Drucksache 17 / 12 426 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 10. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2013) und Antwort Zugeparkte Radwege und Busspuren in Berlin – ein Dauerproblem Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat das Gefahrenpotenzial, das von zugeparkten Radwegen und Busspuren auf Radfahrer, Fußgänger und Fahrzeugbenutzer ausgeht? Zu 1.: Der Senat betrachtet zugeparkte Radver- kehrsanlagen, Busspuren etc. als potenzielle Risiken für die Verkehrssicherheit, insbesondere für den Rad- und Fußverkehr. In der im März 2013 vom Senat verab- schiedeten neuen Radverkehrsstrategie für Berlin gibt es zu diesem Thema deshalb ein eigenes Unterkapitel „Radverkehrsanlagen von Hindernissen freihalten“, in dem u. a. erforderliche Aktivitäten in den Bereichen Über- wachung, Öffentlichkeitsarbeit und Verkehrsregelung beschrieben werden. 2. Wie viele Unfälle (mit und ohne Radfahrerbeteiligung ) sind in den Jahren seit 2010 auf zuge- parkte Radwege und Busspuren zurückzuführen? Zu 2.: Die sich aus der konkreten Fragestellung ergebenen Merkmale werden in dem polizeilichen Daten- system zur Verkehrsunfallanalyse nicht erfasst. Deshalb sind diesbezügliche Aussagen nicht möglich. 3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat um das unberechtigte Halten oder Parken von Fahrzeugen auf Radwegen und Busspuren zu unterbinden? Zu 3.: Vor dem Hintergrund regelmäßiger verkehrsbehindernder und unfallträchtiger Situationen für andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sind die mit Verkehrsüberwachungsaufgaben betrauten Dienstkräfte der bezirklichen Ordnungsämter sowie der Polizei Berlin neben der Verfolgung dieser Ordnungs- widrigkeiten befugt, entsprechende Fahrzeuge im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zur Gefahrenabwehr umzusetzen. Unterstützt werden sie hierbei von besonders geschultem Personal der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), das die Umsetzung verkehrsbehindernd abgestellter Fahrzeuge auf Sonderfahrstreifen für Linien-omnibusse, Straßenbahngleisen sowie in Haltestellenbe-reichen veranlasst. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 13. verwiesen. 4. Wo sollen nach Meinung des Senats unberechtigt haltende oder parkende Fahrzeuge zur Anzeige gebracht werden? Zu 4.: Halt- und Parkverstöße können aufgrund der Parallelzuständigkeit für den ruhenden Verkehr sowohl bei den bezirklichen Ordnungsämtern als auch bei der Polizei Berlin angezeigt werden. 5. Wie bewertet der Senat, dass Mitarbeiter des Polizeinotrufs 110 Anrufer_innen diesbezüglich manch- mal mit der Aussage konfrontieren, dass der Polizeinotruf nur bei akuten Gefahren und Notfällen gewählt werden solle? 6. Wie bewertet der Senat die Aussage des Polizeinotrufs 110, dass die Anzeige bei der betreffenden Polizeidirektion oder dem Ordnungsamt des betreffenden Bezirks gestellt werden soll oder eine Anzeige per Onlineformular in der Internetwache aufgegeben werden soll, wenn a) zur Anzeige bei der nächsten Polizeidirektion die Kenntnis über deren Adresse zumeist nicht besteht, sowie davon auszugehen ist, dass die nötige Zeit für einen solchen Behördengang nicht unbedingt verfügbar ist? b) zur Anzeige über das Onlineformular der Internet- wache der Berliner Polizei nicht davon ausgegan- gen werden kann, dass die anzeigende Person über ein internetfähiges Endgerät verfügt, dass sie vor Ort dafür benutzen kann? c) zur Anzeige beim zuständigen