Drucksache 17 / 12 381 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Heidi Kosche (GRÜNE) vom 01. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2013) und Antwort Werden in Berlin Menschenrechte abgestellt ? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft zum Teil Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Wie viele Kundinnen/Kunden bzw. Anschluss- nehmerinnen und -nehmer der BWB wurden in den Jahren 2000 bis heute von der Trinkwasserversorgung abgesperrt , weil eine Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen – trotz Mahnung - vorgelegen hat? Zu 1: In den Jahren 2000 bis heute haben die Berliner Wasserbetriebe (BWB) in insgesamt 4.533 Fällen von ihrem Rückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Das entspricht im Durchschnitt rund 336 Fälle pro Jahr. In den letzten Jahren zeichnet sich eine rückläufige Tendenz ab (weniger als 250 Fälle pro Jahr). 2. In wie vielen Fällen/Jahr von 1. haben die BWB aufgrund der Möglichkeit der Verhältnismäßigkeit, die die Vertragsbestimmungen (§ 33 folgende) der BWB hergeben, vom einer Absperrung des Trinkwasser Abstand genommen? Zu 2.: Hierzu sind keine detaillierten Angaben mög- lich, da dies von den BWB statistisch nicht erfasst wird. Grundsätzlich streben die Berliner Wasserbetriebe je- doch immer an, die Wasserlieferung für die Kundinnen und Kunden aufrecht zu erhalten. Bei Kundinnen und Kunden, die von sich aus Zahlungsschwierigkeiten melden , wird immer seitens der BWB nach einer Lösungsmöglichkeit gesucht und im Grundsatz (mit wenigen Ausnahmen) auch gefunden. Bei Forderungen unter 250 € wird im Regelfall nicht sofort die Sperre veranlasst, da die dadurch entstehenden Kosten bei der Vorgangsbearbeitung berücksichtigt werden . Ausnahmen bilden allerdings Kundinnen und Kunden , die bereits die Rechnung und mehrere Abschläge nicht gezahlt haben oder die immer wieder verzögert zahlen. 3. Welche Kosten stellen die BWB bei Zahlungsver- zug für Mahnungen, Sperrankündigungen, Absperrversuche , das Absperren und Öffnen eines Anschlusses, Verwaltungszwangsverfahren etc. in Rechnung? Bitte detailliert für jedes Jahr seit dem Jahr 2000 auflisten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 381 2 Zu 3.: Die erbetenen Angaben sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Jahr Mahnkosten Sperrankündigungen Absperren Öffnen 2000 2,30 € 52,22 € 52,22 € 52,22 € ab 07/2001 1,79 € ab 07/2002 2,80 € 55,00 € 55,00 € 55,00 € ab 07/2003 ab 07/2004 3,10 € 59,00 € 59,00 € 59,00 € 2005 2006 2007 3,40 € 62,90 € 62,90 € 62,90 € 2008 2009 2010 3,70 € 64,00 € 64,00 € 64,00 € 2011 ab 04/2012 4,00 € 68,50 € 68,50 € 68,50 € 2013 Sperrankündigungen, Absperren und Öffnen des Was- seranschlusses erfolgen durch den Inkassodienst der BWB. Sogenannte Absperrversuche gibt es im Land Berlin nicht. Die Höhe der Mahnbescheidkosten richtet sich nach dem jeweiligen Streitwert. 4. Welche Einnahmen haben die BWB seit dem Jahr 2000 pro Jahr für Mahnungen, Sperrankündigungen, Absperrversuche, das Absperren und Öffnen eines Anschlusses , Verwaltungszwangsverfahren erzielt? Bitte detailliert für jedes Jahr ausweisen. Zu 4.: Die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Erträge (Angaben in T €) enthalten alle bezahlten Mahnkosten und alle Mahnkosten, die in eine Rechnung umgebucht worden sind. Inwiefern Rechnungen mit Mahnkosten ggf. ausgebucht bzw. nicht bezahlt worden sind, kann von den BWB nicht ermittelt werden. Mahnungen Inkassodienst 2000 150 33 2001 122 37 2002 155 87 2003 236 