Drucksache 17 / 12 338 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 25. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2013) und Antwort »It’s a hard knock life« – Arbeit und Bilanz der Berliner Härtefallkommission Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Ersuchen auf Erteilung einer Aufent- haltserlaubnis für Härtefälle gemäß § 23a Aufenthaltsge- setz (AufenthG) sind in den Jahren seit 2005 an die Berli- ner Härtefallkommission gerichtet worden (bitte nach Jahren, Fällen, Staatsangehörigkeit, Geschlecht und Per- sonenzahl aufschlüsseln)? 2. Wie viele Härtefallersuchen sind durch welche Mitgliedsorganisationen in den Jahren seit 2005 in die Härtefallkommission eingebracht worden (bitte nach Mitgliedsorganisationen und Jahren aufschlüsseln)? 3. Wie viele Härtefallersuchen sind in den Jahren seit 2005 durch die Härtefallkommission positiv beschieden, abgelehnt, zurückgezogen bzw. auf einer anderen Rechts- grundlage entschieden worden (bitte nach Jahren, Fällen, Personenzahl, Staatsangehörigkeit und Geschlecht auf- schlüsseln)? Zu 1. bis 3.: Die geforderten Daten werden in diesem Umfang nicht vorgehalten. Sie können auch nicht mit einem vertretbaren Aufwand erhoben werden. Angaben zum Geschlecht und Staatsangehörigkeit werden nicht erhoben. Die Antragszahlen werden nur jährlich ausge- wertet, eine nach Monaten aufgeschlüsselte Antragsaus- wertung wird nicht durchgeführt. Für das Jahr 2013 er- folgt die Auswertung erst Anfang 2014. Auf die nachfol- gende Tabelle zur Umsetzungsstatistik wird verwiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 338 2 Umsetzungsstatistik der Härtefallkommission (Fallzahlen) Jahre Ersuchen nach § 23 a Ersuchen statt- gegeben Ersuchen abgelehnt Ersuchen nicht gestellt anderweitig erledigt/ Erteilung nach anderer Vor- schrift vertagt zurück- gezogen zurück- gestellt ohne Beratung (sonst. Gründe) beratene Fälle insgesamt 2005 291 187 104 35 62 34 5 3 k. A. 430 2006 273 157 116 31 47 17 15 17 3 403 2007 154 92 62 22 27 7 7 3 1 221 2008 140 96 44 23 21 13 6 4 3 210 2009 196 133 63 16 6 14 9 1 3 245 2010 213 127 86 18 5 9 5 3 5 258 2011 196 137 59 14 12 k.A. 5 k. A. k.A. 227 2012 150 97 53 4 36 k.A. 13 k.A. k.A. 154 Umsetzungsstatistik der Härtefallkommission (pro Kopf) Jahre Ersuchen nach § 23 a Ersuchen statt- gegeben Ersuchen abgelehnt Ersuchen nicht gestellt anderweitig erledigt/ Erteilung nach anderer Vor- schrift vertagt zurück- gezogen zurück- gestellt ohne Beratung (sonst. Gründe) beratene Fälle insgesamt 2005 1009 674 335 101 116 84 22 61 5 1398 2006 820 508 312 48 103 42 25 43 2 1083 2007 291 193 98 45 37 15 11 17 2 418 2008 255 176 79 34 42 24 8 7 7 377 2009 330 235 95 15 7 14 9 1 4 380 2010 383 253 130 33 8 8 4 3 4 443 2011 312 228 84 15 13 k.A. 6 k.A. k.A. 340 2012 263 172 91 6 67 k.A. 24 k.A. k.A. 269 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 338 3 4. Wie hat sich die durchschnittliche Dauer eines Härtefallverfahrens in den Jahren seit 2005 an die Berli- ner Härtefallkommission entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? a. Wie viele Härtefallverfahren sind derzeit anhän- gig? b. Wie lange dauert es derzeit i.d.R. bis ein angemel- deter Fall in der Härtefallkommission beraten wird? c. Wie lange dauert es derzeit i.d.R. bis eine Ent- scheidung über die Ersuchen der Härtefallkom- mission ergeht? d. Wie lange dauert es derzeit i.d.R. bis zur Entschei- dung des Innensenators? Zu 4.: a. Es sind derzeit Härtefallverfahren zu 392 Personen anhängig. b. Der Zeitraum von der Anmeldung bis zur Beratung im der Härtefallkommission beträgt derzeit ca. 9 Mo- nate. c. und d. Die Entscheidungsdauer beträgt derzeit ca. 1 - 3 Monate. Die durchschnittliche Dauer von Härtefallverfahren in den Jahren seit 2005 kann nicht mit einem vertretbaren Aufwand erhoben werden. 