Drucksache 17 / 11 898 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 15. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. April 2013) und Antwort Einsatz von Pfefferspray und anderen Reizstoffen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Behördenmitarbeiter*innen, Beamt*innen und Angestellte sind in Berlin befugt, Pfefferspray oder andere Reizstoffe einzusetzen? (Bitte nach Personengrup- pen unter Angabe der Rechtsgrundlage aufschlüsseln.) Zu 1.: § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln) – in der aktuellen Fassung – in Verbindung mit den Ausführungsvorschriften für Vollzugsbeamte der Polizei- behörde zum UZwG Bln (AV Pol UZwG Bln) – in der aktuellen Fassung – regelt, dass unmittelbarer Zwang nur von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten im Sinne von § 3 UZwG Bln angewendet werden darf. Zu den Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten der Polizei Berlin im Sinne von § 3 UZwG Bln zählen  die Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten der Schutzpolizei, der Kriminalpolizei und des Gewer- beaußendienstes (§ 102 Landesbeamtengesetz),  die Angestellten des Polizeipräsidenten in Berlin, soweit sie mit der zwangsweisen Durchsetzung hoheitlicher Befugnisse durch besondere Dienst- anweisung beauftragt sind,  die Angehörigen der Wachpolizei und  die Polizeiangestellten im Sicherheits- und Ordnungsdienst . Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes der bezirklichen Ordnungsämter erhal- ten für Fälle der Notwehr und Nothilfe Pfefferspray als Ausrüstungsgegenstand. In allen geschlossenen Anstalten des Berliner Straf- vollzuges und beim Amtsgericht Tiergarten wird das Reizgas „Pfefferspray“ bereitgehalten. Beim Amtsgericht Tiergarten gilt gemäß der §§ 2 Abs. 3 und 21 b UZwG Bln der Reizstoff Pfefferspray als Hilfsmittel der körper- lichen Gewalt. Hieraus ergibt sich die Befugnis für die Bediensteten des Wachtmeisterdienstes, Pfefferspray ein- setzen zu dürfen. Die Ausgabe von Reizstoffsprühgeräten erfolgt nur im Einzelfall und auf ausdrückliche Anwei- sung an besonders geschulte Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister des Zentralen Dienstes Sicherheit. In den geschlossenen Anstalten des Berliner Justiz- vollzuges sind gemäß Ausführungsvorschrift zu § 95 Abs. 4 Strafvollzugsgesetz des Bundes, das in Berlin bis zur Schaffung eines Berliner Strafvollzugsgesetzes fortgilt, die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Krankenpflegedienstes zur Anwendung von Reizgas befugt. 2. Welche Gesetze oder Richtlinien regeln den Ein- satz von Reizstoffen durch Polizei- und andere Vollzugs- beamt*innen sowie unter 1. aufgelisteten befugten Perso- nengruppen? (Bitte im Originalwortlaut beifügen oder verlinken.) Zu 2.: Das UZwG Bln 1 in Verbindung mit den AV Pol UZwG Bln (Anlage: Amtsblatt für Berlin, 60. Jahrgang, Nr. 23, Seite 860 - 867) regelt den Einsatz von Reizstof- fen der Polizei Berlin. Die Rechtsgrundlagen für die Ausstattung des Allge- meinen Ordnungsdienstes der bezirklichen Ordnungsäm- ter mit Pfefferspray bilden:  Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz ASOG Bln) 2 § 2 Abs. 6 Satz 4: „In der Rechtsverordnung ist der Gebrauch bestimmter Ausrüstungsgegenstände für Notwehr und Nothilfe auf Grund des § 32 des Strafge- setzbuches (StGB) und des § 227 des Bürgerlichen Ge- 1 z. B. http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/vorschrifte n/uzwg.pdf (Stand: 30.04.2013) 2 z. B. http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/abteilungiii/vorschrifte n/081103_asog.pdf (Stand: 30.04.2013) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 2 setzbuches (BGB) für die Dienstkräfte im Rahmen des Verkehrsüberwachungsdienstes sowie die Dienstkräfte im Rahmen des allgemeinen Ordnungsdienstes der bezirkli- chen Ordnungsämter zu begrenzen.