von Fahrradabstellanlagen auf der vorhandenen War- schauer Brücke aufgrund der Aufrechterhaltung der Ver- kehrsfunktion der Warschauer Straße als Bestandteil des inneren Straßenringes, als ÖPNV- ,Rad- und Fußgänger- verbindung, die durch die starken Umsteigeströme zwi- schen der U-, S- und Straßenbahn geprägt sind, aus. Hinsichtlich der sehr begrenzten Möglichkeiten in unmit- telbarer Bahsteignähe Fahrradabstellanlagen zu integrie- ren, wurde seitens des Landes Berlin die Variante der Bahnsteigdächer als eine zukunftorientierte Option für ein Abstellangebot vorgeschlagen. In der erwähnten Studie der DB AG soll daher die Machbarkeit einer technischen Lösung mit einer Kostenabschätzung untersucht werden. Berlin, den 30. April 2013 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mai 2013)