Drucksache 17 / 12 322 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander Spies (PIRATEN) vom 24. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2013) und Antwort IT-Fachverfahren in den Berliner Jobcentern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft Sachverhalte, welche die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Sie hat daher die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (RD) um Stellungnahme gebeten, welche der Beantwortung der Fragen zugrunde liegen. Vorbemerkung: Gemäß § 50 Abs. 3 SGB II nutzen die gemeinsamen Einrichtungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben die durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) zentral ver- walteten Verfahren der Informationstechnik. Verantwort- liche Stelle für die zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik nach § 67 Absatz 9 des Zehnten Buches ist die BA. Da die Verantwortung für die Fachverfahren per Ge- setz bei der BA liegt, die als bundesunmittelbare Körper- schaft des öffentlichen Rechts nicht dem Kontrollrecht eines Landesparlaments unterliegt, besteht zu diesen Fra- gen grundsätzlich keine Auskunftspflicht. Da die Beant- wortung der Fragen in ihrer Kleinteiligkeit nur mit einem immensen personellen Aufwand möglich ist, werden nur Informationen gereicht, die in geeigneter Weise vorhan- den sind. 1. Welche IT-Fachverfahren sind derzeit in den Berliner Jobcentern im Einsatz (bitte IT-Fachverfahren nach Bezeichnung, Hersteller und Anwendungsgebiet auf- schlüsseln)? Zu 1.: In den gemeinsamen Einrichtungen kommen eine Vielzahl an Fachanwendungen zum Einsatz. Exemp- larisch werden benannt: o VERBIS "Vermittlungs-, Beratungs- und Informationssystems", o A2LL „Arbeitslosengeld II – Leistungen zum Lebensunterhalt“, o zPDV „zentrale Personendatenverwaltung“, o zBTR „zentrale Betriebeanwendung“, o coSach-NT computerunterstützte Sachbearbeitung, o ATV „Allgemeine Terminverwaltung“, o BEO „Besucher Eingangszonen Organisation“, o BAlimente „Datenbank zur Erfassung von Unterhaltsfällen“, o ERP „Enterprise Resource Planning“. Software zur Haushaltsmittelbewirtschaftung und Zahlbarmachung von Geldleistungen sowie die damit zusammenhängenden Kontrollhandlungen und Tätigkeiten zur Informationsaufbereitung“: o FALKE Software zur Administration von Rechtsbehelfen, Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren, o DAlgII Software zum Datenabgleich nach § 52 SGB II. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 322 2 2. Seit wann kommen diese IT-Fachverfahren jeweils zum Einsatz? Zu 2.: Eine statistische Erfassung der Chronologie zur Einführung von Fachanwendungen existiert nicht. 3. Inwiefern ist das Land Berlin als kommunaler Träger finanziell an der Entwicklung und Administration der IT-Fachverfahren beteiligt (gewesen)? Zu 3.: Da die Verantwortung für die zentral verwalte- ten IT-Verfahren bei der Bundesagentur für Arbeit liegt, waren die Länder bei der Weiter-(Entwicklung) der Soft- ware nicht unmittelbar finanziell beteiligt. 4. Wie viele Anwenderhinweise, welche von den zuständigen Jobcenter-Mitarbeiter_innen zur Kenntnis ge- nommen werden müssen, existieren derzeit zu den unter 1. aufgelisteten IT-Fachverfahren in den Berliner Jobcen- tern? Zu 4.: Eine Statistik zur Zählung von Nutzerhinweisen existiert nicht. 5. Welche Probleme sind in der Vergangenheit bei den unter 1. aufgelisteten IT-Fachverfahren aufgetreten? Zu 5.: Es gibt keine statistischen Auswertungen, die darstellen, wann, welche Fachanwendung, welche Prob- leme aufwies. Grundsätzlich ist festzustellen, dass alle Anwendungen stabil laufen und dynamisch - an die sich häufig ändernde Rechtsmaterie - angepasst werden. 6. Welche Probleme treten noch heute bei den unter 1. aufgelisteten IT-Fachverfahren auf? Zu 6.: Da der Anwendung A2LL – aufgrund der schnellen Einführung des SGB II – eine sehr geringe Entwicklungszeit zugebilligt wurde, sind immer wieder Systemstörungen und lange Antwortzeiten beim Zugriff auf das Verfahren zu beobachten. Ferner müssen „Umgehungslösungen “ genutzt werden, da die Software nicht die notwendige Flexibilität besitzt, die gesetzlichen Novellie- rungen zeitnah umzusetzen. Daher hat sich die BA – in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) – entschlossen, das Leistungsverfahren von Grund auf neu zu entwickeln. Die Anwendung heißt künftig ALLEGRO und bedeutet: ALgII- LEistungsverfahren GRundsicherung Online. 