“  Verordnung zur Festlegung der Aufgaben und Befugnisse der Dienstkräfte der Außendienste der bezirk- lichen Ordnungsämter (OrdnungsdiensteVO) 3 § 4 Abs. 2: „Die Dienstkräfte im Rahmen des allgemeinen Ordnungsdienstes der bezirklichen Ordnungsämter werden mit Reizstoffsprühgeräten mit Capsaicin oder verwandten Stoffen (Pfefferspray) und mit Schlagstöcken ausgerüs- tet.“  Verwaltungsvorschriften über die Dienstkleidung und die Ausstattung der Dienstkräfte der bezirklichen Ordnungsämter Anlage 2: „B Ausstattungsgegenstände, 1. Dienstkräfte im allgemeinen Ordnungsdienst (AOD): Sprühdose mit Pfefferspray; Grundausstattung:1“ Der Einsatz von Reizstoffen beim Amtsgericht Tier- garten ist durch das UZwG Bln sowie durch die Dienst- anweisung des Präsidenten des Amtsgerichts Tiergarten über Ausgabe und Einsatz von Pfefferspray geregelt (An- lage: ZDS 5330 E – A 2 AG Tg). Rechtsgrundlage für den Strafvollzug sind § 95 Abs. 4 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) 4 und die hierzu erlassene Ausführungsvorschrift. Die Rechtsgrundlage für den Un- tersuchungshaftvollzug findet sich in § 54 Abs. 3 Unter- suchungshaftvollzugsgesetz Berlin 5 und die Rechtsgrund- lage für den Jugendvollzug in § 76 Abs. 3 Jugendstraf- vollzugsgesetz Berlin 6 . In den beiden Berliner Gesetzen werden Reizstoffe als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt geführt; in dem aus dem Jahr 1977 stammenden StVollzG des Bundes sind sie noch als Waffen eingestuft, was je- doch in dem neu zu schaffenden Berliner Strafvollzugsge- setz angepasst werden wird. 3. Existieren bei der Berliner Polizei Weisungen oder Richtlinien, welche den Einsatz von Reizstoffen durch Polizist*innen regeln? (Bitte im Originalwortlaut beifü- gen oder verlinken.) Zu 3.: Neben den gesetzlichen Bestimmungen wird der Einsatz von Reizstoffen in der Geschäftsanweisung (GA) der Landespolizeidirektion (LPolDir) Nr. 14/1990 über den Umgang mit Reizstoffen geregelt. Diese GA ist trotz Ablauf nach wie vor zu beachten (Die Überarbeitung der Geschäftsanweisung ist in Vorbereitung). 4. Welche Reizstoffe sind bei der Berliner Polizei im Einsatz? (Bitte aufschlüsseln nach Typ, Fabrikat, Herstel- ler, Zusammensetzung der Inhaltsstoffe sowie Verwen- dungszweck/Einsatzbereich.) ³http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/gvb l2004/ seiten_363___366_heft_nr._36_vom_01.09.2004.pdf (Stand: 30.04.2013) 4 z.B. http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/justi zvollzug/recht/ stvollzg.pdf?start&ts=1360342182&file=stvollzg.pdf (Stand: 30.04.2013) 5 z.B. http://gesetze.berlin.de/?vpath=bibdata%5Cges%5Cblnuvollzg%5Ccont %5Cblnuvollzg.htm &mode=all&page=1 (Stand: 30.04.2013) 6 z.B. http://gesetze.berlin.de/?vpath=bibdata%2Fges%2FBlnJStVollzG%2Fco nt% 2FBlnJStVollzG%2Einh%2Ehtm (Stand: 30.04.2013) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 3 Zu 4.: Typ Fabrikat Hersteller Inhaltsstoffe Zusammensetzung Verwendungszweck Einsatzbereich CN* RW** 70/1 – 70/4 Hoernecke, Sil- berhütte, Nico 2,4–24g CN Chloracetophenon und Alkohol Beimischung für Wasserwer- fer, Wurfkörper