Drucksache 17 / 12 434 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 16. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2013) und Antwort Keine sozialverträgliche Altbaumodernisierung mit der Gesobau und dem Mietenbündnis möglich? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist das Schreiben der Gesobau an das Bezirk- samt Pankow vom 3. Juli 2013 mit dem Senat abgestimmt und wie bewertet er dessen Inhalt? Antwort zu 1: Das Schreiben der GESOBAU AG an das Bezirksamt Pankow vom 03.07.2013 ist dem Senat bekannt. Es betrifft die noch nicht abgeschlossenen Ver- handlungen über einen vom Bezirk angebotenen Vertrag zum sozialverträglichen Ablauf der Modernisierungen bei neun Wohngebäuden mit insgesamt 250 Wohnungen, deren Modernisierung und Instandsetzung die GESOBAU im Rahmen der nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Woh- nungsbestände vorbereitet hat. Derartige Bewirtschaftungsentscheidungen werden von den Organen (Geschäftsleitung, Aufsichtsrat) der GESOBAU eigenverantwortlich getroffen. Eine Bewer- tung der noch laufenden Verhandlungen steht dem Senat nicht zu. Frage 2: Wie ist der Senat mit der im Rahmen eines Stadtteilgespräches mit Senatorin Scheeres am 19.6.2013 durch die Mieterinitiative Pankower MieterProtest an Staatssekretär Gothe übergebenen Mängelliste umgegan- gen und wie bewertet er diese? Antwort zu 2: Der Senat geht davon aus, dass mit „Mängelliste“ das vom Bündnis „Pankower MieterProtest “ erarbeitete Papier „Kritik und Vorschläge zum Berliner Mietenbündnis“ gemeint ist. Auch dieses Papier ist dem Senat bekannt. Vertreterinnen und Vertreter des „Pankower MieterProtestes“ sind an den Verhandlungen zwischen Bezirksamt und GESOBAU beteiligt. Soweit das Papier Forderungen enthält, die sich auf dieses lau- fende Verfahren beziehen, steht dem Senat eine Bewer- tung nicht zu. Zur beiderseitigen Aufklärung hat zwischenzeitlich ein Termin zwischen der Initiative und dem Fachbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beim Staatssekretär Gothe stattgefunden Frage 3: Teilt der Senat die Auffassung, dass eine Kappung der Mieten nach Modernisierung dem Vorhaben die wirtschaftliche Grundlage entzieht und kann er darle- gen, warum dies bei Modernisierungsvorhaben der GE- WOBAG, ebenfalls im Bezirk Pankow, nicht der Fall war? Antwort zu 3: Der Senat gibt die Leitbilder und Ziele für die Geschäftstätigkeit der städtischen Wohnungsbau- gesellschaften vor und informiert sich laufend über deren Geschäftsentwicklung. Die Beurteilung einzelner Bewirt- schaftungsentscheidungen der städtischen Wohnungsbau- gesellschaften ist nicht Aufgabe des Senats, sondern ob- liegt deren jeweiligen Aufsichtsräten und deren Aus- schüssen. Der Senat kann deshalb auch keine Vergleiche zwischen einzelnen Projekten der GESOBAU und der GEWOBAG im Bezirk Pankow vornehmen. Frage 4: Hat der Senat von der Gesobau eine Erläute- rung über die Plausibilität der kalkulierten Betriebskoste- neinsparung nach Sanierung eingeholt, wenn ja, mit wel- chem Ergebnis und wenn nein, warum nicht? Antwort zu 4: Nein. Dies ist – siehe Antwort zu Frage 3 – nicht Aufgabe des Senats. Frage 5: Warum hält der Senat an der Vorgabe für die städtischen Gesellschaften fest, dass die Mieten nach Modernisierung die ortsübliche Vergleichsmiete (OVM) um die voraussichtliche Betriebskosteneinsparung über- steigen dürfen, obwohl dadurch die OVM nach oben getrieben wird? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 434 2 Antwort zu 5: Das Mietrecht (§ 559 Abs. 1 BGB) gibt dem Vermieter die Möglichkeit, 11% der aufgewendeten Kosten baulicher Maßnahmen, die den Gebrauchswert nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltige Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung) auf die Miete umzulegen. Die Höhe der Modernisierungsumlage ist nicht durch das Niveau der ortsüblichen Vergleichs- miete begrenzt. Hiervon abweichend hat der Senat mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Bündnis für Soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten unter Nr. 5.b. (Miete nach Modernisierung) folgende wesentlich weiter- reichende Regelungen getroffen: • Die Bestandsmiete nach einer Modernisierung wird sich im Rahmen des Mietspiegels plus der durch die Modernisierung erzielten Betriebskoste- neinsparung bewegen. • Die Wohnungsbaugesellschaften werden die Modernisierungsumlage von maximal 11% auf maxi- mal 9% senken. Bei – gemessen am Mietspiegelniveau - relativ hohen Mieten vor Modernisierung in Verbindung mit relativ hohen Modernisierungskosten bewirkt die Begrenzung der Modernisierungsumlage auf dem Niveau der ortsübli- chen Vergleichsmiete plus Betriebskosteneinsparung somit, dass der Prozentsatz der auf die Jahresmiete