Drucksache 17 / 12 094 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 15. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Mai 2013) und Antwort Wasserwerfereinsätze der Polizei Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Über wie viele Wasserwerfer welchen Modells verfügt die Berliner Polizei, über welche technische Aus- stattung verfügen diese und wann wurden diese jeweils angeschafft? (Bitte einzeln nach Hersteller, Modell, Aus- stattung und Anschaffungsjahr aufschlüsseln.) Zu 1.: Die Polizei Berlin verfügt über vier Wasserwer- fer (WaWe) vom Typ WaWe 9000 der Hersteller Daimler Benz / Ziegler (Erstzulassung 1986, 2 x 1992 und 1995) sowie einen Wasserwerfer vom Typ WaWe 10000 der Hersteller Mercedes Benz / Rosenbauer (Erstzulassung 2011). Der WaWe 9000 ist mit einer Kreiselpumpe mit einer Leistung von bis zu 2000 Litern / Minute bei 15 Bar Druckleistung, zwei Strahlrohren auf dem Dach, einem Heckrohr, einer Zumischeinrichtung für Reizstoff, zwei Monitoren, sowie einer Schutzverglasung mit Hoch- druckwaschanlage ausgestattet. Der WaWe 10000 ist mit einem separaten Pumpenmo- tor mit einer Leistung von 3400 Litern / Minute bei 13 Bar Druckleistung, zwei Strahlrohren vorn auf dem Dach, einem Strahlrohr hinten am Dach, einem Schaummittel- behälter (100 Liter) einer Dachlöscheinrichtung, einer Zumischeinrichtung für Reizstoff, einer Schutzverglasung mit Hochdruckwaschanlage, drei Videokameras und ei- nem Dokumentationsrekorder ausgestattet. 2. Wann und in welchen Fällen (Versammlungen, Sportereignisse etc.) hat die Polizei in den Jahren seit 2005 in Berlin Wasserwerfer eingesetzt? (Bitte Datum und Motto der jeweiligen Versammlungen, Sportereignis- se etc. sowie Anzahl und Modelle der eingesetzten Was- serwerfer sowie einsetzende Polizei angeben.) a. Wann und in welchen Fällen wurden diese Wasserwerfer gegen „Störer*innen“ u.a. eingesetzt? b. Wie viele Liter Wasser wurden dabei jeweils eingesetzt ? c. Kam es dabei zu Beimischung von Reizstoffen? Wenn ja, wie häufig und in welcher Menge? Zu 2.: Eine statistische Erfassung der Einsätze von WaWe erfolgte bis 2006 nicht. Seit dem 01.01.2007 wur- den WaWe in Berlin in zwei Fällen eingesetzt. Der Einsatz von zwei WaWe 9000 der Polizei Berlin erfolgte im Zusammenhang mit einem Aufzug der Natio- naldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) am 06.12.2008 in Berlin – Lichtenberg. Ein WaWe 10000 der Bundespolizei wurde am 1. Mai 2013 in Berlin-Schöneweide an einer polizeilichen Ab- sperrung anlässlich eines Aufzuges der Nationaldemokra- tischen Partei Deutschlands eingesetzt. Zu 2a.: In beiden Fällen wurden die Wasserwerfer ge- gen Störerinnen oder Störer eingesetzt. Zu 2b.: In dem unter 2a aufgeführten Einsatz im Jahr 2008 wurden insgesamt ca. 4500 Liter Wasser durch zwei WaWe abgegeben. Die Menge des abgegebenen Wassers durch einen WaWam 1. Mai 2013 betrug ca. 800 Liter in Form des Wasserregens. Zu 2c.: Nein. 3. Wie lautet die polizeiliche Definition des Einsatzes eines Wasserwerfers? Gilt sowohl die visuelle/verbale Androhung, der Einsatz des Wasserstrahls als auch schon die Bereitstellung von Wasserwerfen in Bereitstellungs- räumen im Umfeld von Versammlungen, Sportereignissen u.a. als Einsatz? (Bitte Definition im Originalwortlaut angeben.) Zu 3.:Eine Definition für den Einsatz eines Wasser- werfers ist weder vorhanden noch erforderlich. Der be- stimmungsgemäße Einsatz eines WaWe als Zwangsmittel einschließlich der Androhung richtet sich nach den Ein- griffsbefugnissen der einschlägigen gesetzlichen Bestim- mungen und in der Art der Anwendung nach dem Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei der Aus- übung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln). Für die Handhabung und die verschiedenen Einsatzformen von Wasserwerfern und Wasserarmaturen sind in der Polizeidienstvorschrift Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 094 2 (PDV) 122 entsprechende Regelungen getroffen worden. Das bloße Mitführen oder Bereithalten eines WaWe ist wie bei allen anderen Führungs- und Einsatzmitteln der Polizei Berlin nicht als Einsatz zu verstehen. 