Drucksache 17 / 11 993 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller und Marion Platta (LINKE) vom 29. April 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. April 2013) und Antwort Aufgabe von Sportanlagen – wie bedarfsgerecht und zukunftsfähig ist Berlins Sportstätteninfrastruktur ? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Sportanlagen wurden seit dem 01. Januar 2011 in welchen Bezirken nach Beschlussfassung durch das Abgeordnetenhaus aufgegeben? (bitte bezirklich auf- schlüsseln und unterscheiden zwischen gedeckten und ungedeckten Sportanlagen) Zu 1.: Seit 01.01.2011 wurden im Rahmen von 12 Aufgabeverfahren in 7 Bezirken 18 Sportflächen nach Beschlussfassung durch das Abgeordnetenhaus aufgege- ben. Es handelt sich dabei um 13 gedeckte und 5 unge- deckte Sportflächen. Eine Häufung findet sich im Bezirk Treptow-Köpenick mit 5 gedeckten und 2 ungedeckten Sportflächen, gefolgt von Lichtenberg (2+2), Pankow (2 gedeckte) und Mitte mit je 1 gedeckten und ungedeckten Sportfläche. In Charlottenburg-Wilmersdorf, Marzahn- Hellersdorf und Reinickendorf wurde jeweils 1 Sporthal- le aufgegeben. Hervorzuheben ist, dass 2 der Sporthallen (Treptow- Köpenick und Marzahn) in Erbpacht an private Schulträ- ger vergeben wurden und öffentliche Mitnutzung verein- bart ist. In 2 weiteren Fällen (Treptow-Köpenick) wurden kleine innen liegende Sporthallen zu Schulmensen umge- baut, und es wurde dafür eine 3-teilige Ersatzsporthalle errichtet. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die aufgegebenen Anlagen in den Bezirken: Bezirk Gedeckte Sportanlage Ungedeckte Sportanlage Treptow-Köpenick 5 2 Lichtenberg 2 2 Pankow 2 Mitte 1 1 Charlottenburg-Wilmersdorf 1 Mahrzahn-Hellersdorf 1 Reinickendorf 1 2. Wie viele Antragsverfahren zur Aufgabe von Sportanlagen liegen dem Senat bzw. dem Abgeordneten- haus mit Stichtag 01. April 2013 vor? (bitte bezirklich aufschlüsseln und unterscheiden zwischen gedeckten und ungedeckten Sportanlagen) Zu 2.: Mit Stichtag 01.04.2013 liegen dem Senat bzw. dem Abgeordnetenhaus 17 Antragsverfahren von 8 Bezir- ken für die Aufgabe von insgesamt 22 Sportflächen vor. Es handelt sich dabei um 11 Sporthallen und 11 Sportfrei- flächen, zusätzlich um den bebauten Teil eines Strandba- des und um ein ehemaliges Freibad. In zwei Fällen geht es bei den Sporthallen um die Umnutzung zu künftigen Schulmensen (Mitte und Pankow), in zwei weiteren Fäl- len um Erbpacht zugunsten privater Schulen (Treptow- Köpenick und Pankow). Die Verteilung über die Bezirke und Aufteilung auf gedeckte und ungedeckte Sportflächen zeigt sich eher gleichmäßig: Jeweils 4 Sportflächen in Mitte (3+1) und Treptow-Köpenick (2+2), und Marzahn-Hellersdorf (1+2), je 3 in Charlottenburg-Wilmersdorf (1+2) und Pankow (3 gedeckte), je 2 in Lichtenberg (2 ungedeckte) und Tempelhof-Schöneberg (1+1), schließlich in Steglitz- Zehlendorf 1 ungedeckte Sportfläche. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die aufgegebenen Anlagen in den Bezirken: Bezirk Gedeckte Sportanlage Ungedeckte Sportanlage Mitte 3 1 Treptow-Köpenick 2 2 Mahrzahn-Hellersdorf 1 2 Charlottenburg-Wilmersdorf 1 2 Pankow 3 Lichtenberg 2 Tempelhof-Schöneberg 1 1 Steglitz-Zehlendorf 1 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 2 3. Wie hat sich der Versorgungsgrad mit gedeckten und ungedeckten Sportanlagen in den Bezirken seit dem Jahr 2000 bezogen auf die Zahl der in den Bezirken lebenden Bürger/innen entwickelt und welche Trends sind festzustellen? Zu 3.: Für die Darstellung der Versorgung mit gedeck- ten und ungedeckten Sportanlagen wird der Quotient qm Sportfläche pro Einwohner herangezogen. Nach der Be- zirksreform am 1.1.2001 erschien erstmals eine Sportan- lagenstatistik mit der neuen Bezirksgliederung im Jahr 2002. Im Vergleich zum Jahr 2000 hat es im Bereich der gedeckten und ungedeckten Sportanlagen nur geringfügi- ge Änderungen gegeben, so dass das Jahr 2002 aus Grün- den der Datenvergleichbarkeit als Ausgangsjahr gewählt wird. Die zuletzt erschienene Statistik datiert aus dem Jahr 2011. Für eine Differenzierung des Entwicklungsver- laufes im Hinblick auf Trends wird darüber hinaus das Jahr 2007 betrachtet. Danach ergibt sich folgendes Bild: a. Entwicklung der Versorgung mit ungedeckten Sportanlagen (in qm Sportfläche/Einwohner) für die Jahre 2002, 2007, 2011, vorletzte Spalte Entwicklung 2002 bis 2007 in Prozent, letzte Spalte Entwicklung 2002 bis 2011 in Prozent. Bezirk 2002 2007 2011 2002/ 07 2002/ 11 Mitte 1,34 1,17 1,11 -12,69 -17,16 Friedrichshain- Kreuzberg 0,87 0,78 0,74 -10,34 -14,71 Pankow 1,64 1,34 1,21 -18,29 -26,46 Charlottenburg- Wilmersdorf 2,05 1,82 1,85 -11,22 -9,85 Spandau 1,96 1,77 1,82 -9,69 -6,99 Steglitz- Zehlendorf 1,98 1,56 1,55 -21,21 -21,72 Tempelhof- Schöneberg 1,37 1,22 1,25 -10,95 -8,54 Neukölln 1,44 1,33 1,32 -7,64 -8,54 Treptow- Köpenick 2,69 2,26 2,16 -15,99 -19,81 Marzahn- Hellersdorf 1,16 1,12 1,05 -3,45 -9,14 Lichtenberg 1,33 1,27 1,27 -4,51 -4,36 Reinickendorf 1,85 1,78 1,78 -3,78 -3,89 Berlin gesamt 1,74 1,57 1,54 -9,89 -11,35 Die Entwicklung des Versorgungsgrades bei den un- gedeckten Anlagen ist im Zeitraum von 2002 bis 2011 durchweg von Rückgängen geprägt. Für Berlin insgesamt betrug die Abnahme rund 11 %. Dieser Durchschnittswert wird in fünf Bezirken zum Teil erheblich übertroffen. Besonders hoch war der Rückgang des Versorgungsgra- des im Bezirk Pankow mit über 26 %. Wird bei der Betrachtung dieses Entwicklungsverlau- fes das Jahr 2007 einbezogen, wird erkennbar, dass die teilweise deutlichen Abnahmen der Versorgungskennzif- fern ohne Ausnahme im Zeitraum 2002 bis 2007 erfolg- ten. Damit war die Entwicklung nach 2007 von signifi- kant geringeren Abnahmen, in drei Bezirken (Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau, Lichtenberg) sogar von Zunahmen bestimmt. Die Ursachen für die Veränderung der Versorgungs- kennziffern in der zurückliegenden Dekade bis 2011 la- gen in dem Rückgang der zur Verfügung stehenden Sport- flächen und einer z.T. nicht unbeträchtlichen Bevölke- rungszunahme. Haupteinflussfaktor war allerdings in al- len Bezirken die Reduktion des Sportflächenangebotes. In Berlin insgesamt nahm der Flächenbestand um knapp 9% ab; dies bei einer gleichzeitigen Zunahme der Bevölkerung um 2,7%. In einigen Bezirken kumulierten die negativ auf den Versorgungswert wirkenden Einfluss- faktoren. So hatte beispielsweise der Bezirk Pankow ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum von über 8%, gleichzeitig aber auch einen sehr hohen Rückgang der Sportanlagenfläche um 20,5%. Ähnliches, wenn auch weniger ausgeprägt, gilt für die Bezirke Treptow- Köpenick, Steglitz-Zehlendorf, Mitte und Friedrichshain- Kreuzberg. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 3 b. Entwicklung der Versorgung mit gedeckten Sport- anlagen (in qm Sportfläche/Einwohner) für die Jahre 2002, 2007, 2011, vorletzte Spalte Entwicklung 2002 bis 2007 in Prozent, letzte Spalte Entwicklung 2002 bis 2011 in Prozent. Bezirk 2002 2007 2011 2002/ 07 2002/ 11 Mitte 0,16 0,16 0,16 0,00 -1,25 Friedrichshain- Kreuzberg 0,16 0,15 0,17 -6,25 6,25 Pankow 0,18 0,17 0,18 -5,56 1,67 Charlottenburg- Wilmersdorf 0,22 0,20 0,20 -9,09 -10,45 Spandau 0,23 0,20 0,20 -13,04 -14,78 Steglitz- Zehlendorf 0,23 0,20 0,20 -13,04 -13,48 Tempelhof- Schöneberg 0,18 0,16 0,15 -11,11 -15,00 Neukölln 0,19 0,18 0,17 -5,26 -8,95 Treptow- Köpenick 0,21 0,20 0,20 -4,76 -5,24 Marzahn- Hellersdorf 0,27 0,26 0,22 -3,70 -17,41 Lichtenberg 0,24 0,24 0,24 0,00 -2,08 Reinickendorf 0,22 0,19 0,17 -13,64 -21,36 Berlin gesamt 0,22 0,20 0,20 -7,86 -7,76 Die Entwicklung des Versorgungsgrades bei den ge- deckten Anlagen ist im Zeitraum von 2002 bis 2011 überwiegend von Rückgängen geprägt. Für Berlin insge- samt betrug die Abnahme 7,8%. Dieser Durchschnittswert wird in fünf Bezirken (nicht identisch mit den an gleicher Stelle genannten Bezirken unter a) zum Teil erheblich übertroffen. Besonders hoch war der Rückgang des Ver- sorgungsgrades im Bezirk Reinickendorf mit über 21 %. Es gibt allerdings auch Bezirke (Friedrichshain- Kreuzberg, Pankow, Mitte und Lichtenberg), in denen eine Verbesserung bzw. lediglich eine geringfügige Ver- schlechterung des Versorgungsgrades festzustellen ist. Dies bei zum Teil deutlichem Bevölkerungswachstum wie in Friedrichshain-Kreuzberg (+7,2%) oder Pankow (+8,2%). Bezieht man bei der Betrachtung dieses Entwick- lungsverlaufes das Jahr 2007 ein, so wird deutlich, dass die teilweise deutlichen Abnahmen der Versorgungskenn- ziffern überwiegend im Zeitraum 2002 bis 2007 erfolgten. Ausnahmen sind die Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Reini- ckendorf und mit Einschränkungen Lichtenberg, in denen sich auch nach 2007 die Versorgungskennziffern ver- schlechtert haben. In der Mehrzahl der Bezirke war die Entwicklung nach 2007 deutlich positiver. Dies gilt vor allem für die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Pan- kow, aber auch in Bezirken mit deutlicher Verschlechte- rung des Versorgungsgrades im Zeitraum 2002 bis 2011 (Tempelhof-Schöneberg, Spandau, Steglitz-Zehlendorf) kommt die Abnahmeentwicklung zum Stillstand. Die Ursachen für die Veränderung der Versorgungs- kennziffern in der zurückliegenden Dekade bis 2011 la- gen wie auch bei den ungedeckten Sportanlagen in dem Rückgang bzw. der Zunahme der zur Verfügung stehen- den Sportflächen und einer von Bezirk zu Bezirk variie- renden Bevölkerungszunahme. Haupteinflussfaktor war allerdings wie auch bei den ungedeckten Sportanlagen in allen Bezirken die Veränderung des Sportflächenangebo- tes. In Berlin insgesamt nahm der Flächenbestand von 2002 bis 2011 um gut 5% ab; allerdings war nach 2007 bereits wieder eine Zunahme von Hallenflächen um 2,3% zu verzeichnen; dies bei einer gleichzeitigen Zunahme der Bevölkerung um 2,7%. Im Unterschied zu den ungedeck- ten Sportanlagen gab es Bezirke mit einer deutlichen Steigerung der Hallenfläche wie Friedrichshain- Kreuzberg (+11,6%) oder Pankow (+8,45%). Dem ge- genüber stehen allerdings auch Bezirke mit einem hohen Verlust an Sporthallenflächen wie Reinickendorf (- 20,5%), Marzahn-Hellersdorf (-16,9%) oder Tempelhof- Schöneberg (-14,6%). Damit ergibt sich insgesamt bei den Sporthallenflächen im Vergleich zu dem Befund bei den ungedeckten Sportflächen ein wesentlich heterogene- res Bild. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 4 Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den hier angestellten Betrachtungen ausschließlich um einen rein quantitativen Abgleich von Sportflächen und Einwohnerzahlen handelt. Die Aussagefähigkeit dieser „Versorgungskennziffern qm/Kopf“ ist begrenzt, da weder Differenzierungen hinsichtlich der Sportnachfrage (z.B. Altersgruppen) noch sportfunktionale Merkmale der Sportanlagen (z.B. Naturrasen oder Kunstrasen bei Spiel- feldern) in die Berechnungen eingehen. 4. Wie nimmt die für Sport zuständige Senatsverwal- tung ihre Steuerungsverantwortung für die Sportentwick- lungsplanung wahr, „die auf lokaler Ebene gewonnenen Erkenntnisse für die Gesamtstadt zu bewerten und im Sinne der gesamt-städtischen Verantwortung Planungs- hinweise zu geben …“? (zitiert aus dem 1. Fortschrittsbericht des Senats zur Sport entwicklungsplanung) Zu 4.: In einer Großstadt mit einem zweistufigen Verwaltungsaufbau wie Berlin muss Sportentwicklungs- planung ebenso wie beispielsweise die Bauleitplanung in einer Aufgabenteilung zwischen den beiden Verwaltungs- ebenen Senat / Bezirk aufeinander abgestimmt erarbeitet werden. Dies war u.a. eines der zentralen Ergebnisse des von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zur Im- plementierung von Sportentwicklungsplanung in Berlin durchgeführten Projektes. Mit Beteiligung von drei so genannten Pilotbezirken und wissenschaftlicher Beglei- tung wurde ein Planungsverfahren erarbeitet, in dem ne- ben der Aufgabenteilung zwischen Haupt- und Bezirks- verwaltung auch Vorgehensweise und Inhalte für die be- zirkliche Sportentwicklungsplanung erprobt und erarbeitet wurden. Diese auf der lokalen Ebene der Pilotbezirke gewonnenen Erkenntnisse sind in eine „Arbeitshilfe Sportentwicklungsplanung“, herausgegeben von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, eingeflossen. Die Arbeitshilfe wurde 2011 den Bezirken für ihre Arbeit an einer Sportentwicklungsplanung zur Verfügung gestellt. Damit sollen ein in Berlin einheitliches Vorgehen und einheitliche Bearbeitungsstandards sichergestellt werden, damit eine Vergleichbarkeit im gesamtstädtischen Kon- text gegeben ist. In der Praxis gibt es bei der Arbeit an den bezirklichen Entwicklungsplanungen eine Reihe von Schwierigkeiten, die sich auf die äußerst knappen personellen Ressourcen in den Bezirken und auf den anspruchsvollen sektoral übergreifenden Planungsansatz einer Sportentwicklungs- planung zurückführen lassen. In der Regel beauftragen Kommunen in anderen Bundesländern bei der Bewälti- gung einer derartigen Aufgabenstellung externe Unter- stützung. Hierfür fehlen den Bezirken in Berlin allerdings die Mittel. Neben dem Aufgabenbereich der Sportentwicklungs- planung nimmt die für den Sport zuständige Senatsver- waltung eine Steuerungsverantwortung in ressortübergrei- fenden Arbeitszusammenhängen wahr, z.B. in Abstim- mungsrunden der