Drucksache 17 / 12 341 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 25. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2013) und Antwort Qualität in Kinder- und Jugendheimen in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die zurzeit in der Öffentlichkeit diskutierten Missstände, insb. den Vorwurf von Kindeswohlgefährdungen in den Kinder- und Jugendheimen der Haasenburg GmbH im Land Brandenburg und in der Stadt Hamburg? 3. Befinden sich auch Berliner Kinder und Jugendliche in Brandenburger Einrichtungen der Haasenburg GmbH? a) Wenn ja, auf welcher Grundlage werden Berliner Kinder und Jugendliche in stationären Einrich- tungen des Landes Brandenburg untergebracht? b) Wenn ja, sieht der Senat sich veranlasst, hier im Sinne des Kindeswohls tätig zu werden? Zu 1. und 3.: Der Senat verfolgt weiterhin die kritische Berichterstattung (vgl. Beantwortung KA 17/11048 und KA 17/12255) und tauscht sich dazu mit den Berliner Jugendämtern aus. Zurzeit ist ein Berliner Jugendlicher in einer der Jugendhilfeeinrichtungen „Haasenburg GmbH“ untergebracht. Das zuständige bezirkliche Jugendamt hat dazu auf Nachfrage erläutert, dass  die Hilfeplanüberprüfung mit regelmäßigen Besuchen der fallzuständigen Fachkräfte vor Ort erfolgt,  dass keine Anhaltspunkte erkennbar sind, dass die Rechte der Jugendlichen nicht beachtet bzw. entwürdigende Methoden angewendet wurden/ werden,  eine Selbst- und Fremdgefährdung Anlass für die Unterbringung war,  der Antragstellung auf Genehmigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen gemäß § 1631b BGB bereits mehrere Aufenthalte in Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken bzw. in anderen Jugendhilfeeinrichtungen vorausgegangen waren. Es wird fortlaufend geprüft, ob ein Verbleib, unter Beachtung gewachsener pädagogischer Beziehungen, aber auch mit Blick auf die Einhaltung der Kinderrechte und der Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren, weiter angezeigt ist. Sollte ein weiterer Verbleib entschieden werden, wird dieser Einzelfall vom zuständigen Jugend- amt engmaschig begleitet. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat darüber hinaus mit Schreiben vom 26.06.2013 den Berliner Jugendämtern folgendes mitge- teilt: „Im Zusammenhang mit den erneut in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen über Praktiken in den Einrichtungen der Haasenburg empfehlen wir dringend, bis zur Klärung der Vorwürfe dort keine weiteren Unterbringungen zu veranlassen. Bei bereits untergebrachten Jugendlichen sehen wir unter der gege- benen Informationslage die Notwendigkeit einer aktuellen Überprüfung der laufenden Unterbringung und einer eng- maschigen Überprüfung der Einzelfallsituation unter besonderer Berücksichtung der Einhaltung der Kinder- rechte und der Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren.“ Mit Bekanntwerden der Maßnahmen des für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständigen Landesju- gendamts Brandenburg hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft am 10.07.2013 die Jugendämter erneut informiert und dringend empfohlen, im Einzelfall Information abzufordern, ob ein direkter pädagogischer Bezug von den untergebrachten Jugend- lichen zu den mit vorläufigem Beschäftigungsverbot belegten Mitarbeitern bestand. Mit Hinweis auf das o.g. Schreiben vom 26. Juni wurde weiterhin empfohlen, aktu- ell zu prüfen, ob die Bedingungen in der Einrichtung weiterhin geeignet sind, die Umsetzung der Hilfeplanziele zu gewährleisten. 2. Unterhält die Haasenburg GmbH auch Heime in Berlin? a) Wenn ja, wo? b) Wenn ja, wie bewertet der Senat die Zustände in den Berliner Einrichtungen der Haasenburg GmbH? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 341 2 c) Wenn nein, gab es je Genehmingungsverfahren der Haasenburg GmbH zur Errichtung von Kinder- und Jugendeinrichtungen im Land Berlin und warum wurden diese abgelehnt? Zu 2. Die Jugendhilfeeinrichtung „Haasenburg GmbH“ betreibt zurzeit keine Heime in Berlin. Bis zum 31. Mai 2011 hat der Träger eine kleine Einrichtung (12 Plätze in einer Wohngemeinschaft) im Land Berlin betrieben, die von Seiten des Trägers aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wurde. Es gibt daher keine aktuellen Prüfungen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII. 4. Welche privatwirtschaftlich geführten Heime gibt es in