Drucksache 17 / 11 923 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 17. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2013) und Antwort Der Ausbau des Bürgertelefons 115 im Land Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Schritte unternimmt der Senat hinsichtlich des Ausbaus des Bürgertelefons 115 im Land Berlin, da- mit dieser Service auch unter Einbindung der Fachver- waltungen zuverlässig angeboten werden kann? Sind die- se Schritte in einem einheitlichen Konzept zusammen- gefasst? Zu 1.: Die 115 steht für die Zusammenführung mehre- rer Projektentwicklungen in ebenen-übergreifender Zu- sammenarbeit. In Berlin bedeutet das konkret das Vernet- zen der 115 mit der Dienstleistungsdatenbank (DLDB), dem Projekt „One-Stop-City“, dem EGovernment und dem Einheitlichen Ansprechpartner unter Einbindung der Bezirksebene und der Hauptverwaltung sowie unter Be- rücksichtigung der bundesweiten Entwicklung. Gerade in der Zusammenführung liegen die Synergiepotenziale, auf deren Basis zukünftig eine leistungsstarke Verwaltung gesichert werden kann. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wurde mit dem Senatsbeschluss zum Bürgertelefon 115 mit der lan- desweiten Umsetzung beauftragt. Der Telefonservice wird als landesweite Grundleistung betrachtet, die vergleichbar dem Internetangebot zentral zu koordinieren und zu fi- nanzieren ist. Zur Förderung der Nachhaltigkeit wurde in 2012 eine Stabsstelle als Geschäfts- und Leitstelle in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eingerichtet. Im Sinne des Leitsatzes der Nationalen E-Government Stra- tegie „Koordiniertes Handeln in Eigenverantwortung “ wird hier das Roll-Out und der ressortübergreifende Betrieb entwickelt und begleitet. (Einrichtung einer Lan- deskoordinierungsgruppe, Gründung und Betreuung des Nutzerbeirats mit allen Bezirken und Senatsverwaltungen, Wahrnehmung der zentralen Auftraggeberrolle gegenüber externen Dienstleistern, Planung und Koordinierung der Anbindung der Behörden, Aufbau und Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements, Öffentlichkeitsarbeit). Konzeptionell liegt dieser Arbeit das „Geschäfts- und Finanzierungsmodell für das zukünftige Bürgertelefon der Berliner Verwaltung“ zugrunde. Es wurde fortgeschrieben in einem Konzeptpapier zur Landesweiten Operationali- sierung (Dez. 2011) und einem Jahresbericht 2012 mit Planung 2013. Letzterer wurde dem Nutzerbeirat vorge- legt. 2. Inwiefern sind die verschiedenen Verwaltungsebenen in den Ausbau und die Weiterentwicklung des Bür- gertelefons 115 in Berlin eingebunden? Welche Vorhaben sollen in diesen Bereich konkret umgesetzt werden? Zu 2.: Schon im Geschäfts- und Finanzierungsmodell war festgelegt worden, einen Nutzerbeirat („Produktsteuerungsgremium “) zu gründen, um eine enge Abstimmung mit den Behörden auf der Basis des gemeinsamen politi- schen Beschlusses zu gewährleisten. Das Gremium hat im Januar 2012 seine Arbeit aufgenommen. Der Nutzerbeirat hat eine beratende Funktion, Entscheidungen verbleiben in der Linie. Der Nutzerbeirat kann Arbeitsgruppen ein- richten, die sich mit einzelnen Schwerpunktthemen ausei- nandersetzen (z. B. Öffentlichkeitsarbeit oder Qualitäts- management). 3. Nach welchem Zeitplan soll die schrittweise Anbindung der Behörden an das Bürgertelefon 115 (Auf- und Ausbau des „Second Levels“) umgesetzt werden? Ist dieser Zeitplan in operative Arbeitsabschnitte unterteilt und falls ja, welchem jeweiligen Zweck sollen diese die- nen? Welcher zeitliche Rahmen wird den jeweiligen Ar- beitsschritten beigemessen? Sieht der Zeitplan eine gleichzeitige Anbindung der Behörden oder ein abgestuf- tes Verfahren vor? Wann soll die Anbindung abgeschlos- sen sein? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 923 2 Zu 3.: Der Senat hat 2011 beschlossen, den Telefon- service im Sinne einer kundenorientierten Verwaltung für alle Dienststellen des unmittelbaren Landesdienstes zu realisieren. Die Umsetzung des Bürgertelefons 115 ist ein Schwerpunkt in der Legislaturperiode 2011-2016. Das Geschäfts- und Finanzierungsmodell sieht ein schrittwei- ses Vorgehen vor, um die zugrunde liegende Infrastruktur zu entwickeln. Nach einer Startphase in 2012 soll die Hauptanbindungsphase in 2013/2014 liegen und die Nachbereitung in 2015. Die Reihenfolge wird aus der Analyse der Kundenbe- darfe abgeleitet; demnach werden die bezirklichen Fachämter und die nachgeordneten Behörden prioritär behandelt. Zudem wird bei den Bezirksverwaltungen - aufbauend auf der jetzt gültigen einheitlichen Äm- terstruktur – Fachamt für Fachamt bezirksübergreifend vorgegangen - auch um Standards in der Umsetzung zu bestärken. Die Bürgerämter sind im März 2013 als erste Fachamtsgruppe komplett an die 115 angeschlossen wor- den. Der Anbindungsprozess selbst ist in vier Phasen un- terteilt und im Ganzen pro Fachamtsgruppe auf ca. 10 Monate terminiert: Informationsphase (8 Wochen) / Workshopphase (16 Wochen) / Anbindungsphase (10 Wochen) und Verdeckter Betrieb (12 Wochen). Aufgrund der Komplexität des Verfahrens kann es zu zeitlichen Schwankungen kommen (Details s.u.). 4. Welche Akteure koordinieren und unterstützen die Anbindung der betreffenden Behörden in den jeweiligen Arbeitsschritten? Inwiefern ist das ITDZ in diesen Pro- zess eingebunden? Sind die koordinierenden Akteure an bestimmte Vorgaben oder Handlungsanweisungen gebun- den, um den Ausbau zu fördern? Wenn ja, welche sind das? Zu 4.: Ausgangspunkt ist, dass der Senat am 13.09.2011 die Einführung des Bürgertelefons 115 be- schlossen hat. Im Beschluss ist festgehalten, dass das IT Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin) als Dienst- leister zentral beauftragt und finanziert wird. Das Land Berlin als Auftraggeber wird durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport vertreten. Die einzelnen Behörden stellen ihrerseits unter Koordinierung der Senatskanzlei die Befüllung der Dienstleistungsdatenbank (DLDB) si- cher und gewährleisten ihre Erreichbarkeit in einer fest- gelegten Kernzeit. Zudem wird von ihnen eine E-Mail- Adresse eingerichtet und eine Rückmeldung zu diesen schriftlichen Anfragen sichergestellt. Beim Anbindungsverfahren wird systematisch top- down vorgegangen, um eine allseitige Information zu gewährleisten (Hauptverwaltungsebene, Stadträte, Fach- amtsleitungen) Die Gremientermine in der Informations- phase werden durch die Stabsstelle ZS ProIV in der Se- natsverwaltung für Inneres und Sport wahrgenommen. In der anschließenden Workshopphase – in der Regel mit Fachamtsleiterinnen und Fachamtsleitern - geht es vor allem um die beiden erfolgskritischen Faktoren Second- Level-Struktur in den Behörden und Wissensmanage- ment / DLDB. Deren Funktionalität muss für effiziente Abläufe gesichert sein. Die Workshops werden gemein- sam mit dem ITDZ Berlin unter Beteiligung der Senats- kanzlei ausgerichtet und von einem externen Dienstleister moderiert. Die Senatskanzlei bietet zusätzliche Schulun- gen für die Redakteurinnen und Redakteure der Dienst- leistungsdatenbank an. Zu den Kernzeiten des Second Level wird zudem ein Fachamtsleiterrunden-Beschluss eingeholt; bestehende Servicenummern werden hinsicht- lich ihres zukünftigen Fortbestandes gemeinsam geprüft. In der Anbindungsphase werden technische und ar- beitsorganisatorische Details zwischen dem ITDZ und den einzelnen Behörden geklärt. Im Verdeckten Betrieb (als Testphase) werden die alten Einwahl- und ggf. Ser- vicenummern unter 115-Servicestandards betrieben, be- vor der 115-Echtbetrieb freigegeben wird. 5. Wird es einheitliche Leistungs- und Qualitätsstandards für die Arbeit der im Second Level angebundenen Behörden im Rahmen der 115 geben, oder können diese