Drucksache 17 / 12 065 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (GRÜNE) vom 13. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mai 2013) und Antwort Diabetes Vorbeugung und Aufklärung in Schulen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die ständige Zunahme von Neuerkrankungen an Diabetes in Deutschland? 2. Wie beurteilt der Senat, dass bereits 30.000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren in Deutschland an Diabe- tes Typ 1 und 5.000 Kinder und Jugendliche an Typ 2- Diabetes leiden? Zu 1. und 2.: Die Häufigkeit der Zuckererkrankungen im Kindes- und Jugendalter steigt derzeit weltweit an. Für den Anstieg werden sowohl genetische Komponenten als auch exogene Einflussfaktoren verantwortlich gemacht. Bei der Beurteilung der Zunahme ist aber auch zu berück- sichtigen, dass sich das Wissen und die Wahrnehmung um diese Erkrankung und damit auch die diagnostischen Möglichkeiten erweitert haben. Der Typ 1-Diabetes tritt im Kindes- und Jugendalter relativ häufig auf. Hier spielen genetische Komponenten eine bestimmende Rolle. Der Typ 2-Diabetes, bisher nur als Alterszucker bekannt, ist bei Kindern und Jugendli- chen ein noch relativ neues Phänomen. Hier sind ganz offensichtlich Lebensumstände und -gestaltung, wie be- stimmte Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsmangel und Übergewicht, stärker verursachende Faktoren. Im Allgemeinen gilt, dass diabetische Schülerinnen und Schüler, deren Blutzucker gut eingestellt ist, hinsicht- lich der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit mit gesunden Schülerinnen und Schülern gleichzusetzen sind. Die aktuellen Erkrankungshäufigkeiten machen die Prävention von Diabetes-erkrankungen zu einer gesamt- gesellschaftlichen Aufgabe, an der somit auch die Schule beteiligt ist. 3. Welche Maßnahmen hat der Senat in den letzten drei Kalenderjahren ergriffen, um der konsequenten Stei- gerung von Diabeteserkrankungen und anderen nichtüber- tragbaren Krankheiten vorzubeugen und die BürgerInnen aufzuklären? a) Allgemein? b) Insbesondere an Schulen? c) Insbesondere in Kitas? 4. Gibt der Lehrplan verbindliche Aufklärung über Lebensstil bedingte Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes vor? 5. Wenn ja, in welcher Form und wie wird dies umgesetzt ? Zu 3., 4. und 5.: In vielen Berliner Schulklassen sind Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen. Diese bedürfen der besonderen Fürsorge der Lehrkräfte und des Verständnisses ihrer Mitschülerinnen und Mit- schüler. Hier ist es wichtig, dass Kinder und Eltern der Klasse über die Merkmale der Krankheit so weit infor- miert werden, dass sie verstehen, welche Hilfen das be- treffende Kind braucht und an welchen Stellen Rücksicht erforderlich ist. Genauso wichtig ist es, dass ein in seiner Gesundheit beeinträchtigtes Kind als vollwertiges und gleichberechtigtes Klassenmitglied betrachtet wird und ohne Vorurteile von den Mitschülerinnen und Mitschülern angenommen wird. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert in der Broschüre “Chronische Erkrankungen im Kindesalter“ auch über Diabetes Typ I und II. Darin wird das Krankheitsbild, die Krankheiten im Alltag von Kindertagesstätten und Schule und was die Kinder in Kindertagesstätten und Schulen brauchen, thematisiert. Diese Broschüre steht allen Berliner Kindertagesstätten und Schulen kostenfrei zur Verfügung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 065 2 Darüber hinaus will Schule die Gesundheit der Schü- lerinnen und Schüler fördern - nicht erst, wenn sich Krankheiten manifestiert haben, sondern sie will mög- lichst schon im Vorfeld präventiv wirken. Vorbeugende Maßnahmen versuchen am Aspekt der Lebensstilände- rung in kleinen und akzeptablen Schritten anzusetzen. Schwerpunkte liegen in den Bereichen der Ernährung und Bewegung. Dabei stellt sich für die Bildungsinstituti- onen die Herausforderung, dass die vermutlich erzielten Effekte selten unmittelbar, sondern erst sehr nachgestellt im späteren Leben der Zielgruppe zum Tragen kommen. „Gesunde Ernährung“ wird in der Grundschule in den Fächern Sachkunde und Biologie als fachspezifischer Inhalt vermittelt. Zudem setzt die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin e.V. seit 2008 im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft das IN FORM Projekt „Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin“ um, zu dessen Schwerpunkten die Beratung eines ausgewogenen Ernährungsverhaltens zählt. Zum Beginn jeden Schuljahres findet die Bio-Brot- Box-Aktion an allen Grundschulen für die Erstklässler und Erstklässlerinnen statt. Dabei erhalten die Kinder eine Frühstücksbox, die ein beispielhaftes gesundes Pausen- brot enthält. Die Eltern werden aufgefordert, die Brot-Box täglich mit entsprechendem Inhalt wieder zu befüllen. So soll eine regelmäßige und gesundheitsförderliche Pausen- versorgung für Kinder sichergestellt werden. Im Rahmenplan für die Jahrgangsstufe 7 - 10, Fach Biologie, wird im Wahlbereich „Hormone - Botenstoffe im Körper“ Bezug auf Diabetes mellitus genommen. Die Handanreichung „Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen“ des Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg gibt Lehrkräften Hinweise im Umgang mit chronisch kranken Schülerinnen und Schülern. 