Drucksache 17 / 12 314 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 24. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2013) und Antwort Gefährliche Fesselspiele? Technische Spezifikationen und bekannte Probleme der elektroni- schen Führungsaufsicht Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Überwachungsgeräte ("Fußfesseln") wer- den bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht in Berlin eingesetzt (Her- steller und Modell)? Zu 1.: Herstellerfirma: 3M (ehemals Elmo Tech), 2 Habarzel ST | 69710 Tel Aviv, Israel; Modell: 1TrackR GPS Tracker 433. 2. Welcher Dienstleister ist für die Anlegung und Wartung der Geräte beauftragt? Zu 2.: Die Bereitstellung eines sogenannten „Vor-OrtServices “ ist eine Leistung der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung. Nach Durchführung eines Vergabe- verfahrens in Hessen erhielt die Securitas GmbH Mobil den Zuschlag. 3. Wie berechnen sich die Kosten für die Durchfüh- rung von LBS-Ortungen von 13.231 € pro Proband (Rote Nummer 17/0825)? a) Welcher Dienstleister ist hiermit beauftragt, wie lief das Vergabeverfahren ab, und welches Kontingent an Ortungsvorgängen ist damit abgedeckt? Zu 3.: Die Kosten wurden auf der Basis realer Ver- brauchszahlen der bis dahin durchgeführten Überwa- chungsmaßnahmen errechnet, welche die Hessische Zent- rale für Datenverarbeitung (HZD) im Oktober 2012 übermittelte. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte bei der Berechnung von Überwachungskosten lediglich auf Schätzwerte zurückgegriffen werden, da verlässliche Echtzahlen aufgrund der erst seit kurzer Zeit vorliegenden Möglichkeit der Anordnung einer elektronischen Aufent- haltsüberwachung (Inkrafttreten des Gesetzes zur Neu- ordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen zum 1. Januar 2011) nicht vor- lagen. Zu a): Dienstleister: Sophos GmbH, Standort Dort- mund, Seikamp 10. Ein in Hessen durchgeführtes Interes- senbekundungsverfahren führte zu der Auswahl des Dienstleisters. Das Kontingent umfasst 669.057 Ortungs- vorgänge. Dieses kann um 20 % überschritten werden. Als Berechnungsgröße des Kontingents diente die im Jahr 2012 angefallene Ortungsanzahl der Überwachungsge- räte. In diesem Jahr wird Hessen eine Ausschreibung anstoßen. 4. Wie erklärt sich die Differenz zwischen dieser Summe und den 8.000-10.000 €, die für diesen Ortungsdienst pro Person und Jahr anfallen sollen (laut Aussage in der öffentlichen Anhörung am 13.01.2012 im Aus- schuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung des Landtags von Sachsen-Anhalt)? Zu 4.: Siehe Ausführung zu 3. Diese Differenz lässt sich durch die Berechnung aufgrund der Verwendung der realen Verbrauchswerte erklären. Im Echtlauf wurde fest- gestellt, dass es häufiger als bis dahin angenommen zu LBS-Ortung (Location Based Services) kommt und somit höhere Kosten entstehen. 5. Ist mit den eingesetzten Geräten auch eine GPS- Höhenortung möglich? a) Wenn ja, mit welcher Genauigkeit? Zu 5.: Ja Zu a): Die Höhenangabe hat den Meeresspiegel als Bezug und wird in 20er Schritten angegeben. Insofern kann dieser Wert lediglich als Anhaltspunkt gewertet werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 314 2 6. Ist es zutreffend, dass mit dem eingesetzten System pro Person maximal 100 Verbots- oder Gebotszonen definiert werden können? Zu 6.: Diese Antwort kann so nicht pauschal gegeben werden. Es kommt darauf an, ob es sich um circuläre Zonen (benötigen weniger Knoten) oder polygonale Zo- nen (benötigen mehr Knoten) handelt und wie groß die polygonalen Zonen sind. Es können 400 Knoten (Eck- punkte) pro Proband eingestellt werden. 7. Handelt es sich bei dem eingesetzten System um das gleiche, dessen Einsatz im April 2012 in Kalifornien zugunsten eines anderen Anbieters eingestellt wurde, da es eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle? a) Wenn nein, worin liegen die technischen Unter- schiede? Zu 7. und a): Es handelt sich um denselben Anbieter, jedoch ist jedes System individuell und vom Einsatz und Aufbau sehr unterschiedlich, außerdem kann die Kon- trolle der Überwachung und Reaktion unterschiedliche Ergebnisse der Funktionalität zur Konsequenz haben. Bei den in Kalifornien eingesetzten Überwachungsgeräten handelte es sich um eine ältere Version der Überwa- chungsgeräte. Die in Kalifornien erhobenen Vorwürfe wurden durch die HZD geprüft und konnten für die hier eingesetzte Überwachungstechnik nicht bestätigt werden. 8. Sind dem Senat die in diesem Zusammenhang durch das California Department of Corrections and Re- habilitation erhobenen Testergebnisse und die darin be- schriebenen Probleme (etwa in Bezug auf die Zuverläs- sigkeit der Ortung, die Akkulaufzeit und die Möglichkeit, das Signal durch die Verwendung von Alufolie ohne Alarmauslösung zu stören) bekannt? Zu 8.: Die in der Presse verlautbarten kalifornischen Testergebnisse sind hier bekannt. 9. Inwieweit sind dem Senat anderweitig technische Probleme mit dem eingesetzten System bekannt? Zu 9.: Grundsätzliche Probleme sind nicht bekannt. Erste Praxiserfahrungen haben jedoch gezeigt, dass eine Verbesserung des vorhandenen Kartenmaterials für die Arbeit der Polizei wünschenswert wäre. Hieran wird bereits gearbeitet. 10. Steht das Land Berlin bzw. die anderen an der ge- meinsamen elektronischen Überwachungsstelle beteilig- ten Ländern im Kontakt bzw. Austausch mit anderen Anwendern dieses Systems? Zu 10.: Es gibt einen Lenkungskreis, in dem sämtliche an der Gemeinsamen Überwachungsstelle beteiligten Länder vertreten sind. Dieser tagt regelmäßig. 11. Aufgrund welcher Datensätze bzw. Unterlagen wurden vorstehende Fragen beantwortet und inwieweit wäre es möglich, diese (ggf. in aufbereiteter Form) auf dem Berliner Open-Data-Portal einzustellen und fortlau- fend zu aktualisieren? Zu 11.: Der Beantwortung lagen Datensätze bzw. Un- terlagen des Landes Hessen zu Grunde. Ohne eine vorhe- rige Zustimmung des Landes Hessen kann daher eine Veröffentlichung auf dem Berliner Open-Data-Portal nicht erfolgen. Berlin, den 8. Juli 2013 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2013)