Drucksache 17 / 12 240 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 11. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2013) und Antwort Geschlechterparität im Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversamm- lungen fördern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hat der Senat Kenntnis von den Paritäts-Gesetzen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, und wenn ja wie bewertet er diese? Zu 1.: Ja, dem Senat ist bekannt, dass die Länder Ba- den-Württemberg und Rheinland-Pfalz in ihren Kommu- nalwahlgesetzen Änderungen im Hinblick auf die Ge- schlechterparität vorgenommen haben. Von der Bewer- tung der Gesetze anderer Bundesländer sieht der Senat ab. 2. Sieht der Senat bezüglich einer Implementierung ähnlicher Regelungen für die Wahlen zum Berliner Ab- geordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlun- gen rechtliche Probleme, und wenn ja welche? Zu 2.: Gesetzliche Vorgaben zur Erreichung einer ge- schlechterparitätischen Besetzung des Berliner Abgeord- netenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) können verfassungsrechtlich problematisch sein. Sie können – auch unter Berücksichtigung von Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz – einen Eingriff in die Wahlrechtsgrundsätze der Gleichheit und Allgemeinheit der Wahl in Artikel 39 Absatz 1 und Artikel 70 Absatz 1 Satz 1 Verfassung von Berlin und in die Parteienfreiheit nach Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz darstellen. Die zur Geschlechterparität bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen durch die Parteien und Wählergruppen in die Kommunalwahlgesetze der Länder Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz aufgenommenen Rege- lungen sind nicht als zwingendes Recht ausgestaltet, son- dern haben appellierenden Charakter. Die Beachtung der Vorschriften ist nicht Voraussetzung für die Zulassung eines Wahlvorschlags. 3. Wie setzen sich die einzelnen Bezirksverordneten- versammlungen in Berlin hinsichtlich ihres Geschlechter- verhältnisses zusammen? In wie vielen der zwölf Berliner Bezirksverordnetenversammlungen ist ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis erreicht, in wie vielen gibt es mehr Frauen und in wie vielen einen höheren Anteil von männ- lichen Bezirksverordneten? Zu 3.: Zur Beantwortung der Frage wurde eine Um- frage bei den Bezirksverordnetenversammlungen in Ber- lin durchgeführt. Soweit in der Kürze der zur Beantwor- tung zur Verfügung stehenden Zeit eine Antwort möglich war, wurden die aktuellen Zahlen zugrunde gelegt, im Übrigen der Stand des Frauenanteils nach den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 18. Septem- ber 2011. Der Anteil der Frauen in den einzelnen Bezirksver- ordnetenversammlungen in Berlin variiert von 29,1 % bis 52,7 %. In einem Bezirk gibt es mehr Frauen in der Be- zirksverordnetenversammlung als Männer, in den anderen einen höheren Anteil von männlichen Bezirksverordneten. 4. Gibt es auch Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin, in denen Bezirksverordnete mit unbestimmter oder anderer Geschlechtsangabe sitzen? Zu 4.: Soweit dies dem Senat bekannt ist, ist das nicht der Fall. 5. Wie bewertet der Senat die unterschiedliche Re- präsentanz von Männern und Frauen in den Bezirksver- ordnetenversammlungen? 6. Wenn das Geschlechterverhältnis im Abgeordnetenhaus von Berlin sowie in der Mehrzahl der Berliner Bezirksverordnetenversammlungen noch nicht annähernd ausgewogen ist, sieht der Senat generell Möglichkeiten, die gleichberechtigte Repräsentation von Männern und Frauen auf Landes- bzw. Bezirksebene in Zukunft zu Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 240 2 sichern ohne auf ein Paritäts-Gesetz zurück zu greifen? Wenn ja, wie? Zu 5. und 6.: Der Senat strebt die Vertretung von Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung in den Bezirksverordnetenversammlungen und im Abgeord- netenhaus an. Mit einem Frauenanteil von durchschnitt- lich deutlich über 40 % in den Bezirksverordnetenver- sammlungen nimmt Berlin im Vergleich der Bundeslän- der bereits eine klare Spitzenposition ein. Angesichts der gleichwohl noch bestehenden Unterrepräsentanz von Frauen in fast allen Bezirksverordnetenversammlungen und im Abgeordnetenhaus hält der Senat weitere An- strengungen für erforderlich, um den Frauenanteil zu erhöhen. Da Selbstverpflichtungen einzelner Parteien in ihren internen Bestimmungen zur Aufstellung von Wahllisten bisher nachweislich eine deutliche Steigerung der Anzahl von Frauen in politischen Gremien zur Folge haben, sieht der Senat in diesem Verfahren grundsätzlich ein geeigne- tes Mittel, um ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis zu erreichen. Außerdem hält er eine Sensibilisierung für dieses Thema durch Öffentlichkeitsarbeit für Ziel füh- rend. Die bisherigen erfolgreichen Aktivitäten sollen fortgeführt und intensiviert werden. Beispiele hierfür sind:  Eine Broschüre des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, in der sich die weiblichen Mitglieder der BVV bzw. Bürgerdeputierte, Bezirksamtsmitglieder und Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu "FRAU- ENPOWER" aus ihrer persönlichen Sicht äußern,  eine Open Space-Veranstaltung des Jugendamts des Bezirks Steglitz-Zehlendorf zum Thema: „Politik sucht Mädchen - Mädchen suchen Politik“,  der Girls´Day im Abgeordnetenhaus von Berlin,  die Initiative „Die Löwin - Berliner Frauenbund 1945 e. V. - Mehr Frauen in die öffentliche Ver- antwortung“: Bildungsangebot für Frauen, die sich für ein öffentliches Anliegen einsetzen - oder ein- setzen wollen, u. a. als Kommunalpolitikerinnen sowie  gleichstellungspolitische Zielsetzungen oder Leitlinien der Bezirksämter (wie beispielsweise in Charlottenburg-Wilmersdorf oder Marzahn- Hellersdorf). Berlin, den 19. August 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Sep. 2013)