PAVA* RSG** 3 RSG** 4 IDC*** Hoernecke IDC*** Hoernecke Pelargonsäurevanillylamid Wasser und Alkohol Konzentration: 0,3 ± 0,03 Gewicht -% Pelargonsäurevanillylamid Wasser und Alkohol Konzentration: 0,3 ± 0,03 Gewicht -% Reizstoffsprühgeräte (Perso- nenausstattung) Reizstoffsprühgeräte (Grup- pen- und Fahrzeugausstattung) * CN: Chloracetophenon, PAVA: Pelargonsäurevanillylamid **RW: Reizstoffwurfkörper, RSG: Reizstoffsprühgerät ***IDC: International Defence Control System AG 5. Welche Reizstoffsprühgeräte und Abschussvor- richtungen für Reizstoffwurfkörper sind bei der Berliner Polizei im Einsatz? (Bitte aufschlüsseln nach Typ und Gerätespezifischer Bezeichnung, Hersteller, Füllmenge und Einsatzreichweite.) Zu 5.: Typ Gerätespezifische Be- zeichnung Hersteller Füll-menge Einsatz- reichweite Reizstoffsprühgerät RSG 3 IDC oder Ho- ernecke 50 ml 1-5 m Reizstoffsprühgerät RSG 4 IDC oder Ho- ernecke 360-400 ml 1-7 m 6. Wie viele Reizstoffsprühgeräte und wie viele Füll- patronen hat die Berliner Polizei seit Einführung der je- weiligen Reizstoffe in Berlin angeschafft? (Bitte auf- schlüsseln nach Jahren, Reizstoffsprühgeräten, Füllpatro- nen sowie Abteilungen der Polizei.) a. Welche Kosten sind dadurch entstanden und wo sind diese etatisiert? (Bitte aufschlüsseln wie oben sowie nach Kapitel und Titel.) Zu 6. und 6a.: Die Anzahl der zu beschaffenden Reiz- stoffsprühgeräte variiert aufgrund des allgemeinen Ver- brauchs von Jahr zu Jahr. Eine Aufschlüsselung nach Jah- ren ist nicht möglich, da diese nicht erfasst werden. Seit der Erstbeschaffung von 21.000 Komplettgeräten RSG 3 im Jahr 2001 sind bis dato insgesamt 25.316 RSG 3 sowie 1.896 RSG 4 (inklusive Füllpatronen) wie folgt beschafft und verteilt worden: Bezeichnung/ ca. Preis pro Gerät Dir* 1 Dir* 2 Dir* 3 Dir* 4 Dir* 5 Dir* 6 RSG 3 (50ml), PAVA 7,61€ 1.925 2.279 2.648 2.310 2646 2.217 RSG 4 (400ml), PAVA 28,20€ 207 242 235 176 252 274 Bezeichnung/ ca. Preis pro Gerät Dir ZA* ZSE* LKA* RSG 3 (50ml), PAVA 7,61€ 6437 1.645 3.209 RSG 4 (400ml), PAVA 28,20€ 204 106 200 * Dir: Direktion, Dir ZA: Direktion Zentrale Aufgaben, ZSE: Zentrale Serviceeinheit, LKA: Landeskriminalamt Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 4 Alle Beschaffungen werden aus dem Kapitel des je- weiligen Leistungs- und Verantwortungszentrums (LuV) bestritten. Hier wird der Titel 514 29 (Verbrauchsmittelti- tel) belastet. Für die Beschaffung von Reizstoffsprühgerä- ten RSG 3 sind seit dem Jahr 2001 insgesamt 192.655 € gezahlt worden. Für die Beschaffung von RSG 4 insge- samt 53.467 €. 7. Wie viele Einsätze von Pfefferspray und anderen Reizstoffen durch die Berliner Polizei gab es seit 2011 zu welchen Ereignissen wie Versammlungen, Sportveran- staltungen, häuslicher Gewalt usw. in Berlin und im Bun- desgebiet (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Reizstoff, Reiz- stoffeinsatz, Anlass sowie Berlin/Bundesgebiet.) Zu 7.: Einsatz von PAVA (Pelargonsäurevanillylamid) in den Jahren 2011 – 2013: Hinweis: Die hier angegebenen Zahlen beziehen sich alle auf den Einsatzort Berlin. Der Einsatz von Zwangs- mitteln durch Dienstkräfte der Polizei Berlin im Bundes- gebiet wird nicht erfasst. Jahr Anlässe Anzahl 2011 Körperverletzung 72 Demonstrative Aktionen 61 Fußball 40 Keine Angabe zum Anlass 40 Häusliche Gewalt 38 Sachbeschädigung 31 Hausfriedensbruch 30 Schlägerei 24 Randalierende Person 23 Aufzug/Kundgebung 21 Bedrohung 20 Unzulässiger Lärm 16 Diebstahl 15 Verdacht Straftat 