Drucksache 17 / 11 870 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 08. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. April 2013) und Antwort „Parkscheinpolizei“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche zusätzlichen Kosten entstehen durch den bürokratischen Aufwand der Dienstanweisung an die Berliner Polizei, im Einsatz zukünftig einen Parkschein ziehen zu müssen? Zu 1.: Es entstehen keine zusätzlichen Kosten gegen- über Dritten. Nach Kosten-/Leistungsrechnung entstehen innerhalb der Polizei Berlin pro Bearbeitung eines „Parkscheinvorganges “ fiktive Kosten in Höhe von ca. 25 bis 50 €. Die Höhe dieser fiktiven Kosten resultiert vorrangig aus den durchschnittlichen Arbeitszeitanteilen und Ar- beitsplatzkosten, welche in den verschiedenen zuständig- keitshalber betroffenen Dienstbereichen im Rahmen des Antrags- und Erstattungsverfahrens zu berücksichtigen sind. Je nach Einsatzanlass kommen unterschiedliche Antragsverfahren in Betracht. Nicht bei den fiktiven Kosten berücksichtigt ist der jeweils zeitliche Aufwand, der z. B. für den reinen Be- zahlvorgang (ggf. auch zum notwendigen vorherigen Geldwechsel oder zwischenzeitlichen Nachlösen bei län- gerer Einsatzdauer) am Parkscheinautomaten zum Tragen kommt. 2. Welche Einnahmen durch zusätzliche Parktickets erwartet das Land Berlin? (Bitte nach Bezirken aufschlüs- seln.) Zu 2.: Die bezirklichen Ordnungsämter differenzieren ihre Einnahmen aus Parkscheinautomaten nicht nach ein- zelnen Personengruppen, so dass es folglich auch keine zielgruppenorientierte Einnahmeerwartung der bezirkli- chen Ordnungsämter mit Parkraumbewirtschaftungsge- bieten gibt. Unabhängig hiervon bewirken die durch die Polizei Berlin im hoheitlichen Einsatz verauslagten Parkgebühren insgesamt keine zusätzlichen Einnahmen, sondern ledig- lich einen Finanzmitteltransfer innerhalb des Landeshaus- haltes. 3. Ist der Senat der Überzeugung, dass diese Maß- nahme wirtschaftlichen Prinzipien entspricht? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, was unternimmt der Senat, um diese Maßnahme abzuschaffen? Zu 3.: Der Senat sieht die aktuelle Lösung noch nicht als optimal an. Deshalb ist er weiterhin bestrebt, eine im Einklang mit der geltenden Rechtslage befindliche prakti- kable und tragfähige Lösung für die Polizei Berlin zu er- arbeiten. 4. Wie beurteilt der Senat die Folgen dieser Dienstan- weisung für die Einsatzfähigkeit und Arbeit der Polizei? Zu 4.: Es wird auf die Antwort zu Frage 3. verwiesen. 5. Welche und wie viele Fahrzeuge und Einsätze sind tatsächlich davon betroffen? (Bitte aufschlüsseln nach Zivil- und Streifenfahrzeugen.) Zu 5.: Grundsätzlich können alle Dienstkraftfahrzeuge inklusive der Bereitschaftspolizei (ca. 1.600 durch Farbgebung und Schriftzug erkennbare und ca. 1.000 zivile Kraftfahrzeuge) betroffen sein, da nicht die Fahrzeugart, sondern nur die dienstliche Nutzung des Fahrzeugs in Parkraumbewirtschaftungszonen und der Einsatzanlass im konkreten Fall relevant sind. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 870 2 6. Wie lange müssen die von der Dienstanweisung betroffenen Einsatzkräfte die Ausgaben für die Parkti- ckets durchschnittlich auslegen? (Bitte in Kalendertagen angeben.) Zu 6.: Bis zur Überweisung verauslagter Beträge an die Dienstkräfte vergehen vom Zeitpunkt der Antragstel- lung ca. 10 bis 45 Tage. 7. Mit welchem auszulegenden Betrag müssen die Einsatzkräfte voraussichtlich pro Monat im Durchschnitt rechnen? Zu 7.: Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zustän- digkeiten, Aufgabenfelder, Auftragsanlässe und örtlicher Einsatzgebiete der Dienstkräfte ist eine verlässliche und stadtweit zutreffende Aussage nicht möglich. 