7. Was ist der aktuelle Stand bezüglich der Einführung des A2LL-Nachfolgesystems Allegro in den Jobcen- tern (bitte Zeitplan angeben)? Zu 7.: ALLEGRO soll nach den aktuellen Planungen, die noch vom BMAS genehmigt werden müssen, in ei- nem 3-stufigen Prozess eingeführt werden. Im Dezember 2013 findet zunächst in ausgewählten gemeinsamen Ein- richtungen ein „Testbetrieb“ auf einer nicht-produktiven Schulungsumgebung statt. Ab April 2014 beginnt dann, ebenfalls in ausgesuchten gemeinsamen Einrichtungen, der „Einführungsbetrieb“ mit einer Echt-Version von ALLEGRO. Ab August 2014 erhalten alle gemeinsamen Einrichtungen die Anwendung. 8. Welche Jobcenter-internen und –externen Stellen mit wie vielen Mitarbeiter_innen haben Zugriff auf wel- che Daten in den unter 1. aufgelisteten IT-Fachverfahren? Zu 8.: Die Zuständigkeit für den Datenschutz in den gemeinsamen Einrichtungen liegt beim Bundesdaten- schutzbeauftragten. Grundsätzlich sind alle Fachanwen- dungen mit einem Berechtigungskonzept versehen, dass durch die Datenschutzbeauftragte der BA, die eng mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten zusammenarbeitet, abgenommen worden. Demnach haben die Beschäftigten nur den Zugriff auf die Daten, die sie unmittelbar zur Erfüllung ihrer individuellen Aufgaben benötigen. Der Grundsatz lautet: Berechtigungen (Rollen/Zusatzberech- tigungen) dürfen nur vergeben werden, wenn sie fachlich erforderlich sind. 9. Wie häufig erfolgt die Löschung welcher Datenbestände der unter 1. aufgelisteten IT-Fachverfahren? Zu 9.: Die Löschung der Datensätze erfolgt streng nach den datenschutzrechtlichen Regelungen, die durch den Bundesdatenschutzbeauftragten überwacht werden. Beispielhaft wird die Daten-Archivierung in der Fach- anwendung VerBIS dargestellt: Die Archivierungsfrist beträgt grundsätzlich zehn Monate. In folgenden Fällen wird von VerBIS allerdings eine längere Archivierungsfrist automatisiert vorgeschla- gen und vorbelegt: o nach dem Maßnahmeende von Weiterbildungen bzw. Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, 13 Monate, o Eingliederungszuschuss, Dauer der Förderung + 13 Monate, o Abmeldungen mit Förderung der selbständigen Existenz, Förderdauer + 25 Monate, o Wiedereinstellung bei der alten Arbeitgeberin /beim alten Arbeitgeber, 20 Monate, o Bewerberinnen und Bewerber der Berufsberatung zwölf Monate nach Ende des Berichtsjahres (Ende des Berichtsjahres 30.09), o Integration durch einen Träger des Rechtskreises SGB II bei gleichzeitiger Gewährung eines Ein- stiegsgeldes, 30 Monate, o Bewerberinnen und Bewerber im laufenden Fallmanagementprozess , 60 Monate. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 322 3 Erfolgt während der Archivierungsfrist ein formaler Fallabgang, aktualisiert sich das Archivierungsdatum auf das Datum des Fallabganges plus 60 Monate. Befindet sich die Bewerberin oder der Bewerber zum Zeitpunkt der Abmeldung nicht im laufenden Fallmanagement, wird zwischen dem gespeichertem Löschdatum im Fallma- nagement (60 Monate) und der Archivierungsfrist der Bewerberin oder des Bewerbers verglichen und das länge- re Datum ausgewählt. Bei der Festlegung des Archivierungsdatums für eine Bewerberin oder einen Bewerber, bei der oder dem auf der Seite "Reha" ein Reha-Fall vorhanden ist, sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden: Bei Abmeldung einer Bewerberin oder eines Bewer- bers aus der Arbeitsvermittlung oder Berufsberatung mit nicht abgeschlossenen Reha-Verfahren erfolgt eine sofor- tige Archivierung des Bewerberdatensatzes. Dabei wird das Archivierungsdatum mit Hilfe des Abmeldungsda- tums plus 60 Monate berechnet. Wird eine Bewerberin oder ein Bewerber abgemeldet, bei der oder dem ein Reha-Fall bereits abgeschlossen ist, wird das Archivierungsdatum durch „Reha beendet am (TT.MM.JJJJ)“ plus 60 Monate berechnet. 10. An der Beantwortung welcher Fragen dieser Kleinen Anfrage waren welche Senatsverwaltungen mit welchen Referaten/Abteilungen und welche weiteren Stellen jeweils beteiligt? Zu 10.: Siehe Vorbemerkung. Berlin, den 09. August 2013 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Aug. 2013)