Berlin und wie werden diese von welchen Insti- tutionen hinsichtlich welcher Qualitätskriterien kontrol- liert? Zu 4.: Im Bereich der Hilfen zur Erziehung in Berlin sind die Leistungserbringer überwiegend in gemein- nützigen Trägerstrukturen organisiert. Der Anteil privatgewerblicher Anbieter ist gering: von 180 Trägern im stationären/teilstationären Bereich sind zurzeit fünf Leistungserbringer den privatgewerblichen zuzurechnen. Der überwiegende Teil der Leistungserbringer ist in einem der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege organisiert. Die privatgewerblich organisierten Leistungs- erbringer sind Mitglieder im Verband der privaten Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK Berlin e.V.). Unabhängig von der Organisationsform gelten für alle Angebote der stationären Jugendhilfe nach § 27 ff SGB VIII die gleichen fachlichen Standards des Berliner Rahmenvertrages für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe (BRVJug). Die darauf fußenden 3-teiligenTrägerverträge (Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung), so auch die Vorgaben zur Qualitätsentwicklung, sind Voraus- setzung für die Inanspruchnahme der Träger durch das Jugendamt. Im Rahmen der Qualitätssicherung auf Trägerebene werden die Angaben der Leistungserbringer (Fachpersonal, tarifliche Bezahlung, Fortbildung, Super- vision, Kinderschutzfachkraft, aktuelle erweiterte Füh- rungszeugnisse etc.) von der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung regelmäßig in einem Qualitätsbericht abgefordert, überprüft und erörtert. 5. Welche Ursachen und Gründe kann der Senat für Missstände und insb. für Kindeswohlgefährdungen in privatwirtschaftlich oder öffentlich geführten Kinder- und Jugendheimen nennen? 6. Kam es in den letzten zehn Jahren zu ähnlichen Vorfällen in Kinder- und Jugendheimen im Land Berlin? a) Wenn ja, was waren die konkreten Missstände und wie haben der Senat und der Bezirk jeweils reagiert? b) Wenn nein, wie würde der Senat reagieren und auf welchen rechtlichen Grundlagen würde er wie handeln? 7. Welche Maßnahmen ergreift der Senat um Missstände in Berliner Kinder- und Jugendheimen zu unterbinden und um eine qualitativ hochwertige stationäre Jugendhilfe zu gewährleisten? a) Wo sind diese Maßnahmen konkret festgelegt? Zu 5.,6. und 7.: Ursachen für Missstände und insbesondere für Kindeswohlgefährdungen in Kinder- und Jugendheimen können sehr vielfältig sein. Sie können sowohl im organisatorischen/strukturellen Bereich der Träger liegen als auch im Bereich der Personalplanung- und -entwicklung. Darüber hinaus können individuelle Gründe vorliegen, die auf einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezogen sind. Zentrales Steuerungs- und Überprüfungsinstrument im Einzelfall ist die Hilfe- planung nach § 36 SGB VIII, die in Verantwortung des zuständigen Jugendamtes liegt. Neben dem Vertrags- controlling (vgl. Antwort zu 4.) ist das Verfahren zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII für die Sicherung fachlicher Standards relevant. Möglich- keiten der Intervention sind die Erteilung von Auflagen, unangemeldete und angemeldete örtliche Prüfungen, Tätigkeitsuntersagungen sowie der Widerruf der Betriebs- erlaubnis. Grundsätzlich gilt, dass gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet sein muss. Hierzu zählt auch, dass die Träger der Einrichtungen nachvollziehbar und praxisbezogen bei der Antragsstellung darlegen müssen, dass in den Einrichtungen geeignete Verfahren der Betei- ligung sowie Beschwerdemöglichkeiten in persönlichen Angelegenheiten gewährleistet sind sowie auf die Einhal- tung der Kinderrechte geachtet wird. Im Rahmen der Aufsichtstätigkeiten nach §§ 45 ff SGB VIII wird auch Beschwerden von Jugendlichen und Personensorge- berechtigten nachgegangen. Die Einrichtungen sind ferner verpflichtet, besondere Vorkommnisse zu melden. Diese sind Anlass zur Überprüfung der Einrichtung, in deren Folge Auflagen erteilt werden können (vgl. KA 17/11 443). 8. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage beteiligt? 9. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 8. und 9.: Zuständig für die Bearbeitung der Kleinen Anfrage ist der Senat, vertreten durch die fach- lich zuständige Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, den 19. August 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Sep. 2013)