4. Wann, in welchen Fällen und in welcher Anzahl hat die Polizei in den Jahren seit 2005 in Berlin Wasser- werfer für Polizeieinsätze bereitgestellt? (Bitte Datum, Motto und Teilnehmerzahl der jeweiligen Versammlung u.a. sowie Anzahl und Modelle der Wasserwerfer sowie bereitstellende Polizei angeben.) Zu 4.: Umfassende Statistiken werden hierzu nicht ge- führt. Eine Beantwortung der Frage ist mit einem vertret- baren Arbeits- und Zeitaufwand nicht möglich. 5. Aus welchen einsatztaktischen Gründen war der Einsatz bzw. die Bereitstellung von Wasserwerfern bei den unter 2. genannten Polizeieinsätzen jeweils erforder- lich? (Bitte nach Einsätzen getrennt aufschlüsseln und einsatztaktische Erwägungen erläutern.) Zu 5.: Diese Angaben werden statistisch nicht erfasst. 6. Über welche Möglichkeiten der audio-und video- graphischen Dokumentation von Wasserwerfereinsätzen verfügen die von der Berliner Polizei genutzten Wasser- werfer? Zu 6.: Alle WaWe 9000 verfügen über eingebaute Audioaufzeichnungsanlagen mit Kassettenrekordern oder Tonbandspulen. Die Audioaufzeichnungsanlage beim WaWe 9000 ist nicht geeignet, Außengeräusche aufzu- nehmen. Je nach Einstellung können der interne Funkver- kehr, die durchgeführten Lautsprecherdurchsagen oder Tagebuchaufzeichnungen mitgeschnitten werden. Der WaWe 10000 enthält eine installierte digitale Da- tenaufzeichnungsanlage. Das Modell ist mit drei Video- kameras ausgestattet, mit denen bei Bedarf Aufzeichnun- gen gefertigt werden können. Die Audioaufzeichnungen können den internen Funkverkehr, die Lautsprecherdurch- sagen die Tagebuchaufzeichnungen und zusätzlich die Außengeräusche umfassen. Eine Dokumentation erfolgt nur, wenn der Wasser- werfer als Zwangsmittel eingesetzt wird. 7. Hat die Berliner Polizei bei den unter 2. genannten Einsätzen von Wasserwerfern jeweils Bild- oder Tonauf- nahmen/-zeichnungen angefertigt und wenn ja, aus wel- chem Anlass, auf welcher Rechtsgrundlage und in wel- chen Zeiträumen wurden diese angefertigt? (Bitte nach Einsätzen, Aufnahme/Aufzeichnung, Bild/Ton, Zeiträu- men sowie Rechtsgrundlage getrennt aufschlüsseln.) Zu 7.: Beim Einsatz der Wasserwerfer am 06.12.2008 und am 01.05.2013 wurden Videoaufnahmen für die Dau- er des Einsatzes gefertigt. Die Rechtsgrundlage ergab sich aufgrund der durch Straftäterinnen und Straftäter began- genen Delikte aus dem Versammlungsgesetz und der Strafprozessordnung. Einzelheiten über Einsatzverläufe sowie über Zeiträume und Dauer der Videoaufnahmen werden statistisch nicht erfasst. 8. Welche Reizstoffe können den Wasserwerfern beigemischt werden? (Bitte aufschlüsseln nach Typ, Fab- rikat, Hersteller sowie der Zusammensetzung der Inhalts- stoffe)? Zu 8.: Als Reizstoff kann Omega-Chloracetophenon Stammlösung beigemischt werden. 