Drucksache 17 / 12 105 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Brauer (LINKE) vom 22. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2013) und Antwort Weltanschauliche Neutralität – eine Kassenfrage? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wurde hinsichtlich der geplanten Verwaltungsge- bühr für einen Kirchenaustritt in Höhe von 30 Euro a) der konkrete Berliner Verwaltungsaufwand zugrunde gelegt oder handelt es sich b) um eine bloße Übernahme der Gebührenhöhe aus Nordrhein-Westfalen? 2. Sollte a) zutreffen, wie viel kostet dann a) die Niederschrift der mündlichen Erklärung beim Amtsgericht, b) die Ausstellung der Austrittsbescheinigung, c) die Benachrichtigung „der Stellen, für die die Kirchenmitgliedschaft des Einzelnen relevant ist“ (Senatskanzlei)? Zu 1. und 2.: Für die Erhebung einer Verwaltungsge- bühr wurde die vom Bundesverfassungsgericht geprüfte Gebührenhöhe veranschlagt. 3. Da auch die Erfassung von Kirchenneu- bzw. Wiedereintritten durch „die Stellen, für die die Kirchenmitgliedschaft des Einzelnen relevant ist“ (Senatskanzlei) mit Verwaltungsaufwand verbunden ist – wie hoch sind diese Kosten im Einzelfall? 4. Warum werden diese Kosten nicht den Kirchen in Rechnung gestellt, handelt es sich doch im Falle der Nichterhebung um eine direkte Parteinahme des Landes Berlin zugunsten der Amtskirchen und einen Verstoß ge- gen die weltanschauliche Neutralitätspflicht des Staates? Zu 3. und 4.: Der Kircheneintritt bzw. Wiedereintritt erfolgt bei den Kirchen direkt. Diese teilen den zuständi- gen Behörden den Eintritt bzw. Wiedereintritt mit. Die zuständige Behörde ändert daraufhin den Datenbestand, auf dessen Grundlage z. B. der Lohnsteuerabzug durch Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber vorgenommen wird. Sofern die Finanzbehörden durch den Eintritt bzw. Wie- dereintritt in die Kirchen betroffen sind, wird deren Ver- waltungshandeln durch die Verwaltungskostenpauschale gedeckt, die die Kirchen für die Bearbeitung der Kirchen- steuer an das Land entrichten. Beim Kirchenaustritt handelt es sich hingegen um eine Willenserklärung, die bei dem zuständigen Amtsgericht abzugeben ist, wodurch beim Amtsgericht ein Verwaltungsaufwand entsteht. Um diesen Verwaltungsaufwand abzudecken, wird künftig die Gebühr erhoben. 5. Wie bewertet der Senat den von Kritikern der künftig gelten sollenden Kirchenaustrittsfinanzierungsbe- stimmungen erhobenen Vorwurf, damit solle lediglich der Kirchenaustritt erschwert werden? Zu 5.: Dazu führt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2008 (1BvR 3006/07) aus: „Die Gebühr in Höhe von 30,-- € für das Verfahren zur Entgegennahme der Erklärung des Austritts aus einer Kirche oder aus einer sonstigen Religions- oder Weltan- schauungsgemeinschaft des öffentlichen Rechts wird auch den spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung einer Gebühr gerecht und ist der Höhe nach nicht zu beanstanden.“ Und weiter heißt es: „Angesichts der noch als gering anzusehenden Höhe der Gebühr kann auch ausgeschlossen werden, dass von ihr eine nicht gewollte, objektiv verhaltenslenkende Wirkung ausgeht..“ Der Senat schließt sich der Meinung an, dass die Ge- bühr von 30 Euro angemessen ist und keine „abschreckende “ Wirkung entfaltet. Berlin, den 05. Juni 2013 In Vertretung André Schmitz Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2013)