Ordnungsamt die Kenntnis über die betreffende Rufnummer zumeist nicht besteht bzw. kaum auf die Behördenruf- nummer 115 verwiesen wird und bei beiden nur Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 426 2 innerhalb der Sprechzeiten Anzeigen aufgenom- men werden können? Zu 5., 6. a) und b): Erhält die Einsatzleitzentrale (ELZ) über den „Notruf 110“ Meldungen über Verkehrsbehinderungen durch zugeparkte Radwege oder Busspu- ren, dann werden im Rahmen der Gesprächsannahme von den Dienstkräften alle für die Bearbeitung des vorgetra- genen Sachverhalts relevanten Daten aufgenommen (ins- besondere Name, Erreichbarkeit und betroffene Örtlich- keit). Aufgrund der Schilderung der Anrufenden bzw. des Anrufenden wird der Einsatz als „eilbedürftig“ bzw. „nicht eilbedürftig“ eingestuft. Ein Einsatzanlass wird als eilbedürftig bewertet, wenn sofortiges Einschreiten unaufschiebbar erforderlich er- scheint, weil sonst der Einsatzerfolg gefährdet wäre. Eil- bedürftige Einsätze werden vom Funkwageneinsatzdienst, alle nicht eilbedürftigen Einsätze von den Dienstgruppen- streifen bearbeitet. In eilbedürftigen Einsatzlagen wird von der ELZ un- verzüglich ein Einsatzwagen Abschnitt (EWA) zum Ein- satzort entsandt. Das verkehrswidrige Parken auf Sonder- fahrstreifen für Linienomnibusse während der Gültig- keitszeiten und das regelwidrige Parken auf benutzbaren Radwegen stellen einen Regelfall des Umsetzens und somit grundsätzlich einen eilbedürftigen Einsatz dar. Dass Anruferinnen bzw. Anrufer in derartigen Fällen mit der Aussage konfrontiert werden, den Polizeinotruf nur bei akuten Gefahren und Notrufen zu wählen, ist nicht be- kannt. Beschwerden hierzu liegen nicht vor. In allen anderen Sachlagen den ruhenden Verkehr be- treffend, in denen der Einsatzanlass als nicht eilbedürftig eingestuft wird, erfolgt aufgrund der Doppelzuständigkeit von Polizei und Ordnungsamt die Prüfung, ob das zustän- dige Ordnungsamt den Auftrag übernehmen kann. Erfolgt die Übernahme durch das Ordnungsamt, ist der Einsatz für die Einsatzleitzentrale erledigt und wird als „Nichteinsatz “ abgelegt. Kann der Einsatz vom Ordnungsamt nicht übernommen werden, wird er an die zuständige Direktion zur weiteren Bearbeitung übermittelt und von dort weiter bearbeitet. Bei einer erkannten Nichteilbedürftigkeit kann die An- ruferin bzw. der Anrufer auf nachfolgende Alternativen der Anzeigenerstattung hingewiesen werden. Die Mög- lichkeiten sind unterschiedlich und situationsabhängig.  Erkennt die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter der ELZ, dass sich in unmittelbarer Nähe des Einsatz- ortes ein Polizeiabschnitt befindet, können Anru- fende darauf hingewiesen und gebeten werden, diesen zur Anzeigenerstattung aufzusuchen.  Erkennt die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter der ELZ, dass z.B. Anrufende aus einer Wohnung tele- fonieren, kann auf eine Anzeigenerstattung über das Internet hingewiesen werden. Werden diese Alternativen von Anrufenden abgelehnt, erfolgt eine Bearbeitung wie zuvor beschrieben. Zu 6. c):Anzeigen und Hinweise nehmen die Zentra- len Anlauf- und Beratungsstellen der bezirklichen Ord- nungsämter entgegen. Die jeweilige Telefonnummer ist den hohen Anrufzahlen zufolge bekannt. Sie ist auch im Internet leicht zu finden. Weiterhin besteht die Möglich- keit, eine E-Mail oder einen Brief an das zuständige Ord- nungsamt zu schreiben. 