5. Teilt der Senat die Auffassung, dass über Ersuchen an die Härtefallkommission möglichst schnell entschieden werden sollte, damit die betroffenen Menschen möglichst schnell vorliegende Arbeits- und Ausbildungsplatzange- bote antreten können, die bei langen Wartezeiten sonst ggf. verloren gehen, u.a. auch zur Entlastung des öffentli- chen Haushalts beitragen? Zu 5.: Der Senat teilt die Auffassung des Fragestellers und befürwortet eine unverzügliche Bearbeitung der Här- tefallanträge. Aufgrund des unvorhersehbaren Anstiegs der Antragszahlen ist zz. jedoch keine schnellere Bearbei- tung möglich. 6. Wie viele Härtefallersuchen sind in den Jahren seit 2005 an die Berliner Härtefallkommission durch den jeweiligen Innensenator positiv beschieden worden (bitte nach Jahren, Fällen und Personenzahl aufschlüsseln)? Zu 6.: Hierzu wird auf die Statistik/Auswertung zur Frage 1 verwiesen. 7. Aus welchen Gründen wurden und werden Härte- fallersuchen, die von der Mehrheit der Härtefall- kommissionsmitglieder an den Innensenator Frank Hen- kel (CDU) gerichtet wurden, von ihm abgelehnt? Zu 7.: Die geforderten Angaben werden so nicht vor- gehalten. Sie können auch nicht mit einem vertretbaren Aufwand erhoben werden. Im Übrigen handelt es sich um Einzelfallentscheidungen, so dass sich keine allgemeinen Aussagen treffen lassen. 8. Welche Härtefallersuchen/Personengruppen wer- den prioritär in der Härtefallkommission behandelt und aus welchen Gründen? Ist es zutreffend, dass Härtefaller- suchen von Roma prioritär in der Härtefallkommission behandelt werden? Wenn ja, aus welchen Gründen? Zu 8.: Es gibt keine Prioritätenliste. Die Härtefallan- meldungen werden nach dem Anmeldedatum oder ggf. nach Dringlichkeit bearbeitet. 9. Wie viele Ersuchen sind seit Amtsantritt von In- nensenator Henkel positiv beschieden worden (bitte nach Monaten aufschlüsseln)? Zu 9.: Die geforderten Daten werden so nicht vorge- halten. Sie können auch nicht mit einem vertretbaren Aufwand erhoben werden. Die Antragszahlen werden nur jährlich ausgewertet, eine nach Monaten aufgeschlüsselte Antragsauswertung wird nicht durchgeführt. Insgesamt wurden für das Jahr 2012 97 Anträge für 172 Personen aufgegriffen. Für das Jahr 2013 erfolgt die Auswertung erst Anfang 2014. 10. Welche inhaltliche und politische Bedeutung misst Innensenator Henkel der Arbeit der Härtefallkommission im Rahmen seiner Tätigkeit zu? Zu 10.: Die Arbeit der Härtefallkommission hat für den Senator für Inneres und Sport eine hohe persönliche und politische Bedeutung. Für ihn ist das deutsche Auf- enthaltsgesetz mit seinen sehr weitreichenden Rechten und Möglichkeiten, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, Ausdruck unseres verfassungsrechtlich verankerten Wer- tesystems, in dem der Sozialstaatsgedanke und der Schutz der Menschenwürde verwirklicht werden. Vor diesem Hintergrund sind für Herrn Senator Henkel bei einer posi- tiven Entscheidung über die Härtefallersuchen neben den jeweils vorliegenden Härtefallgesichtspunkten auch die ernsthaften und nachhaltigen Integrationsbemühungen der Betroffenen von ganz wesentlicher Bedeutung. 11. Wie viele Stunden seiner Arbeitszeit hat Innense- nator Henkel seit Amtsantritt für Härtefallersuchen auf- gewandt? Zu 11.: Der Senator für Inneres und Sport benötigt ca. 2 Stunden pro Härtefallsitzung. Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2011 fanden bis zum heutigen Tag 19 Sit- zungen statt. Mithin ergibt sich eine geschätzte Gesamt- Arbeitszeit i.H. v. 38 Stunden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 338 4 12. Ist es zutreffend, dass dem Innensenator Henkel seit Februar 2013 eine Einladung der Mitglieder der Här- tefallkommission vorliegt, welche er bis heute nicht be- antwortet hat? Hat der Innensenator Interesse an diesem Gesprächsangebot und wenn ja, wann wird dieses Ge- spräch stattfinden? Zu 12.: Der Senator für Inneres und Sport hat sich mit Schreiben vom 21. August 2013 an die Mitglieder der Härtefallkommission gewandt und darin einen konkreten Terminvorschlag unterbreitet. Dieser Gesprächstermin hat am 17.09.2013 stattgefunden. 13. Welchen Aufenthaltstitel erhalten Personen, für die ein Antrag bei der Härtefallkommission anhängig ist? Zu 13.: Bei den Antragstellerinnen und Antragstellern nach § 23a AufenthG handelt es sich um vollziehbar aus- reisepflichtige Personen. Diesen wird daher auf Grund ihres Rechtsstatus kein Aufenthaltstitel erteilt. 14. Teilt der Senat die Auffassung, dass diese Perso- nen während der Dauer des Härtefallverfahrens mindes- tens eine Duldung erhalten müssen und die Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung für diese Personen nicht zulässig ist? Wenn nein, warum nicht? Zu 14.: Die Ausländerbehörde erteilt den Antragstelle- rinnen und Antragstellern angesichts der langen Dauer der Härtefallverfahren ab sofort grundsätzlich auflösend be- dingte Duldungen, die mit Abschluss des Härtefallverfah- rens erlöschen. Dies gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 2 der Härte- fallkommissionsverordnung Berlins (HFKV) allerdings nicht in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 5 und 6 HFKV. 15. Teilt der Senat die Auffassung, dass Personen, für die ein Antrag bei der Härtefallkommission anhängig ist, eine Arbeitserlaubnis erhalten sollten, da mit dem Beginn des Härtefallverfahrens ein selbst zu vertretendes Ab- schiebehindernis nicht mehr vorliegt (Antwort bitte be- gründen)? Zu 15.: Ja. Die Erteilung von Duldungen während des Härtefallverfahrens (siehe Antwort zu Frage 14) hat nach der Rechtsprechung zur Folge, dass die Kausalität von weiteren - durch den Betroffenen verschuldeten - Ab- schiebungshindernissen für die Dauer des Härtefallverfah- rens nicht mehr besteht. Die Duldungen werden daher mit der Nebenbestimmung „Erwerbstätigkeit gestattet“ ausgestellt . 16. Mit welcher Begründung wird jüdischen und mus- limischen Organisationen/Wohlfahrtsverbänden im Ge- gensatz zu Katholiken und Protestanten eine Vertretung in der Berliner Härtefallkommission verweigert? Zu 16.: Nach § 2 der Verordnung über die Einrichtung einer Härtefallkommission nach §23 a des Aufenthaltsge- setzes (Härtefallkommissionsverordnung – HFKV) setzt sich die Härtefallkommission wie folgt zusammen: Aus 1. der/dem Beauftragten für Integration und Migrati- on des Senats von Berlin oder einer/einem von ihr/ihm benannten Vertreterin/Vertreter, 2. einer Vertreterin/ einem Vertreter der für Frauen- politik zuständigen Senatsverwaltung, 3. einer Vertreterin/ einem Vertreter der römisch- katholischen Kirche, 4. einer Vertreterin/ einem Vertreter der evangeli- schen Kirche, 5. je einer Vertreterin/ einem Vertreter der Liga der Wohlfahrtsverbände, des Flüchtlingsrats Berlin so- wie des Migrationsrats Berlin – Brandenburg e. V. Soweit andere Organisationen oder Religionsgruppen dort vertreten sein sollen, bedarf es einer entsprechenden Änderung der Rechtsverordnung. Bislang wurden jedoch keine etwaigen Begehren jüdi- scher oder muslimischer Organisationen/Wohlfahrtsver- bände an die Innenverwaltung herangetragen. 17. An der Beantwortung welcher Fragen dieser Klei- nen Anfrage waren welche Senatsverwaltungen mit wel- chen Referaten/Abteilungen und welche weiteren Stellen jeweils beteiligt? Zu 17.: Zuständig für die Bearbeitung ist der Senat, vertreten durch die federführende Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Berlin, den 18. Oktober 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2013)