Drucksache 17 / 11 894 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 15. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. April 2013) und Antwort Interkulturalität im Musikunterricht Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welcher Weise wird die multikulturelle Zusammensetzung der Kinder und Schüler/-innenschaft im mu- sikalischen Bereich im Bildungswesen berücksichtigt? Zu 1.: Verbindliche Grundlage für die pädagogische Arbeit in öffentlich geförderten Berliner Kindertagesein- richtungen ist das „Berliner Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tages- einrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt“. Bildung wird hier als Aneignungstätigkeit verstanden, mit der sich das Kind ein Bild von der Welt macht. Dies impliziert, dass die (Familien)Kulturen aller Kinder, die eine Einrichtung besuchen, Beachtung finden und in den pädagogischen Alltag eingebunden werden. Interkulturalität ist eine Querschnittsaufgabe und spiegelt sich auch in Raumgestaltung und Materialaus- wahl. ‚Musik’ gehört zu den sieben Bildungsbereichen, die im Berliner Bildungsprogramm differenziert behan- delt werden. Bilinguale und bikulturelle Kindertagesein- richtungen im Land Berlin legen besondere Schwerpunkte auf die in ihrem Konzept repräsentierten Kulturen und Sprachen. Dies gilt auch für Einrichtungen mit einem musikalischen Schwerpunkt. Die Landesmusikakademie Berlin bietet Fortbildun- gen für pädagogische Fachkräfte an, in denen Interkultur- alität thematisiert wird und die Teilnehmenden die Gele- genheit erhalten, mit Musikinstrumenten wie z.B. Cajon und orientalischer Percussion zu experimentieren. Der Rahmenlehrplan für den allgemeinen Musikunterricht der Grundschule sowie der weiterführenden Schule berücksichtigt die unterschiedliche multikulturelle Zu- sammensetzung der Schulklassen zunächst insofern, dass die Auswahl der Lieder, Tanz- und Spielstücke in der Gestaltungskompetenz der Fachbereiche und der Lehr- kräfte an den einzelnen Schulen liegt. Diese Auswahl der Lieder, Spiel- und Tanzstücke richtet sich auch nach der kulturellen Herkunft der Schülerinnen und Schüler in der Klasse. So werden an einzelnen Schulen neben überwie- gend deusch- und englischsprachigen Liedern z.B. mehre- re türkische Lieder und Tänze im Unterricht gesungen und getanzt, während an anderen Schulen z.B. der Fokus stärker auf polnischen Liedern und Tänzen liegt. Im Be- reich Tanz lässt sich interkulturelles Arbeiten im musika- lischen Bereich besonders gut berücksichtigen. In Zu- sammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft Tanz erscheint in jedem Schuljahr eine Liste mit 20 interkultu- rellen Tänzen, die in Fortbildungen von den Lehrkräften gelernt und dann mit den Schulklassen geübt werden können . Jährlich beteiligen sich etwa 100 Schulen, vorrangig Grundschulen daran. 2. Werden in den Kindertagesstätten, in den allgemeinbildenden Schulen und entsprechenden Hochschulen auch Musikkulturen und die Instrumente, die nicht „westeuropäisch “ sind, adäquat vorgestellt? Welche Lehrpläne und Programme gibt es in diesem Zusammenhang? Was sind deren Inhalte? Zu 2.: Musikkulturen und Instrumente werden in den pädagogischen Alltag der Kindertageseinrichtungen ein- bezogen, sofern das Interesse daran an der kindlichen Neugierde anknüpft. Pädagogische Fachkräfte greifen die Fragen der Kinder auf und erweitern ihre Kenntnisse und Fähigkeiten dadurch, dass sie mit ihnen unbekannte In- strumente erkunden, Musik anhören sowie multikulturelle Lieder singen, die den Kindern und