15 Amtshilfe 15 Unterstützung Polizeibeamtin/Polizeibeamter 14 Personalienfeststellung 12 Hilflose Person 12 Belästigung 11 Verkehrsbehinderung 9 Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz 9 Streitigkeiten 9 Einbruch 9 Sonstige Sportveranstaltung 9 Festgehaltene Person 8 Raub 7 Diebstahl an und aus Kraftfahrzeug 7 Präsenzstreife 7 Betrug 6 Unterstützung Polizeibeamtin/Polizeibeamter in Zivil 6 Unerlaubter Handel 5 Sachbeschädigung an Kraftfahrzeug 5 Verdächtige Person 5 Verdächtiges Fahrzeug 4 Feuer 4 Selbsttötungsversuch 4 Verkehrsunfall 4 Trunkenheit im Straßenverkehr 4 Überwachung fließender Verkehr 4 Beleidigung 3 Verkehrssonderkontrolle 3 Überfall 3 Hilferufe 3 Sonstige politische Veranstaltung 2 Messe/Ausstellung 2 Sonstige Verkehrsmaßnahmen 2 Exhibitionist 2 Ausgelöste Gefahrenmeldeanlage (ohne Anschluss an die Polizei) 2 Geistesgestörte Person 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 5 Volks- und Straßenfest 2 Maßnahmen am 1. Mai 2 Vermisste Person 2 Überwachung ruhender Verkehr 2 Erschleichen von Leistungen 2 Ansammlung (nicht Versammlungsgesetz) 2 Veranstaltung politischer Parteien 2 Nötigung 1 Gesuchte Person 1 Gefahrenstelle (mit Hinweis) 1 Einsatz bei Schadensereignissen 1 Illegale Ausländerin/Illegaler Ausländer 1 Feier- und Festtag 1 Zahlungsstreit 1 Schuss/Schüsse 1 Vergewaltigung 1 Verletzte Person 1 Ergebnis 683 2012 Körperverletzung 48 Randalierende Person 47 Hausfriedensbruch 36 Keine Angabe zum Anlass 36 Häusliche Gewalt 36 Bedrohung 26 Demonstrative Aktionen 23 Diebstahl 20 Schlägerei 19 Unterstützung Polizeibeamtin/Polizeibeamter 17 Unzulässiger Lärm 16 Verdacht Straftat 14 Sachbeschädigung 14 Einbruch 13 Verdächtige Person 12 Aufzug/Kundgebung 10 Fußball 9 Präsenzstreife 9 Selbsttötungsversuch 8 Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz 7 Sachbeschädigung an Kraftfahrzeug 7 Personalienfeststellung 6 Gesuchte Person 5 Trunkenheit im Straßenverkehr 5 Beleidigung 5 Amtshilfe 5 Verkehrsunfall 4 Hilflose Person 4 Festgehaltene Person 3 Unerlaubter Handel 3 Verdächtiges Fahrzeug 3 Betrug 3 Streitigkeiten 3 Feier- und Festtag 3 Sonstige Verkehrsmaßnahmen 3 Raub 3 Diebstahl an und aus Kraftfahrzeug 2 Vollstreckung Haftbefehl (u.a.) 2 Verkehrssonderkontrolle 2 Ansammlung (nicht Versammlungsgesetz) 2 Sonstige Sportveranstaltung 2 Überfall 2 Hilfeersuchen 2 Geistesgestörte Person 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 6 Volks- und Straßenfest 2 Belästigung 2 Verkehrsunfall mit Beteiligung Polizei 1 Munitionsfund, auch Bombenfund, Waffen 1 Illegale Ausländerin/Illegaler Ausländer 1 Gefahrenstelle 1 Gasgeruch 1 Tote Person 1 Vermisste Person 1 Unterstützung Polizeibeamtin/Polizeibeamter in Zivil 1 Maßnahmen am 1. Mai 1 Verkehrsbehinderung 1 Sonstige politische Veranstaltung 1 Verbotenes Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen 1 Feuer 1 Ergebnis 518 2013 Körperverletzung 14 Demonstrative Aktionen 12 Keine Angabe zum Anlass 11 Häusliche Gewalt 11 Diebstahl 10 Bedrohung 9 Randalierende Person 9 Fußball 6 Personalienfeststellung 5 Hausfriedensbruch 5 Amtshilfe 4 Diebstahl an und aus Kraftfahrzeug 4 Sachbeschädigung 4 Sonstige Verkehrsmaßnahmen 3 Verdächtige Person 3 Feier- und Festtag 3 Unzulässiger Lärm 2 Einbruch 2 Verdacht Straftat 2 Verdächtiges Fahrzeug 2 Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz 2 Unterstützung Polizeibeamtin/Polizeibeamter 2 Streitigkeiten 2 Schlägerei 2 Ausgelöste Gefahrenmeldeanlage (ohne Anschluss an die Polizei) 1 Betrug 1 Verkehrsunfall 1 Beleidigung 1 Vollstreckung Haftbefehl (u.a.) 1 Überwachung ruhender Verkehr 1 Sonstige politische Veranstaltung 1 Hilflose Person 1 Sonstige Sportveranstaltung 1 Illegale Ausländerin/Illegaler Ausländer 1 Veranstaltung politischer Parteien 1 Selbsttötungsversuch 1 Raub 1 Ergebnis 142 8. Wie viele Einsätze von Pfefferspray und anderen Reizstoffen verliefen seit 2011 aus polizeilicher Perspek- tive erfolgreich/nicht erfolgreich? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Reizstoffe sowie Anlässen.) a. Wie definiert die Polizei in diesem Zusammenhang „Erfolg“? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 7 Zu 8. und 8a.: Einsätze von PAVA (Pelargonsäureva- nillylamid): 2011 Androhung mit Erfolg 71 Androhung ohne Erfolg 31 Einsatz mit Erfolg 480 Einsatz ohne Erfolg 101 2012 Androhung mit Erfolg 58 Androhung ohne Erfolg 30 Einsatz mit Erfolg 336 Einsatz ohne Erfolg 94 2013 Androhung mit Erfolg 14 Androhung ohne Erfolg 1 Einsatz mit Erfolg 98 Einsatz ohne Erfolg 29 Androhung mit Erfolg bedeutet in diesem Zusammen- hang, dass es zu keiner Anwendung kam. Androhung ohne Erfolg bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es zur Anwendung von PAVA oder/und anderen Zwangs- mitteln kam. Einsatz mit Erfolg bedeutet in diesem Zu- sammenhang, dass es zu einer Anwendung (gegebenen falls nach vorheriger Androhung) kam und keine weiteren Zwangsmittel erforderlich waren. Einsatz ohne Erfolg bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es zu einer An- wendung (gegebenenfalls nach vorheriger Androhung) kam und gegebenenfalls weitere Zwangsmittel erforder- lich waren. 9. Wie viele verletzte Polizist*innen hat es seit Ein- führung der Reizstoffe durch die Berliner Polizei im Zu- sammenhang mit Einsätzen von Pfefferspray und anderen Reizstoffen durch Kolleg*innen gegeben? (Bitte auf- schlüsseln nach Jahren und Anlässen.) Zu 9.: Die hierzu getroffenen Angaben stammen zum größten Teil aus alten und nicht mehr verifizierbaren sta- tistischen Erhebungen. Es kann daher keine Aussage dazu getroffen werden, bei welchem Anlass bzw. durch welche Person bzw. Personengruppen die Verletzungen entstan- den. Jahr Verletzte Polizeibeamtinnen/Verletzte Beamte 1982 1 1986 6 1987 10 1988 4 1989 4 1990 11 1991 6 1992 17 1993 10 1994 10 1995 9 1996 9 1997 11 1998 12 1999 15 2000 6 2001 10 2002 12 2003 18 2004 17 2005 10 2006 11 2007 20 2008 26 2009 76 2010 21 2011 34 2012 12 2013 bisher 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 898 8 10. Welchen Sicherheitsabstand sollten Polizist*innen bei einem Einsatz von Pfefferspray und anderen Reizstof- fen mindestens zum Gegenüber einhalten, um die Verlet- zungsrisiken (im Augenbereich o.ä.) gering zu halten? (Bitte Einzelaufschlüsselung nach Reizstoff und Reiz- stoffsprühgerät.) Zu 10.: Der Sicherheitsmindestabstand aus den Her- stellerangaben sollte eingehalten werden. Er liegt für bei- de Geräte (RSG 3 und RSG 4), die mit PAVA (Pelargon- säurevanillyamid) befüllt sind, bei ca. einem Meter. 11. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat vor bezüg- lich der Anzahl an Verletzten und ggf. Todesopfern im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pfefferspray und anderen Reizstoffen durch die Berliner Polizei in Berlin sowie im Bundesgebiet? (Bitte Einzelaufschlüsselung seit 2008 nach Jahren sowie Berlin/Bundesgebiet.) Zu 11.: Die Zahlen über Verletzte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pfefferspray und anderen Reizstof- fen werden seitens der Polizei Berlin nicht erfasst. Er- kenntnisse über Todesfälle sind weder dem Senat noch der Polizei Berlin bekannt. 