Standards variieren? Um welche Standards handelt es sich? Zu 5.: Grundsätzlich gelten die Qualitätsstandards des First Level zukünftig auch für den Second Level („Gewährleistung der Erreichbarkeit“ in den Kernzeiten ist definiert als Annahme von mindestens 90 Prozent der Anrufe und mindestens 75 Prozent Annahme innerhalb von 30 Sekunden). Da die Aufgabenstellungen im Second Level aber weit differenzierter sind, wird das Qualitäts- management für den Second Level im Rahmen der An- bindung evaluiert und weiterentwickelt. Die Arbeitsorganisation des Second Level vor Ort in den einzelnen Behörden kann unterschiedlich erfolgen (rotierende Besetzung / Mischarbeitsfelder usw.). In den Workshops werden im Sinne einer Organisationsberatung einzelne Varianten mit ihren Stärken und Schwächen auf- gezeigt. 6. Inwiefern wird das Wissensmanagement beim Ausbau bedacht? Welche Entwicklungsschritte sind hier- zu vorgesehen? Zu 6.: Die Befüllung der Dienstleistungsdatenbank ist notwendige Voraussetzung zur Freischaltung der 115 für einzelne Behördengruppen. Daher ist dieser Schritt in der Workshopphase des Anbindungsprozesses verankert (s.o.). Die verantwortlichen Koordinatorinnen und Koor- dinatoren für die redaktionelle Bearbeitung der DLDB werden neben den Fachamtsleitungen zu den Workshops mit eingeladen. Die Freigabe der 115 kann erst erfolgen, wenn die Dienstleistungsdatenbank befüllt und abge- nommen ist. 7. In welcher Form und zwischen wem wird die Anbindung der jeweiligen Behörde als Second Level verein- bart (Vertrag, Zielvereinbarung o.ä.)? Sind Regelungen vorgesehen für den Fall, dass vereinbarte Leistungsstan- dards nicht eingehalten werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 923 3 Zu 7.: Grundsätzlich ist die Anbindung aller Behörden vom Senat beschlossen worden. Für fachamtspezifische Konkretisierungen werden Beschlüsse der Fachamtsleiter- Runden eingeholt (z. B. genaue Festlegung der Service- zeiten, Umgang mit bisherigen Servicenummern). Die organisatorischen Details werden zudem in einer Teil- nahme-Erklärung zwischen dem ITDZ und der einzelnen Behörde vereinbart. In der Linie können Indikatoren für das Bürgertelefon 115 auch in Zielvereinbarungen aufge- nommen werden (vgl. Bürgerämter). Derzeit gibt es noch keine Regelungen, wie bei Nicht- einhaltung der Leistungsstandards verfahren werden soll. Mit der Etablierung einer Second-Level-Infrastruktur in den Behörden wird das Qualitätsmanagement auszubauen sein (s.o.). 8. Wird die Umsetzung des Ausbaus des Second Levels evaluiert? Wenn ja, wie und durch wen? Zu 8.: Die Funktionalität des Second-Levels wird durch die Telefondaten erhoben. Die Daten werden in Quartalsberichten dem Nutzerbeirat vorgelegt. 9. Wie viel zusätzliches Verwaltungspersonal wird benötigt, um den Anbindungsprozess der Fachverwaltun- gen an das Bürgertelefon 115 zu bewerkstelligen? Reicht nach Ansicht des Senats der derzeitige Personalschlüssel in den angeschlossenen Behörden auf Landes- und Be- zirksebene aus, um den zukünftigen Betrieb im Second Level sachgerecht und effektiv zu erfüllen? Zu 9.: In der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird eine Stabsstelle als Geschäfts- und Leitstelle für den Anbindungsprozess benötigt (derzeit 2,6 Vollzeitäquiva- lente). Die Fachverwaltungen werden durch die hohe Fallabschlussquote des ITDZ entlastet, so dass eventuelle Mehrbelastungen aufgrund der Gewährleistung der Er- reichbarkeit durch Reduzierung von telefonischem Auf- wand an anderer Stelle ausgeglichen werden. 