Drucksache 17 / 11 914 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 16. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. April 2013) und Antwort Intensivtäter*innen im Land Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Kann der Senat beziffern, wie hoch die Kosten bzw. die Schäden (Inanspruchnahme von polizeilichen und justiziellen Ressourcen, Folgen der begangenen Straftaten an Leib und Eigentum anderer etc.) sind, die im Land Berlin in den letzten fünf Jahren durch Intensivtä- ter*innen entstanden sind? (Bitte Einzelauflistung nach Jahr. Falls die Kosten/Schäden nicht beziffert werden können, wird der Senat gebeten, die Höhe zu schätzen.) 2. Welche Kosten bzw. Schäden waren dies in letzten fünf Jahren hauptsächlich? (Bitte Einzelauflistung nach Jahr und jeweiligen Kosten bzw. Schäden.) Zu 1. und 2.: Wie der jährlich veröffentlichten Poli- zeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu entnehmen ist, wer- den drei Gruppen von Intensivtäterinnen und Intensivtä- tern unterschieden: a) „PKS-Intensivtäterinnen und PKS-Intensivtäter“, d. h. Personen die gemäß PKS-Sonderauswertung delikts- und schweregradunabhängig zehn und mehr Straftaten im Berichtsjahr begangen haben, b) Intensivtäterinnen und Intensivtäter im TOE-Programm der Polizei (Täterorientierte Ermittlungen), c) bei einer Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft bearbeitete Intensivtäterinnen und Intensivtäter (gemeinsame Intensivtäterinnen und Intensivtäter von Polizei und Staatsanwaltschaft). Daten zu Kosten und Schäden liegen ausschließlich für die Gruppe der „PKS-Intensivtäterinnen und PKSIntensivtäter “ vor. Die durch diese Personengruppe in den vergangenen fünf Jahren durch Straftaten verursachten Schäden am Eigentum stellen sich wie folgt dar: 2008 2009 2010 2011 2012 33.799.374 € 159.892.346 € 106.453.245 € 41.360.419 € 32.417.941 € Darüber hinausgehende Kosten, insbesondere Folge- kosten von Schäden an Leib und Leben sowie Kosten für die Inanspruchnahme polizeilicher oder justizieller Res- sourcen, können nicht benannt werden, da eine separate Erfassung nicht erfolgt. Auch ist insoweit eine valide Kostenschätzung nicht möglich. 3. Welche Maßnahmen/Konzepte (präventiv und re- pressiv) verfolgt der Senat im Land Berlin im Umgang mit Intensivtäter*innen? (Bitte Einzelauflistung der ein- zelnen Maßnahmen/Konzepte und deren Ausrichtung.) a) Liegt der Schwerpunkt der unter 3. genannten Maßnahmen/Konzepte eher im repressiven oder im präventiven Bereich? b) Ab welchem Alter der (möglichen) Intensivtä- ter*innen beginnen die unter 3. genannten Maß- nahmen/Konzepte zu greifen? Zu 3.: Im Umgang mit Intensivtäterinnen und Inten- sivtätern verfolgt der Senat zahlreiche, zwischen den ver- schiedenen Institutionen und Ressorts abgestimmte Maß- nahmen und Konzepte. Der Schwerpunkt dieser Maß- nahmen variiert je nach dem Alter und dem Grad der Ge- fährdung bzw. der Straffälligkeit des betroffenen jungen Menschen. Präventive Maßnahmen, die bereits vor dem Erreichen des Strafmündigkeitsalters von 14 Jahren ein- setzen, verfolgen das Ziel, gefährdete Kinder und Ju- gendliche möglichst frühzeitig zu erreichen, damit sie den Intensivtäterstatus gar nicht erst erreichen. Maßgebliche Akteure im Bereich der Prävention sind die Jugendhilfe, die Schulen, die Polizei und die Familiengerichte. Das Ziel von Jugendhilfemaßnahmen richtet sich nach dem Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz ). Nach § 1 Abs. 1 SGB VIII hat jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwick- lung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 914 2 und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Zur Verwirkli- chung dieses Rechts soll Jugendhilfe gemäß § 1 Abs. 3 SGB VIII insbesondere  junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Be- nachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,  Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,  Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen und  dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien zu erhalten o- der zu schaffen. Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang das von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft im Jahr 2008 eingerichtete Modellprojekt „STOP“ des Trägers der freien Jugendhilfe „Neue Treberhilfe“ zu nennen. Das Projekt richtet sich vorwiegend an 13- bis 15-jährige sogenannte Schwellentäterinnen bzw. Schwel- lentäter. Des Weiteren werden auch straffällig gewordene minderjährige unbegleitete Flüchtlinge betreut. Mit dem Projekt werden zwei verschiedene Zielrichtungen ver- folgt: Zum einen existiert durch eine institutionsübergrei- fende frühzeitige Kooperation und Vernetzung ein indivi- duelles und wirkungsvolles Interventions- und Unterstüt- zungskonzept für Schwellentäterinnen und Schellentäter. Zum anderen wird die Angebotspalette der Jugendhilfe in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Systeme – z. B. Schule, Polizei, Jugendhilfe, Sozialraum – optimiert. Bei dem Projekt handelt es sich um ein ambulantes Ange- bot der Jugendhilfe mit Sofortinterventionscharakter. Es ist an der Schnittstelle zwischen Ermittlungs- und Straf- verfolgungsbehörden, Jugendhilfe, Familie sowie sozia- lem Umfeld verortet und stellt durch ein Clearing eine Servicefunktion für die Jugendämter im Vorfeld der Hil- feplanung dar. Für Intensivtäterinnen und Intensivtäter mit Migrati- onshintergrund bietet die Jugendbewährungshilfe der Se- natsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zudem das Modell-projekt „Quartal“ des freien Trägers der Jugendhilfe „Pfefferwerk Stadtkultur“ an. In enger Kooperation zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern der Bewährungshilfe und denen des Trägers wer- den die Betroffenen engmaschig betreut, um ihre soziale Integration zu verbessern. Methodisch wird dabei die Ar- beit der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer u. a. durch intensive, aufsuchende und begleitende Einzel- fallarbeit im Sinne einer motivierenden Kurzzeitinterven- tion unterstützt. Außerdem werden aufsuchende Elternar- beit und die Erschließung sozialräumlicher Ressourcen eingesetzt, um eine weitere Straffälligkeit zu verhindern. Darüber hinaus bietet die Jugendhilfe für straffällige Jugendliche und junge Heranwachsende eine Vielzahl von ambulanten Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz, u. a. themenspezifische soziale und kognitive Trainings- kurse, an. Sofern aufgrund der erheblichen Delinquenz eines jungen Menschen Anzeichen für eine Kindeswohlgefähr- dung bestehen, wird das Familiengericht eingeschaltet. Dies erfolgt in der Regel durch das Jugendamt, jedoch können auch die Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Jugendgericht entsprechende Mitteilungen an das Famili- engericht machen. Das Familiengericht kann Eltern Auf- lagen zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung erteilen. Gleichsam als „ultima ratio“ können die Familiengerichte den Eltern auch die elterliche Sorge ganz oder teilweise entziehen. Eine auf Antrag der Eltern oder des Vormundes zum Wohle des Kindes mit Freiheitsentzie- hung verbundene Unterbringung bedarf der familienge- richtlichen Genehmigung (§ 1631b des Bürgerlichen Ge- setzbuches). Bei der Polizei wurde für den Bereich der Jugend- und Gewaltkriminalität bereits 1995 das Programm der „Täterorientierten Ermittlungsarbeit“ (TOE) eingeführt. Im Vordergrund des Programms stehen die personenorien- tierte und deliktsunabhängige Bearbeitung von Strafver- fahren sowie das Zusammenführen von Informationen über Personen, bei denen sich eine kriminelle Karriere abzeichnet bzw. diese bereits begonnen hat. In Abgren- zung zu den in der Antwort zu 1. genannten „PKS-Intensivtäterinnen und Intensivtätern“ handelt es sich bei Intensivtäterinnen und Intensivtätern, die in das TOE-Pro- gramm aufgenommen werden, vorrangig um jugendliche und heranwachsende Straftäterinnen und Straftäter, die beharrlich und mit einem hohen Maß an krimineller Ener- gie den Rechtsfrieden besonders störende Straftaten bege- hen (z. B. Raub und sonstige Rohheitsdelikte). Fokussiert wird dabei überwiegend die Straßen- und Gewaltkrimina- lität. Es wurden Arbeitshinweise zum