7. Wie bewertet der Senat die Aussage des Ordnungsamtes Friedrichshain-Kreuzberg, dass eine Anzeige wegen Überlastung des Ordnungsamtes bei der Behörden- rufnummer 115 aufgegeben werden soll, wenn diese im eigentlichen Sinne nur an das zuständige Ordnungsamt vermitteln kann? Zu 7.: Bürgerinnen und Bürger können selbstver- ständlich auch im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg direkt beim Bürgertelefon des Ordnungsamtes Anzeigen wegen zugeparkter Radstreifen oder Busspuren erstatten. Manche Bürgerinnen und Bürger nutzen aber auch die zentrale Behördenrufnummer 115 um auf von ihnen fest- gestellte Ordnungswidrigkeiten hinzuweisen. In diesen Fällen werden die Informationen an das jeweils zustän- dige Ordnungsamt direkt weitergeleitet, um alles Weitere im Rahmen der personellen Kapazitäten zu veranlassen. 8. Wie bewertet der Senat die Aussage des Bürgertelefons der Berliner Polizei, dass eine Anzeige wegen Überlastung des Bürgertelefons über den Polizeinotruf 110 aufgeben werden soll? Zu 8.: Derartige Aussagen sind dem Senat nicht be- kannt. Auch hier wären richtigerweise durch die Polizei Berlin alle sachverhaltsrelevanten Informationen entge- genzunehmen und an die örtlich zuständige Polizeidirek- tion weiterzuleiten. 9. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass bei der Internetwache der Berliner Polizei lediglich Strafanzei- gen und Hinweise aufgegeben werden können, es sich beim Falschparken jedoch um eine Ordnungswidrigkeit handelt? Zu 9.: Es trifft nicht zu, dass über die Internetwache nur Strafanzeigen und Hinweise aufgegeben werden kön- nen. Die Anzeige von Verkehrsordnungswidrigkeiten ist ebenso möglich. 10. Aus welchen Gründen ist es nicht möglich beim Aufgeben einer Anzeige per Internetwache ein Foto zur schnelleren Feststellung und dem Beweis der Ordnungs- widrigkeit anzufügen? Zu 10.: Die Mitteilung eines Anliegens, z.B. einer Strafanzeige oder einer Ordnungswidrigkeit, über die Internetwache der Polizei Berlin ist der erste Schritt für die Bearbeitung des Vorgangs. Die Nachricht wird dann von einer Mitarbeiterin oder von einem Mitarbeiter der Internetwache entgegengenommen und entsprechend der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 426 3 Zuständigkeit innerhalb der Polizei (Direktion, LKA) weiter gesteuert. Das Hinzufügen von Dateianhängen über das Internetformular ist dabei nicht vorgesehen. Zusätzliche Dokumente können anschließend mit der zuständigen Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter per E-Mail ausgetauscht werden, welche oder welcher dann im zweiten Schritt die weitere Bearbeitung des Vor- ganges übernimmt. 11. Wie kann es sein, dass es jedoch möglich ist ein Foto an die - auf Nachfrage bei der Berliner Polizei - „private“ E-Mail-Adresse der Mitarbeiter_innen anzuhängen ? Wie bewertet der Senat dies aus Datenschutzsicht? Zu 11.: Die Polizei Berlin hat ihre Kommunikations- Infrastruktur an den Anforderungen an die Informations- sicherheit und den Datenschutz ausgerichtet. Das Senden und Empfangen von E-Mails über die personenbezogenen dienstlichen E-Mailadressen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Berlin, auch mit Anhängen, ist damit ohne Gefährdung der Infrastruktur möglich. 