Drucksache 17 / 12 040 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 06. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2013) und Antwort Türkische Decknamen für V-Leute Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Sind die Meldungen in verschiedenen Printmedien (u.a. Hürriyet, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Bild) zutreffend, dass vom LKA Berlin an V-Leute aus der Neonazi-Szene türkische Decknamen vergeben wor- den sind? Zu 1.: Das Landeskriminalamt Berlin (LKA) hat in diesen Fällen Namen arabischer Herkunft, die auch im türkischen Sprachraum gebräuchlich sind, verwendet. 2. Falls zutreffend, hält der Senat dies für pietätvoll , wohl wissend, dass die türkeistämmigen Menschen in der Bundesrepublik seit jeher – bereits vor der Aufdeckung der sogenannten NSU-Morde – ein Ziel neonazistischer Verleumdungen und Attacken gewesen sind? Zu 2.: Der Senat bedauert, dass vor 12 Jahren auch türkische Vornamen als Decknamen für Vertrauensperso- nen der rechten Szene genutzt wurden. Dies lässt die ge- botene Sensibilität vermissen und zwar unabhängig da- von, dass damals noch kein Bezug zwischen den Mordop- fern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und dem Rechtsextremismus bekannt war. 3. Hält es der Senat angesichts der Skandalserie im Zusammenhang mit den sogenannten NSU-Morden für vertrauensbildend, dass die Berliner Polizei diesen Vor- gang laut der Nachrichtenagentur dpa mit den Worten kommentierte, man gebe zu geheimen Unterlagen keine Auskünfte? Hat der Senat hier etwas zu verbergen oder worin liegt der tiefere staatsschützende Sinn dieser Erklä- rung gegenüber der Agentur, die ja nicht nach Namen oder Identitäten gefragt hatte, sondern nur den Vorgang kommentiert haben wollte? Zu 3.: Ungeachtet der tragischen Zusammenhänge sind bei deren Aufarbeitung neben dem unbestrittenen öffentlichen Interesse an einer umfassenden Aufklärung auch diesem Interesse entgegenstehende, besonders zu schützende Interessen zu prüfen. Sollte bedauerlicher- weise der Eindruck entstanden sein, dass Zusammenhän- ge verborgen werden sollten, ist dem zwischenzeitlich durch eine entsprechende Kommentierung durch die Poli- zei Berlin begegnet worden. 4. Falls es einen tieferen staatsschützenden Sinn dieser Erklärung geben sollte, ist der Senat bereit, in einer ggf. geheimen Sitzung des Innenausschusses über diesen Vorgang aufzuklären? Zu 4.: In der Vergangenheit konnten Vertrauensperso- nen Decknamen bekommen, wenn ihre Informationen in Ermittlungsverfahren eingeführt wurden. Dies diente ne- ben dem Schutz der Identität dazu, die Angaben verschie- dener Vertrauenspersonen in einem Verfahren zu unter- scheiden. Dabei wurden in einigen Fällen Decknamen gewählt, die möglichst weit weg waren von der wahren Identität der Vertrauensperson. Die Standards im admi- nistrativen Umgang mit Vertrauenspersonen haben sich in den letzten 10 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Heute werden zur Unterscheidung mehrerer Vertrauens- personen im Bereich der politisch motivierten Straftaten grundsätzlich Zahlen oder Buchstaben verwandt. Am 2. Mai 2013 wurde eine gleichlautende Erklärung der Polizei Berlin öffentlich abgegeben. 5. Teilt der Senat die Auffassung, dass gegen die verantwortlichen Personen dienstrechtlich vorgegangen werden sollte? Falls nein, warum nicht? Zu 5.: Ein dienstrechtlich zu bewertendes Vergehen einzelner Personen ist in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 040 2 6. Ist der Senat bereit, sich gegenüber der türkeistämmigen Bevölkerung Berlins zu entschuldigen? Falls nein, warum nicht? Zu 6.: Die Polizei Berlin hat in den jüngsten Presse- verlautbarungen ihr Bedauern öffentlich gemacht und damit ein entsprechendes Signal gesetzt. Berlin, den 17. Juni 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juli 2013)