Fachverwaltungen zum Bedarf an Ori- entierungswerten für die Stadtplanung. Der Senat publi- ziert zudem jährlich mit der „Statistik“ einen Ausstattungsvergleich . Steuerungsverantwortung wird außerdem wahrgenommen bei Planungen / Programmen/ Konzepten / Arbeitsgruppen mit gesamtstädtischer Bedeutung (z. T. Mitwirkung, z.T. eigene Verantwortung). Exemplarisch seien hier genannt:  Zentrale Sportanlagen (wie z.B. Olympiastadion)  Z.B. Gleisdreieck, Tempelhofer Feld  Stadtentwicklungspläne und – konzepte (z.B. StEP Wohnen und StEK 2030)  AG Wachsende Stadt  Investitionsplanung (ÜDL)  Sportanlagensanierungsprogramm  Integrationskonzept 5. Welchen Handlungsbedarf sieht die für Sport zuständige Senatsverwaltung angesichts der aktuellen Be- völkerungsprognose im Hinblick auf die Sportstättenpla- nung und wie bewertet sie in diesem Kontext die Aufgabe von Sportstätten bzw. den Bedarf an der Neuer- richtung von Sportstätten? Zu 5.: Die prognostizierte Zunahme um rund 250 000 Einwohnerinnen und Einwohner ist quantitativ vergleich- bar mit einem 13. Bezirk, der bis 2030 neu entsteht. Deut- sche Großstädte mit einer vergleichbaren Größe sind z.B. Kiel, Gelsenkirchen oder Braunschweig. Grundsätzlich bedeuten mehr Einwohnerinnen und Einwohner eine Er- höhung der Sportnachfrage. Diese dürfte sich ungefähr in der bisherigen Verteilung auf die Nachfragesegmente a. Vereinssport b. Kommerzieller Sport c. Informeller (privater) Sport auswirken. Der Landessportbund dürfte demnach allein aus dem Einwohnerzuwachs bei gleich bleibendem Organisations- grad mit über 40.000 zusätzlichen Mitgliedern rechnen. Ungefähr in gleicher Größenordnung würde die Nachfra- ge im kommerziellen Sport (Fitness-Studios etc.) anstei- gen. Da die weitaus größte Zahl der sportlichen Aktivitäten im informellen Bereich zu verzeichnen ist, wird der Nut- zungsdruck auf öffentliche Grünflächen, Waldflächen, Gewässer und Wege / Plätze stark zunehmen. Die Nach- frage nach zusätzlichen Sportangeboten wird jedoch we- der räumlich noch strukturell gleichmäßig auftreten. Die Einwohnerzahl wird gemäß Prognose in allen 12 Bezirken zunehmen, aber es gibt in einigen Bezirken deutliche Abweichungen von der durchschnittlichen Zu- nahme: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 5 Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg werden nur moderat wachsen, während Pankow zweieinhalb Mal stärker an Einwohnerinnen und Einwohnern zunehmen wird, als die Gesamtstadt. Auch innerhalb der Bezirke wird es deutliche Unterschiede bei den Ortsteilen geben. Für die wohnortnahe Versorgung wird also bei der Ange- botsplanung genau hinzusehen sein. Da der demografische Wandel auch deutliche Diffe- renzierungen bei der Altersstruktur zeigt, wird auch hier eine Feinanalyse für die Annahmen zur Sportnachfrage erforderlich. Eine große Veränderung wird in den besonders sport- aktiven Altersgruppen prognostiziert:  Bei den 18 -25 jährigen wird es ca. 20.000 Per- sonen weniger geben. Hier ist eine Kernziel- gruppe des kommerziellen Sports betroffen.  