Drucksache 17 / 12 415 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 08. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2013) und Antwort Bleibt es dabei – kein Einsatz von Quellen-TKÜ? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Bleibt es im Bundesland Berlin dabei, dass Maß- nahmen der Quellen-TKÜ nicht eingesetzt werden, nach- dem Anfang des Jahres sowohl Generalbundesanwalt als auch Bundesanwaltschaft erklärt haben, dass es keine Rechtsgrundlage für den Einsatz von Trojaner-Software gibt, weil diese dem Grundrecht der Integrität und Ver- traulichkeit informationstechnischer Systeme widerspre- che? (Wenn nein: Bitte ausführliche Begründung warum entgegen der Auffassung der vorgenannten Quellen-TKÜ eingesetzt wird. Eine ausführliche Begründung reduziert detaillierte Nachfragen im Rahmen einer weiteren Anfra- ge). Zu 1.: Gegenwärtig kommen bei der Berliner Polizei keine informationstechnischen Systeme zum Zwecke der Telekommunikationsüberwachung als strafprozessuale Maßnahme nach §§ 100a, 100b Strafprozessordnung (StPO) zum Einsatz, sogenannte Quellen-Telekommuni- kationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Auch der Berliner Verfassungsschutz setzt aktuell keine Maßnahmen der Quellen-TKÜ auf der Grundlage des § 3 i. V. m. § 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel-10- Gesetz - G 10) ein. Dies kommt jeweils erst in Betracht, wenn hierfür eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspre- chende Software verfügbar ist, die von einer unabhängi- gen Stelle, z. B. dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), überprüft und als zulässig erkannt worden ist. Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) hat die glei- che Software zur Umsetzung einer Quellen-TKÜ wie das Bundeskriminalamt (BKA) beschafft. Das BKA lässt zurzeit den Quellcode dieser Quellen-TKÜ Software auf die Übereinstimmung mit der vom Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz (AK II - Innere Sicherheit, u. a. Gefahrenabwehr, Bekämpfung des Terrorismus, Angele- genheiten der Polizei) anerkannten "standardisierenden Leistungsbeschreibung" (SLB) durch ein vom BSI akkre- ditiertes Prüflabor bestätigen. Abweichungen der Soft- ware von den Vorgaben der SLB werden durch die Her- stellerfirma behoben. Im Rahmen bestehender Wartungs- verträge werden die neuen Softwareversionen an die An- wender verteilt, also auch an die Berliner Polizei. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung (BVerfG Urteil vom 27. Febru- ar 2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07) folgend darf die für die Quellen-TKÜ verwendete Software nur auf Daten aus dem Telekommunikationsvorgang zugreifen können, nicht Rechner insgesamt ausspähen. Wenn die oben be- schriebene Software diesen Anforderungen genügt und ein Gericht auf Grundlage der §§ 100a, 100b StPO ent- sprechende Beschlüsse fasst, wird die Quellen-TKÜ durch die Polizei Berlin als strafprozessuale Maßnahme durchgeführt werden. Die rechtliche Zulässigkeit der Quellen-TKÜ auf der Grundlage der gegenwärtigen Rechtslage wird insoweit überwiegend grundsätzlich bejaht (so z. B. Meyer-Goßner StPO § 100a Rn. 7a). Die vom Bundesverfassungsgericht geforderten technischen und rechtlichen Vorgaben werden nach dieser An-sicht durch § 100b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StPO und die hierauf gestützten konkretisierenden Begrenzungen in der Anord- nung des Ermittlungsrichters erfüllt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 415 2 Das geplante Vorgehen widerspricht nicht der ange- sprochenen Stellungnahme des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof. Danach komme § 100a StPO so lange nicht als Rechtsgrundlage in Betracht, wie nicht sichergestellt werden kann, dass ein weitergehender Ein- griff in die Vertraulichkeit und die Integrität des geschütz- ten Systems unterbleibt. Sobald diese Beschränkung tech- nisch gewährleistet werden kann, liegen folglich die Vo- raussetzungen für § 100a StPO als Eingriffsgrundlage vor. Unabhängig davon sollte jedoch geprüft werden, ob aus Gründen der Rechtssicherheit eine dem § 20 lit. l Absatz 2 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) vergleichba- re eigenständige strafprozessuale Rechtsgrundlage zu schaffen ist. Berlin, den 28. August 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2013)