10. Inwiefern verfolgt der Senat Bestrebungen, den Ausbau des Bürgertelefons 115 mit anderen E-Govern- mentprojekten zu koordinieren und zu verbinden, um ge- gebenenfalls Synergieeffekte zu schaffen? Falls ja, um welche konkreten E-Governmentprojekte handelt es sich? Zu 10.: In den Richtlinien der Regierungspolitik 2011- 2016 ist festgehalten, dass der Kundenservice in den An- laufstellen der Berliner Verwaltung bis 2016 über alle Zugangswege harmonisiert wird. Das internetgestützte elektronische Terminvereinbarungssystem ist schon er- folgreich mit dem Serviceangebot der 115 verknüpft. Weitere Fachverfahren werden im Rahmen der Anbin- dung gemeinsam mit den Fachämtern geprüft. 11. Welche Kosten verursacht der Anbindungsprozess des Second Levels und wo sind diese etatisiert? Zu 11.: Die Kosten des Anbindungsprozesses entste- hen im Wesentlichen aus dem Informations- und Ab- stimmungsprozess. Überwiegend handelt es sich um Per- sonalkosten, die auf Seiten des Landes Berlin nicht ge- sondert erfasst werden. Daneben wird fallbezogen eine externe Unterstützung eingesetzt. Die Ausgaben hierfür werden seit dem Haushaltsjahr 2012 aus dem Kapitel 0500, Titel 540 85 getragen. Hierfür wurden im Jahr 2012 rd. 25.400 € aufgewendet. Im Jahr 2013 liegen diese Ausgaben zum Stichtag 25.04. bei rd. 3.900 €. Im 115-Betriebsvertrag mit dem ITDZ wurde geregelt, dass sie ebenfalls den Anbindungsprozess, z. B. durch Erarbeitung technischer Lösungsmodelle, mit eigenen Personalkapa- zitäten unterstützen. Für 2012 wurden für diese sog. wei- teren Leistungen des ITDZ, die auch noch andere Aufga- benbestandteile beinhalten, 11.500 € und für 2013 rd. 67.000 € vereinbart. 12. Welche Kosten sind nach Anbindung des Second Levels für den laufenden Betrieb des Bürgertele- fons 115 geplant und wo werden diese etatisiert? Zu 12.: Im Geschäfts- und Finanzierungsmodell ist ausgeführt, dass nach Erfahrungswerten mit einem Anruf pro Einwohnerin bzw. Einwohner pro Jahr zu rechnen ist (Kalkulation Dauer: 2 Minuten). Dies bedeutet mittelfris- tig bei einer Anbindung der Second Level und einer Kon- zentration des Telefonservices auf die 115 ein Volumen von ca. 7 Mill. Gesprächsminuten. Diese werden zum Minutenpreis mit dem ITDZ Berlin abgerechnet (derzeit 1,32 €). Die zentralen Ausgaben aus dem Vertrag zum Betrieb und Ausbau des Bürgertelefons 115 sind im Kapitel 0500, Titel 540 85, etatisiert. Die im Haushaltsplan 2013 noch dezentral etatisierten Mittel für die herkömmliche Tele- fonvermittlung sollen ab dem Haushaltsjahr 2014 beim Kapitel 0500 zusammengeführt werden. Es handelt sich um rund 3,7 Millionen €, die als Gebührenanteile bis Ende 2013 noch dezentral vom ITDZ in Rechnung gestellt und von den Behörden finanziert werden. Ab dem 1.1.2014 wird es dann mit der Zusammenführung der Haushaltsmittel eine zentrale Rechnungslegung für den landesweiten Telefonservice an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport geben. Dies ist konsequent, weil pro- duktseitig die Telefonvermittlung sukzessive in das Bür- gertelefon 115 überführt wird (als landesweite Grund- leistung). 13. Welche Maßnahmen sieht der Senat vor, um das Bürgertelefon 115 sowohl verwaltungsintern als auch öffentlich bekannter zu machen? Zu 13.: Der Nutzerbeirat hat ein Marketingkonzept zum Bürgertelefon 115 verabschiedet, das Grundlage für die weiteren Maßnahmen darstellt. Das Stufenkonzept setzt in der laufenden ersten Phase vor allem auf Maß- nahmen des internen Marketings, also der Bekanntma- chung bei den Verwaltungsbeschäftigten. Dazu wurde u. a. ein Fortbildungsangebot für Beschäftigte in publi- kumsintensiven Bereichen entwickelt und inzwischen mehrfach mit sehr guter Resonanz durchgeführt. Im Spät- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 923 4 sommer dieses Jahres ist ein 115-Aktionstag insbesondere für Leitungskräfte der Berliner Verwaltung geplant. Da- neben treten aber auch Maßnahmen der Öffentlichkeitsar- beit, wie z. B. der derzeit laufende Einsatz des Berliner 115-Erklärfilms im Warte-TV in über 50 Wartebereichen der Berliner Behörden. Berlin, den 22. Mai 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Jul. 2013)