6. Haben die Lehrkräfte Informationen und/oder Schulungen im Hinblick auf die Entstehung von Überge- wicht/Adipositas und Früherkennungszeichen von Diabe- tes Typ 2 erhalten? a) Wenn ja, in welchem Umfang? b) Wenn ja, welche Handlungsmöglichkeiten haben Lehrkräfte und Schulen? Zu 6.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat in Kooperation mit dem Deutschen Dia- betiker Bund eine Aufklärungskampagne gestartet, die Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Krankheit und den Umgang damit infor- miert. Darin werden Grundsätze und Hinweise für das diabetische Kind in Schule zusammengefasst. Des Weiteren bietet das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin - Brandenburg in Kooperation mit der Ro- bert Bosch Stiftung im Netzwerk Schule und Krankheit regelmäßige Fortbildungen zum Umgang mit chronischen Erkrankungen von Schülerinnen und Schülern in der all- gemeinen Schule an. 7. Wie beurteilt der Senat den Verkauf von gesüßten Getränken und Süßigkeiten in Schulen? Zu 7.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft orientiert sich an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Schul- verpflegung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung definiert für den Bereich der sogenannten Zwischenver- pflegung eine optimale Getränkeversorgung mit Trink- und Mineralwasser, ungesüßten Früchte- und Kräuter- und Rotbuschtees. 8. Wie beurteilt der Senat die obligatorische Einhaltung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Hinblick auf Schulverpflegung und Kioskangebot in Berliner Kindertagesstätten und Schulen? Zu 8.: Im Rahmen der Neuordnung des Schulmittag- essens werden grundsätzlich die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als Mindest- anforderungen zugrunde gelegt. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die das Angebot eines Kiosks an Berliner Schulen vorschreibt. Der Senat empfiehlt, dass dabei die Vorgaben der deutschen Gesell- schaft für Ernährung beachtet und erfüllt werden. In den Kindertageseinrichtungen liegt das Verpfle- gungsangebot in der Verantwortung eines jeden Trägers. Kindertageseinrichtungen bieten für Kinder ein ausgewogenes , an den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiertes Speisenangebot an. 9. Welche Projekte in Schulen, mit internen oder externen Trägern, die über Diabetes aufklären oder die Fol- gen einer Erkrankung und der Vorbeugung behandeln, gibt es und was beinhalten sie? Zu 9.: Hierfür gelten ebenfalls die in der Beantwor- tung der Frage 6. dargelegten Ausführungen. 10. Ist sichergestellt, dass in Berliner Schulen und Kindergärten keine Werbung/Werbeartikel/gebrandete Spiele und Unterrichtsmaterialien von Lebensmittelher- stellern und des Lebensmittelhandels zum Einsatz kom- men? Zu 10.: Grundsätzlich ist der Einsatz von Werbung an der Berliner Schule gestattet, sofern sie mit dem Bil- dungs- und Erziehungsauftrag vereinbar ist. Die Entscheidung darüber liegt gemäß § 76 Abs. 2 des Schulge- setzes in der Eigenverantwortung der Schule. Darüber hinaus verfügen die Lehrkräfte an den Berliner Schulen über die entsprechende Fachkompetenz, um über den Ein- satz der angebotenen Materialien entscheiden zu können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 065 3 11. Wie bewertet der Senat die Einrichtung von Trinkwasserbrunnen/-zapfanlagen in Berliner Schulen und Kitas? Zu 11.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft orientiert sich an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Schulverpflegung . Laut den Empfehlungen der Deutschen Ge- sellschaft für Ernährung gehört das ausreichende Trinken zu einer vollwertigen Verpflegung. Die Deutsche Gesell- schaft für Ernährung führt weiter aus, dass das Trinkwas- ser den Schülerinnen und Schülern während des Schulall- tags immer kostenfrei zur Verfügung steht. Dies gilt auch für die Zeit des Unterrichts. Die Bereitstellung kann bei- spielsweise durch Trinkwasserspender, die Installation von Brunnen oder die Einrichtung von Trinkecken in den Klassenräumen erfolgen. Berlin, den 07. Juni 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2013)