TOE-Programm er- lassen, die einen behördeneinheitlichen Umgang u. a. mit Intensivtäterinnen und Intensivtätern festschreiben. Die Hinweise beinhalten abgestufte Maßnahmen im Sinne einer Maßnahmenkette und zielen darauf ab, häufig an- fallende Personen durch eine intensive, personenorien- tierte Betreuung von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten und ggf. zeitnah justizielle Maßnahmen zu ermöglichen. Im TOE-Programm sind – gerade auch für Intensivtäterinnen und Intensivtäter – Repression und Prävention nicht immer deutlich voneinander zu trennen. Eine intensivere polizeiliche Sachbearbeitung kann durchaus auch einen positiven, d. h. präventiven Effekt auf das Umfeld der betroffenen Person und deren Sozial- verhalten bewirken. Nach dem Erreichen des Strafmündigkeitsalters von 14 Jahren setzen darüber hinaus die repressiven Maßnah- men im Umgang mit Intensivtäterinnen und Intensivtätern ein. Um eine konsequente und koordinierte Strafverfol- gung von Intensivtäterinnen und Intensivtätern durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft zu gewährleisten, wur- de im Jahr 2003 bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Spezialabteilung für die Intensivtäterbearbeitung einge- richtet. Gleichzeitig haben die Senatsverwaltungen für Justiz und Verbraucherschutz sowie für Inneres und Sport die „Gemeinsame Allgemeine Verfügung zur Verfolgung von Intensivtätern (Intensivtäterrichtlinie)“ erlassen, deren aktuelle Fassung vom 25. März 2010 datiert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 914 3 Kernpunkt der Intensivtäterrichtlinie ist – wie beim TOE-Programm der Polizei – der deliktübergreifende täterorientierte Ansatz, demzufolge für bestimmte Be- schuldigte immer dieselben Personen auf Seiten der Poli- zei und der Staatsanwaltschaft zuständig sind. Daneben sieht die Richtlinie eine enge behördenübergreifende Ko- operation – insbesondere zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft , Jugendamt sowie Jugend- und Familiengericht – vor. Die Zielgruppe der Intensivtäterrichtlinie ist mit der- jenigen des polizeilichen TOE-Programms identisch. 4. Werden nach Ansicht des Senats Maßnah- men/Konzepte im Umgang mit Intensivtäter*innen im Land Berlin ausreichend bereichsübergreifend (Justiz, Sozialarbeit und anderen Stellen) abgestimmt? a) Wenn ja, wie sieht das im Einzelnen aus? b) Wenn nein, was kann nach Ansicht des Senats noch verbessert werden bzw. was plant der Senat diesbezüg- lich? Zu 4.: Nach Ansicht des Senats findet eine weitrei- chende ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten und Maß- nahmen für die Zielgruppe der Intensivtäterinnen und Intensivtäter statt. Über die in der Beantwortung der Fra- ge zu 3. genannten Abstimmungsprozesse hinaus finden bei der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz regelmäßig runde Tische zur ressortübergreifenden Weiterentwicklung des Intensivtäter- wie auch des vorge- schalteten Schwellentäterkonzepts statt. Darüber hinaus befasst sich auch das zentrale Präven- tionsgremium der Landeskommission Berlin gegen Ge- walt (LK) mit der Thematik der Intensivtäterinnen und Intensivtäter. So wurde unter Federführung der LK im Jahr 2006 eine alle beteiligten Behörden umfassende Ak- tenanalyse ausgewählter Intensivtäterinnen und Intensiv- täter unter dem Gesichtspunkt der institutionellen Koope- ration vorgenommen. Im Hinblick auf die dabei festge- stellten Problembereiche wurden zwischen den Beteilig- ten u. a. ein verbesserter Informationsfluss sowie eine verstärkte Einbeziehung der Familiengerichte vereinbart. Ferner hat die LK in den Jahren 2006 bis 2011 insgesamt drei wissenschaftliche Studien zu Intensivtäterinnen und Intensivtätern in Auftrag gegeben, die sich ebenfalls mit Fragen der institutionellen Kooperation befassen. Auch der Bericht „Gewalt von Jungen, männlichen Jugendlichen und jungen Männern mit Migrationshintergrund“ der LK aus dem Jahr 2007 enthält neben einer differenzierten Problemanalyse umfangreiche Handlungsempfehlungen, die sich auch auf Intensivtäterinnen und Intensivtäter be- ziehen. Aktuell setzt