Drucksache 17 / 12 042 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Schäfer (GRÜNE) vom 06. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2013) und Antwort Mehr Solardächer auf öffentlichen Gebäuden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Hat der Senat das am 6. Dezember 2007 vom Abgeordnetenhaus beschlossene Ziel erreicht, innerhalb von drei Jahren die Hälfte aller geeigneten öffentlichen Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten? Frage 2: Wie viele öffentliche Dächer sind für Solar- anlagen geeignet und wie viele sind inzwischen – über 5 Jahre nach diesem Beschluss – mit einer PhotovoltaikAnlage ausgestattet? Antwort zu 1 und 2: Bezüglich der Umsetzung des Beschluss vom 6. Dezember 2007 wird auf die Mitteilun- gen des Senats vom 2.4.2008 (Drs. 16/1338) und vom 27.11.2008 (Drs.16/1953) verwiesen. Diese wurden vom Abgeordnetenhaus besprochen und zur Kenntnis genom- men. Nach Zahlen der Berliner Solardachbörse wurden bis 2009 64 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 3.965 kWp auf öffentlichen Gebäudedächern durch private Investoren installiert. Ein Gesamtziel, eine be- stimmte Anzahl von öffentlichen Dächern mit Photovolta- ikanlagen auszustatten, kann jedoch nicht formuliert wer- den. Neben einem optimierten Angebot an Dächern hängt dies von dem entsprechenden Engagement privater Investoren ab. Deren Aufgabe ist es auch, geeignete Dachflä- chen für ihre Anlagen zu identifizieren. Der Senat unter- stützt diese dabei mit Angeboten wie dem Solaratlas und der Solardachbörse. Ein Gesamtüberblick über alle im öffentlichen Bereich potenziell geeigneten Dachflächen ist jedoch nicht vorhanden bzw. wirtschaftlich nicht dar- stellbar. Das ist vor allem auf die heterogene Eigentü- merstruktur öffentlicher Dächer (z.B. Bezirke, Sonder- vermögen Immobilien des Landes Berlin, Liegenschafts- fonds) zurückzuführen. Frage 3: Warum werden öffentliche Dächer – anders als in München – noch immer nicht mietfrei zur Verfügung gestellt? Antwort zu 3: In München werden im Rahmen von Ausschreibungsverfahren stadteigene, geeignete Dachflä- chen für Photovoltaikanlagen an Dritte mietfrei überlas- sen. Wegen der heterogenen Eigentümerstruktur in Berlin muss eine derartige Entscheidung von der/dem jeweiligen Gebäudeeigentümerin/Gebäudeeigentümer unter Abwä- gung wirtschaftlicher Gesichtspunkte in eigener Verant- wortung getroffen werden. Frage 4: Wie hat der Senat den Beschluss des Abge- ordnetenhauses umgesetzt, „die Nutzung erneuerbarer Energien aus Sonne, Wind, Erdwärme, Biomasse etc. im öffentlichen, gewerblichen und privaten Bereich wo im- mer möglich durch genehmigungsrechtliche Vereinfa- chungen und Hilfen aktiv“ zu unterstützen? Antwort zu 4: Die Genehmigung von Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern hat im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmi- gungsverfahrens entsprechend dem Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zu erfolgen. Hier handelt es sich um den Vollzug von Bundesrecht, so dass keine Möglichkeiten zur Vereinfachung für die Genehmi- gungsbehörde bestehen. Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Genehmigung von Vergärungsanlagen und Feue- rungsanlagen für Biomasse bei Überschreitung der jewei- ligen Relevanzgrenzen zur Genehmigungsbedürftigkeit. Die Genehmigung von Photovoltaikanlagen an Dach- und Außenwandflächen sowie gebäudeunabhängige Pho- tovoltaikanlagen mit einer Höhe bis zu 3 Metern und ei- ner Gesamtlänge bis zu 9 Metern richtet sich nach der Bauordnung von Berlin (vom 29. September 2005 [GVBl. S. 495], zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 2011 [Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl. - S. 315]). Der Bau dieser Anlagen wurde 2011 verfahrensfrei gestellt, um zusätzliche Anreize für den Klimaschutz zu schaffen. Frage 5: Wie bewertet der Senat, dass Berlin im Bun- desländervergleich „Erneuerbare Energien“ bescheinigt wird, mehr rechtliche und administrative Hindernisse für den Ausbau der Erneuerbaren zu haben, als 13 andere Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 042 2 Bundesländer? Was will der Senat tun, um solche Hemm- nisse abzubauen? Antwort zu 5: Seit 2008 führen das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) und das Zentrum für Sonnenener- gie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien Rankings zum Ausbau Erneuerbarer Energien in den Bundesländern durch. Ende 2012 wurde ein aktualisiertes Ranking vorgelegt. Die Durchführung einer solchen Ver- gleichsuntersuchung ist grundsätzlich zu begrüßen. Je- doch ist nicht