Drucksache 17 / 12 422 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE) vom 11. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2013) und Antwort Tierversuche 2012 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Tiere wurden im vergangenen Jahr in Tierversuchen getötet? Zu 1.: Die pro Jahr in Tierversuchen eingesetzten Tie- re werden im Zusammenhang mit der Versuchstier- meldung ermittelt. Die Anzahl der in Tierversuchen letzt- endlich getöteten Tiere kann daraus nicht abgeleitet wer- den, da nicht alle Tiere getötet werden. Eingesetzt wurden 436.163 Tiere. 2. Welche Tierarten waren in welchem Umfang betroffen ? 3. Wie haben sich die Tierversuchszahlen im Vergleich zum Vorjahr verändert? Zu 2. und 3.:Die Art und Anzahl der eingesetzten Tie- re sowie die Entwicklung der Tierzahlen sind der beige- fügten Tabelle zu entnehmen. 4. Für wie viele Tierversuchsvorhaben wurde die Genehmigung versagt (bitte begründen, weshalb)? 5. Wie viele der Versagungen wurden nach Veränderung der Versuche zurückgezogen? Zu 4. und 5.: 2012 wurden keine Versagungen ausge- sprochen. 6. An wie vielen Einrichtungen Berlins werden jeweils wie viele Tierversuche durchgeführt? Zu 6.: Zum Stichtag 23.07.2013 sind an 35 Einrich- tungen insgesamt 1647 Vorhaben registriert. Die Zuord- nung entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Tabelle: Aesculap Akademie 1 Berliner Fortbildungen 1 Berliner Wasserbetriebe 1 Beuth Hochschule 1 BioGenes GmbH 1 Biopract 1 Biotronik Co KG 4 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel 1 Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) 11 Charité 925 Deutsches Herzzentrum 18 Deutsches Rheumaforschungszentrum 60 Epo-Berlin Buch GmbH 3 Freie Universität Berlin 96 Humboldt Universität 31 Insect Services 1 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 422 2 Institut für Binnenfischerei Potsdam 1 Institut für Gewässerökologie 9 Institut für Zoo- und Wildtierforschung 5 Labor für molekulare Biotechnologie 1 Landeslabor Berlin-Brandenburg 2 Leibniz-Institut molekulare Pharmakologie 10 Lise-Meitner-Schule 4 Max-Delbrück-Centrum 224 Max-Planck Institut für Kolloid- u. Grenzflächenforschung 10 Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie 45 Max-Planck-Institut für molekulare Genetik 17 Medizinische Hochschule Hannover 1 Piramal Imaging GmbH 3 Robert-Koch-Institut 46 Bayer 101 Silence Therapeutics AG 1 Technische Universität 4 Umweltbundesamt 4 Unfallkrankenhaus Berlin 3 1647 7. Wie viele Verstöße gegen das Tierschutzgesetz wurden durch das zuständige Landesamt bei Kontrollen im vergangenen Jahr festgestellt? Zu 7.: 2012 wurden 27 Ordnungswidrigkeitenverfah- ren eingeleitet 8. Treffen Informationen zu, dass die Kontrollen unangemeldet stattfinden und wie hoch schätzt der Senat die Dunkelziffer der Tierschutzverstöße bei Tierversu- chen? Zu 8.:Kontrollen werden sowohl angemeldet als auch unangemeldet vorgenommen. Über die Dunkelziffer von Tierschutzverstößen bei Tierversuchen kann keine Schät- zung abgegeben werden. 9. Wie hoch ist das Verhältnis von Tierversuchsvorhaben in der Grundlagenforschung im Verhältnis zu herkömmlichen Tierversuchen? Zu 9.:70% aller gemeldeten Tiere sind 2012 für die Grundlagenforschung verwendet worden. 10. Wie viele Tiere wurden 2012 in welchen Laboren für Tierversuche im Land Berlin gezüchtet? Zu 10.: Da diese Zahlen – u. a. wegen der fehlenden Rechtsgrundlage - nicht erfasst werden, können dazu keine Angaben gemacht werden. 11. Treffen Informationen zu, wonach die Zahl aller für Tierversuche gezüchteten Labortiere mehr als 3 mal so hoch ist, wie die Zahl der in der offiziellen Tierversuchs- statistik ausgewiesenen getöteten bzw. verbrauchten Versuchstiere? Zu 11.:Entsprechende Informationen liegen dem Senat nicht vor. 12. Treffen Informationen zu, dass nur diejenigen für Tierversuche gezüchteten Versuchstiere in der Statistik der getöteten Versuchstiere erfasst werden, die tatsächlich im Versuch getötet werden? Zu 12.: Nein. Eine Statistik über getötete Tiere gibt es nicht. Nach der Versuchstiermeldeverordnung müssen alle Tiere gemeldet werden, die - in Versuchsvorhaben eingesetzt werden, unabhängig davon, ob sie im Versuch getötet werden oder nicht, oder - zu wissenschaftlichen Zwecken ohne vorherige Behandlung getötet werden (kein Tierversuch im Sinne des Tierschutzgesetzes). 