12. In welcher Art und Weise werden Polizist*innen in Berlin geschult im Umgang mit dem Einsatz von Pfeffer- spray und anderen Reizstoffen hinsichtlich der Wirkung sowie der Handhabungs- und Sicherheitsbestimmungen sowie der Minimierung von Verletzungsrisiken (Einsatz- entfernung, besondere Risikogruppen etc.)? (Bitte Schu- lungsunterlagen beifügen.) Zu 12.: Die Polizeivollzugsbediensteten werden in den gesetzlichen Grundlagen des UZwG Bln ausgebildet und geprüft. Die Gerätekunde und die praktische Ausbildung umfassen 3 Stunden. Dabei werden auch Vorgaben des Herstellers und Inhalte der entsprechenden Bedienungsan- leitungen vermittelt (z. B. Reichweite und Mindestabstand bei der Anwendung). Darüber hinaus wird situativ auch der Umgang mit dem RSG trainiert. Diese Bestandteile werden in der Fortbildung (im Rahmen des Einsatztrainings) jährlich aufgefrischt. Die Dienstkräfte der Polizei Berlin sind je nach Kon- fliktträchtigkeit ihrer Tätigkeit in drei Zielgruppen einge- teilt. Diese unterscheiden sich in der vorgeschriebenen Trainingshäufigkeit von ein- bis dreimal im Jahr. In die- sen Trainingseinheiten werden die Dienstkräfte im Um- gang mit den Führungs- und Einsatzmitteln, u.a. auch dem RSG, entsprechend regelmäßig geschult und unter- wiesen. Inhalte der Ausbildung sind: - Vorstellung RSG 3/ 4 - Technische Daten - Auswirkung beim Adressaten - Rechtliche Voraussetzungen zum Tragen und An- wenden von Reizstoffen - Erste Hilfe nach Anwendung von Reizstoffen - Eigensicherung Des Weiteren werden die Polizeivollzugsbediensteten im Rahmen der einsatzbezogenen Ersten Hilfe alle zwei Jahre ebenfalls regelmäßig über die Wirkungsweise des RSG zusätzlich beschult. Als Anlage beigefügt sind Informationen zur Erstver- sorgung von Leicht- und Schwerverletzten nach Anwen- dung des Pfeffersprays. 13. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden oben stehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 13.: Die mit dieser Anfrage erbetenen Angaben sind ausschließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erhoben worden. Eine Einstellung dieser Daten in das Open-Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. 14. Welche Stellen waren an der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage beteiligt? Zu 14.: An der Beantwortung der Kleinen Anfrage waren die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, die Polizei Berlin sowie die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz beteiligt. Berlin, den 3. Juni 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Jul. 2013) Der Polizeipräsident in Berlin Polizeiliches EinsatzTraining Teil 4 ET - EH Redaktion: Seite 1 von 4 Seiten Zentrales Einsatztraining, Stand: 09/2007 ZSE IV B 11, 4664 – 994211 4. 3. 1 E rs tv er so rg u n g vo n L ei ch t- u n d S ch w er ve rl et zt en -P fe ff er sp ra y P E T – H an d b u ch E in sa tz tr ai n in g4.3 Erstversorgung von Leicht- und Schwerverletzten 4.3.1 Anwendung des Pfeffersprays aus medizinischer Sicht Im Gegensatz zu den Reizstoffen CN und CS ist der synthetische Inhaltstoff des Pfeffersprays Pelargonsäure-Vanillylamid (PAVA) ein starker Entzündungsauslöser. PAVA führt an den betroffenen Nervenzellen zur Freisetzung eines Eiweißstoffes, wodurch zum einen intensive Schmerzempfindungen