Drucksache 17 / 11 930 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 18. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. April 2013) und Antwort Situation von Berliner Familien mit geringem Einkommen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Den Antworten liegen größtenteils die Ergebnisse des Mikrozensus im Land Berlin 2011 des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, Standort Berlin, zugrunde. 1. Wie hoch ist das durchschnittliche Haushaltseinkommen von Alleinerziehenden mit Kindern in Teilzeit und in Vollzeit in Berlin? Zu 1.: Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg betrug das mittlere monatliche Haushalts- nettoeinkommen von Alleinerziehenden mit Kindern in Vollzeit im Jahr 2011 2.050 €. Der analoge Wert für Alleinerziehende mit Kindern in Teilzeit betrug durch- schnittlich 1.550 € im Monat. 2. Wie hoch ist das durchschnittliche Haushaltseinkommen von Familien mit Kindern, die nicht in den sog. ersten Arbeitsmarkt integriert sind in Berlin? Zu 2.: Unter der Voraussetzung, dass sich die Frage nach dem durchschnittlichen Haushaltseinkommen von Familien mit Kindern, die nicht in den sog. ersten Ar- beitsmarkt integriert sind, auf Bedarfsgemeinschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II bezieht, in denen keine er- werbsfähige Leistungsberechtigte / kein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter einer Erwerbstätigkeit nachgeht, wird die Frage wie folgt beantwortet: Es ist nicht möglich, ein durchschnittliches Haushalteinkommen anzugeben, da die Zusammensetzung des Haushaltseinkommens von verschiedenen Faktoren abhängig ist, insbesondere von der Anzahl und dem Alter der Kinder. Weitere Variablen beziehen sich auf die Kosten der Unterkunft. Bundesweite Grundlage der Regelbedarfe ist das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozial- gesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz). Neben den Regelbedarfen ergänzen noch Leistungen für Kosten der Unterkunft das Haushaltseinkommen. Be- rücksichtigt werden muss auch, dass weitere geldwerte Sozialleistungen davon abhängig gemacht werden, ob Leistungsansprüche bestehen. So erhalten Leistungsbe- rechtige im Rahmen des „berlinpasses“ einen Zugang zu subventionierten Leistungen und auch im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets können Leistungen gewährt werden, die das Haushaltseinkommen indirekt erhöhen. Ebenso besteht die Möglichkeit, sich vom Rundfunkbei- trag befreien zu lassen. Für Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz gelten entsprechende Regelungen. 3. Wie hoch ist das durchschnittliche Haushaltseinkommen von Familien, in denen zwei Elternteile erwerbs- tätig sind in Berlin? Zu 3.: Nach Angaben des Amtes für Statistik BerlinBrandenburg betrug das mittlere monatliche Haushalts- nettoeinkommen von Familien, in denen zwei Elternteile erwerbstätig sind, im Jahr 2011 3.450 €. 4. Wie hoch ist das durchschnittliche Einkommen von Haushalten ohne Kinder, mit einer Person oder zwei Personen in Berlin? Zu 4.: Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg lag das mittlere monatliche Haushaltsnetto- einkommen für Haushalte ohne Kinder mit einer Person (Einpersonenhaushalte) im Jahr 2011 in Berlin bei 1.150 €. Der analoge Betrag für Haushalte mit zwei Personen betrug monatlich rund 2.375 €. 5. Wie schätzt der Berliner Senat die Armut sog. familiärer Risikogruppen (gemeint ist der Begriff der Sozi- alforschung) in Berlin ein? Zu 5.: Der Senat orientiert sich bei der Einschätzung der Armut sogenannter familiärer Risikogruppen in Berlin an den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Ar- mutsrisikoquoten. Diese weisen den Anteil der Bevölkerung aus, der nur über ein Einkommen unterhalb der Ar- mutsrisikogrenze verfügt. In Berlin sind dies auf Basis Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 930 2 des gewichteten Berliner Nettoäquivalenzeinkommens be- zogen auf die Berliner Gesamtbevölkerung derzeit 15,5 % (Stand: 2011 auf der Grundlage des Landesmedians). Bei Alleinerziehenden, Familien mit drei und mehr Kindern, Kindern und Jugendlichen, Arbeitslosen sowie weiteren Bevölkerungsgruppen fällt die Quote weit höher aus und steht in engem Zusammenhang mit individuellen Lebenslagen und Erwerbsbiografien sowie wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen. 6. Welche konkreten arbeitsmarkt-, sozial-, und familienpolitischen Schritte unternimmt der Berliner Senat, um das Armutsrisiko von Familien mit Kindern in Berlin zu vermindern? Zu 6.: Wesentliche Ziele der Arbeitsmarkt- und Be- rufsbildungspolitik des Landes Berlin sind die Reduzierung der Arbeitslosigkeit und die Erhöhung der Zahl von Erwerbstätigen mit einem existenzsichernden Einkom- men. Erfolge auf diesem Gebiet sind von zentraler Bedeu- tung für die Verringerung des Bevölkerungsanteils mit erhöhtem Armutsrisiko. Armutsprävention muss nach Auffassung des Senats bereits früh ansetzen (z.B. durch Frühförderung von Kindern sowie der Förderung der Er- langung eines Schul- und Ausbildungsabschlusses). Dar- über hinaus tragen grundsätzlich alle Maßnahmen zur schnellen und nachhaltigen (Re-) Integration in existenzsichernde Erwerbstätig- keit zur Armutsbekämpfung bei. Die zentralen Handlungsansätze in der Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspo- litik des Landes Berlin können den Eckpunkten zur Neu- ausrichtung der Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik („BerlinArbeit“) vom 3. Juli 2012 entnommen werden . Für die Teilnahme an den Fördermaßnahmen sind die individuellen Problemlagen und Förderungsbedarfe ausschlaggebend, nicht der Familienstand oder das Vor- handensein von Kindern in der Bedarfsgemeinschaft. Fa- milienspezifische Lebensverhältnisse können jedoch zu solchen individuellen Problemlagen und spezifischen Förderbedarfen beitragen. So ergeben sich aufgrund nach wie vor bestehender geschlechtsspezifischer Rollenzuschreibungen im Lebens- lauf von Frauen immer noch unterschiedliche Benachtei- ligungen, die sich dadurch äußern, dass Frauen insbeson- dere nach Erwerbsunterbrechungen überproportional pre- kär erwerbstätig sind bzw. unter ihrer Qualifikation einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder aber bei mehreren Kin- dern überhaupt nicht erwerbstätig sind. Besonders nach- teilige Auswirkungen hat das bei Alleinerziehenden. Im Rahmen der Fördermaßnahmen des Senats richten sich einige - z.B. im Rahmen des arbeitsmarktpolitischen Frauenförderprogramms (Beratungsprojekte, Informa- tions- und Orientierungskurse, Qualifizierungsmaßnah- men) - gezielt an Frauen, um diesen Benachteiligungen entgegenzuwirken. Zielgruppen sind insbesondere Allein- erziehende, die Arbeitslosengeld II erhalten, Wiederein- steigerinnen sowie Frauen, die prekär erwerbstätig sind. Darüber hinaus setzt sich der Senat im Rahmen zahlrei- cher Initiativen und Maßnahmen dafür ein, die Berliner Wirtschaft für eine familienorientierte Personalpolitik zu sensibilisieren. Darüber hinaus setzt sich der Senat im Rahmen seiner rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für die Förderung „Guter Arbeit“ ein, was gerade auch Berliner Familien mit geringem Einkommen zugutekommen soll. Insbeson- dere hat der Senat ergänzend zu der auf Bundesebene erfolgten Einführung von Branchenmindestlöhnen auch seinerseits auf Landesebene Maßnahmen ergriffen, die sich einkommenssteigernd auswirken und dadurch - nicht nur, aber auch für Familien mit Kindern - das Ar- mutsrisiko mindern können:  Sofern ein entsprechender Antrag gestellt wird und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, werden Tarifverträge für allgemeinverbindlich er- klärt, um die tarifvertraglichen Arbeitsbedingun- gen, insbesondere die Entlohnung, auch auf die nicht tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnisse zu übertragen (z. B. im Wach- und Sicherheitsgewerbe ).  Öffentliche Aufträge werden nach dem Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz nur an Biete- rinnen und Bieter vergeben, die sich bei der Ange- botsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Beschäf- tigten bei der Ausführung der Leistung mindestens ein Stundenentgelt von 8,50 Euro zu zahlen und dies auch von beauftragten Nachunternehmern zu verlangen.  Institutionell geförderten Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfängern und Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin wird vorge- geben, eine Tarifentlohnung bzw. eine Mindestent- lohnung nach den gesetzlichen Regelungen zu ge- währleisten. Der Senat hat sich in den Richtlinien der Regierungs- politik dazu bekannt, insbesondere die Armut von Kin- dern und Jugendlichen zu bekämpfen. Er hat dazu in ei- nem ersten Schritt Anfang März 2013 eine ressortüber- greifende Arbeitsgruppe auf Senatsebene ins Leben geru- fen, die gemeinsam „Leitlinien zur Bekämpfung von Kinderarmut und Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabechancen in Berlin“ erarbeiten und mit konkreten arbeitsmarkt -, sozial- und familienpolitischen Maßnahmen und Projekten unterlegen wird. Dabei werden familiäre Risikogruppen besonders im Fokus stehen. Eine wirksame familienpolitische Strategie gegen Armutsrisiken ist die Organisation von Teilhabeprozessen unabhängig vom Einkommen der Eltern. Hier sind zu nennen:  Seit 2011 sind alle drei Kita-Jahre vor der Einschulung beitragsfrei. Damit wird eine spürbare finan- zielle Entlastung, insbesondere der einkommens- schwächeren Eltern, erreicht und deren Kindern wichtige Bildungschancen eröffnet.  Schülerinnen und Schüler sind von der Zahlung eines Eigenanteils bei Lernmitteln ausgenommen, wenn die private Beschaffung wirtschaftlich un- zumutbar ist.  Der Senat bezuschusst Kita- und Schulessen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 930 3  Das Berliner Landesprogramm „Kita bewegen – für die gute gesunde Kita“ verfolgt das Ziel, Kinder , pädagogische Fachkräfte und die Familien vor Ort systematisch und im Bereich der Gesundheits- förderung und Prävention zu unterstützen und die- sen Ansatz nachhaltig zu implementieren.  Ein Beispiel zur Erhaltung von Teilhabechancen bei der Feriengestaltung ist der Super-Ferien-Pass. Dieser ermöglicht an den Ferientagen einen freien Eintritt in die Berliner Bäder Betriebe.  Der Senat hat sich für eine möglichst unbürokratische Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepa- ketes für Kinder und Jugendliche aus einkom- mensschwachen Familien in Berlin sowie für die bundeseinheitliche Vereinfachung des Verfahrens eingesetzt.  Die familienunterstützende Infrastruktur wird ausgebaut . Das Land Berlin fördert seit Oktober 2012 den Aufbau von zwei Familienzentren pro Bezirk. Berlin, den 11. Juni 2013 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2013)