Die Zahl der 6-18 jährigen dagegen soll um ca. 60.000 zunehmen. Dies ist die sportaktivste Al- tersgruppe und zugleich Kernzielgruppe des Vereinssports. Zudem sind hier die Wettkampf- sportarten am stärksten. Oberhalb der Rentengrenze nimmt die Bevölkerungs- zahl weiter zu. Die Zahl der rüstigen und sportaktiven Alten wird steigen. Hier sind vor allem Angebote des Gesundheitssports relevant. Bisher galt bei den öffentlichen Sportanlagen, dass Sanierung und Bedarfsanpassung Priorität vor Neubau hat. Diese strategische Ausrichtung ist angesichts des Instandhaltungsdefizits weiterhin richtig, muss aber rela- tiviert werden. Viele zusätzliche Wohnungen werden in innerstädtischen Bestandsgebieten gebaut werden. Für zusätzliche Infrastruktur sind dort oft gar keine Flächen verfügbar. Daher kommt der Erschließung innerer Reser- ven an bestehenden Sportstandorten eine wichtige Bedeu- tung zu. Mögliche Maßnahmen sind  Mehr Ganzjahresnutzung bei ungedeckten Sport- anlagen (Beläge, Beleuchtung, Überdachung).  Effizientere Nutzung durch interaktives Bele- gungsmanagement, bessere Kontrollen, höhere Auslastung.  Insbesondere für innerstädtische Bereiche wird das Sanierungsprogramm noch wichtiger als bis- her. Ggf. sollten hier Maßnahmen zur Kapazi- tätserweiterung vorrangig gefördert werden. Der starke Zuwachs an Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter macht eine Vergrößerung der Schulkapazitäten unausweichlich. Dort, wo dies zu Schulneubauten führt, wird der Sport insbesondere bei den Sporthallen mit versorgt. Es ist darauf zu achten, diese Sportanlagen sofern erforderlich auch bedarfsge- recht für den Vereinssport zu bauen. Investitionen in neue Standorte sind für die Innenstadt vorrangig auf dem Tempelhofer Feld zu sehen. Ansonsten sind Neubauten im Zusammenhang mit der Erschließung größerer neuer Wohnquartiere (Stadterweiterung / Stadt- ergänzung) erforderlich und sollten ggf. im Rahmen von städtebaulichen Verträgen durch die Investoren miterrich- tet werden. Eine Quantifizierung oder Schätzung der Be- darfe ist derzeit ohne Kenntnis der Wohnungsbauplanun- gen noch nicht möglich. Bewegungsangebote in Grünanlagen etc. sollten wei- terhin im Fokus der Stadt- und Landschaftsplanung ste- hen. Insbesondere auf den bestehenden größeren inner- städtischen Grünflächen wird der Nutzungsdruck enorm sein. Diese generellen Aussagen sind bezogen auf Teilräu- me, Anbieterformen, Anlagentypen weiter zu differenzie- ren. Dabei sind auch die Aussagen des noch nicht fertigen StEP Wohnen einzubeziehen. Neben dem quantitativen Wachstum der Sportnach- frage durch Einwohnerzuwachs und den Verschiebungen im Altersaufbau ist die Veränderung des Sport- und Be- wegungsverhaltens zu beachten. Die Verhaltensänderun- gen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Sportnachfrage und Sportanlagenangebot teilweise aus- einander driften. Nicht nur wachsender Instandhaltungs- bedarf der Anlagen, sondern auch Modernisierung und Anpassung der bestehenden Anlagen an die sich verän- dernde Nachfrage sind zentrale Zukunftsaufgaben. Vor diesem Hintergrund kann die Aufgabe einer Sportanlage im Einzelfall durchaus sinnvoll sein. Dies wird jeweils in jedem Einzelfall in dem dafür geltenden Verfahren nach der aktuellen Gesetzeslage geprüft. Diese in dem Verfahren zu treffende Entscheidung ist im klassi- schen Sinne eine Abwägungsentscheidung, die alle rele- vanten Aspekte in die Bewertung einzubeziehen hat. Als Ergebnis wird festgestellt, ob das öffentliche Interesse an einer anderen Nutzung überwiegt und somit die sportliche Nutzung aufgegeben