ausgelöst, zum anderen heftige Entzündungsreaktionen in Gang gesetzt werden. Diese Entzündungsreaktion zeigt sich in intensiver Hautrötung, Schwellung der Schleimhäute und Steigerung des Sekretflusses. Im Gegensatz zum häufig verzögerten Wirkungsbeginn nach CN-Exposition setzt die Wirkung von PAVA schlagartig ein. Wirkungsweise des Pfeffersprays Wirkung auf die Augen: Bei Augenkontakt kommt es zu sofortigem Lidschluss durch heftige Schmerzwirkung und Anschwellen der Bindehäute am Auge. Hierdurch können die Augen praktisch nicht mehr willentlich geöffnet oder offen gehalten werden. Wirkung auf die Atemwege: Bei Einatmung von Pfefferspray, wie dies insbesondere beim Einsatz von Sprühnebel oder Sprühkegel auftreten kann, kommt es zu akuter Atemnot ähnlich einem akuten Asthmaanfall. Durch Entzündung der Bronchialschleimhaut wird eine Verengung der Bronchien und eine gesteigerte Schleimbildung ausgelöst. Dies führt bei den Betroffenen zu Atemnot. Zusätzlich kommt es durch Entzündungsreaktion im Bereich des Kehlkopfes zu teilweise intensivem Hustenreiz. Bei Allergikern und Asthmatikern ist die Gefahr, dass sich Atembeschwerden entwickeln besonders groß und hier ist mit bedrohlichen Zuständen zu rechnen. Wirkung an der Haut: Pfefferspray bewirkt auf der Haut ebenfalls eine Entzündungsreaktion mit intensiver Hautrötung Die Wirkung von Pfefferspray setzt sofort ein, nach etwa 5 bis 10 Minuten ist damit zu rechnen, dass die Wirkung langsam nachlässt. Falls die Beschwerden nach 45 Minuten noch nicht abgeklungen sein sollten, muss ein Arzt konsultiert werden. Dies gilt ebenso für den Fall, dass in der Akutsituation sehr starke Atemnot auftritt. Der Polizeipräsident in Berlin Polizeiliches EinsatzTraining Teil 4 ET - EH Redaktion: Seite 2 von 4 Seiten Zentrales Einsatztraining, Stand: 09/2007 ZSE IV B 11, 4664 – 994211 4. 3. 1 E rs tv er so rg u n g vo n L ei ch t- u n d S ch w er ve rl et zt en -P fe ff er sp ra y P E T – H an d b u ch E in sa tz tr ai n in g Erste-Hilfe-Maßnahmen nach Anwendung von Pfefferspray Sorgen Sie für ausreichend Zufuhr von frischer Luft Die betroffenen Haustellen sollten sobald als möglich mit kaltem, fließendem Wasser gekühlt werden und wenn möglich (häufig problematisch wegen zwanghaften Lidschluss) sollten die Augen unter fließendem Wasser/ oder mit speziellen Augenspüllösungen gespült werden. Kontaktlinsenträger sollten ihre Kontaktlinsen möglichst unmittelbar aus den Augen entfernen. Wenn es die Situation zulässt, ist die besprühte Person mit den Händen nach vorne zu fesseln (Ermöglichen des sich selber Waschens und des Benutzens der Atemhilfsmuskulatur Bringen Sie den Betroffenen in eine aufrechte Sitzposition und wirken Sie beruhigend auf ihn ein. Atemnot und die Unmöglichkeit die Augen zu öffnen führen häufig zu Angst- und Panikreaktionen. Klären Sie den Betroffenen auf, dass die Schmerzen und die übrigen Symptome bald nachlassen werden und weisen Sie ihn an, dass er nicht seine Augen reibt, da hierdurch der Wirkstoff in die Schleimhaut eingerieben wird und die Beschwerden zunehmen werden. Unbedingt zu vermeiden sind: • Körperliche Anstrengung • Gekrümmte Körperhaltung • Alle Maßnahmen, die die Atmung behindern können, wie mechanischer Druck gegen den Brustkorb, Bauchlage, Fesselung der Hände auf dem Rücken bei Personen mit Atemnot • Jede zusätzliche Beeinträchtigung der Atmung, wie z.B. auch aktiv oder passiv Rauchen. Personen die Pfefferspray ausgesetzt waren sind während der kritischen Zeit der ersten 45 Minuten ständig zu überwachen! Der Polizeipräsident in Berlin Polizeiliches EinsatzTraining Teil 4 ET - EH Redaktion: Seite 3 von 4 Seiten Zentrales Einsatztraining, Stand: 09/2007 ZSE IV B 11, 4664 – 994211 4. 