die LK den Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 über die „Entwicklung eines Gesamtkonzepts zur Reduzierung der Jugendgewaltdelinquenz in Ber- lin“ mit der Einrichtung einer Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention im Sommer dieses Jahres um. Die Arbeits- stelle wird über einen Zeitraum von fünf Jahren tätig sein und sich in Abstimmung mit den beteiligten Senatsver- waltungen, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten ebenfalls mit den Präventions- und Interventi- onsmaßnahmen im Umgang mit Intensivtäterinnen und Intensivtätern auseinandersetzen. Ferner tauschen sich auch die Mitglieder der „Ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendde- linquenz“ (RüAG) zu Forschungsberichten, Konzepten und Empfehlungen zu dem in Rede stehenden Handlungs- feld aus. Unter Federführung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft finden die halbjährli- chen Sitzungen der RüAG u. a. mit Vertreterinnen und Vertretern der Jugendämter, der Polizei, der Staatsanwalt- schaft, des Jugendgerichts, der Jugendstrafanstalt (JSA), der LK und der Senatsverwaltungen für Justiz und Ver- braucherschutz, für Inneres und Sport sowie für Gesund- heit und Soziales statt. Trotz der dargestellten weitreichenden Abstimmungs- prozesse besteht in Teilbereichen die Notwendigkeit eines verbesserten Informationsaustausches. Dies gilt etwa für den Bereich der Schulen, die frühzeitig über Informatio- nen im Hinblick auf etwaige Fehlentwicklungen von Kin- dern und Jugendlichen verfügen und daher – im Rahmen der datenschutzrechtlichen Möglichkeiten – verstärkt in die ressortübergreifende Zusammenarbeit eingebunden werden sollten. 5. Welche Angebote gibt es für Intensivtäter*innen im Strafvollzug, sich schulisch oder beruflich weiter zu bil- den? a) Sind die Kapazitäten für diese Angebote ausrei- chend, um alle Interessierten zu beteiligen? Zu 5.: Bei inhaftierten Intensivtäterinnen oder Inten- sivtätern handelt es sich nicht um eine homogene Gefan- genengruppe, für die in den Justizvollzugsanstalten ge- sonderte Schul- und Qualifizierungsmaßnahmen vorge- halten werden. Vielmehr wird im Rahmen einer umfang- reichen Eingangsdiagnose für jede Strafgefangene und jeden Strafgefangenen der individuelle Förder- und Erzie- hungsbedarf festgestellt. Auf der Grundlage des festge- stellten Bedarfs haben Intensivtäterinnen und Intensivtäter vielfältige Möglichkeiten, sich im Rahmen des Strafvoll- zugs beruflich oder schulisch weiterzubilden. Für den Bereich des Jugendstrafvollzugs in der JSA sind folgende Angebote hervorzuheben: Sprach- und In- tegrationskurse für Ausländer (Deutsch als Fremdspra- che), Elementar- bzw. Grundkurse (GO-Kurs zur Förde- rung in den Bereichen Lesen, Schreiben, Rechnen und zur Vermittlung von Allgemeinbildung), schulische Förder- und Liftkurse (Kurse zur Förderung der schulischen Leis- tungsfähigkeit und – bei erfolgversprechendem Verlauf – zur Vermittlung in weiterführende Schulmaßnahmen), schulabschlussbezogene Maßnahmen (Hauptschulkurs zur Erreichung des – erweiterten – Hauptschulabschlusses sowie MSA-Kurs zur Erreichung des Mittleren Schulab- schlusses), diverse Berufsvorbereitungsmaßnahmen (z. B. Berufsfindungsmaßnahmen und Einsatz in Anstaltsbetrie- ben ohne Lehrausbildung, jeweils zur Vorbereitung auf weiterführende Bildungsmaßnahmen bzw. zur Erreichung der Ausbildungsreife), berufliche Qualifizierungskurse und vollqualifizierende Berufsausbildungen (z. B. Gärtne- rei, Küche, Lehrbauhof, Malerei, Sanitärwerkstatt, Schlosserei, Textilreinigung, Tischlerei und Zweirad- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 914 4 werkstatt) sowie arbeitstherapeutische Maßnahmen zur Heranführung an den Arbeitsalltag und zur Vermittlung von Schlüsselkompetenzen. Es stehen ausreichende Plätze zur Verfügung, um in- haftierten Intensivtäterinnen und Intensivtätern schulische und berufliche Qualifikationsmaßnahmen unter Berück- sichtigung ihrer Haftzeit, ihrer Eignung und ihres indivi- duellen Bedarfs anzubieten. Im Einzelfall können aller- dings Wartezeiten entstehen, wenn die Inhaftierte bzw. der Inhaftierte für eine Maßnahme vorgesehen ist, diese aber bereits begonnen hat, so dass erst ein späterer Ein- stieg möglich ist. Die Wartezeit kann jedoch mit einer adäquaten schulischen oder beruflichen Maßnahme über- brückt werden. 