Drucksache 17 / 12 220 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Albers (LINKE) vom 11. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2013) und Antwort Raffke und Co – Es wär so schön gewesen (IV) Und die Moral von der Geschicht‘? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Zu welchem Datum ist die Überweisung der soge- nannten Übergangsgelder in Höhe von jeweils 183.000 Euro auf die Konten der drei Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin erfolgt? Zu 1.: Die Anpassung der Vorstandsdienstverträge vom 27.01.2011 sah eine Auszahlung der Übergangsgel- der mit Ablauf des 28.02.2011 vor. Die Zahlung erfolgte nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin termingerecht. 2. Zu welchem Datum ist in jedem Einzelfall die Rückzahlung erfolgt? Zu 2.: Die KV Berlin hat der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales mitgeteilt, dass detaillierte An- gaben zu dieser Frage die schutzwürdigen Interessen der einzelnen Vorstandsmitglieder berühren. Die Rückzah- lung sei nach Vorliegen der gebotenen Voraussetzungen (rechtskräftiger Bescheid und entsprechender Beschluss der Vertreterversammlung) erfolgt. Über den Abschluss des Vorgangs liege der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales eine entsprechende Erledigungsmitteilung vor. Der Vorsitzende der Vertreterversammlung der KV Berlin hat der Senatsverwaltung für Gesundheit und Sozi- ales mit Schreiben vom 09.04.2013 mitgeteilt, dass nun- mehr alle zurückgeforderten Übergangsgelder vollständig bei der KV Berlin eingegangen sind. Dies wurde bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 17/11890 vom 15.04.2013 mitgeteilt. 3. Wie hoch lag der bankübliche durchschnittliche Zinssatz in dieser Zeitspanne? Zu 3.: Bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Wenn, wie den Antworten auf die entsprechenden Kleinen Anfragen "Raffke und Co I-III (Drs. 17/11890, 17/11891, 17/11892) zu entnehmen, die Auszahlung der Übergangsgelder ganz offensichtlich unrechtmäßig er- folgte, warum müssen dann die Zinsen, die diese Über- gangsgelder für die Dauer der Verweigerung der Rück- zahlung auf die Konten der drei Vorstandsmitglieder brachten, nicht an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zurückgezahlt werden? Zu 4.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Sozi- ales hat bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 17/11890 vom 15.04.2013 unter 5. und 6. entsprechende Ausführungen gemacht: „Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat die KV Berlin verpflichtet, den Beschluss der Vertreterversammlung zur Auszahlung der Übergangs-gelder aufzuheben, und der Vorsitzende der Vertreterversammlung wurde aufgefordert, gegenüber den Vorstandsmitgliedern die notwendigen Maßnahmen zur Rückforderung der ausgezahlten Übergangsgelder von jeweils 183.000 € zu veranlassen. Rechts-grundlage für den Verpflichtungsbescheid ist § 78 Abs. 3 Sozialgesetz- buch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 89 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach kann die Aufsichtsbehörde die Körperschaft verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Rechtsverletzung lag in der unrechtmäßigen Auszahlung der Übergangsgelder. Der Verpflichtungsbescheid hat daher die Rückabwick- lung der unrechtmäßigen Auszahlung zum Gegenstand. Die Entscheidung, ob die KV Berlin über den Rückzah- lungsanspruch hinaus Zinsen bzw. Säumniszuschläge gegenüber den Vorstandsmitgliedern geltend macht, ob- liegt der Vertreterversammlung der KV Berlin als zustän- digem Organ der Selbstverwaltung.“ Nähere Erläuterungen sind im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht möglich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 220 2 5. Kann der Senat den Vorstand der KV Berlin anwei- sen, auch die aufgelaufenen Zinsen für die zu Unrecht einbehaltenen Übergangsgelder zurückzufordern? Zu 5.: Nein. Der Senat kann den Vorstand der KV Berlin nicht anweisen, die aufgelaufenen Zinsen für die zu Unrecht erhaltenen Übergangsgelder - von sich selbst - zurückzufordern. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist gemäß § 78 Abs. 1 SGB V zuständige Aufsichtsbehörde über die KV Berlin. Im Rahmen der Rechtsaufsicht hat sie das Satzungsrecht der KV Berlin und die vorgesehenen Zuständigkeiten zu beachten. In § 5 Abs. 1 Nr. 8 der Satzung der KV Berlin ist unter anderem geregelt, dass die Vertreterversammlung über die Vergü- tungen der Vorstandsmitglieder zu beschließen hat und die Vertreterversammlung die Körperschaft gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern zu vertreten hat. § 3 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vertreterversamm- lung der KV Berlin bestimmt, dass der Vorsitzende die Vertreterversammlung als Selbstverwaltungsorgan der KV repräsentiert und er die Vertreterversammlung in dienstrechtlichen Fragen gegenüber dem Vorstand vertritt. Dementsprechend obliegt es der Vertreterversammlung der KV Berlin, Rückzahlungsansprüche in Bezug auf die Vorstandsvergütung gegebenenfalls gegenüber den Vor- standsmitgliedern geltend zu machen. Für die Durchset- zung der von der Vertreterversammlung beschlossenen Rückzahlungsforderungen ist dann der Vorsitzende der Vertreterversammlung zuständig. Eine Anweisung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales an den Vorstand der KV Berlin, die aufgelaufenen Zinsen für die unrechtmäßig erhaltenen Übergangsgelder zurückzuzah- len, ist aufgrund der im Satzungsrecht geregelten Zustän- digkeiten innerhalb der KV Berlin nicht möglich. Die grundsätzliche Entscheidung, ob die KV Berlin über den Rückzahlungsanspruch hinaus Zinsen bzw. Säumniszu- schläge gegenüber den Vorstandsmitgliedern geltend macht, ist von der Vertreterversammlung der KV Berlin als zuständigem Organ der Selbstverwaltung zu treffen (siehe Antwort zu Frage 4). 6. Wird der Senat dementsprechend handeln? Zu 6.: Nein. 7. Trifft die Schlussfolgerung zu, dass sich das Her- auszögern der Rückzahlung für die drei Vorstandsmit- glieder trotz des Scheiterns vor Gericht "bezahlt" gemacht hat und dass, als Moral von der Geschichte, der- oder diejenige, die die Rückzahlung der unrechtmäßig bezoge- nen „Übergangsgelder“ am längsten verweigert hat, auch noch den größten Reibach bei dem schmutzigen Deal gemacht hat? Zu 7.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Sozi- ales kann diese Schlussfolgerungen nicht ziehen, weil ihr nicht bekannt ist, ob und in welcher Höhe bei den Vor- standsmitgliedern Zinsen für die unrechtmäßig erhaltenen Übergangsgelder entstanden sind. 8. Wie hoch sind die Kosten, die der KV Berlin für die rechtsanwaltliche Beratung und Vertretung sowie für das Gutachten, das die Position des KV-Vorstands juristisch untermauern sollte, entstanden sind? Zu 8.: Die KV Berlin hat mitgeteilt, dass Angaben zu dieser Frage Interna der KV Berlin betreffen und zugleich geeignet seien, die Interessen der beauftragten Anwalts- kanzlei zu verletzen. 9. Kann der Senat inoffizielle Informationen aus der KV bestätigen, dass dieses sogenannte „Gutachten“, dem letztendlich im Verfahren vor Gericht keinerlei Relevanz zukam, rund 40.000 Euro gekostet hat? Zu 9.: Nein, der Senat kann diese Informationen nicht bestätigen. Die KV Berlin lehnt es ab, auf Spekulationen und mögliche Indiskretionen einzugehen. 10. Trifft es zu, dass die entsprechenden Gebühren für die Anwälte, die die Vorstandsmitglieder im Verfahren vertreten haben, nach der geltenden Gebührenordnung mindestens 10.000 Euro betragen haben müssten? Zu 10.: Die Rechtsanwaltsgebühren richten sich nach dem Umfang des erteilten Mandats. Der Senatsverwal- tung für Gesundheit und Soziales sind das erteilte Mandat und die entsprechende Vergütungsvereinbarung nicht bekannt. 11. Warum wurden Fragen in diesem Zusammenhang (siehe meine Kleine Anfrage 17/11892) von den Verant- wortlichen in der KV Berlin bisher nicht beantwortet? 12. Täuscht der Eindruck, dass der KV-Vorstand of- fenbar nicht willens ist, darüber Auskunft zu geben? Zu 11. und 12.: Die KV Berlin verweist darauf, dass soweit vergleichbare oder gleichlautende Fragestellungen offengeblieben sein sollten, Interna der KV Berlin und ihrer Gremien angesprochen seien. Auf diese Interna einzugehen, finde grundsätzlich seine Grenzen, soweit schutzwürdige Belange Einzelner berührt werden. Interna aus den Vorstandsdienstverträgen und Zahlungsabläufen unterlägen denselben Beschränkungen einer öffentlichen Bekanntgabe wie alle anderen Personalangelegenheiten. 13. Wird der Senat hier die notwendige Transparenz im Interesse der Öffentlichkeit durchsetzen? Zu 13.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und So- ziales setzt die Transparenz im Interesse der Öffentlich- keit durch, soweit dies rechtlich möglich und geboten ist. Berlin, den 30. August 2013 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sep. 2013)