werden kann. 6. Wie und durch wen ist die für Sport zuständige Senatsverwaltung in die Erarbeitung des Stadtentwick- lungskonzeptes 2030 einbezogen? Zu 6.: Die für die Bearbeitung des Stadtentwicklungs- konzept 2030 zuständige Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt hat diverse Beteiligungsformen installiert. Die für den Sport zuständige Senatsverwaltung hatte bisher und hat auch weiterhin ausreichend Gelegen- heit, die Belange des Sports im Gesamtkontext vorzutra- gen und an der Erstellung des Konzepts mitzuwirken. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 6 7. Welche Konsequenzen für die Bereitstellung bzw. Entwicklung einer bedarfsgerechten Sport stätteninfra- struktur zieht die für Sport zuständige Senatsverwaltung im Rahmen ihrer Steuerungsverant wortung aus dem vor- liegenden Statusbericht für ein Stadtentwicklungskonzept 2030 generell und u.a. bezüglich der Aussage, dass die bereits stärker belasteten Bezirke mit gesundheitsför der- licher Sportinfrastrukturausstattung unterausgestattet sei- en (s. S. 81)? Zu 7.: Die ressortübergreifende Diskussion im Senat zum Stadtentwicklungskonzept 2030 hat erst begonnen. Ergebnisse sind frühestens 2014 zu erwarten. Die dem Senat bekannte unausgewogene Ausstattung der Bezirke und deren Teilräume mit Sportinfrastruktur führen im Umkehrschluss zu räumlichen Prioritäten bei der Ergän- zung der Infrastruktur durch Neubau. Insofern ist es kon- sequent, dass bei der Planung für die wenigen verfügba- ren größeren Freiräume in der dicht bebauten Innenstadt (z.B. ehemalige Bahn- oder Flughafenflächen) Sport- und Bewegungsangebote eine große Rolle spielen. Allerdings ist der Einfluss des Senats auf die bezirkli- che Stadtplanung und Investitionsplanung begrenzt. Der Senat handelt daher vorrangig dort, wo es um übergeord- nete / gesamtstädtische Planungen, wie z.B. die Entwick- lung des Tempelhofer Feldes geht. Hier sieht beispiels- weise die Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Belange für die Sportinfrastruktur darin, neben den ge- normten Anlagen für den Vereins- und Wettkampfsport auch nicht normierte Sport- und Bewegungsflächen für die sportaktiven Berlinerinnen und Berliner zu entwi- ckeln. 8. Welches Konzept der Flächenvorsorge verfolgt die für Sport zuständige Senatsverwaltung gemein sam mit den Bezirken bezüglich gedeckter und ungedeckter Sportanlagen angesichts der prognostizierten Bevölke- rungsentwicklung? Welche Standards/Richtwerte liegen diesem Konzept zugrunde? Zu 8.: Konkrete Flächenvorsorgekonzepte können nur im Rahmen einer integrierten Stadtentwicklungsplanung erstellt werden. Die Infrastrukturziele der Fachressorts werden gegenüber den Stadtentwicklungsbehörden in Orientierungswerten oder Ausstattungskennziffern be- nannt und sind dann auf der örtlichen Ebene mit den Wohnungsbauzielen abzugleichen. Die für den Sport zuständige Senatsverwaltung gibt derzeit die Berliner Durchschnittswerte für die Ausstat- tung mit gedeckten und ungedeckten Sportanlagen als Ausstattungskennziffern für die Planung an. Die fachpoli- tische Prüfung der Notwendigkeit von neuen Orientie- rungswerten ist gegenwärtig in Bearbeitung. 