Drucksache 17 / 12 405 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 27. Juni 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2013) und Antwort Prozesskostenhilfe im Land Berlin (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie oft wurden in Berlin seit 2007 pro Jahr Pro- zesskostenhilfeanträge für ein Klageerzwingungs- verfah- ren in Strafverfahren für oder durch Verletzte der be- haupteten Straftat gestellt, wie oft wurde die Prozesskos- tenhilfe dabei jeweils gewährt bzw. abgelehnt? Zu 1.: Die Anzahl der im Zusammenhang mit einem Klageerzwingungsverfahren in Strafverfahren gestellten Anträge werden statistisch nicht erfasst. Es liegen auch keine Angaben darüber vor, wie oft seit 2007 auf solche Anträge hin Prozesskostenhilfe bewilligt oder abgelehnt wurde. Eine Sonderauswertung ist mit vertretbarem Auf- wand nicht leistbar. 2. Wie oft wurden seit 2007 von Rechtsanwäl- ten/Rechtsanwältinnen unbillige Rechnungen in Verfah- ren mit Prozesskostenhilfe eingereicht? a) Welche Maßnahmen wurden dagegen ergriffen? b) Inwieweit sind hierbei die Parteien, die Prozess- kostenhilfe beantragt haben, einbezogen? Zu 2.: Statistisch werden sachlich oder rechnerisch unzutreffende Rechnungen in Verfahren mit Prozesskos- tenhilfe nicht erfasst. Eine Sonderauswertung ist mit ver- tretbarem Aufwand nicht leistbar. Zu a): Macht eine beigeordnete Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch geltend, erfolgt die Festsetzung nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften. Die Rechnungen werden durch die zuständige Kostenbeamtin oder den zuständigen Kosten- beamten geprüft und ggf. gekürzt. Zudem hat der Bezirks- revisor oder die Bezirksrevisorin die Möglichkeit, gegen den Beschluss, mit dem die Vergütung festgesetzt wird, Erinnerung einzulegen. Zu b): Die Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, ist bei der Festsetzung der Vergütung nicht beteiligt, da ihre Rechte durch die Festsetzung nicht be- rührt werden. 3. Welche organisatorischen Maßnahmen (Trennung aus der Gerichtsakte etc.) werden an der Berliner Gerich- ten ergriffen, um bei beantragter Prozesskostenhilfe Er- klärungen und Belege zu persönlichen und wirtschaftli- chen Verhältnissen einer Partei nach § 117 Zivilprozess- ordnung (ZPO), soweit die Voraussetzung des § 117 Abs. 2 ZPO nicht zutreffen, für den Prozessgegner unzugäng- lich zu halten? a) Kann der Senat versichern, dass dies an allen Berli- ner Gerichten gewährleistet ist? Zu 3.: Nach den Durchführungsbestimmungen zum Gesetz über die Prozesskostenhilfe (DB-PKHG) vom 26. November 2001 (Amtsblatt vom 7. Dezember 2001, S. 5331 ff.) sind die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die dazugehörigen Belege sowie die bei der Durchführung der Prozesskos- tenhilfe entstehenden Vorgänge in einem besonderen Beiheft aufzubewahren. Entscheidungen über die Pro- zesskostenhilfe sind in die Hauptakte aufzunehmen, je- doch sind zuvor die Teile der Entscheidungen zu entfer- nen oder unkenntlich zu machen, die Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten. Bei Akteneinsichten wird – sofern nicht der Sonderfall des § 117 Absatz 2 Satz 2 ZPO vorliegt – keine Einsicht in das Beiheft gewährt. Zu a): Verstöße gegen diese Vorgehensweise sind dem Senat nicht bekannt. 4. Welche Hinweispflichten ergeben sich aus § 139 ZPO nach Ansicht des Senats bei Bewilligungsverfahren für Prozesskostenhilfe und kann er versichern, dass diesen an den Berliner Gerichten nachgekommen wird? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 405 2 Zu 4.: Soweit nicht ohnehin der Grundsatz der Amts- ermittlung gilt, findet § 139 ZPO auch im Prozesskosten- hilfeverfahren Anwendung. Die Frage, ob eine Notwen- digkeit zur Ertei-lung von Hinweisen besteht und in wel- chem Umfang Hinweise zu erteilen sind, entscheidet die zuständige Richterin bzw. der zuständige Richter im Ein- zelfall in richterlicher Unabhängigkeit (Artikel 97 Grund- gesetz für die Bundesrepublik Deutschland). Soweit Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger zuständig sind, sind diese sachlich unabhängig (§ 9 Rechtspflegergesetz). 5. Werden Verfahrensbeteiligte, denen Prozesskosten- hilfe gewährt wurde, an Berliner Gerichten auch ohne Nachfrage bzw. Antrag über ihre Rechte nach § 121 Abs. 5 ZPO informiert? Zu 5.: Es liegen keine statistischen Erhebungen dar- über vor, welche Informationen den Parteien im Prozess- kostenhilfeverfahren erteilt werden. In Verfahren mit Anwaltszwang oder bei Prozesskostenhilfeanträgen in gebührenfreien Verfahren erfolgt regelmäßig ein entspre- chender Hinweis. Im Übrigen ist eine Sonderauswertung mit vertretbarem Aufwand nicht leistbar, zumal auch diese Hinweise unter Beachtung der Umstände des Ein- zelfalls in richterlicher Unabhängigkeit gegeben werden. 6. Ist es zutreffend, dass es an Berliner Gerichten Fälle gibt, in denen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe u. a. mit der Begründung abgelehnt wird, die Partei verfüge über einen Hochschulabschluss? Zu 6.: Fälle, in denen Prozesskostenhilfe mit dieser Begründung abgelehnt wurden, sind dem Senat nicht bekannt. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe führt aber nicht immer zur Beiordnung einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts. Nach § 121 Abs. 2 ZPO wird der Partei auf ihren Antrag eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn eine solche Vertretung erforderlich erscheint oder die Gegnerin bzw. der Gegner rechtsanwaltlich vertreten ist. Die Entscheidung über die Beiordnung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsan- walts ergeht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls in richterlicher Unabhängigkeit. 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur Bereitschaft Berliner Anwälte, Prozesskostenhilfemandate anzuneh- men? Zu 7.: Nach Kenntnis des Senats besteht in der An- waltschaft die Bereitschaft, Prozesskostenhilfemandate anzunehmen. Soweit bei der Rechtsanwaltskammer Berlin Beschwerden über einzelne Anwältinnen und Anwälte in Prozesskostenhilfeverfahren eingehen, werden diese sta- tistisch nicht erfasst. Den Anteil der Beschwerden in Verbindung mit Prozesskostenhilfeverfahren an den ins- gesamt eingehenden Beschwerden schätzt die Rechtsan- waltskammer Berlin als äußerst gering ein. Berlin, den 31. Juli 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. August 2013)