Drucksache 17 / 12 191 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Bola Olalowo (GRÜNE) vom 07. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2013) und Antwort Innovationsförderung in der Solarindustrie – was und wie wurde gefördert? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele und welche Unternehmen aus der Solarindustrie mussten in Berlin seit 2009 Insolvenz anmelden, bzw. wie viele Niederlassungen mussten geschlossen werden? Sind dem Senat Gründe hierfür bekannt? 2. Welche technologischen Ansätze wurden von den einzelnen Unternehmen in Berlin verfolgt? 11. Wie viele und welche geförderten Unternehmen aus diesem Bereich mussten in Berlin seit 2009 Insolvenz anmelden, bzw. wie viele Niederlassungen mussten ge- schlossen werden? Sind dem Senat Gründe hierfür be- kannt? Zu 1., 2. und 11.: Dem Senat liegen für den genannten Zeitraum Informationen über zwei insolvente Unterneh- men vor, die im Hinblick auf Forschungs- und Entwick- lungs (FuE)- Aktivitäten gefördert wurden. Dabei handelt es sich um die Inventux Technologies AG (Insolvenzan- trag im Mai 2012, Übernahme durch südamerikanische Investoren; Fortführung der Produktion in Berlin) und die Soltecture GmbH (Insolvenzantrag im Mai 2012). Außer- dem gab es weiter zurückliegende Engagements bei Solon SE/ Solon Photovoltaik GmbH (Insolvenzantrag im De- zember 2011; Übernahme durch die Microsol Internatio- nal LL FZE (UAE)). Die Unternehmen konzentrierten sich vor allem auf die Herstellung von wirkungsstärkeren Modulen (kristalline bzw. Dünnschichtsolarmodule). Nach Einschätzung des Senates sind die Insolvenzen al- lerdings nicht etwa auf Schwächen in der Technologie- entwicklung zurückzuführen, sondern vor allem ein Re- sultat des Kostendrucks aufgrund verstärkter Aktivitäten asiatischer Wettbewerber. So war beispielsweise die Sol- tecture GmbH – ursprünglich als Sulfurcell Solartechnik GmbH eine Ausgründung aus dem Hahn-Meitner-Institut (HMI) – im Bereich der Dünnschichtsolarmodule (CISTechnologie = Kupfer-Indium-Sulfid) tätig. Zu dieser Technologie betrieb das HMI zuvor erfolgreich Grundla- genforschung, so dass ein etwa 3jähriger Know-how- Vorsprung bestand, der zwar mit der Ausgründung zu- nächst erfolgreich, im preislichen Wettbewerb mit der traditionellen siliziumbasierten Technologie mittelfristig jedoch nicht genutzt werden konnte. 3. Welche Fördermaßnahmen wurden seit 2005 durch den Senat durchgeführt? Welche technologischen Ansätze wurden dabei gefördert? Zu 3.: Im Rahmen der Innovationsfinanzierung wurde das Programm zur Förderung von Forschung, Innovatio- nen und Technologien – Pro FIT (im Folgenden auch einschließlich des Vorgängerprogramms) eingesetzt. Dar- über hinaus wurde die Sulfurcell Solartechnik GmbH als Rechtsvorgängerin der Soltecture GmbH im Rahmen des Umweltentlastungsprogramms Berlin (UEP) zur Umset- zung der o.g. Ausgründung (siehe Antwort zu 1. und 2.) in 2001 gefördert. Zu den geförderten Technologien siehe Antwort zu 1. 4. In welcher Höhe wurden seit 2005 Mittel für die Förderung von Solarunternehmen ausgebracht? Bitte nach Jahresscheiben differenzieren. Zu 4.: Seit 2005 wurden im Rahmen des Programms Pro FIT insgesamt rund 18 Mio. Euro für die Förderung der genannten insolventen Solarunternehmen ausgezahlt. Dabei entfielen auf die einzelnen Jahre folgende Sum- men: 2005 – 0,1 Mio. Euro; 2006 – 0,5 Mio. Euro; 2007 – 0,4 Mio. Euro; 2008 – ca. 0,7 Mio. Euro; 2009 – ca. 5,0 Mio. Euro; 2010 – 9,5 Mio. Euro und 2011 – ca. 1,8 Mio. Euro. Die anderen Berliner Innovationsförderprogramme wurden aufgrund ihrer - im Vergleich zum Programm Pro FIT - eher geringeren monetären Bedeutung (Bewilli- gungsvolumen insgesamt unter 100.000 Euro) nicht in die Betrachtung mit einbezogen. Für die Vorhaben aus dem Umweltentlastungsprogramm Berlin (UEP) ergaben sich seit 2005 folgende Ausgaben nach Jahrestranchen aufge- teilt: 2005 – ca. 1.2 Mio. Euro; 2006 – ca. 0,8 Mio. Euro; 2007 – ca. 0,3 Mio. Euro und 2008 – ca. 9 TEuro, insgesamt also ca. 2,3 Mio. Euro. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 191 2 5. Auf welcher Grundlage hat der Senat die Förderentscheidungen getroffen? Zu 5.: Die Förderentscheidungen im Rahmen von Pro FIT bzw. der Vorgängerprogramme wurden vom zustän- digen Förderausschuss auf der Grundlage der jeweils gel- tenden Fassung der Programmrichtlinien des Landes Ber- lin getroffen. Die wesentlichen Kriterien sind in Nummer 6 genannt. Im Förderausschuss sind unter der Leitung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und For- schung die Investitionsbank Berlin (IBB), die Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) sowie die Handwerks- kammer Berlin als ständige Mitglieder vertreten. Überdies sind die von der IBB in Abstimmung mit der Senatsver- waltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ver- traglich eingebundenen Fachgutachterinnen und Fachgut- achter als Einzelpersonen oder Vertreterinnen oder Ver- treter von verschiedenen Institutionen (z.B. VDI/VDE-IT, TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, Physikalisch- Technische Bundesanstalt, Bundesanstalt für Materialprü- fung und -forschung) als Mitglieder vertreten. Grundlage für die Förderentscheidungen im Rahmen des Umweltent- lastungsprogramms Berlin (UEP) war die EFRE- Verordnung bzw. das von der EU genehmigte Operatio- nelle Programm für den Förderzeitraum 2000 bis 2008 (Ziel-1-Fördergebiet), sowie die für das UEP geltende Förderrichtlinie und der im Projektverlauf konkretisierte Businessplan. 6. Wie hat der Senat die technologische und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ge- prüft? Welche Bedeutungen wurden dabei der Marktnähe bzw. -fähigkeit der einzelnen Fördermaßnahmen zu ge- messen? Zu 6.: Bei Pro FIT erfolgt die Prüfung der Projekte in zwei Stufen, wobei das Vorhaben sowohl im engeren Sinne als auch im Zusammenhang mit dem Unterneh- menskonzept bewertet wird: In der ersten Stufe findet eine fachtechnische Prüfung und marktbezogene Ein- schätzung durch externe Fachgutachter statt. Dabei erfolgt auch eine Betrachtung der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit der Projektergebnisse (Zielmarkt, potentielle Kundinnen und Kunden/ Abnehmerinnen und Abnehmer im Sinne der oben sogenannten „Marktfähigkeit“), der auf das Produkt / Verfahren bezogenen Umsatzplanung, der Markteintrittsbarrieren sowie des Markteintrittskonzepts. Diese Betrachtung erfolgt sogar - wenn auch nur auf einer abstrakteren Ebene - bei Vorhaben der industriellen For- schung, also bei noch großer Marktferne. Im Rahmen der eher kaufmännisch/ betriebswirtschaftlichen Prüfung durch die IBB - der zweiten Stufe des Antragsverfahrens - erfolgt eine Betrachtung und Bewertung der wirtschaftli- chen Verhältnisse, der Bilanzverhältnisse und der Ge- winn- und Verlustplanung der Unternehmen (anhand von Jahresabschlüssen, betriebswirtschaftlichen Auswertun- gen und Unternehmensplanungen für Folgejahre). Außer- dem werden die Feststellungen der Fachgutachter zu den Aspekten Markt und Vermarktung plausibilisiert. 