9. Welche Anforderungen werden an gedeckte und ungedeckte Sportstätten gestellt, um eine optimale Aus- lastung und Nutzbarkeit sicherzustellen? Welche Erfah- rungen liegen für Mischnutzungen vor, wie z. B. für sportliche und kulturelle Nutzungen in Sporthallen? Wel- chen Einfluss haben diese Anforderungen auf die Lebens- zykluskosten der Sportstätten? Zu 9.: Die optimale Auslastung der öffentlichen Sportanlagen ist angesichts der eher geringen Möglichkei- ten infrastruktureller Mehrausstattung durch Neubau das probate Mittel, um das Angebot für die Nutzerinnen und Nutzer effizient zu gestalten. Dabei sind Erfolg verspre- chende Maßnahmen vorrangig im Regelwerk zur Anla- gennutzung (Sportanlagen-Nutzungsvorschriften SPAN) in Verbindung mit dem Sportanlagenmanagement (insb. Belegungsmanagement) durch die Betreiber zu suchen. Auslastungskontrollen, Transparenz bei der Vergabe- prozedur und der Belegungsplanung, moderne Hilfsmittel (Sportanlagenmanagement-Software, möglichst einheit- lich in allen Bezirken) mit Möglichkeiten der Online- Buchung von Restzeiten sind geeignete Ansätze, die Aus- lastung der Sportinfrastruktur zu optimieren. Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Anla- genauslastung wären Verlängerung der Nutzungszeiten durch spätere Schließung („Mitternachtssport“) und Lückennutzung in der Zeit vor 16.00 Uhr. Mischnutzungen in Sporthallen sind in der Regel nur dann sinnvoll, wenn diese entsprechend ausgestattet sind und die versammlungsrechtlichen Voraussetzungen erfül- len. Beispielhaft zu nennen sind das Velodrom und die Max-Schmeling-Halle, die von einem privaten Pächter (Velomax Berlin Hallenbetriebs GmbH) betrieben wer- den. Der Einfluss dieser Anforderungen auf die Lebens- zykluskosten der Sportstätte wird derzeit nicht erfasst. 10. Wie definiert der Senat den Begriff „Sportgelegenheiten “ und welchen Stellenwert haben diese im Rahmen eines gesamtstädtischen Senatskonzeptes für die Sicherung und Entwicklung der Sportstätteninfra- struktur im Land und in den Bezirken? Zu 10.: Eine der gängigsten Definitionen lautet: In- formelle Sportgelegenheiten sind Bewegungs-, Sport- und Spielmöglichkeiten, die in das Wohnumfeld integriert sind. Damit sind Flächen oder Räume gemeint, die für eine sportliche Mitbenutzung offen stehen und die für Radfahren, Joggen, Skaten, Kinderspiele etc. zugänglich sind. Der Senat hält insbesondere die nachfolgenden Aspek- te für wesentlich, wenn man von Sportgelegenheiten spricht:  Öffentliche Räume, die für  jedermann jederzeit (i.d. Regel) zugänglich sind,  keine Vergabe von individuellen oder GruppenNutzungsrechten und  keine normierte Gestaltung, insb. keine „wettkampfgerechte Ausstattung“ Der Senat ist der Auffassung, dass den Sportgelegen- heiten angesichts der großen Zahl informeller sportlicher Aktivitäten eine hohe Bedeutung zukommt. Der Senat berücksichtigt das Vorhandensein von Sportstätten ge- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 11 993 7 werblicher und sonstiger Anbieter und sorgt im Rahmen seiner unterschiedlichen Zuständigkeiten für ein ausrei- chendes / bedarfsgerechtes Angebot an informellen Sportgelegenheiten und öffentlichen Sportanlagen. Dar- über hinaus wird die Errichtung, bauliche Umgestaltung und der Betrieb von vereinseigenen Sportanlagen unter- stützt. Berlin, den 4. Juli 2013 Andreas Statzkowski Staatssekretär für Sport und Verwaltung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2013)