Drucksache 17 / 11 915 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 16. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. April 2013) und Antwort Reichweite der Bestandsdatenauskunft Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Sind nach Ansicht des Senats die folgenden Arten von Internetdiensten als Telekommunikationsdienst bzw. Telekommunikation einzuordnen, so dass u.a. die Rege- lungen über die Bestandsdatenauskunft anzuwenden sind: a) soziale Netzwerke wie von Facebook oder wer- kennt-wen.de angeboten b) Microbloggingdienste wie von Twitter oder bka.li angeboten c) Bloggingdienste wie von blogsport.de oder blogg.de angeboten d) Hostingdienste wie von all-inkl oder 1&1 angebo- ten e) Speicherdienste wie von Flickr oder Rapidshare angeboten f) DE-Mail-Dienste sowie der ePostbrief-Dienst g) Anonymisierungsdienste wie TOR oder von Jon- donym angeboten h) anonyme Hinweisgebersysteme wie vom Bundes- kartellamt oder vom LKA Niedersachsen angeboten? 2. Falls die Frage unter 1. für eine oder mehrere Ar- ten von Diensten verneint wird: Können die Anbieter die- ser Dienste nach Ansicht des Senats auf anderer Rechts- grundlage zur Herausgabe von Zugangssicherungscodes gezwungen werden und, wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage? Zu 1. und 2.: Nach den Regelungen des Telekommu- nikationsgesetzes (TKG) ist derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, in bestimmten Fällen zur Beauskunftung bezüglich der von ihm erhobenen Bestandsdaten (§§ 95, 111 TKG) ver- pflichtet. Telekommunikationsdienste sind dabei in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Tele- kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertra- gungsdienste in Rundfunknetzen (§ 3 Nr. 24 TKG). Dar- über hinausgehende Dienste, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Nachrichtentransport stehen, sind hingegen grundsätzlich als Telemediendienste im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) einzuordnen. Bei Internetdiensten ist eine entsprechende Abgren- zung schwierig, da es sich bei ihnen häufig um kombi- nierte oder integrierte Dienste handelt. Nach herrschender Meinung soll in diesen Fällen eine Zuordnung aufgrund einer funktionalen Betrachtung erfolgen: Sind die Infra- struktur, das Leitungsnetz oder andere technische Belange betroffen, gilt das TKG. Stehen hingegen die übertrage- nen Inhalte im Vordergrund und nicht der reine Übertra- gungsvorgang, ist das TMG anwendbar. Je nach Nutzung des jeweiligen Internetdienstes können die Bestandsdaten zudem sowohl dem Datenschutzregime des TKG (§§ 111, 95, 112, 113 TKG) als auch dem des TMG (§§ 14, 15 TMG) unterliegen. Dies gilt beispielsweise nach der amt- lichen Begründung des De-Mail-Gesetzes für die unter f) angeführten De-Mail-Dienste (s. BT-Drs. 17/3630, S. 19). Die Frage, welche Dienste dem TKG unterliegen, wird zwar in der einschlägigen Fachliteratur thematisiert, bleibt jedoch bezogen auf die angefragten Dienste ohne eindeu- tige Ergebnisse. Seitens der Rechtsprechung sind für jene nach hiesiger Kenntnis ebenfalls bislang keine Zuordnun- gen vorgenommen worden. Auch die entsprechenden Ge- setzesbegründungen zum TKG und zum TMG greifen die genannten Dienste nicht als Beispiele auf. Sollte im konkreten Einzelfall eine Bestandsdatenaus- kunft für einen der angefragten Dienste angestrebt wer- den, erfolgt die rechtliche Einordnung dieses Dienstes als Telekommunikations- bzw. Telemediendienst im Bereich des Strafrechts durch die Justizbehörden, für die Gefah- renabwehr durch die Polizei und für den Nachrichten- dienst durch den Verfassungsschutz. 3. Sind nach Kenntnis des Senats die unter 1. genann- ten Dienste in der Vergangenheit von Landesbehörden als Telekommunikationsdienst bzw. Telekommunikation eingeordnet worden? Sind in der Vergangenheit Daten der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 915 2 Nutzer solcher Dienste auf der Grundlage der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft erhoben worden? (Bitte gesondert beantworten für die Dienstarten a-h). Zu 3.: Derartige Anfragen werden nicht zentral erfasst, eine nach Anbietern aufgeschlüsselte Antwort ist daher nicht möglich. 4. Wie hoch schätzt der Senat die Investitionskosten für die Einbindung der automatisierten Datenaustausch- schnittstelle für die Telekommunikationsanbieter und die zugriffsbefugten Behörden im Land Berlin? Zu 4.: Eine Beantwortung der Frage ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da noch keine technischen Richtlinien für eine elektronische Schnittstelle für Inter- netdienste festgelegt wurden und folglich die Anbieter noch keine entsprechenden Produkte anbieten. 5. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 5.: Die mit dieser Anfrage erbetenen Angaben sind ausschließlich für die Beantwortung dieser Anfrage erho- ben worden. Eine Einstellung dieser Daten in das Open- Data-Portal des Landes Berlin wird derzeit nicht erwogen. Die Angaben zu den Fragen 1 und 2 beruhen auf einer Auswertung der einschlägigen wissenschaftlichen Litera- tur, sowie von Kommentierungen und amtlichen Begrün- dungen der entsprechenden Gesetze. 6. Welche Kosten entstehen durch die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage? Zu 6.: Die Benennung der durch die Bearbeitung die- ser Kleinen Anfrage entstehenden Kosten ist nicht mög- lich. Sie würde eine an den quantitativen wie qualitativen Faktoren orientierte Einzelfallprüfung erfordern, welche für sich genommen bereits mehr Kosten verursachen könnte als die eigentliche Beantwortung der inhaltlichen Fragestellungen. Berlin, den 16. Juli 2013 Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2013)