166 2004 194 152 2005 148 225 2006 197 238 2007 202 239 2008 202 223 2009 199 214 2010 206 176 2011 202 145 2012 203 119 5. Wie hoch schätzen die BWB die Kosten, die den BWB intern insgesamt für diese Absperrungsfälle pro Jahr entstehen? Zu 5.: Eine Eingrenzung allein auf den Prozess „Ab- sperrungsfälle“ ist nicht möglich, da die Forderungsrealisierung inhaltlich breit aufgestellt ist. Im Schwerpunkt handelt es sich um die Prozesse schriftliche Mahnung, Stundung, Ratenplan, manuelles Mahnwesen, gerichtliches Mahnverfahren, Inkassodienst (Besuch durch Inkassofahrer der BWB persönlich vor Ort für Kassieren, Sperren und Öffnen des Anschlusses). All diese Prozesse werden individuell und je nach Sachlage eingesetzt. 6. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, das Menschenrecht auf Trinkwasser und einer sanitären Grundversorgung auch den Menschen in Berlin zu garantieren , die in „finanzielle Schieflage“ geraten sind? Zu 6.: Gemäß § 33 Abs. 2 der Verordnung über all- gemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) ist die Einstellung der Wasserversorgung bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung nach vorheriger Mahnung und einer Androhung der Sperrung möglich . Die Einstellung der Versorgung aufgrund anhaltenden Zahlungsverzuges des Vertragspartners des Versorgungsunternehmens (Berliner Wasserbetriebe) begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, NJW 1982, S. 1511; NJW 1998, S. 1511 f.). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 381 3 Sozial schwache Vertragspartnerinnen und Vertragspartner der BWB können jedoch auf Antrag beim zuständigen Bezirksamt Unterstützungsleistungen zum Lebensunterhalt nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches (SGB) erhalten. Entsprechendes gilt für Mieterinnen und Mietern in Mehrfamilienhäusern, welche nicht Vertragspartnerin bzw. Vertragspartner der BWB sind, aber Wasserkosten im Rahmen ihrer Betriebskostenabrechnung an ihre Vermieterin und ihren Vermieter zahlen müssen. 7. In welcher Höhe haben die BWB Beträge (Gewinne ) seit 2000 bis 2011 jährlich an die Stillen Gesellschafter (RWE und Veolia zusammen) abgeführt? 8. Welche Beträge (Gewinne) sind seit 2000 jährlich in den Haushalt des Landes Berlin geflossen? Bitte getrennt von der Grundwasserentnahmegebühr und bitte für jedes Jahr getrennt ausweisen. Zu 7. und 8.: Die erbetenen Angaben sind der nach- folgenden Tabelle zu entnehmen (Angaben in Mio. €): Teilgewinnabführung BWB an BWH Teilgewinnabführung via BWH an RVB*) Gewinnabführung an den Haushalt Berlins incl. Kapitalertragssteuer 2000 135 81 38 2001 77 79 0 2002 78 78 0 2003 121 120 108 2004 134 130 36 2005 127 123 58 2006 135 131 74 2007 190 181 149 2008 128 125 110 2009 137 128 133 2010 132 120 122 2011 124 115 108 2012 96 88 86 *) Die Abführung des Teilgewinns erfolgt nach Ein- behalt der Gewerbesteuer auf der Ebene der Berlinwasser Holding AG (BWH) an die RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs GmbH (RVB). RWE und Veolia waren bis zum 31.12.2011 jeweils mit 50% an der RVB beteiligt. Zum 01.01.2012 übernahm das Land Berlin den Anteil der RWE an der RVB. Zusätzlich zu den vorgenannten Gewinnen führen die BWB verschiedene Gebühren an das Land Berlin ab. Dazu gehören das Grundwasserentnahmeentgelt, das Sondernutzungsentgelt für die Straßennutzung durch Netze der BWB sowie die Abwasserabgabe. Berlin, den 12. Juli 2013 In Vertretung Henner B u n d e ...................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2013)