Drucksache 17 / 12 222 Kleine Anfrage 17.17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Anja Schillhaneck (GRÜNE) vom 12. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2013) und Antwort Wie wird die „familienpolitische Komponente“ des WisszeitVG an den Berliner Universitäten genutzt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen wurde in den Jahren 2010, 2011 und 2012 an den Berliner Universitäten die nach WisszeitVG zulässige Höchstdauer der so genannten „Qualifikationsphase“ unter Anwendung der so genannten „familienpolitischen Komponente“ (§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG) ausgedehnt? (bitte nach Universitäten und Jahren getrennt ausweisen) Zu 1.: Die Fälle, in denen an den Berliner Universitä- ten im fraglichen Zeitraum eine Verlängerung der insge- samt zulässigen Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG (sog. fa- milienpolitische Komponente) eingetreten ist, sind fol- gender Übersicht zu entnehmen (Angaben der Hochschu- len): FU – Freie Universität Berlin, HU – Humboldt-Universität zu Berlin, TU – Technische Universität, UdK - Universität der Künste 2. In wie vielen Fällen wurde im selben Zeitraum von einer weiteren Beschäftigung in der Qualifikationsphase abgesehen, da die reguläre zulässige Höchstdauer nach WisszeitVG erreicht war? (bitte ebenfalls nach Universi- täten und Jahren getrennt ausweisen) Zu 2.: Die Beantwortung dieser Frage ist auf der Grundlage der vorliegenden Daten nicht möglich. Es ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligten eine über die je- weilige Höchstbefristungszeit hinausgehende befristete Beschäftigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Wiss- ZeitVG (sachgrundlose Befristung) im Hinblick auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen in aller Regel oh- nehin nicht ins Auge fassen werden. 3. Wie viele WissenschaftlerInnen scheiden nach Er- kenntnissen oder Einschätzung des Senats jährlich aus der Qualifikationsphase aus ohne das angestrebte Qualifikati- onsziel erreicht zu haben, weil die Höchstbeschäftigungs- dauer nach WisszeitVG erreicht ist? Zu 3.: Zu dieser Frage können keine belastbaren An- gaben gemacht werden, da entsprechende Daten nicht systematisch erfasst werden. Nach Einschätzung des Se- nats dürfte es sich hier um Ausnahmefälle handeln. FU HU Charité TU UdK 2010 3 1 2011 25 5 2012 49 12 je 8 - 10k.A. k.A. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 222 2 4. Wie groß ist der Anteil von Eltern von unter 18- jährigen Kindern in der Gruppe der Wissenschaftlichen MitarbeiterInnen in der Qualifikationsphase an den Berli- ner Universitäten (bitte ggfs. schätzen) Zu 4.: Siehe folgende Tabelle (Angaben der Hoch- schulen): 5. Sind Fälle bekannt, in denen die so genannte „familienpolitische Komponente“ a) zu Anwendung kam? Wenn ja, wie viele Fälle? b) nicht zur Anwendung kam, weil der Arbeitgeber dies nicht wünschte oder erforderlich hielt? Wenn ja, wie viele Fälle? Zu 5.: Siehe folgende Tabelle (Angaben der Hoch- schulen): 6. Was spricht oder spräche nach Ansicht a) des Senats b) der Universitäten dagegen und/oder dafür, die „familienpolitische Komponente “ des WisszeitVG, also die Verlängerung der Höchstbeschäftigungsdauer in der Qualifikationsphase um zwei Jahre für jedes Kind unter 18 Jahren, automatisch anzuwenden, und somit Eltern in der Qualifikationsphase die Vereinbarkeit von Kindererziehung und wissenschaft- licher Qualifikation besser zu ermöglichen? Zu 6.: Für eine solche „automatische“ Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge bei Vorliegen der Voraus- setzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG (sog. fami- lienpolitische Komponente) sprächen aus Sicht des Senats unter anderem die damit zumindest abstrakt verbundene Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die mit einer solchen Regelung verbundene Einheit- lichkeit der Befristungspraxis bei vergleichbaren Famili- enverhältnissen. Dagegen spräche jedoch, dass eine „automatische “ Verlängerung um pauschal zwei Jahre je Kind nicht in jedem Fall sach- und interessengerecht wä- re. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Hochschulen und mögliche künftige Bewerberinnen und Bewerber, sondern auch hinsichtlich der betroffenen wissenschaftli- chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst. Aus Sicht des Senats ist es sinnvoll, die Entscheidung über eine konkrete Vertragsverlängerung bei einer Ver- längerung der Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG („familienpolitische Komponente“) nicht durch eine typisierende und generalisierende gesetz- liche Regelung vorwegzunehmen, sondern weiterhin den Akteurinnen und Akteuren vor Ort zu überlassen. Nur diese sind in der Lage, eine anhand der Gesamtumstände des Einzelfalles insgesamt sach- und interessengerechte Entscheidung zu treffen, die insbesondere die konkrete berufliche und familiäre Situation sowie den Stand der Erreichung der Qualifikationsziele ebenso berücksichtigt wie die weitere Karriereplanung der betroffenen wissen- schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch die Berliner Universitäten stehen einer im Ge- setz vorgesehenen „automatischen“ Vertragsverlängerung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG („familienpolitische Komponente“) unter anderem wegen der damit verbundenen Verringerung verfügbarer Qualifikationsstellen und des Verlustes an Einzelfallgerechtigkeit kritisch gegenüber. Berlin, den 27. Juli 2013 In Vertretung Dr. Knut Nevermann Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Aug. 2013) FU HU Charité TU UdK Anteil in % (ca.) 19% 20% 50% 29% 37% FU HU Charité TU UdK a. zu Anwendung kam? Wenn ja, wie viele Fälle? s. Frage 1 s. Frage 1 3 8 b. nicht zur Anwendung kam, weil der Arbeitgeber dies nicht wünschte oder erforderlich hielt? Wenn ja, wie viele Fälle? 0 0 0 0 k.A.