nachvollziehbar, wie die Bewertung der Bundesländer anhand der einzelnen Indikatoren und Be- wertungskategorien durchgeführt wurde. Daher wird von einer Kommentierung der Ergebnisse (auch zu A1-11 Hemmnisvermeidung) Abstand genommen. Nicht uner- wähnt bleiben soll aber, dass die Berliner Solardachbörse in dem Bericht positiv hervorgehoben wurde. Frage 6: Seit wann ist dem Senat bekannt, dass das Marktintegrationsmodell beim EEG dazu führt, dass auf öffentlichen Dächern produzierter Strom zur Aufrechter- haltung der Wirtschaftlichkeit von Solarprojekten vom Land Berlin angekauft werden müsste? Antwort zu 6: Die der Frage zugrundeliegende An- nahme ist nicht zwingend korrekt, weil neben der Mög- lichkeit des Verkauf des nicht nach dem Erneuerbaren- Energien-Gesetz (EEG) vergüteten Stromanteils (nach § 33 Absatz 1 EEG: 10% des Stroms aus Photovoltaikanlagen ab einer installierten Leistung von mehr als 10 Kilo- watt bis einschließlich einer installierten Leistung von 1 Megawatt in jedem Kalenderjahr) an die Dacheigentüme- rin/den Dacheigentümer noch andere Vermarktungsmög- lichkeiten zur Verfügung stehen. Insofern kann die Frage nicht beantwortet werden. Frage 7: Was hat der Senat im Vermittlungsausschuss im Juni 2012 in Bezug auf die EEG-Novelle dafür getan, dass das Marktintegrationsmodell für Öffentliche Dach- flächen, bei denen feste Stromlieferverträge – wie im Land Berlin – die Stromabnahme verhindern könnten, nicht eingeführt wird? Antwort zu 7: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Sitzungen des Vermittlungsausschusses vertraulich sind, um möglichst offene und freimütige Diskussionen zu ermöglichen. Trotzdem kann zu der Frage berichtet werden, dass Berlin an den Verhandlungen zum Marktintegrationsmo- dell in dem fraglichen Vermittlungsausschuss im Juni 2012 nicht beteiligt war. Bei den Beratungen der Novelle im Bundesratsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat das Land Berlin aber für die Anträ- ge gestimmt, die sich für eine Streichung bzw. Einschrän- kung des Marktintegrationsmodells ausgesprochen hatten. Die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses sahen dann keine Streichung vor. In der Plenarabstim- mung im Bundesrat hat das Land Berlin, wie eine große Anzahl anderer Bundesländer auch, diesen Empfehlungen zugunsten einer zügigen Anpassung des EEG zugestimmt. Frage 8: Was hindert den Senat aktuell daran, den auf öffentlichen Dächern privatwirtschaftlich erzeugten So- larstrom zu kaufen? Antwort zu 8: Als öffentlicher Auftraggeber ist das Land Berlin gesetzlich verpflichtet, seinen Strombedarf im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren zu beschaffen. Frage 9: Trifft es zu, dass im Stromliefervertrag mit Vattenfall ein Passus ist, dass das Land Berlin sich vorbe- hält, bis zu 10% seines Stroms aus Eigenerzeugung zu nutzen? Antwort zu 9: Das Land Berlin ist berechtigt, Erzeu- gungsanlagen auf Basis lokaler Kraft-Wärme-Kopplung, regenerative Energien oder für Sicherheitsstromversor- gung (Anlagen) zu errichten und zu betreiben. Frage 10: Wann hat der Senat seinen Vertragspartner Vattenfall gebeten, von Energiegenossenschaften oder Unter-nehmen auf öffentlichen Dächern produzierten Strom als eigenerzeugten Strom im Sinne dieser Ver- tragsklausel zu berücksichtigen? Wie hat Vattenfall rea- giert? Frage 11: Ist dem Senat bewusst, dass er durch den Stromankauf Geld sparen würde? Antwort zu 10 und 11: Der von Energiegenossenschaften und Unternehmen produzierte Strom auf öffent- lichen Dächern ist kein eigenerzeugter Strom im Sinne des aktuell gültigen EEG und des Stromliefervertrags mit Vattenfall. Aus diesem Grund bestand zu keiner Zeit der Anlass, Vattenfall zu bitten, diesen Strom als solchen zu berücksichtigen, wodurch sich auch die Frage einer even- tuellen Kostenersparnis nicht stellt. Frage 12: Was tut der Senat, um die von einigen Ber- liner Bezirksämtern seit Jahren praktizierte Blockade bei der Zurverfügungstellung von Dachflächen zur Installation von Solaranlagen aufzulösen? Antwort zu 12: In der Vergangenheit hat es vielfältige Bemühungen der jeweils zuständigen Senatsverwaltungen gegeben, die Bezirke zu motivieren, mehr öffentliche Dachflächen für Photovoltaikanlagen Dritter zur Verfü- gung zu stellen. Hier besteht weiterhin Verbesserungsbe- darf. Daher gibt es seitens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Pläne, einen entsprechen- den Rahmen in dem sich derzeit in Arbeit befindenden Berliner Energiewendegesetz zu verankern. Berlin, den 10. Juni 2013 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2013)