Drucksache 17 / 11 975 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 25. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. April 2013) und Antwort Situation der Amts- und Vereinsvormundschaften 2013 in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch war das Fallaufkommen pro Amtsvor- mund bzw. Ergänzungspfleger 2012 und wie hoch ist es aktuell pro Bezirk? 2. Werden mit den in Frage 1 erhobenen Fallzahlen die gesetzlich im BGB festgelegte Zahl eingehalten, wenn nein, warum nicht? 3. Wie oft besucht ein Vormund durchschnittlich pro Bezirk sein Mündel, entspricht dies den gesetzlich vorge- gebenen Kontakten und Zeiträumen? 4. Werden nach Meinung des Senates mit den in den ersten 3 Fragen erhobenen Daten die gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Vorgaben nach § 1793 Abs. 1a BGB erfüllt? Zu 1., 2., 3. und 4.: Eine detaillierte Beantwortung der Frage 1 und 3 wäre nur durch eine differenzierte bezirkli- che Abfrage bei den Jugendämtern möglich. Dies über- steigt die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgesehene Frist und ist wegen des geforderten Umfangs nicht möglich. Ohne dass im Rahmen der Kleinen Anfrage ein voll- ständiger Überblick gegeben werden kann, lässt sich je- doch aufgrund regelmäßiger Arbeitskontakte mit den Ju- gendämtern ableiten, dass zwischenzeitlich nahezu alle Jugendämter durch entsprechende bezirkliche Personal- entscheidungen die seit dem 05. Juli 2012 geltende Fall- zahlenobergrenze (Gesetz zur Änderung des Vormund- schafts- und Betreuungsrechts vom 29. Juni 2011, BGBl. I S. 1306, § 55 SGB VIII - höchstens 50 Fälle pro Voll- zeitstelle -) gesetzeskonform umsetzen. Lediglich bei ei- nem unvorhersehbaren bzw. nicht planbaren (längerfristi- gem) Personalausfall kommt es bei gegebener Personal- ausstattung in Ausnahmefällen zu einer temporären Über- schreitung der Fallzahlenobergrenze. Dieses gilt sinngemäß auch für die Umsetzung der auf der Grundlage des vorzitierten Gesetzes bereits zum 06. Juli 2011 neu eingeführten Vorgaben (§ 1793 Abs. 1a BGB) zur Kontakthäufigkeit und Kontaktausgestaltung (einschließlich der Möglichkeit zum einzelfallbezogenen Abweichen). Die in diesem Kontext zeitgleich eingeführte Erweite- rung der Fachaufsicht durch die Familiengerichte (§ 1837 BGB) gegenüber den Amtsvormundschaften wurde am 20.03.2013 zum Anlass eines eingehenden Erfahrungs- austausches zwischen den Jugendämtern und den für die Berliner Amtsvormundschaften drei zuständigen Famili- engerichten genommen. Die Gerichtsvertreterinnen und Gerichtsvertreter erklärten hierzu übereinstimmend, dass zwar keine Amtsvormünderin/kein Amtsvormund in sei- nem Jahresbericht einen regelmäßigen monatlichen Mün- delkontakt ausgewiesen hat, gleichwohl aber in jedem Einzelfall ausführliche Ausführungen zum Hintergrund für das gesetzlich zulässige Abweichen von der Regel- kontakthäufigkeit erfolgt sind. Diese waren für die Ge- richte im Regelfall nachvollziehbar und haben in keinem einzigen Fall Anlass zu einer familiengerichtlichen Bean- standung gegeben. 5. Wie viele Anträge auf Erteilung der Erlaubnis für Vereinsvormundschaften wurden 2012 und 2013 gestellt und wie viele genehmigt? Zu 5.: Im Jahr 2012 wurde von einem rechtsfähigen Verein die Erlaubnis zur Führung von Vereinsvormund- schaften für Minderjährige beantragt. Im Jahr 2013 haben zwei rechtsfähige Vereine die Erlaubnis zur Führung von Vereinsvormundschaften für Minderjährige beantragt. Die zur Führung von Vereinsvormundschaften nach § 54 SGB VIII erforderliche Erlaubnis wurde in allen Fällen erteilt. 6. Welche rechtlichen und tatsächlichen Möglichkei- ten sieht der Senat für die Bezirke Amtsvormundschaften an Dritte „auszulagern“? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 975 2 Zu 6.: Aufgrund von § 1779 BGB ist es die Aufgabe des Familiengerichts, den Vormund auszuwählen. Aus den §§ 1791a und 1791b BGB ergibt sich, dass grund- sätzlich eine Person zum Vormund bestellt werden soll. Außer in Fällen der Benennung durch verstorbene Eltern (§ 1776 BGB) darf ein Verein oder das Jugendamt nur dann zum Vormund bestellt werden, wenn keine als eh- renamtlicher Einzelvormund geeignete Person vorhanden ist. Der Vormundschaftsverein bedient sich nach § 1791a Absatz 3 BGB eines Mitglieds oder einer Mitarbeite- rin/eines Mitarbeiters. Das Jugendamt überträgt die Füh- rung der Vormundschaft nach § 55 Absatz 2 Satz 1 SGB VIII einzelnen Beamteninnen/einzelnen Beamten oder Angestellten. Wegen dieser klaren gesetzlichen Regelung besteht einerseits kein Spielraum für eine Übertragung der Aufgaben auf Dritte. Andererseits gibt es auch keinen Bedarf für eine „Auslagerung“, weil das angestrebte Ziel bereits dadurch erreicht werden kann, dass das Familien- gericht bei Fehlen geeigneter Einzelvormünder statt des Jugendamts einen Vormundschaftsverein bestellt. 7. Welchen Stand des Diskurses zum Thema Vor- mundschaften gibt es? Zu 7.: Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 5 der Drucksache 17/10 008, der Frage 15 der Drucksache 17/10 105 und Frage 4 der Drucksache 17/10 924 verwie- sen. Die darin aufgeführten Maßnahmen werden intensi- viert und verstetigt. Berlin, den 17. Mai 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mai 2013)