9. Welche Weisungen, Richtlinien und Hinweise re- geln den Einsatz von Wasserwerfern, und wie lauten die- se? (Bitte im Originalwortlaut beifügen oder verlinken.) a. Gibt es Weisungen, Richtlinien und Hinweise, welche Regeln unter welchen Bedingungen die Dosierung des Wasserstrahls von „Sprühregen“ bis hin zum direkten, harten Wasserstrahl gegen „Störer*innen“ eingesetzt wird, und wenn ja, wie lauten diese? (Bitte im Origi- nalwortlaut beifügen oder verlinken.) Zu 9.: Auf der Grundlage gesetzlicher Eingriffsbefug- nisse und des UZwG Bln regelt die PDV 122 die Art und Weise der Anwendung des Zwangsmittels Wasserwerfer, das als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt rechtlich ein- geordnet ist. Zu 9a.: Art und Druckstärken des Wassereinsatzes un- terliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und stehen unter anderem in Abhängigkeit zur Intensität des Störerinnen- und Störer- bzw. Straftäterinnen- und Straf- täterverhaltens. Da dies stets eine Einzelfallbetrachtung erfordert, kann es hierzu keine generell gültigen konkre- ten Weisungen geben. 10. Welche Daten wie Anlass, Einsatzzeitraum, Was- sermenge, Wasserdruck, Entfernung zu „Störer*innen“, Beimischung von Reizstoffen etc. bezüglich des Einsatzes von Wasserwerfern werden von der Polizei dokumentiert und auf welcher Rechtsgrundlage? Zu 10.: Gemäß der Anlage zur PDV 122, Einsatz von Wasserwerfern und Wasserarmaturen, können die Lage, Störerinnen- und Störerverhalten, Witterungsverhältnisse, Androhung und Einsatz des Wasserwerfers sowie Anga- ben zum Reizstoffeinsatz erfasst werden. Da keine perso- nenbezogenen Daten erhoben werden, bedarf es einer gesetzlichen Eingriffsbefugnis nicht. 11. Wie häufig und bei welchen Polizeieinsätzen wa- ren die Wasserwerfer der Berliner Polizei in den Jahren seit 2005 im Rahmen der Amtshilfeerbringung für andere Polizeien außerhalb von Berlin im Einsatz bzw. bereitge- stellt? (Bitte Datum und Motto der jeweiligen Versamm- lungen, Sportereignisse etc. sowie Anzahl und Modelle der eingesetzten Wasserwerfer angeben.) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 094 3 Zu 11.: WaWe 9000 wurden zur Unterstützung der Länder Brandenburg 2007 (ein WaWe), Niedersachsen 2008 und Sachsen 2009 (jeweils zwei WaWe), Nieder- sachsen 2010 (vier WaWe) und Sachsen 2010 (zwei WaWe) bereitgestellt. Weitere Daten zu diesen Anforde- rungen wurden statistisch nicht erfasst. Vom 24. – 29.11.2011 wurden ein WaWe 9000 und ein WaWe 10000 für die Bewältigung des Einsatzes an- lässlich eines Castor-Transportes dem Land Niedersach- sen zur Verfügung gestellt. Am 15.09.2012 wurden zwei WaWe 9000 dem Land Brandenburg anlässlich eines Einsatzes zu einem NPD- Aufzug unterstellt. Bei den hier genannten Unterstützun- gen kam es nicht zum Einsatz der WaWe. 12. In wie vielen und welchen Fällen wurden im Zu- sammenhang mit Wasserwerfereinsätzen in den Jahren seit 2005 „Störer*innen“, Polizeibeamt*innen oder Unbeteiligte verletzt und welcher Art und Schwere waren die Verletzungen? Zu 12.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 13. Wie vielen Fällen fanden in den Jahren seit 2005 gerichtliche Überprüfungen von Wasserwerfereinsätzen im Land Berlin sowie der Berliner Polizei im Rahmen der Amtshilfeerbringung für andere Polizeien außerhalb von Berlin statt, und wie war ihr Ausgang? Zu 13.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 14. Welche Kosten entstehen bei der Berliner Polizei durch Einsatz, Wartung, Personal usw. von Wasserwer- fern pro Stück und Jahr? Zu 14.: Ausgaben für Polizeieinsätze und Wartung der Führungs- und Einsatzmittel sind grundsätzlich durch die im Haushaltsplan von Berlin eingestellten Haushaltsmittel gedeckt. Gesonderte Daten werden dazu statistisch nicht erfasst. 15. Wie hoch ist der Spritverbrauch von Wasserwer- fern im Einsatz pro Stunde? Zu 15.: Der durchschnittliche Verbrauch eines WaWe liegt bei einer Fahrt im Stadtgebiet zwischen 25 und 35 Litern Dieselkraftstoff pro 100 Kilometern. Der Ver- brauch kann sich durch den Einsatz des Pumpenmotors in Abhängigkeit zur abgeforderten Leistung weiter erhöhen. Berlin, den 16. Juli 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2013)