12. Aus welchen Gründen ist es - im Gegensatz zur Internetwache - problemlos möglich ein Foto in der mobilen App zur Mängelmeldung an die Berliner Ordnungsämter („Maerker“) anzufügen? a) Wann ist mit der Verfügbarkeit der App für die restlichen zehn Bezirke zu rechnen, da diese der- zeit nur in den Bezirken Lichtenberg und Mar- zahn-Hellersdorf zur Anwendung kommt? b) An wen wenden sich App-Nutzer_innen, die An- zeigen in den restlichen zehn Bezirken aufgeben möchten? Werden Anfragen, die an die zwei betei- ligten Bezirke geschickt werden, diese jedoch nicht betreffen, an die zuständigen Bezirke weiter- geleitet? c) In welchem Zeitrahmen werden Anzeigen, die über „Maerker“ bei den Ordnungsämtern eingehen, bearbeitet? Zu 12.: Aufgrund der unterschiedlichen Sicherheits- stufen der einzelnen Dienststellen gibt es eine unter- schiedlich hohe Anforderungsstufe an die Firewall und die Virenscanner bei den bezirklichen Ordnungsämtern und der Polizei Berlin. In der Folge unterscheiden sich daher die Empfangsmöglichkeiten für digitale Fotos, die als Illustration an das von den Bürgerinnen und Bürgern elektronisch an die Verwaltung herangetragenen Anliegen angehängt werden. Zu 12. a): Nach der erfolgreichen Pilotierung des IT- Systems „Maerker“ (einschließlich der App) im Bezirk Lichtenberg haben weitere sieben Bezirke beschlossen, diesen Online-Service ebenfalls einzuführen. Da vor der Freischaltung zahlreiche Voraussetzungen (z.B. Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Datenschutzprü- fung, Beteiligung der Bezirksverordnetenversammlung und Beschäftigtenvertretungen) erfüllt sein müssen, kann dieser Umsetzungsprozess in jedem Bezirk unterschied- lich lang dauern. So liegen bisher nur im Bezirk Marzahn- Hellersdorf alle Voraussetzungen vor, um den Bürgerin- nen und Bürgern die Nutzung von „Maerker“ zu ermöglichen . Da bisher vier Bezirke den Einsatz von „Maerker“ ablehnen, hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport auf der für die Ordnungsämter zuständigen Bezirksstadt- räterunde am 28. Juni 2013 erneut für den flächendecken- den Einsatz dieses Online-Service geworben und ihre Unterstützung für die Realisierungsphase angeboten. Zu 12. b): Hinweise können auch über andere digitale Zugangswege (E-Mail oder Webformular) mit einem Smartphone an das Ordnungsamt gesendet werden. Ferner werden Hinweise, die einen anderen Bezirk betreffen, an diesen weitergeleitet. Zu 12. c): Meldungen, welche bis 14:00 Uhr einge- stellt werden, erscheinen spätestens am ersten folgenden Arbeitstag um 18:00 Uhr. Innerhalb von drei Arbeitstagen wird verbindlich über die Bearbeitung informiert. 13. Welche Sensibilisierungsmaßnahmen ergreifen die Berliner Polizei und die Ordnungsämter um gegen das unberechtigte Halten oder Parken von Fahrzeugen auf Radwegen und Busspuren vorzugehen? Zu 13.: Neben der Fertigung von Verkehrsordnungs- widrigkeitenanzeigen und gegebenenfalls der Umsetzung der falsch geparkten Kraftfahrzeuge erfolgt – soweit möglich – regelmäßig das anlassbezogene Aufklärungsgespräch mit den Autofahrerinnen und Autofahrern über die mit dem unberechtigten Halt- oder Parkvorgang ver- bundenen Gefahren für die Verkehrssicherheit. Darüber hinaus hat die Polizei Berlin einen Informati- onszettel zum Thema „Radfahren in Berlin“ mit themenbezogenen Hinweisen für den Rad- und Kraftfahrzeug- verkehr entworfen, der von den Verkehrssicherheitsbera- terinnen und Verkehrssicherheitsberatern im Rahmen von Präventionsveranstaltungen ausgehändigt wird. In diesem wird u. a. auf das verkehrswidrige Halten oder Parken auf Flächen des Radverkehrs und dessen Gefährlichkeit hin- gewiesen. Berlin, den 16. September 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Okt. 2013)