Drucksache 17 / 12 151 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 30. Mai 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Mai 2013) und Antwort Regenwasserbewirtschaftung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Teilt der Senat die Auffassung, dass eine na- turnahe Regenwasserbewirtschaftung für Berlin ökolo- gisch sinnvoll und notwendig ist? Antwort zu 1: Ja. Frage2: Wie bewertet der Senat die Bedeutung der na- turnahen Regenwasserbewirtschaftung im Hinblick auf die Gewässergüte der Oberflächengewässer, die Grund- wassersituation, die Kanalisation und der erforderlichen Klimaanpassung (STEP Klima)? Antwort zu 2: Grundsätzlich ist die dezentrale Re- genwasserbewirtschaftung in Ergänzung zur zentralen Regenwasserableitung und -behandlung ökologisch sinn- voll. Sie kann helfen, Mischwasserüberläufe zu verrin- gern, Stoffeinleitungen aus der Regenwasserableitung im Trennsystem in Oberflächengewässer zu mindern, hyd- raulische Überlastungen von Kanalnetzen zu mindern und positive stadtklimatische Effekte auszulösen. Frage 3: Mit welchem ganzheitlichen Ansatz möchte der Senat die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung in Berlin verbessern? Frage 4: Hat der Senat Zielvorgaben, um einen natur- nahe Regenwasserbewirtschaftung in Berlin umzusetzen? Wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen will der Senat diese erreichen? Antwort zu 3 und 4: Weitreichende Regelungen für Neubau sind in der Wassergesetzgebung getroffen (§§ 46 Abs. 2 und 55 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz - WHG -, § 36a Berliner Wassergesetz - BWG -, Niederschlagswas- serfreistellungsverordnung - NwFreiV -). Grundsätzlich besteht in Berlin ein Versickerungsgebot. Es besteht die allgemeine Zielstellung, überall dort, wo es aus planeri- scher und rechtlicher Sicht sowie aus Ressourcengründen möglich ist, die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung zu etablieren. Frage 5: Wie gedenkt der Senat das Thema naturnahe Regenwasserbewirtschaftung in gesetzgeberische Vorha- ben (z. B. Novelle der Bauordnung), die Haushaltsbera- tungen und Förderinstrumente (EFRE - Bene) zu integrie- ren? Antwort zu 5: Über WHG, BWG und NwFreiV sind die wesentlichen wasserrechtlichen Bedingungen (z.B. Mindestflurabstand für Versickerungen) für die Umsetz- barkeit einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung geregelt. Bei der Novellierung der Bauordnung (BauO Bln) wird geprüft, in welcher Form Regelungen zur Re- genwasserbewirtschaftung aufgenommen werden können. Die vorgesehene Modifizierung von Abstandflächen er- möglicht jedoch erhebliche Nachverdichtungen, was das Potential für eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung verringert (weniger Versickerungsflächen). Es ist vorgesehen, in den Entwurf des Berliner Opera- tionellen Programms für den EFRE das UEP II-Nach- folgeprogramm BENE – Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung aufzunehmen. Dieses Programm hat zwei Bestandteile: BENE - Teil Klimaschutz und BENE - Teil Umwelt- und Ressourcenschutz. Diese Unterteilung wurde aufgrund der Maßgaben aus den vorliegenden Entwürfen zu den Strukturfondsverordnungen ab 2014 vorgenommen. Die Förderung der naturnahen Regenwas- serbewirtschaftung ist im Programmteil BENE - Umwelt- und Ressourcenschutz enthalten. Da der Planungsprozess für die Strukturfondsförderperiode 2014-2020 noch nicht abgeschlossen ist, kann derzeit nicht eingeschätzt werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Pro- grammteil BENE Teil Umwelt- und Ressourcenschutz in den Entwurf des Berliner Operationellen Programms für den EFRE aufgenommen wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 151 2 Frage 6: Welche rechtlichen Instrumente, technischen Regelwerke und gesundheitlichen Vorschriften unterstüt- zen das Konzept der naturnahen Regenwasserbewirtschaf- tung, welche stehen dem entgegen? Antwort zu 6: Als rechtliche Instrumente, die eine na- turnahe Regenwasserbewirtschaftung unterstützen, sind das WHG, das BWG und hier insbesondere der § 36 a sowie die NwFreiV zu nennen. Als wesentliches techni- sches Regelwerk wird auf das DWA Arbeitsblatt A 138 verwiesen. Entgegenstehen