13. Ist dem Senat bekannt, dass fast alle für Tierversuche gentechnisch veränderten Zuchttiere, auch die, die letztlich nicht für Tierversuche geeignet sind, außerhalb von Tierversuchen getötet werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 422 3 Zu 13.: Dem Senat ist bekannt, dass die genetisch ver- änderten Tiere, die nicht für Tierversuche geeignet sind, getötet werden. 14. Wie bewertet der Senat die Auffassung, dass die Tierversuchsstatistik irreführend ist, weil sie weniger als 30% der getöteten Versuchstiere erfasst? Zu 14.: Die Tierversuchsstatistik gemäß der Ver- suchstiermeldeverordnung sieht vor, dass alle Wirbeltiere gemeldet werden, die im vergangenen Jahr in Verfahren eingesetzt wurden. Insofern ist die Statistik nicht irrefüh- rend (vgl. auch Antwort auf Frage Nr. 12). 15. Wird sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzen , dass die Handhabung der Tierversuchsstatistik künftig so verändert wird, dass alle für Tierversuche ge- töteten Tiere dort erfasst werden? Zu 15.:Nein, da alle für Tierversuche getöteten Tiere bereits statistisch erfasst werden (vgl. Antwort zur Frage Nr. 12). 16. Ist dem Senat bekannt, dass innerhalb des Regelstudiums entsprechender Fachrichtungen zwar die For- schung an Tierversuchen breit angelegt ist, spezielles Wissen über Ersatzmethoden bzw. tierversuchsfreie For- schung von Studierenden in so genannten Kompaktkursen für 1000,00 bis 2000,00 € gekauft werden muss und dass keine Nachweise über Kenntnisse der Ersatzmethoden gefordert werden? 17. Wie bewertet der Senat diese Ungleichbehandlung und wird er sich dafür einsetzen, dass künftig das Wissen über Ersatzmethoden im Rahmen des Studiums gleichrangig und ohne zusätzliche Kosten für die Studie- renden vermittelt wird? Zu 16. und 17.:Im Studium der Human- und Veteri- närmedizin sind nach den Approbationsordnungen keine Forschungen am Tier und auch keine Nachweise über Kenntnisse von Ersatzmethoden vorgesehen. Hinsichtlich der Vermittlung von Kenntnissen von Er- satzmethoden bei Tierversuchen bzw. über tierversuchs- freie Forschung wird für die Studierenden der Tiermedi- zin an der Freien Universität Berlin spezielles Wissen in einem Kursus im Rahmen einer Wahlpflichtveranstaltung angeboten, an dem Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler verschiedener Einrichtungen innerhalb und au- ßerhalb der Freien Universität Berlin mitwirken. Die Thematik der Ersatzmethoden ist selbstverständlich Inhalt dieses Lehrangebots und wird inhaltlich durch den lang- jährigen Leiter der Zentralstelle zur Erfassung und Be- wertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tier- versuch am Bundesinstitut für Risikobewertung Berlin vertreten. Der Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin übernimmt die im Rahmen dieser Kur- se anfallenden Sachkosten. In den Studiengängen der Charité wird auf tierver- suchsfreie Lehrmethoden bzw. Demonstrationen ohne Belastung der Tiere zurückgegriffen. Benötigen Studie- renden für ihre spätere wissenschaftliche Arbeit beson- dere Kenntnisse, können sie diese in von der deutschen Fachgesellschaft GV-SOLAS zertifizierten, aufeinander aufbauenden Modulkursen erwerben. Diese Kurse ver- mitteln das 3R-Konzept (Reduce, Refine, Replace/ Ver- mindern, Verbessern, Vermeiden). Ersatzmethoden und die Anwendung tierversuchsfreier Forschung sind integ- raler Bestandteil dieser Kurse und Prüfungsinhalt. Soweit Teilnahmegebühren anfallen, werden sie in der Regel für die Charité-internen Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die jeweilige Einrichtung der Charité übernommen. Das Wissen über Ersatzmethoden in Tierversuchen, das in Abhängigkeit von der Tätigkeit nach Abschluss des Studiums einen sehr hohen Spezialisierungsgrad erfordert, wird deshalb überwiegend im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachpersonal sowie Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler vermittelt und ist damit nicht Gegenstand des kostenfreien Regelstudienan- gebots. Berlin, den 6. August 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Aug. 2013)