Drucksache 17 / 12 211 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 10. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juni 2013) und Antwort Mittelverwendung der Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch waren die Einnahmen und Ausgaben der Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX für Berlin in den Jahren seit 2010 (bitte nach Jahren getrennt aufschlüs- seln)? Zu 1.: Die Einnahmen betrugen in 2010 =20.312.227 € 2011 =20.707.449 € 2012 =21.945.406 €. Die o. g. Einnahmen entsprechen dem Ist-Aufkommen an Ausgleichsabgabe im jeweiligen Kalenderjahr (ohne sonstige Einnahmen, vgl. u. a. § 77 Abs. 6 Satz 2 SGB IX). Die Ausgaben betrugen in 2010 =20.779.299 € 2011 =22.487.586 € 2012 =28.018.359 €. Die o. g. Ausgaben beinhalten nicht die Abführung an den Ausgleichsfonds im jeweiligen Kalenderjahr (vgl. § 77 Abs. 6 Satz 1 SGB IX). 2. Wie verteilen sich die Ausgaben der Ausgleichsab- gabe nach § 77 SGB IX für Berlin in den Jahren seit 2010 auf a. Leistungen zur Förderung des Arbeits- und Ausbildungsplatzangebots für schwerbehinderte Men- schen, b. Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben, einschließlich der Durchführung von Aufklärungs- , Schulungs- und Bildungsmaßnahmen, c. Leistungen für Einrichtungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben, d. Leistungen zur Durchführung von Forschungsund Modellvorhaben auf dem Gebiet der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Zu 2.: a. Die Ausgaben für Leistungen zur Förderung des Ar- beits- und Ausbildungsplatzangebots für schwerbehinder- te Menschen betrugen in 2010 =1.533.968 € 2011 =1.366.039 € 2012 =1.442.143 €. b. Die Ausgaben für Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben, einschließlich der Durchführung von Aufklärungs-, Schulungs- und Bildungsmaßnahmen be- trugen in 2010 =18.654.924 € 2011 =20.185.682 € 2012 =25.270.360 €. c. Die Ausgaben für Leistungen für Einrichtungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben betrugen in 2010 = 356.658 € 2011 = 689.616 € 2012 =1.255.856 €. d. Die Ausgaben für Leistungen zur Durchführung von Forschungs- und Modellvorhaben auf dem Gebiet der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben betrugen in 2010 =233.749 € 2011 =246.249 € 2012 = 50.000 €. 3. Nach welchem Schlüssel werden die Gelder auf die einzelnen Leistungsbereiche verteilt (bitte mit einer Auf- schlüsselung nach jährlichen Ausgabenvolumina nach ambulant/stationär)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 211 2 Zu 3.: Die Leistungen aus Mitteln der Ausgleichsab- gabe werden nicht nach einem spezifischen Schlüssel verteilt. Das Integrationsamt gewährt die Leistungen ge- mäß den gesetzlichen Vorschriften der §§ 14 ff. Schwer- behinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) auf Antrag im förmlichen Verwaltungsverfahren. Soweit auf die Leistungen ein gesetzlicher Rechtsanspruch be- steht, wie bei Leistungen zur Finanzierung der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz (§ 17 Abs. 1a SchwbAV) oder einer Berufsbegleitung im Sinne der Un- terstützten Beschäftigung (§ 38a Abs. 3 des Neunten Bu- ches Sozialgesetzbuch, § 17 Abs. 1b SchwbAV) ist dem Anspruch – soweit die Mittel der Ausgleichsabgabe ausreichen - in voller Höhe zu entsprechen. Bei der Entschei- dung über die übrigen Leistungsarten an schwerbehinder- te Menschen oder Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach der SchwbAV hat das Integrationsamt über die jeweiligen Anträge nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Ermessens-ausübung orientiert sich dabei im Rahmen der von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen zur Er- messensausübung an den Empfehlungen der Bundesar- beitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsor- gestellen (BIH) zu den einzelnen Leistungsnormen. Leistungen für Einrichtungen zur Teilhabe schwerbe- hinderter Menschen werden entsprechend der konkret ermittelten Bedarfslage für die notwendige Zahl von Werkstatt- oder Wohnheimplätzen einzelprojektbezogen bewilligt. Leistungen zur Durchführung von Forschungs- und Modellvorhaben auf dem Gebiet der Teilhabe schwerbe- hinderter Menschen am Arbeitsleben werden vom Integ- rationsamt ebenfalls einzelprojektbezogen und unter der Voraussetzung finanziert, dass der Forschungs- oder Mo- dellgegenstand unter Berücksichtigung der besonderen Situation im Land Berlin ausschließlich oder überwiegend von regionaler Bedeutung ist. Vorrangig sind die Mittel der Ausgleichsabgabe für die Förderung des Arbeits- und Ausbildungsplatzangebots für schwerbehinderte Menschen sowie für Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben, einschließlich der Durchführung von Aufklärungs-, Schulungs- und Bil- dungsmaßnahmen, zu verwenden (vgl. § 14 Abs. 2 SchwbAV). Die vom Landesamt für Gesundheit und Soziales – Integrationsamt – gewährten Leistungen können in den Kategorien ambulant oder stationär nicht fachadäquat rubriziert werden. 