können in Abhängigkeit von der Lage des Grundstücks/Plangebiets die Verbotstatbestände der einschlägigen Wasserschutzgebietsverordnungen. Grundsätzlich umfasst die naturnahe Regenwasserbe- wirtschaftung eine Vielzahl von Maßnahmen, deren spe- zifische Eignung von den Standortbedingungen, wie der lokalen Geologie, der Wasserdurchlässigkeit des Bodens, den örtlichen Grundwasserständen/Vorkommen von Schichtenwasser, dem vorhandenen/geplanten Versiege- lungsgrad, dem vorhandenen/geplanten Gebäudebestand bzw. den geplanten Nutzungsvorstellungen sowie der vorhandenen Altlastensituation abhängt und im konkreten Einzelfall geprüft werden muss. Frage 7: Hält der Senat das Förderprogramm "Ökolo- gische Regenwasserbewirtschaftung" wie es in Bremen angeboten wird auch für Berlin für geeignet? Antwort zu 7: Das Bremer Förderprogramm ist in sei- ner Zielsetzung mit Ausrichtung auf den Wohnungsbau interessant. Einige der geförderten Maßnahmengruppen wären grundsätzlich auch in Berlin im Interesse einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung sinnvoll. Frage 8: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Kon- zepte der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung beim Neubau und vor allem beim Bestand zu unterstützen und welche weiteren Anstrengungen sind dazu erforderlich? a) In Bezirken (z. B. Schulen, Grünanlagen)? b) Bei anderen Einrichtungen der öffentlichen Hand. c) Bei privaten Grundstückseigentümer. Antwort zu 8: Es wird davon ausgegangen, dass Neu- bauten die Erfordernisse der Regenwasserbewirtschaftung bereits entsprechend dem Leitfaden der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt „Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung . Gebäudebegrünung, Gebäudeküh- lung. Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und War- tung“ berücksichtigen. Die Förderung im Umweltentlastungsprogramm II (UEP II) bezieht sich im Gebäudebereich ausschließlich auf Maßnahmen im Bestand mit den Zielgruppen zu a) und b) sowie auf Nichtwohngebäude Privater mit sozialer oder unternehmerischer Nutzung. Die Zielgruppe der pri- vaten Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer (Wohnhäuser) zählt nicht zu den Förderempfängern des UEP II. Das UEP II-Nachfolgeprogramm BENE könnte die bestehende Förderung im Bereich Regenwasserbewirt- schaftung fortsetzen, sofern dem Vorschlag zur Aufnah- me des Programmteils BENE - Umwelt- und Ressourcen- schutz in den Entwurf des Berliner Operationellen Pro- gramms für den EFRE gefolgt wird (s. Antwort zu Frage 5). Wenn in Berlin für den privaten Wohnungsbau spür- bare Anreize zu Flächenabkopplungen und damit Redu- zierung von Niederschlagswasserableitungen in die Ge- wässer in messbaren Größenordnungen gesetzt werden sollen, müssten aus dem Berliner Landeshaushalt finan- zierte neue Förderprogramme geschaffen bzw. entspre- chende Förderziele in konkrete Förderprogramme der Stadterneuerung und des Wohnungsneubaus integriert werden. Derartige neue Förderprogramme bzw. die Er- weiterung bestehender Förderprogramme plant der Senat jedoch nicht. Indirekt wurde ein Anreizsystem zur dezentralen Re- genwasserbewirtschaftung auf Grundstücken durch die Einführung des Entgeltsplittings bei den Berliner Wasser- betrieben im Jahre 2000 geschaffen. Die Flächeneigentü- merinnen und -eigentümer können sich vom Entgelt (ak- tuelle Höhe von 1,825 € m2/a) durch Maßnahmen zum Wasserrückhalt vollständig oder teilweise befreien. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor, in welcher Größen- ordnung Flächenabkopplungen vom Kanalnetz seit Ein- führung des Entgeltsplittings stattgefunden haben. Frage 9: Wie sind die Aufgaben bei der Regenwasser- bewirtschaftung zwischen Senat, BWB und den Bezirken verteilt? Antwort zu 9: Die Regenwasserbewirtschaftung ist ei- ne Aufgabe der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Die Bezirke können bei der Erstellung von Bebauungsplänen entsprechende Vorgaben und Auflagen zur Regenentwässerung festlegen. Den Berliner Wasser- betrieben ist die Niederschlagsentwässerung von öffentli- chen Straßen als Pflichtaufgabe gesetzlich übertragen. Berlin, den 02. Juli 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2013)