6. Gibt es im Land Berlin besondere aufeinander ab- gestimmte Maßnahmen/Konzepte, die sich auf Intensiv- täter*innen konzentrieren, die aus dem Gefängnis in den Alltag zurückkehren und wenn ja, welche sind das und was sehen diese vor? Zu 6.: Vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der Strafverfahren gegen Intensivtäterinnen und Intensivtäter häufig freiheitsentziehende Maßnahmen in Form von Ju- gendstrafe und Jugendarrest verhängt werden, hat der Senat spezielle Projekte ins Leben gerufen. So hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in den Jahren 2011 und 2012 in enger Zusammenarbeit mit der Jugendstrafanstalt Berlin (JSA) und der Jugendar- restanstalt (JAA) Konzepte zum Übergangsmanagement implementiert. Ziel des mit einem Kooperationsverbund der Träger der freien Jugendhilfe „Gangway“ und „Freie Hilfe“ umgesetzten Projekte ist es, die Rückfallquote der jungen Menschen durch ein intensives Begleitangebot, das bereits vor der Entlassung beginnt und auch danach weiter genutzt werden kann, zu senken. Zurzeit wird das Modellprojekt in der JSA „Startpunkt“ durch das Forschungsinstitut „delphi“ wissenschaftlich evaluiert. Das Modellprojekt „Spurwechsel“ in der JAA wurde erst Ende 2012 begonnen und befindet sich daher noch in der Auf- bauphase. Die Entlassungsvorbereitung aus dem Strafvollzug wird für jede Intensivtäterin und jeden Intensivtäter indi- viduell und unter Berücksichtigung des konkreten Betreu- ungs- und Hilfebedarfs geplant und durchgeführt. Im Hinblick auf die Abstimmung der dabei zu treffenden Maßnahmen ist die am 7. November 2012 unterzeichnete Kooperationsvereinbarung zwischen der JSA, der Justiz- vollzugsanstalt für Frauen Berlin und der Bewährungs- hilfe für Jugendliche und Heranwachsende hervorzuhe- ben. In der Vereinbarung haben sich die Kooperations- partner vor dem Hintergrund eines gut strukturierten und integrationsfördernden Übergangsmanagements darauf verständigt, dass vor der Entlassung von Intensivtäterin- nen und Intensivtätern die jeweilige Justizvollzugsanstalt eine Konferenz unter Beteiligung der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe veranlasst. Darüber hinaus hat die JSA Kooperationsgespräche mit den bei dem Polizeipräsidenten in Berlin für die In- tensiv- und Schwelltäterverfolgung zuständigen Koordi- natorinnen und Koordinatoren aufgenommen, um die po- lizeilichen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter noch regelhafter und strukturierter in die Betreuung bei der Entlassungsvorbereitung einzubinden. Schließlich hat die JSA unter Berücksichtigung der Intensivtäterrichtlinie in einer Hausverfügung weitergehende Beteiligungen und Abläufe wie folgt strukturiert: Die zuständige Jugendge- richtshilfe wird unverzüglich von der Aufnahme einer Intensivtäterin oder eines Intensivtäters fernmündlich oder per Telefax unterrichtet und das Landeskriminalamt Berlin über jeden Ausgang oder Urlaub einer Intensivtäte- rin oder eines Intensivtäters bereits vor der beabsichtigten Maßnahme per Telefax unterrichtet. 7. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 7.: Zur Beantwortung der vorstehenden Fragen wurden teilweise Projektkonzepte und Auswertungsbe- richte herangezogen. Dabei handelt es sich um Unterla- gen, die das interne Verhältnis zwischen verschiedenen Verfahrensbeteiligten und Kooperationspartnern betref- fen. Im Übrigen wurden die erbetenen Angaben aus- schließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erhoben. Eine Einstellung dieser Daten in das Open-Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. 8. Welche Kosten entstehen durch die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage? Zu 8.: Die Kosten, die durch die Beantwortung von Kleinen Anfragen entstehen, werden nicht gesondert er- fasst. Berlin, den 27. Mai 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2013)