Drucksache 17 / 12 349 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Schlede (CDU) vom 26. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2013) und Antwort Ergebnisse der Bertelsmann-Studie Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie erklärt der Senat das schlechte Abschneiden Berlins bei der Bertelsmann-Studie hinsichtlich der unter- durchschnittlich schlechten Lesefähigkeiten der Viert- klässler, trotz der überdurchschnittlich hohen Quote an Ganztagsangeboten an Grundschulen in Berlin? Zu 1.: Die Bertelsmann-Studie hat keine eigenen Er- hebungen zur Lesefähigkeit von Viertklässlerinnen und Viertklässlern durchgeführt, sondern nutzt Ergebnisse des ersten Ländervergleichs zur Überprüfung des Erreichens der KMK-Bildungsstandards (KMK - Kultusministerkon- ferenz) am Ende der vierten Jahrgangsstufe im Fach Deutsch, der im Mai/Juni 2011 stattfand. Als Reaktion auf das Abschneiden der Berliner Viertklässlerinnen und Viertklässler vor über zwei Jahren sind in den Schulen Sprachbildungskoordinatorinnen und Sprachbildungsko- ordinatoren benannt und die Fortbildung für Lehrkräfte in diesem Bereich intensiviert worden. Zudem sind die Schulen aufgefordert, Sprachbildungskonzepte zu erarbei- ten, um auch die ganztägliche Betreuung der Schülerinnen und Schüler intensiver zu nutzen als bisher. Defizite in der Sprachbildung entstehen allerdings be- reits vor Eintritt in die Schule, sodass in Berlin die früh- kindliche Erziehung gestärkt wird und speziell die Sprachförderung im Zusammenhang mit dem Ausbau von Kindertagesstätten erfolgt. Die verschiedenen Verfahren zur Sprach- und Leseförderung werden auf ihre Wirk- samkeit überprüft und weiterentwickelt. Dazu bereiten die Länder mit dem Bund gegenwärtig eine gemeinsame Initiative zur Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung vor. 2. Wie bewertet der Senat die Suggestion der Studie, dass die Bildungsgerechtigkeit erst erreicht sei, wenn mehr oder weniger alle Schüler das Abitur hätten? Zu 2.: In der Tat ist die Studie der Bertelsmann- Stiftung derart konstruiert, dass diejenigen Länder am besten abschneiden würden, denen es gelänge, ausnahms- los alle Schülerinnen und Schüler über den inklusiven Bildungsweg an Ganztagsgymnasien ohne Klassenwie- derholungen mit höchstem Kompetenzerwerb erfolgreich zum Abitur zu führen. Der Senat bewertet das Leitbild der Studie als eine Idealvorstellung von Schulbildung der Herausgeber dieser Studie. 3. Wird dadurch nicht ein Abbau der Qualität des Abi- turs vorangetrieben? Zu 3.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft geht nicht davon aus, dass die Herausgeber der Bertelsmann-Studie einen Abbau der Qualität des Abiturs betreiben wollen. Empirische Untersuchungen der letzten Jahre kommen zu dem Ergebnis, dass auch ein expandierendes Gymnasi- um hohe Leistungsstände der Schülerinnen und Schüler aufweisen kann. 4. Sieht der Senat die Gefahr, dass die überdurch- schnittlich hohen Noten beim Berliner Abitur 2013 von weit mehr als 100 1,0 Ergebnissen womöglich auf einen Qualitätsverlust des Berliner Abiturs seit Einführung der Präsentation als Teil der Prüfung zurückzuführen sind? Zu 4.: Nein, der Senat sieht hier keine Gefahr. Die Einführung der fünften Prüfungskomponente im Abitur hat nicht zu einem Qualitätsverlust des Berliner Abiturs geführt, da es sich bei diesem Prüfungsformat nicht um ein weniger anspruchsvolles Aufgabenformat als das der schriftlichen Prüfung handelt. Es ist handlungsori- entiert und ermöglicht die Entfaltung vielfältiger Fähig- keiten und Fertigkeiten. Die Präsentation ist ein Aufga- benformat, das Schulabsolventinnen und Schulabsolven- ten in universitärer Ausbildung und späterem Berufsleben häufig nutzen werden und auch müssen. Für den Prü- fungsteil der Präsentation liegen zudem standardgerechte Anforderungskriterien vor, die zu erfüllen sind. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 349 2 Die Durchschnittsnote 2,4 der Abiturprüfung im Jahr 2013 lässt zudem nicht vermuten, dass das Berliner Abi- tur im Vergleich zum Abitur anderer Länder einfacher zu erwerben ist. Die Durchschnittsnote setzt sich zusammen aus den Jahrgangsleistungen in den belegten Kursen und den Prüfungsergebnissen, lässt sich also nicht auf die Präsentationsprüfung reduzieren. 5. Wie bewertet der Senat den Hinweis des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), dass die Abiturienten in Bayern erheblich weniger Studienabbrecher haben als Abiturienten aus anderen Bundesländern mit deutlich höheren Abiturnoten und den damit verbundenen Vor- wurf, dass zu niedrig angesetzte Anforderungen ans Abi- tur zu einer hohen Anzahl an Studienabbrechern führt, da die Studienberechtigung nicht gleichbedeutend mit der Studierfähigkeit ist? Zu 5.: Als aktuellste Darstellung wurden in Deutsch- land Erfolgsquoten für die Studienanfängerjahre 1999 - 2002 in einer Veröffentlichung des Statistischen Bundes- amtes für das Jahr 2010 berechnet. Die Veröffentlichung erschien im Juli 2012. Demnach schwanken die Erfolgs- quoten der genannten Studienanfängerjahre zwischen 69,3 % (Bremen, Ersteinschreibung 2000) und 90,7 % (Saar- land, Ersteinschreibung 2000). Für das Jahr der universi- tären Ersteinschreibung 2002 schwanken die Zahlen zwi- schen 69,6 % (Bremen) und 85,7 % (Baden- Württemberg). Dass Bayern „erheblich weniger“ Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher als andere Bundes- länder aufweisen kann, lässt sich aus der Statistik nicht entnehmen. Auch geben die Erfolgsquoten nach Studienort keine Hinweise, die in diese Richtung zielen. Für den Zeitraum 1999 – 2002 schwanken die Werte zwischen 64,5 % (Hamburg, Ersteinschreibung 2002) und 85,2 % (Berlin, Ersteinschreibung 2000). Berlin hat somit eine hohe Stu- dienerfolgsquote zu verzeichnen. Empirische Studien über eine Korrelation zwischen der Durchschnittsnote im Abi- tur und dem erfolgreichen Abschluss eines Studiums liegen bisher nicht vor, sodass der Berliner Senat keinen Anlass sieht, an der Studierfähigkeit junger Menschen mit allgemeiner Hochschulreife – ob aus Berlin und Bayern stammend – zu zweifeln. Berlin, den 16. Juli 2013 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Aug. 2013)