3. 1 E rs tv er so rg u n g vo n L ei ch t- u n d S ch w er ve rl et zt en -P fe ff er sp ra y P E T – H an d b u ch E in sa tz tr ai n in g Wann ist ärztliche Hilfe anzufordern? Die größte Gesundheitsgefährdung besteht innerhalb der ersten 5 bis 10 Minuten durch die erhöhte Atemwegsreizung. Nach § 5 UZwG (AV Nr. 19 – 21) ist den bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen, sobald es die Lage zulässt. Die Verpflichtung besteht, ohne dass es einer Prüfung der Erforderlichkeit bedarf. Beistand wird geleistet, indem sich der PVB um den Verletzten kümmert und Maßnahmen der 1. Hilfe einleitet. Ärztliche Hilfe wird verschafft, indem ein Arzt herbeigerufen bzw. ein Transport zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus veranlasst wird. Von der Verschaffung ärztlicher Hilfe darf nur abgesehen werden, wenn der Verletzte ausdrücklich erklärt, sich selbst in ärztliche Behandlung begeben zu wollen, bzw. bei geringfügigen Verletzungen durch Verzicht des Betroffenen auf ärztliche Hilfe. Beide Fälle sind (soweit möglich) aktenkundig zu machen. Wird bekannt, dass der Betroffene Asthmatiker ist, oder halten die Beschwerden durch das Pfefferspray unvermindert länger als 45 Minuten an, ist der Betroffene in jedem Fall einem Arzt vorzustellen. Der Zeitpunkt der Hilfeleistung ist durch die polizeiliche Lage bestimmt. Die notwendige Hilfeleistung geht strafverfolgenden Maßnahmen im Zweifel vor. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind keine bleibenden Gesundheitsschäden nach bestimmungsgemäßen Anwendungen von Pfefferspray zu erwarten. Wegen der Gefahr von schweren Augenverletzungen darf Pfefferspray nicht angewendet werden bei einer Distanz unter einem Meter. Dekontamination Zur Zeit gibt es keine allgemeine Empfehlung zu Dekontaminationsmitteln, die im Bereich Haut, Auge oder Atemwege angewandt werden können. Wirksamstes bekanntes Dekontaminationsmittel ist, neben klarem, fließendem Wasser die Augenspüllösung „oculav NIT®“ Pfefferspray ist biologisch abbaubar und es müssen deshalb keine speziellen Dekontaminationsmaßnahmen in Innenräumen, Fahrzeugen oder an der Kleidung angewendet werden. Bei Anwendung in Innenräumen sollte anschließend gut gelüftet werden. Nach Ablauf von einer Stunde kann die Räumlichkeit als sicher dekontaminiert betrachtet werden. Im Gegensatz zu CN- oder CS-Gas besteht beim Umgang mit besprühten Personen geringe Übertragungsgefahr. Es sollte jedoch ca. 15 Sekunden gewartet werden, bis Der Polizeipräsident in Berlin Polizeiliches EinsatzTraining Teil 4 ET - EH Redaktion: Seite 4 von 4 Seiten Zentrales Einsatztraining, Stand: 09/2007 ZSE IV B 11, 4664 – 994211 4. 3. 1 E rs tv er so rg u n g vo n L ei ch t- u n d S ch w er ve rl et zt en -P fe ff er sp ra y P E T – H an d b u ch E in sa tz tr ai n in gan eine Person herangetreten wird, damit sichergestellt ist, dass sich das Pfefferspray abgesetzt hat. Wenn nach einem Pfefferspray-Einsatz ein (Not-)Arzt angefordert wird, sollte dies schon bei der Alarmierung erwähnt werden, damit die medikamentöse Ausrüstung angepasst werden kann. Quelle: Obermedizinalrätin Dr. med. Grühn-Stauber, Polizeiärztlicher Dienst BadenWürtemberg Schabow/09.0905 ka17-11898 KA 1711898 Anlage