umge- legten Modernisierungskosten geringer als 9% sein kann. Sofern Haushalte die individuellen Härtefallvorausset- zungen (siehe im Einzelnen Nr. 5.f. des Mietenbündnis- ses) erfüllen, kann sich darüber hinaus ggf. eine noch weitergehende Mietbegrenzung für diese Haushalte erge- ben, für den die Nettokaltmiete nach Mieterhöhung 30 % des Haushaltsnettoeinkomnmens nicht übersteigen soll. Alle genannten Elemente des Mietenbündnisses dämpfen den modernisierungsbedingten Mietenanstieg. Ob die „kalkulierte Betriebskostenersparnis“ als Kriterium ersetzt werden sollte, wird in der anstehenden Evalu- ierung erörtert. Frage 6: Wie überprüfen die Gesellschaften und der Senat die tatsächliche Betriebskosteneinsparung und set- zen sich ggf. für Korrekturen ein? Antwort zu 6: Die Überprüfung von Betriebskosten- einsparungen bei einzelnen Projekten ist – siehe Antwort zu Frage 3 – nicht Aufgabe des Senats, sondern der jeweiligen Wohnungsbaugesellschaften. Laut Mitteilung der GESOBAU hat diese bei ihren bisher durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen festgestellt, dass die prog- nostizierten Einsparungen sehr häufig erreicht und in vielen Fällen auch überschritten wurden. Mietparteien, bei denen die prognostizierten Einsparungen nicht realisiert werden, bietet die GESOBAU Hinweise zu energieeffi- zienten Verhaltensweisen an, da der Energieverbrauch nicht nur von den bauphysikalischen Kennwerten des modernisierten Gebäudes abhängt, sondern auch maßgeb- lich vom individuellen Verbrauchsverhalten beeinflusst wird. Des Weiteren werden ständig Optimierungspoten- tiale für die Mieterschaft geprüft. Frage 7: Welche Möglichkeiten haben Mieter/-innen, bei Nichterreichen der kalkulierten Betriebskosteneinspa- rung eine Mietsenkung zu verlangen und durchzusetzen? Antwort zu 7: Das Mietenbündnis beinhaltet bereits mehrere Mechanismen der Begrenzung der Modernisie- rungsumlage (siehe Antwort zu Frage 5). Zudem variiert der Energieverbrauch der einzelnen Haushalte (siehe Antwort zu Frage 6). Deshalb wurden weitere Begren- zungsmechanismen für die erfahrungsgemäß geringe Anzahl von Fällen, bei denen die prognostizierten Einspa- rungen nicht erreicht werden, nicht in Erwägung gezogen. Frage 8: Ist der Senat der Auffassung, dass Brutto- warmmieten nach Sanierung von 10 Euro pro m² sozial verträglich sind und wie begründet er seine Position? Antwort zu 8: Eine pauschale Einschätzung der Sozi- alverträglichkeit einer Modernisierungsmaßnahme allein aufgrund eines bestimmten Warmmietenwertes pro Quad- ratmeter Wohnfläche ist nicht möglich. Im Mietenbündnis (unter Buchstabe 5.f.) hat der Senat mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Vereinbarungen bzgl. der Zielgruppen, Einkommenshöhen und Wohnflächenwerten getroffen, bei denen anlässlich einer Mieterhöhung, die zur Überschreitung einer Mietbelastungsquote von 30 Prozent des vollständigen Haushaltsnettoeinkommens führt, entsprechende Mietbegrenzungen vorzunehmen sind. Frage 9: Wie kann bei den nach der Sanierung zu er- wartenden Miethöhen sichergestellt werden, dass folgen- des Ziel des „Mietenbündnisses“ überhaupt erreicht werden kann: „Die städtischen Wohnungsunternehmen wirken mit Nettokaltmieten unterhalb des Berliner Mietspie- geldurchschnitts mietpreisdämpfend. Sie gestalten ihre Mieten mit Blick auf die Möglichkeiten der Bewohnerin- nen und Bewohner sowie auf die Bedürfnisse der Quartie- re.“? Antwort zu 9: Die zitierte Textpassage ist dem Leit- bild des Mietenbündnisses (Buchstabe D., erster Spiegel- punkt) entnommen. Die Mieten der städtischen Woh- nungsunternehmen lagen 2012 mit durchschnittlich 5,21 €/m² Wohnfläche deutlich unter dem Mietspiegeldurchschnitt von 5,54 €/m². Somit geht es nicht darum, ein angestrebtes Ziel zu erreichen, sondern einen bestehenden Zustand auch weiterhin zu gewährleisten. Dies schließt (siehe die einzelnen Spiegelpunkte des Leitbildes der städtischen Wohnungsunternehmen) neben der im Mie- tenbündnis vereinbarten Erweiterung der Wohnungsbe- stände auch Investitionen in die Modernisierung der Wohnungsbestände ein. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 434 3 Frage 10: Wird der Senat gegenüber der Gesobau da- rauf hinwirken, dass sie eine Vereinbarung mit dem Be- zirksamt Pankow zu den Modernisierungsvorhaben ab- schließt, in der auch Regelungen zur Kappung der Miet- höhe enthalten sind? Antwort zu 10: Der Senat begrüßt den Verhandlungs- prozess und kommuniziert dazu auch positiv mit allen Beteiligten. Das ersetzt jedoch nicht die Verantwortlich- keiten der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der Gesobau. Berlin, den 25. August 2013 In Vertretung E p h r a i m G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2013)