Familien vertraut sind. Hierzu erhalten sie durch das Bildungsprogramm vielfältige Hinweise. Dieses Vorgehen entspricht dem Bildungsverständnis des Berliner Bildungsprogramms. Wie im Einzelnen in jeder Einrichtung der pädagogi- sche Alltag gestaltet wird, liegt in der Verantwortung der Fachkräfte, der Leitung und des Trägers. In der ‚Gartenstadt Atlantic’ steht Kindertagesstätten eine Lernwerkstatt Musik offen, in der Kinder Orchester- instrumente kennen lernen können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 894 2 Im allgemeinen Musikunterricht in der Schule werden in verschiedenen Themenfeldern multikulturelle Aspekte berücksichtigt. In der Oberstufe liegt lt. Rahmenlehrplan ein ganzes Semester lang der Schwerpunkt auf „Musik anderer Kulturen“. Im Bereich Instrumentenkunde werden verschiedene ausgewählte Instrumente aus mehreren Kul- turkreisen vorgestellt. In den Schulbüchern der meisten Verlage hat dieses Thema einen festen Platz. Die Instru- mente werden mit Bildern vorgestellt, dazu gibt es Hörbeispiele. Auch zu Themen, wie „Musik bei Festen “ wird das unterschiedliche Begehen von Festtagen und die damit verbundene Musiktradition thematisiert. Viele Schulen nutzen die Angebote der Musikabteilung des ethnologischen Museums Dahlem. Darüber hinaus gibt es spezielle Programme: Die Baglama (Saz) ist Instrument des Jahres 2013. In diesem Zusammenhang bietet der Landesmusikrat in Berlin ein vielfältiges und umfangreiches Programm für Schulen, Musikschulen und Universitäten an (z.B. Aus- stellungen, Konzerte, Workshops und Diskussionsrun- den). Die indonesische Botschaft bietet für Schulklassen Workshops zur Gamelan-Musik an. Einige Schulen ver- fügen über eine gute Ausstattung an Djemben und ande- ren außereuropäischen Rhythmusinstrumenten, da sich diese zum Gruppenmusizieren besonders gut eignen. 3. Gibt es in den Bildungseinrichtungen (Kindertagesstätten , in den allgemeinbildenden Schulen und ent- sprechenden Hochschulen) die Möglichkeit, das Spielen von Instrumenten, die nicht „westeuropäisch“ sind (beispielsweise Saz oder Sitar), zu erlernen? Zu 3.: Das Erlernen eines Instruments gehört nicht zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. In allgemeinbildenden Schulen wird nur an besonders geför- derten musikbetonten Schulen Gruppeninstrumentalunter- richt angeboten. Dort gibt es an einigen Standorten auch Angebote, Saz zu spielen. Es gibt besonders an den Musikschulen die Möglich- keit, diese Instrumente zu erlernen. Die Baglama ist fester Bestandteil des Landeswettbewerbs „Jugend musiziert“. Seitdem wird sie auch verstärkt unterrichtet. Es gibt wei- tere Wettbewerbssparten, die speziell auf Interkulturalität ausgerichtet sind, z.B. den Bereich „Interkulturelle Percussion “. 4. Werden Künstler/-innen aus diesen Kulturkreisen in die Bildungsarbeit einbezogen, falls ja, in welcher Wei- se? Zu 4.: Im Rahmen der Projektarbeit in Kindertagesein- richtungen ist es möglich, dass Künstlerinnen und Künst- ler aus anderen Kulturkreisen in die pädagogische Arbeit eingebunden werden. Die Entscheidung darüber treffen jeweils die pädagogischen Fachkräfte. Künstlerinnen und Künstler aus anderen Kulturkreisen sind in der Landes- musikakademie als Dozentinnen und Dozenten in der Fortbildung tätig. Künstlerinnen und Künstler „anderer“ Kulturkreise werden im Rahmen von Workshops und Projekten in die Schulen eingeladen. Sie leiten dann Schulklassen im Mu- sizieren an und stellen die Instrumente vor. Berlin, den 26. April 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mai 2013)