4. Was sind die konkreten Kriterien der Mittelverwen- dung? Zu 4.: Bei der Entscheidung über den Einsatz der Mit- tel der Ausgleichsabgabe gemäß den Leistungsnormen der SchwbAV ist das Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvo- raus-setzungen zu prüfen. Dazu gehört neben der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Rechts- norm auch die Berücksichtigung der Zielstellung des 2. Teils des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der UN- Behindertenrechtskonvention. Konkret bedeutet dies, dass mit jeder Entscheidung über eine Leistungsvergabe dem Ziel der beruflichen Teilhabe schwerbehinderter Men- schen als Bestandteil der gesellschaftlichen Inklusion bestmöglich entsprochen wird. Dabei ist für den Bereich der Leistungen zur Förderung des Arbeits- und Ausbil- dungsplatzangebots für schwerbehinderte Menschen und der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben eine Berücksichti- gung der Besonderheiten jedes Einzelfalls erforderlich, so dass der individuelle Teilhabeerfolg gezielt erreicht wer- den kann. Darüber hinaus verweist der Senat auf die Ant- wort zu Frage 3. 5. Wer entscheidet über die Mittelverwendung? Zu 5.: Die Planung des Einsatzes der Mittel der Aus- gleichsabgabe unterliegt als Bestandteil des Haushalts des Landes Berlin der Entscheidungshoheit des Abgeordne- tenhauses. Über die Ausgestaltung von Sonderprogrammen zur Förderung der Teilhabe schwer-behinderter Menschen am Arbeitsleben mit Mitteln der Ausgleichsabgabe des Lan- des Berlin, entscheidet das Landesamt für Gesundheit und Soziales als nachgeordnete Behörde, der nach der Ge- schäftsverteilung des Senats zuständigen Senatsverwal- tung für Gesundheit und Soziales. Über die Verwendung der Mittel der Ausgleichsabga- be im Einzelfall entscheiden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Integrationsamts gemäß den für sie gel- tenden Schlusszeichnungsbefugnissen. 6. Welche Prioritäten setzt das Land Berlin bei der Mittelverwendung? Zu 6.: Mit dem Einsatz der Mittel der Ausgleichsab- gabe verfolgt der Senat das Ziel der Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention zur Inklusion von Men- schen mit Behinderung im Bereich der Teilhabe schwer- behinderter Menschen am Arbeitsleben. Schwerpunkte zur Umsetzung dieses Ziels betreffen dabei die Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze, der Erhalt gefähr- deter und die Sicherung übriger bestehender Arbeitsver- hältnisse durch eine qualitativ und quantitativ bedarfsge- rechte Beratungs- und Begleitungsstruktur von Integrati- onsfachdiensten und durch zielgerichteten Einsatz von Unterstützungsleistungen im Bereich der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben für Arbeitgeberinnen und Arbeitge- ber sowie schwerbehinderte Menschen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales - Integra- tionsamt – verfolgt die Realisierung der genannten Ziele einerseits durch spezifisches Ausschöpfen der Möglich- keiten des gesetzlichen Leistungskatalogs als auch durch deren Bündelung im Rahmen von Landesprogrammen wie der Berliner Schwerbehinderten Job Offensive 2010 (SchwoB 2010), durch Ergänzung und Verstärkung von Leistungsangeboten des Bundes, wie der Initiative Inklu- sion, mit Mitteln der Ausgleichsabgabe des Landes Berlin sowie durch umfassende Aktivitäten im Bereich der Auf- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 211 3 klärung, Schulung und Bildung. Der Senat strebt damit diejenige Bewusstseinsbildung an, die mit der UN- Behindertenrechtskonvention und dem darin manifestier- ten Inklusionsgedanken als selbstverständliche Grundlage für das Zusammenleben von Menschen formuliert worden ist. 7. Welche stationären Einrichtungen wurden in den Jahren seit 2010 in welcher Höhe aus der Ausgleichsab- gabe gefördert (bitte nach Jahren getrennt aufschlüsseln)? Zu 7.: Es wurden keine stationären Einrichtungen (d. h. Wohnstätten nach § 30 Abs.1 Nr. 6 SchwbAV) seit dem Jahr 2010 gefördert. Es wurden folgende teilstationären Einrichtungen (d. h. Werkstätten für behinderte Menschen nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAV) seit dem Jahr 2010 gefördert: Für das Jahr 2010 Wergo gGmbH = 157.348 € Mosaik-Werkstätten gGmbH = 106.570 € Verbund für integrative Angebote gGmbH = 92.740 € Summe = 356.658 € Für das Jahr 2011 Vereinigung für Jugendhilfe gGmbH = 350.000 € Faktura gGmbH = 36.500 € Verbund für integrative Angebote gGmbH = 100.917 € FSE Lankwitzer Werkstätten gGmbH = 170.000 € Kaspar-Hauser-Therapeutikum gGmbH = 32.199 € Summe = 689.616 € Für das Jahr 2012 Mosaik-Werkstätten gGmbH = 137.694 € Werkgemeinschaft Berlin-Branden- burg gGmbH = 170.000 € Wergo gGmbH = 188.317 € Vereinigung für Jugendhilfe gGmbH = 118.571 € FSE Lankwitzer Werkstätten gGmbH = 540.000 € Verbund für integrative Angebote gGmbH = 101.274 € Summe =1.255.856 € 8. Welche Stellen waren an der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage beteiligt? Zu 8.: Landesamt für Gesundheit und Soziales - Integ- rationsamt -. Berlin, den 07. Juli 2013 Mario C z a j a _____________________________ Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2013)