8. Wie beurteilt der Senat die durch die individuelle Rückerstattung der ausgelegten Parktickets anfallenden Kosten für die interne Verwaltung der Polizei und in wel- chem Verhältnis stehen diese Kosten zu den Verwal- tungskosten der bisherigen Verfahrensweise auf Bezirks- und Landesebene? Zu 8.: Es wird auf die Antworten zu den Fragen Nr. 1. bis 3. verwiesen. 9. Gilt die Dienstanweisung auch für Fahrzeuge der Ordnungsämter oder ist in naher Zukunft mit einer sol- chen zu rechnen? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, wie beurteilt der Senat die Situation, dass sich in Zukunft Ordnungsamtsmitarbeiter für Parkverge- hen im Dienst selbst aufschreiben müssten? Zu 9.: Nein. Bei der in Rede stehenden Dienstanwei- sung handelt es sich um eine Geschäftsanweisung der Polizei Berlin über die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten gemäß §§ 35 und 38 Straßenverkehrs-Ord- nung (StVO). Sie hat keine Gültigkeit für die Ordnungs- ämter. Die StVO gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter der bezirklichen Ordnungsämter. Daher müssen auch sie, wenn sie ihr Fahrzeug innerhalb einer Park- raumbewirtschaftungszone abstellen, einen Parkschein ziehen und gut sichtbar in ihrem Dienstfahrzeug auslegen. Sollten sie in einem dringenden Einsatz zur Schadensab- wehr oder Sicherstellung der öffentlichen Ordnung un- terwegs sein, der keine Zeit für den Erwerb eines Park- scheins zulässt, können sie im Rahmen der Anhörung zum Tatvorwurf - im Zuge einer Einzelfallprüfung unter Darlegung aller Dringlichkeiten - unter Umständen eine Einstellung des laufenden Ordnungswidrigkeitenverfah- rens erwirken. Andernfalls ist von der jeweiligen Fahrerin bzw. dem jeweiligen Fahrer, wegen Missachtung der StVO, das entsprechende Verwarnungsgeld zu entrichten. 10. Woran sind nach Meinung des Senats die Gespräche zwischen Landesregierung und zuständi- gen Ordnungsbehörden über eine Lösung gescheitert? Zu 10.: Der Senat ist der Auffassung, dass die Gesprä- che noch nicht gescheitert sind. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3. verwiesen. 11. Plant der Senat eine Bundesratsinitiative zur Än- derung des §35 STVO um diese skurrile Situation zu än- dern? a) Wenn nein, wie beurteilt der Senat eine solche Än- derung? Zu 11.: Nein. Die Regelungen des § 35 StVO haben sich in der Vergangenheit bewährt. Danach ist die Polizei von den Vorschriften der StVO befreit, so auch vom Be- tätigen eines Parkscheinautomaten, soweit das zur Erfül- lung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Eine Möglichkeit, die grundsätzlich bestehenden Anforderun- gen an eine Inanspruchnahme von Sonderrechten durch die Polizei für bestimmte Regelverstöße, wie das Parken ohne Parkschein, durch eine Änderung des § 35 StVO zu lockern, hält der Senat für nicht zielführend. 12. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 12.: Die mit dieser Anfrage erbetenen Angaben sind ausschließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erhoben worden. Eine Einstellung dieser Daten in das Open-Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. 13. Welche Kosten entstehen durch die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage? Zu 13.: Die Benennung der durch die Bearbeitung die- ser Kleinen Anfrage entstandenen Kosten ist nicht mög- lich. Sie würde eine an den quantitativen wie qualitativen Faktoren orientierte Einzelfallprüfung erfordern, welche für sich genommen bereits mehr Kosten verursachen könnte als die eigentliche Beantwortung der inhaltlichen Fragestellungen. Berlin, den 22. Mai 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juli 2013)