7. Welche Förderdauer hatten die einzelnen Fördermaßnahmen ? Zu 7.: Die Förderdauer der im Rahmen von Pro FIT geförderten Projekte lag zwischen 9 und 42 Monaten (36 Monate Maximallaufzeit zuzüglich kostenneutraler Ver- längerung). Die seit 2005 bewilligten Fördermaßnahmen im Rahmen des UEP hatten eine Förderdauer von 1,5 Jahren. 8. Wurden vom Senat explizit Unternehmensgründungen in der Solarindustrie gefördert? Wenn ja wie viele und wie wurden diese geprüft? Zu 8.: Eine explizite Förderung von Unternehmen der Solarbranche erfolgte nicht. Allerdings konnte bzw. kann das Programm Pro FIT auch für die anteilige Finanzie- rung von Innovationsvorhaben in Unternehmensfrühpha- sen genutzt werden. Im Rahmen von Pro FIT wurde eines der genannten Solartechnikunternehmen in der Grün- dungsphase im weiteren Sinne (3-Jahreszeitraum ab for- meller Gründung) gefördert. Bei Unternehmen in der Frühphase wird ergänzend zu den üblichen Unterlagen auch die ausführliche Geschäftsplanung (Businessplan) in die Prüfung einbezogen. 9. Fand eine Zwischenevaluation der durchgeführten Fördermaßnahmen statt? Wenn ja, mit welchen Ergebnis- sen? Wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Im Sinne einer Zwischenevaluierung sind bei dem Programm Pro FIT aufgrund der zuwendungsrechtli- chen Bestimmungen jährlich Zwischennachweise mit einem Sachbericht über den Projektfortschritt und den Zielerreichungsstand von den Unternehmen zu erbringen. Im Rahmen der regelmäßig beauftragten fachtechnischen Projektbegleitung ist daher durch Berichte der Zuwen- dungsempfängerin/ des Zuwendungsempfängers das Er- reichen verbindlich festgelegter Auflagen sowie Meilen- steine festzustellen und durch die Unternehmen ggf. im Rahmen einer Zwischenpräsentation nachzuweisen. Zur Weiterförderung bedarf es jeweils einer entsprechenden Empfehlung der/ des projektbegleitenden Fachgutachte- rin/ Fachgutachters. Parallel dazu beobachtet die IBB anhand einschlägiger betriebswirtschaftlicher Unterlagen sowie im Rahmen von Vor-Ort-Terminen den Projektfort- schritt und die Unternehmensentwicklung. Dabei ist vor allem die geschlossene Finanzierung des Vorhabens und des Unternehmens mindestens in der Projektlaufzeit zu prüfen und zu bestätigen. 10. Fand eine ex Post-Evaluation der durchgeführten Fördermaßnahmen statt? Wenn ja, mit welchen Er- gebnissen? Wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Bei Pro FIT ist auf Projektebene im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung durch die IBB von den Unternehmen ein abschließender Sachbericht einzu- reichen, mit dem u.a. das erzielte Projektergebnis darzu- stellen ist. Teilweise findet auch eine Projektabschluss- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 191 3 präsentation im Förderausschuss statt. Die Abschlussbe- richte werden von der/ dem jeweils zuständigen Fachgut- achterin/ Fachgutachter abgenommen. Im Ergebnis wur- den die mit den Projekten angestrebten technischen Ziele grundsätzlich erreicht. Die geschlossene Gesamtfinanzie- rung und positive Fortführungsprognosen waren zum Zeitpunkt jeder getätigten Auszahlung gegeben. Auf Pro- grammebene wurde 2010 eine externe Evaluierung der Berliner Innovations- und Technologieförderung durch die PricewaterhouseCoopers AG durchgeführt, die im Ergebnis einen hohen Zielerreichungsgrad für die Pro FIT-Projekte und somit auch für das Gesamtprogramm bestätigt. Berlin, den 4. Juli 2013 In Vertretung Henner B u n d e ................................................................. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2013)